Hassrede auf sozialen Netzwerken. Einfach gewähren lassen?

ShortId
17.3734
Id
20173734
Updated
28.07.2023 03:58
Language
de
Title
Hassrede auf sozialen Netzwerken. Einfach gewähren lassen?
AdditionalIndexing
34;1216;1236
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Bekämpfung von Hass- und Gewaltreden auf sozialen Netzwerken stützt sich sowohl auf das Strafrecht (namentlich die Artikel 135, 173ff., 180, 258ff. StGB) als auch auf das Zivilrecht (Art. 28ff. ZGB) und das Verwaltungsrecht. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern die Bestimmungen zur Regelung der analogen Welt auf die digitale Welt angewendet werden und in der digitalen Welt tatsächlich durchgesetzt werden können. Der Bundesrat hat sich in den letzten Monaten im Rahmen parlamentarischer Vorstösse bereits mehrmals zu diesem Thema geäussert (namentlich in seinen Stellungnahmen zu den Motionen Schwaab 16.4080 und Levrat 16.4082, in seinem Nachfolgebericht vom 10. Mai 2017 "Rechtliche Basis für Social Media: Erneute Standortbestimmung" in Erfüllung des Postulates Amherd 11.3912 sowie in seinen Antworten auf die Interpellationen Schwaab 17.3276 und 17.3277; siehe ebenfalls seinen Bericht vom 11. Dezember 2015 "Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Providern"). Die Schwierigkeiten bei der Anwendung der bestehenden Normen auf die sozialen Netzwerke ergeben sich vor allem aus dem grenzüberschreitenden Charakter dieser Dienste. Denn wenn kein Anknüpfungspunkt zur Schweiz besteht, ist eine Anwendung des Schweizer Rechts aufgrund des Territorialitätsprinzips nur beschränkt möglich.</p><p>Darüber hinaus werfen die Löschung und Sperrung von Nachrichten auf sozialen Netzwerken rein auf Grundlage von Meldungen durch die Benutzerinnen und Benutzer ohne Verwaltungs- oder Gerichtsentscheid, wie dies in Deutschland vorgesehen ist, heikle Fragen bezüglich der Vereinbarkeit mit den Grundrechten, namentlich der Meinungsäusserungsfreiheit, auf. In der Schweiz besteht zurzeit keine entsprechende gesetzliche Pflicht. Solche Massnahmen ausserhalb eines Gerichtsverfahrens werden heute wie folgt umgesetzt:</p><p>- Bei der Meldung problematischer Inhalte gewähren die sozialen Netzwerke teilweise sogenannten Trusted Flaggers einen Sonderstatus. Die von diesen gemeldeten Inhalte werden sehr rasch gelöscht, wenn sie offensichtlich gegen die Nutzungsbestimmungen der Plattform verstossen. Das betrifft hauptsächlich Videos mit terroristischer Propaganda oder Gewaltdarstellungen. Fedpol hat bei Youtube den Status eines Trusted Flagger und meldet als solcher regelmässig Gewalt- und Propagandavideos, insbesondere im Bereich des dschihadistischen Terrorismus. Fedpol ist ausserdem in Kontakt mit Facebook und Twitter und versucht, auch bei anderen sozialen Netzwerken einen derartigen Status zu erlangen.</p><p>- Im Bereich Kinderpornografie erstellt Fedpol eine schwarze Liste illegaler Websites, die in der Folge von den Internetzugangsanbieterinnen auf freiwilliger Basis und ohne gesetzliche Verpflichtung gesperrt werden. Mit der laufenden Revision des Fernmeldegesetzes (FMG; SR 784.10) sollen die Anbieterinnen von Fernmeldediensten gesetzlich dazu verpflichtet werden, die von Fedpol gemeldeten Informationen pornografischer Natur zu löschen (BBl 2017 6705).</p><p>Der Bundesrat ist der Ansicht, dass namentlich angesichts der grenzüberschreitenden Kommunikation und der damit verbundenen rechtlichen Probleme Lösungen in erster Linie auf Grundlage eines freiwilligen Engagements der sozialen Netzwerke gesucht werden müssen. Er unterstützt auch internationale Bestrebungen, die wirksame Massnahmen gegen Rechtsverletzungen in sozialen Netzwerken fördern. Er verfolgt die Entwicklung der sozialen Netzwerke weiterhin aufmerksam und prüft auch Anpassungen des landesrechtlichen Instrumentariums. Solche sind allerdings nur dann sinnvoll, wenn daraus tatsächlich ein besserer Schutz der betroffenen Rechtsgüter zu erwarten ist.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Ende Juni hat der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das sozialen Netzwerken auferlegt, rassistische und antisemitische Inhalte, Aufwiegelung zum Hass, terroristische Propaganda, Kinderpornografie, aber auch Fake News zu löschen. Diese Inhalte müssen spätestens innerhalb von 24 Stunden, nachdem Nutzerinnen und Nutzer solche Inhalte gemeldet haben, von den sozialen Netzwerken gelöscht werden. Im Falle von Zuwiderhandlungen drohen Bussen von bis zu 50 Millionen Euro. Das Gesetz sieht ausserdem vor, dass die im Unternehmen für diesen Bereich zuständige Person mit bis zu 5 Millionen Euro geahndet werden kann. Anbieter sozialer Netzwerke sind zudem verpflichtet, halbjährlich einen Bericht über die Anzahl eingegangener Beschwerden und den Umgang mit diesen Beschwerden zu erstellen. Auch in anderen Ländern, beispielsweise in Grossbritannien, gibt es Bestrebungen, in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig zu werden.</p><p>Ich bitte den Bundesrat um die Beantwortung folgender Frage:</p><p>Gedenkt der Bundesrat, sich dieser Problematik anzunehmen und im Bereich der Hassrede auf sozialen Netzwerken gesetzgeberisch tätig zu werden?</p>
  • Hassrede auf sozialen Netzwerken. Einfach gewähren lassen?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Bekämpfung von Hass- und Gewaltreden auf sozialen Netzwerken stützt sich sowohl auf das Strafrecht (namentlich die Artikel 135, 173ff., 180, 258ff. StGB) als auch auf das Zivilrecht (Art. 28ff. ZGB) und das Verwaltungsrecht. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern die Bestimmungen zur Regelung der analogen Welt auf die digitale Welt angewendet werden und in der digitalen Welt tatsächlich durchgesetzt werden können. Der Bundesrat hat sich in den letzten Monaten im Rahmen parlamentarischer Vorstösse bereits mehrmals zu diesem Thema geäussert (namentlich in seinen Stellungnahmen zu den Motionen Schwaab 16.4080 und Levrat 16.4082, in seinem Nachfolgebericht vom 10. Mai 2017 "Rechtliche Basis für Social Media: Erneute Standortbestimmung" in Erfüllung des Postulates Amherd 11.3912 sowie in seinen Antworten auf die Interpellationen Schwaab 17.3276 und 17.3277; siehe ebenfalls seinen Bericht vom 11. Dezember 2015 "Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Providern"). Die Schwierigkeiten bei der Anwendung der bestehenden Normen auf die sozialen Netzwerke ergeben sich vor allem aus dem grenzüberschreitenden Charakter dieser Dienste. Denn wenn kein Anknüpfungspunkt zur Schweiz besteht, ist eine Anwendung des Schweizer Rechts aufgrund des Territorialitätsprinzips nur beschränkt möglich.</p><p>Darüber hinaus werfen die Löschung und Sperrung von Nachrichten auf sozialen Netzwerken rein auf Grundlage von Meldungen durch die Benutzerinnen und Benutzer ohne Verwaltungs- oder Gerichtsentscheid, wie dies in Deutschland vorgesehen ist, heikle Fragen bezüglich der Vereinbarkeit mit den Grundrechten, namentlich der Meinungsäusserungsfreiheit, auf. In der Schweiz besteht zurzeit keine entsprechende gesetzliche Pflicht. Solche Massnahmen ausserhalb eines Gerichtsverfahrens werden heute wie folgt umgesetzt:</p><p>- Bei der Meldung problematischer Inhalte gewähren die sozialen Netzwerke teilweise sogenannten Trusted Flaggers einen Sonderstatus. Die von diesen gemeldeten Inhalte werden sehr rasch gelöscht, wenn sie offensichtlich gegen die Nutzungsbestimmungen der Plattform verstossen. Das betrifft hauptsächlich Videos mit terroristischer Propaganda oder Gewaltdarstellungen. Fedpol hat bei Youtube den Status eines Trusted Flagger und meldet als solcher regelmässig Gewalt- und Propagandavideos, insbesondere im Bereich des dschihadistischen Terrorismus. Fedpol ist ausserdem in Kontakt mit Facebook und Twitter und versucht, auch bei anderen sozialen Netzwerken einen derartigen Status zu erlangen.</p><p>- Im Bereich Kinderpornografie erstellt Fedpol eine schwarze Liste illegaler Websites, die in der Folge von den Internetzugangsanbieterinnen auf freiwilliger Basis und ohne gesetzliche Verpflichtung gesperrt werden. Mit der laufenden Revision des Fernmeldegesetzes (FMG; SR 784.10) sollen die Anbieterinnen von Fernmeldediensten gesetzlich dazu verpflichtet werden, die von Fedpol gemeldeten Informationen pornografischer Natur zu löschen (BBl 2017 6705).</p><p>Der Bundesrat ist der Ansicht, dass namentlich angesichts der grenzüberschreitenden Kommunikation und der damit verbundenen rechtlichen Probleme Lösungen in erster Linie auf Grundlage eines freiwilligen Engagements der sozialen Netzwerke gesucht werden müssen. Er unterstützt auch internationale Bestrebungen, die wirksame Massnahmen gegen Rechtsverletzungen in sozialen Netzwerken fördern. Er verfolgt die Entwicklung der sozialen Netzwerke weiterhin aufmerksam und prüft auch Anpassungen des landesrechtlichen Instrumentariums. Solche sind allerdings nur dann sinnvoll, wenn daraus tatsächlich ein besserer Schutz der betroffenen Rechtsgüter zu erwarten ist.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Ende Juni hat der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das sozialen Netzwerken auferlegt, rassistische und antisemitische Inhalte, Aufwiegelung zum Hass, terroristische Propaganda, Kinderpornografie, aber auch Fake News zu löschen. Diese Inhalte müssen spätestens innerhalb von 24 Stunden, nachdem Nutzerinnen und Nutzer solche Inhalte gemeldet haben, von den sozialen Netzwerken gelöscht werden. Im Falle von Zuwiderhandlungen drohen Bussen von bis zu 50 Millionen Euro. Das Gesetz sieht ausserdem vor, dass die im Unternehmen für diesen Bereich zuständige Person mit bis zu 5 Millionen Euro geahndet werden kann. Anbieter sozialer Netzwerke sind zudem verpflichtet, halbjährlich einen Bericht über die Anzahl eingegangener Beschwerden und den Umgang mit diesen Beschwerden zu erstellen. Auch in anderen Ländern, beispielsweise in Grossbritannien, gibt es Bestrebungen, in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig zu werden.</p><p>Ich bitte den Bundesrat um die Beantwortung folgender Frage:</p><p>Gedenkt der Bundesrat, sich dieser Problematik anzunehmen und im Bereich der Hassrede auf sozialen Netzwerken gesetzgeberisch tätig zu werden?</p>
    • Hassrede auf sozialen Netzwerken. Einfach gewähren lassen?

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