Wochenaufenthalt. Steuerrechtlicher Wohnsitz

ShortId
17.3709
Id
20173709
Updated
28.07.2023 04:08
Language
de
Title
Wochenaufenthalt. Steuerrechtlicher Wohnsitz
AdditionalIndexing
2446;28
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die einwohnerrechtlich mit Heimatausweis als Wochenaufenthalterinnen und -aufenthalter angemeldeten Personen sind vorwiegend in den Wirtschaftszentren und damit namentlich in Städten eine bedeutende Bevölkerungsgruppe. Diese Leute benützen überwiegend am Wochenaufenthaltsort die Infrastruktur und profitieren dort insbesondere auch vom öffentlich finanzierten Angebot, zahlen ihre Steuern in der Regel an ihrem Wohn- oder Familienwohnort. Wochenaufenthalterinnen und -aufenthalter belegen selbstsprechend sowohl an ihrem Wohn- als auch am Wochenaufenthaltsort ohnehin knappen Wohnraum. Die Gewährung des steuerrechtlichen Wohnsitzes muss durch die zuständigen Behörden des Wochenaufenthaltsorts regelmässig in einem aufwendigen Verfahren abgeklärt werden, was einen hohen Verwaltungsaufwand sowohl auf Gemeinde- als auch auf Kantonsebene und - nach erfolgter Verfügung - oft ebenso bei der Gerichtsbarkeit mit sich bringt. Zudem ist der durch die zuständigen Steuerbehörden am Wochenaufenthaltsort zu erbringende Nachweis des massgebenden Kriteriums für die Verlegung des steuerrechtlichen Wohnsitzes an den Wochenaufenthaltsort - nämlich die Feststellung des Lebensmittelpunkts bzw. die Absicht des dauernden Verbleibens - nicht zuletzt wegen Datenschutzbestimmungen kaum noch oder nur sehr schwer zu erbringen und stützt sich damit weitgehend auf die Angaben der zu überprüfenden Person ab. Zusammen mit den aufgrund der verfassungskonformen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit am Wohnort möglichen hohen Steuerabzügen für den auswärtigen Wochenaufenthalt dient dieser Status vielmals auch noch der Steueroptimierung. Steuerrechtlich ist die heutige Handhabung des Wochenaufenthalterstatus nicht mehr zeitgemäss, und im Nachgang zur Abstimmung über die Zweitwohnungs-Initiative sowie mit Blick auf die Raumplanungsbestimmungen (Boden- und Wohnraumknappheit) drängt sich eine Neuregelung dieses Anachronismus im Steuerrecht nachgerade auf.</p>
  • <p>Nach geltendem Recht erfolgt die Besteuerung am steuerrechtlichen Wohnsitz. Als solcher gilt der Ort, an dem sich die steuerpflichtige Person mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Befinden sich Wohn- und Arbeitsort nicht im gleichen Kanton, ist zur Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes massgebend, wo sich der Lebensmittelpunkt der steuerpflichtigen Person befindet.</p><p>Das Beweisverfahren zur Feststellung des Lebensmittelpunktes kann in der Tat aufwendig sein, da es dabei um eine Einzelfallbeurteilung geht. Die heutige Rechtslage führt dazu, dass Wochenaufenthalterinnen und Wochenaufenthalter am Ort des Wochenaufenthalts entweder voll oder gar nicht steuerpflichtig sind.</p><p>Das geltende Recht trägt bezüglich der Steuerkompetenz der Tatsache Rechnung, dass die steuerpflichtige Person staatliche Leistungen überwiegend an ihrem Wohnsitz in Anspruch nimmt (Spital, Volksschule, Transferleistungen wie Prämienverbilligungen usw.).</p><p>Wochenaufenthalter nehmen zusätzlich staatliche Leistungen am Arbeitsort in Anspruch wie insbesondere Leistungen des öffentlichen Verkehrs. Dies trifft aber auch auf Pendler zu. Die Motion will bei Wochenaufenthaltern (nicht aber bei Pendlern) eine teilweise Besteuerung am Arbeitsort vorschreiben.</p><p>Die Motion hätte insofern eine vereinfachende Wirkung, als keine Feststellung des Lebensmittelpunktes mehr erforderlich wäre. Allerdings wäre weiterhin ein Beweisverfahren erforderlich zur Feststellung, ob eine Person tatsächlich Wochenaufenthalter ist (Kontrolle des tatsächlichen Aufenthalts). Zudem würden für die steuerpflichtigen Personen aufgrund der beschränkten Steuerpflicht am Arbeitsortkanton neue Anreize zur Steueroptimierung gesetzt. Da nicht mehr geprüft würde, wo sich der Lebensmittelpunkt tatsächlich befindet, könnte die steuerpflichtige Person durch Begründung eines Wochenendaufenthalts in einem steuergünstigen Kanton Steuern sparen.</p><p>In finanzieller Hinsicht käme es für die betroffenen Kantone zu gegenläufigen Effekten: Einerseits müssten Kantone mit Steuerpflichtigen, deren Lebensmittelpunkt sich bisher am Wohnort befindet, neu Steueraufkommen an den Ort des Wochenaufenthalts abgeben. Andererseits würden die Steuern von Wochenaufenthaltern mit Lebensmittelpunkt am Wochenaufenthaltsort diesem neu nur noch zum Teil zufliessen. Zudem regelt die Motion nicht, wie die Steuerteilung konkret auszugestalten sei. Die finanzpolitischen Auswirkungen des Vorschlags sind daher offen.</p><p>Inwiefern sich mit der Schaffung eines Nebensteuerdomizils etwas an der Boden- und Wohnraumknappheit ändern soll, ist nicht ersichtlich.</p><p>Nach Auffassung des Bundesrates vermag die angestrebte Vereinfachung des Steuersystems die erwähnten Nachteile nicht aufzuwiegen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die rechtlichen Vorgaben auf eidgenössischer Ebene so zu ändern, dass der steuerrechtliche Wohnsitz von als Wochenaufenthalterinnen und -aufenthalter angemeldeten Personen nicht mehr abgeklärt und festgestellt werden muss, sondern dass diese im Sinn eines Nebensteuerdomizils mittels einfach definierter oder pauschalierter Steuerteilung am Wochenaufenthaltsort automatisch eine sekundäre Steuerpflicht entfalten.</p>
  • Wochenaufenthalt. Steuerrechtlicher Wohnsitz
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die einwohnerrechtlich mit Heimatausweis als Wochenaufenthalterinnen und -aufenthalter angemeldeten Personen sind vorwiegend in den Wirtschaftszentren und damit namentlich in Städten eine bedeutende Bevölkerungsgruppe. Diese Leute benützen überwiegend am Wochenaufenthaltsort die Infrastruktur und profitieren dort insbesondere auch vom öffentlich finanzierten Angebot, zahlen ihre Steuern in der Regel an ihrem Wohn- oder Familienwohnort. Wochenaufenthalterinnen und -aufenthalter belegen selbstsprechend sowohl an ihrem Wohn- als auch am Wochenaufenthaltsort ohnehin knappen Wohnraum. Die Gewährung des steuerrechtlichen Wohnsitzes muss durch die zuständigen Behörden des Wochenaufenthaltsorts regelmässig in einem aufwendigen Verfahren abgeklärt werden, was einen hohen Verwaltungsaufwand sowohl auf Gemeinde- als auch auf Kantonsebene und - nach erfolgter Verfügung - oft ebenso bei der Gerichtsbarkeit mit sich bringt. Zudem ist der durch die zuständigen Steuerbehörden am Wochenaufenthaltsort zu erbringende Nachweis des massgebenden Kriteriums für die Verlegung des steuerrechtlichen Wohnsitzes an den Wochenaufenthaltsort - nämlich die Feststellung des Lebensmittelpunkts bzw. die Absicht des dauernden Verbleibens - nicht zuletzt wegen Datenschutzbestimmungen kaum noch oder nur sehr schwer zu erbringen und stützt sich damit weitgehend auf die Angaben der zu überprüfenden Person ab. Zusammen mit den aufgrund der verfassungskonformen Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit am Wohnort möglichen hohen Steuerabzügen für den auswärtigen Wochenaufenthalt dient dieser Status vielmals auch noch der Steueroptimierung. Steuerrechtlich ist die heutige Handhabung des Wochenaufenthalterstatus nicht mehr zeitgemäss, und im Nachgang zur Abstimmung über die Zweitwohnungs-Initiative sowie mit Blick auf die Raumplanungsbestimmungen (Boden- und Wohnraumknappheit) drängt sich eine Neuregelung dieses Anachronismus im Steuerrecht nachgerade auf.</p>
    • <p>Nach geltendem Recht erfolgt die Besteuerung am steuerrechtlichen Wohnsitz. Als solcher gilt der Ort, an dem sich die steuerpflichtige Person mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Befinden sich Wohn- und Arbeitsort nicht im gleichen Kanton, ist zur Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes massgebend, wo sich der Lebensmittelpunkt der steuerpflichtigen Person befindet.</p><p>Das Beweisverfahren zur Feststellung des Lebensmittelpunktes kann in der Tat aufwendig sein, da es dabei um eine Einzelfallbeurteilung geht. Die heutige Rechtslage führt dazu, dass Wochenaufenthalterinnen und Wochenaufenthalter am Ort des Wochenaufenthalts entweder voll oder gar nicht steuerpflichtig sind.</p><p>Das geltende Recht trägt bezüglich der Steuerkompetenz der Tatsache Rechnung, dass die steuerpflichtige Person staatliche Leistungen überwiegend an ihrem Wohnsitz in Anspruch nimmt (Spital, Volksschule, Transferleistungen wie Prämienverbilligungen usw.).</p><p>Wochenaufenthalter nehmen zusätzlich staatliche Leistungen am Arbeitsort in Anspruch wie insbesondere Leistungen des öffentlichen Verkehrs. Dies trifft aber auch auf Pendler zu. Die Motion will bei Wochenaufenthaltern (nicht aber bei Pendlern) eine teilweise Besteuerung am Arbeitsort vorschreiben.</p><p>Die Motion hätte insofern eine vereinfachende Wirkung, als keine Feststellung des Lebensmittelpunktes mehr erforderlich wäre. Allerdings wäre weiterhin ein Beweisverfahren erforderlich zur Feststellung, ob eine Person tatsächlich Wochenaufenthalter ist (Kontrolle des tatsächlichen Aufenthalts). Zudem würden für die steuerpflichtigen Personen aufgrund der beschränkten Steuerpflicht am Arbeitsortkanton neue Anreize zur Steueroptimierung gesetzt. Da nicht mehr geprüft würde, wo sich der Lebensmittelpunkt tatsächlich befindet, könnte die steuerpflichtige Person durch Begründung eines Wochenendaufenthalts in einem steuergünstigen Kanton Steuern sparen.</p><p>In finanzieller Hinsicht käme es für die betroffenen Kantone zu gegenläufigen Effekten: Einerseits müssten Kantone mit Steuerpflichtigen, deren Lebensmittelpunkt sich bisher am Wohnort befindet, neu Steueraufkommen an den Ort des Wochenaufenthalts abgeben. Andererseits würden die Steuern von Wochenaufenthaltern mit Lebensmittelpunkt am Wochenaufenthaltsort diesem neu nur noch zum Teil zufliessen. Zudem regelt die Motion nicht, wie die Steuerteilung konkret auszugestalten sei. Die finanzpolitischen Auswirkungen des Vorschlags sind daher offen.</p><p>Inwiefern sich mit der Schaffung eines Nebensteuerdomizils etwas an der Boden- und Wohnraumknappheit ändern soll, ist nicht ersichtlich.</p><p>Nach Auffassung des Bundesrates vermag die angestrebte Vereinfachung des Steuersystems die erwähnten Nachteile nicht aufzuwiegen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die rechtlichen Vorgaben auf eidgenössischer Ebene so zu ändern, dass der steuerrechtliche Wohnsitz von als Wochenaufenthalterinnen und -aufenthalter angemeldeten Personen nicht mehr abgeklärt und festgestellt werden muss, sondern dass diese im Sinn eines Nebensteuerdomizils mittels einfach definierter oder pauschalierter Steuerteilung am Wochenaufenthaltsort automatisch eine sekundäre Steuerpflicht entfalten.</p>
    • Wochenaufenthalt. Steuerrechtlicher Wohnsitz

Back to List