Katastrophal hohe Ausfälle bei Taubenwettflügen? Folgen?

ShortId
17.3656
Id
20173656
Updated
28.07.2023 04:25
Language
de
Title
Katastrophal hohe Ausfälle bei Taubenwettflügen? Folgen?
AdditionalIndexing
52
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. Um die Einhaltung des Tierschutzrechts an Taubenwettflügen einschätzen zu können, hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) bei den kantonalen Vollzugsbehörden eine Umfrage lanciert; die Ergebnisse werden im Verlauf des Winters erwartet. Darauf basierend werden die erforderlichen weiteren Schritte, wie z. B. zusätzliche Abklärungen, eingeleitet werden.</p><p>Bezüglich der Ursachen für die Taubenverluste hat sich im Rahmen eines Austausches zwischen dem BLV und dem Schweizerischen Brieftaubensportverband (SBV) ergeben, dass der SBV diese hauptsächlich in Angriffen durch Greifvögel ortet. Eine Ende der 1990er Jahre für die britischen Behörden verfasste Studie nennt als wichtige Gründe für Verluste von Renntauben auch das Verlorengehen, das Anschliessen an Haustaubenpopulationen sowie das Sterben von Vögeln während der Wettflüge (Report of the UK Raptor Working Group, einsehbar auf <a href="http://jncc.defra.gov.uk/pdf/raptors.pdf">http://jncc.defra.gov.uk/pdf/raptors.pdf</a>). Aus der Studie geht zugleich hervor, dass Höhe und Ursachen der Verluste je nach Region und unter anderem auch nach den Greifvögelpopulationen stark variieren. Die Ergebnisse sind somit nicht unbesehen auf die Schweiz übertragbar.</p><p>2./3. Taubenwettflüge sind in der Schweiz weder melde- noch bewilligungspflichtig. Es besteht auch keine Registrierungspflicht für Tauben. Die Behörden verfügen daher über keine offiziellen Informationen zur Anzahl der Tierverluste bei Wett- und Trainingsflügen. </p><p>Nach den Angaben des SBV betrugen die Verluste bei Wettflügen in der Saison 2017 bei Jungtieren 4,9 Prozent und bei älteren Tauben 5,2 Prozent. Bei Trainingsflügen ergab sich gemäss den Darlegungen des SBV bei jungen Tauben, deren Schläge sich im Umkreis von vier Kilometern von Nestern von Wanderfalken befanden, eine Verlustrate von 40 Prozent. Ansonsten betrugen die Ausfälle nach den Aussagen des SBV lediglich einige Prozente.</p><p>4. Die Tierschutzgesetzgebung enthält für Tiertransporte detaillierte Vorgaben, die auch für die Beförderung von Tauben gelten. Ob das Tierschutzrecht in der Praxis eingehalten wird, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Die Vorgaben betreffen etwa die Grösse der zu verwendenden Transportmittel und -behälter sowie die Betreuung der Tiere während des Transports. Für Inlandtransporte ist die Fahrzeit auf maximal sechs Stunden limitiert (Art. 15 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember 2005 [SR 455]; Art. 152a Abs. 1 der Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 [TSchV, SR 455.1]). Bei Transporten im Ausland kommt die Fahrzeitbeschränkung aufgrund des Territorialitätsprinzips nicht zur Anwendung (Art. 162 Abs. 2 TSchV).</p><p>5. Aktuell liegen keine konkreten Informationen zur Überanstrengung von Tauben bei Wettflügen vor. Die Umfrage bei den kantonalen Vollzugsbehörden (vgl. Antwort zu Frage 1) wird zeigen, ob sich dazu neue Erkenntnisse ergeben.</p><p>6. Ohne konkrete tierschutzrelevante Informationen und fachlich begründete Erkenntnisse zu Taubenwettflügen wäre auch ein temporäres Verbot von Taubenwettflügen nicht verhältnismässig und liesse sich nicht rechtfertigen.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Bundesrat stellte in der Antwort auf die Interpellation 17.3105 fest, dass es ihm an verlässlichen und vollständigen Informationen über die Einhaltung der Tierschutzbestimmungen an Taubenwettkämpfen gefehlt habe, weshalb er 2015 konkrete Schritte eingeleitet habe, um die Informationslage zu verbessern. Ernstzunehmende, aktuelle Berichte wie die Mitteilungen des Schweizerischen Brieftaubensport-Verbands, die Statistik Swiss Sand Derby oder Berichte des Schweizer Tierschutzes (STS) von 2016 und 2017 sprechen von teilweise horrenden Ausfallraten von 30 bis 50 Prozent von Tauben hiesiger Halter bei nationalen und internationalen Wettflügen. Das entspräche mehreren Tausend Tieren in der knapp dreimonatigen Rennsaison. </p><p>Da jede andere Nutzung von Tieren bei derartigen Verlustzahlen richtigerweise sofort Gegenstand intensiver behördlicher Abklärungen und umgehender Einschränkungen oder Verbote wäre, wird der Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:</p><p>1. Was haben seine bisherigen Abklärungen hinsichtlich der Ursachen für die vermutlich sehr hohen Renntaubenverluste ergeben? Wann liegen die angekündigten, definitiven Informationen über das Einhalten der Tierschutzbestimmungen an Taubenwettkämpfen vor?</p><p>2. Wie viele der eingangs registrierten Tauben lebten am Ende der Rennsaisons 2016 und 2017 noch in den Schlägen der Besitzer? Wie hoch waren die durch die Wettflüge bedingten Ausfälle?</p><p>3. Wie hoch sind die Ausfälle junger, unerfahrener Tauben bei den vor der Rennsaison durchgeführten Trainingsflügen?</p><p>4. Wie beurteilt er unter Tierschutzgesichtspunkten den Auto-Transport von Tauben in Kisten über rund 950 Kilometer von Zürich an die Ostküste Englands, Fahrzeit etwa 11 Stunden, und das anschliessende Freilassen der Tiere für den Wettflug zurück in die Schweiz? </p><p>5. Bei einer geschätzten Fluggeschwindigkeit von etwa 60 Stundenkilometern benötigen Tauben im Idealfall für diese Distanz mindestens 13 bis 15 Stunden Flugzeit. Hält er diese Strapazen der Tiere für zumutbar? Wie fällt die vom Tierschutzgesetz geforderte Güterabwägung für solche Wettflüge aus?</p><p>6. Sollte der Bundesrat entgegen den Ankündigungen noch über keine klare Sachlage bezüglich Tierschutzrelevanz von Taubenwettflügen verfügen: Ist er bereit, im Interesse des Tierwohles bis zur Abklärung der Sachlage zumindest ein temporäres Verbot für Rennen über grössere Distanzen für die Saison 2018 zu verhängen?</p>
  • Katastrophal hohe Ausfälle bei Taubenwettflügen? Folgen?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. Um die Einhaltung des Tierschutzrechts an Taubenwettflügen einschätzen zu können, hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) bei den kantonalen Vollzugsbehörden eine Umfrage lanciert; die Ergebnisse werden im Verlauf des Winters erwartet. Darauf basierend werden die erforderlichen weiteren Schritte, wie z. B. zusätzliche Abklärungen, eingeleitet werden.</p><p>Bezüglich der Ursachen für die Taubenverluste hat sich im Rahmen eines Austausches zwischen dem BLV und dem Schweizerischen Brieftaubensportverband (SBV) ergeben, dass der SBV diese hauptsächlich in Angriffen durch Greifvögel ortet. Eine Ende der 1990er Jahre für die britischen Behörden verfasste Studie nennt als wichtige Gründe für Verluste von Renntauben auch das Verlorengehen, das Anschliessen an Haustaubenpopulationen sowie das Sterben von Vögeln während der Wettflüge (Report of the UK Raptor Working Group, einsehbar auf <a href="http://jncc.defra.gov.uk/pdf/raptors.pdf">http://jncc.defra.gov.uk/pdf/raptors.pdf</a>). Aus der Studie geht zugleich hervor, dass Höhe und Ursachen der Verluste je nach Region und unter anderem auch nach den Greifvögelpopulationen stark variieren. Die Ergebnisse sind somit nicht unbesehen auf die Schweiz übertragbar.</p><p>2./3. Taubenwettflüge sind in der Schweiz weder melde- noch bewilligungspflichtig. Es besteht auch keine Registrierungspflicht für Tauben. Die Behörden verfügen daher über keine offiziellen Informationen zur Anzahl der Tierverluste bei Wett- und Trainingsflügen. </p><p>Nach den Angaben des SBV betrugen die Verluste bei Wettflügen in der Saison 2017 bei Jungtieren 4,9 Prozent und bei älteren Tauben 5,2 Prozent. Bei Trainingsflügen ergab sich gemäss den Darlegungen des SBV bei jungen Tauben, deren Schläge sich im Umkreis von vier Kilometern von Nestern von Wanderfalken befanden, eine Verlustrate von 40 Prozent. Ansonsten betrugen die Ausfälle nach den Aussagen des SBV lediglich einige Prozente.</p><p>4. Die Tierschutzgesetzgebung enthält für Tiertransporte detaillierte Vorgaben, die auch für die Beförderung von Tauben gelten. Ob das Tierschutzrecht in der Praxis eingehalten wird, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Die Vorgaben betreffen etwa die Grösse der zu verwendenden Transportmittel und -behälter sowie die Betreuung der Tiere während des Transports. Für Inlandtransporte ist die Fahrzeit auf maximal sechs Stunden limitiert (Art. 15 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember 2005 [SR 455]; Art. 152a Abs. 1 der Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 [TSchV, SR 455.1]). Bei Transporten im Ausland kommt die Fahrzeitbeschränkung aufgrund des Territorialitätsprinzips nicht zur Anwendung (Art. 162 Abs. 2 TSchV).</p><p>5. Aktuell liegen keine konkreten Informationen zur Überanstrengung von Tauben bei Wettflügen vor. Die Umfrage bei den kantonalen Vollzugsbehörden (vgl. Antwort zu Frage 1) wird zeigen, ob sich dazu neue Erkenntnisse ergeben.</p><p>6. Ohne konkrete tierschutzrelevante Informationen und fachlich begründete Erkenntnisse zu Taubenwettflügen wäre auch ein temporäres Verbot von Taubenwettflügen nicht verhältnismässig und liesse sich nicht rechtfertigen.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Bundesrat stellte in der Antwort auf die Interpellation 17.3105 fest, dass es ihm an verlässlichen und vollständigen Informationen über die Einhaltung der Tierschutzbestimmungen an Taubenwettkämpfen gefehlt habe, weshalb er 2015 konkrete Schritte eingeleitet habe, um die Informationslage zu verbessern. Ernstzunehmende, aktuelle Berichte wie die Mitteilungen des Schweizerischen Brieftaubensport-Verbands, die Statistik Swiss Sand Derby oder Berichte des Schweizer Tierschutzes (STS) von 2016 und 2017 sprechen von teilweise horrenden Ausfallraten von 30 bis 50 Prozent von Tauben hiesiger Halter bei nationalen und internationalen Wettflügen. Das entspräche mehreren Tausend Tieren in der knapp dreimonatigen Rennsaison. </p><p>Da jede andere Nutzung von Tieren bei derartigen Verlustzahlen richtigerweise sofort Gegenstand intensiver behördlicher Abklärungen und umgehender Einschränkungen oder Verbote wäre, wird der Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:</p><p>1. Was haben seine bisherigen Abklärungen hinsichtlich der Ursachen für die vermutlich sehr hohen Renntaubenverluste ergeben? Wann liegen die angekündigten, definitiven Informationen über das Einhalten der Tierschutzbestimmungen an Taubenwettkämpfen vor?</p><p>2. Wie viele der eingangs registrierten Tauben lebten am Ende der Rennsaisons 2016 und 2017 noch in den Schlägen der Besitzer? Wie hoch waren die durch die Wettflüge bedingten Ausfälle?</p><p>3. Wie hoch sind die Ausfälle junger, unerfahrener Tauben bei den vor der Rennsaison durchgeführten Trainingsflügen?</p><p>4. Wie beurteilt er unter Tierschutzgesichtspunkten den Auto-Transport von Tauben in Kisten über rund 950 Kilometer von Zürich an die Ostküste Englands, Fahrzeit etwa 11 Stunden, und das anschliessende Freilassen der Tiere für den Wettflug zurück in die Schweiz? </p><p>5. Bei einer geschätzten Fluggeschwindigkeit von etwa 60 Stundenkilometern benötigen Tauben im Idealfall für diese Distanz mindestens 13 bis 15 Stunden Flugzeit. Hält er diese Strapazen der Tiere für zumutbar? Wie fällt die vom Tierschutzgesetz geforderte Güterabwägung für solche Wettflüge aus?</p><p>6. Sollte der Bundesrat entgegen den Ankündigungen noch über keine klare Sachlage bezüglich Tierschutzrelevanz von Taubenwettflügen verfügen: Ist er bereit, im Interesse des Tierwohles bis zur Abklärung der Sachlage zumindest ein temporäres Verbot für Rennen über grössere Distanzen für die Saison 2018 zu verhängen?</p>
    • Katastrophal hohe Ausfälle bei Taubenwettflügen? Folgen?

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