Anerkennung ausländischer Diplome unter Berücksichtigung des Fachkräftemangels

ShortId
17.3804
Id
20173804
Updated
28.07.2023 04:20
Language
de
Title
Anerkennung ausländischer Diplome unter Berücksichtigung des Fachkräftemangels
AdditionalIndexing
32;44;2811;10
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die bilateralen Verträge haben die Situation für EU-Bürgerinnen und -Bürger mit Hochschulabschluss bezüglich der Anerkennung ihrer Diplome verbessert. Dies ist jedoch für Drittstaatenangehörige und für EU-Bürgerinnen und -Bürger mit einem Berufsabschluss (vergleichbar mit dem Schweizer EFZ) nicht der Fall. Für Arbeitnehmende, die ihr Berufsdiplom in einem schulischen System erworben haben, bestehen kaum Chancen auf Gleichwertigkeit mit einem EFZ. Jeder französische Elektriker und jede polnische Pflegerin müssen eine individuelle Abklärung machen, obwohl sie jeweils identische Schulabschlüsse haben. Dieses Anerkennungsprozedere dauert mehrere Monate, ist mit Kosten verbunden und ein bürokratischer Leerlauf. Für nichtreglementierte Berufe ist eine Niveaubestätigung oder Diplomanerkennung nicht unbedingt nötig, aber viele Gesamtarbeitsverträge sehen höhere Löhne für Arbeitnehmende mit EFZ vor. Besonders schwierig ist die Situation für Menschen aus Drittstaaten. Sie sind oft gezwungen, als Hilfskräfte zu arbeiten, weil ihre Ausbildungen und Erfahrung nicht anerkannt werden, obwohl die Schweiz aufgrund der Überalterung dringend Fachkräfte braucht.</p><p>1. Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass durch die Nichtanerkennung ausländischer Diplome sehr viele, gut ausgebildete Migrantinnen und Migranten faktisch gezwungen werden, als Hilfskräfte zu arbeiten, obwohl die Schweiz Fachkräfte braucht?</p><p>2. Teilt er die Meinung, dass die individuelle Anerkennungspraxis ein bürokratischer Leerlauf ist und verändert werden sollte?</p><p>3. Ist er gewillt, die Praxis der individuellen Diplomanerkennung, auch für nichtreglementierte Berufe, zu ändern und kollektive Gleichwertigkeitsprüfungen von schulischen Lehrabschlüssen zu veranlassen?</p><p>4. Ist er bereit, Drittstaatenangehörigen, die bereits eine Tertiärausbildung abgeschlossen oder begonnen haben, den Zugang zu Hochschulen und Fachhochschulen zu erleichtern? Welche Massnahmen sind vorgesehen?</p>
  • <p>Für EU-/Efta-Bürgerinnen und -Bürger ist die Anerkennung von Berufsqualifikationen für reglementierte Berufe und Tätigkeiten in der Schweiz im Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit geregelt, das in seinem Anhang III auf die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen verweist. Für Gesuchstellende aus Drittländern kommen die Berufsbildungsverordnung und die Verordnung zum Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz zur Anwendung.</p><p>Zur Ausübung gewisser Berufe werden bestimmte Ausbildungstitel verlangt. Damit soll die Qualität der Leistungen in Bereichen sichergestellt werden, in denen ein öffentliches Interesse besteht. Das Gleichwertigkeitsverfahren für die Berufsqualifikationen dient dazu, das von der Reglementierung vorgeschriebene Qualitätsniveau einzuhalten. Ist die Ausübung eines Berufs nicht reglementiert, entscheidet der Arbeitsmarkt frei über die Einstellungsbedingungen, und eine verstärkte staatliche Intervention ist nicht gerechtfertigt.</p><p>1. Erfüllt die ausländische Ausbildung die in der Schweiz vorgeschriebenen qualitativen Mindeststandards nicht, werden Ausgleichsmassnahmen angeordnet. Es kommt daher sehr selten vor, dass für einen reglementierten Beruf ein Entscheid über eine Nichtanerkennung ausgestellt wird. Die Ausgleichsmassnahmen ermöglichen den im Ausland ausgebildeten Personen, das Niveau der verlangten Ausbildung zu erreichen, und erleichtern ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt.</p><p>2./3. Die Aufstellung einer Liste für eine "kollektive Anerkennung" ist in einem Umfeld, in dem sich Ausbildungen sowohl im In- als auch im Ausland sehr schnell wandeln, unmöglich. Solche Listen wären zu unpräzis und würden für gewisse Fälle entweder zu günstige Zulassungsbedingungen vorsehen, womit die Mindestkriterien unseres Landes nicht mehr eingehalten würden, oder aber im Gegenteil zu ungerechtfertigten Ablehnungen führen. Die kontinuierlich erforderliche Aktualisierung der Listen ergäbe gerade ein Beispiel für ein bürokratisches Verfahren, das weit von der Realität des Einzelfalles entfernt wäre. Dies gilt umso mehr für nichtreglementierte Berufe, in denen ein allfälliger negativer Entscheid formell wirkungslos bliebe, da der Arbeitsmarkt die Einstellungsbedingungen definiert. Der Bundesrat verweist dazu auch auf das Postulat Fetz 15.3632.</p><p>4. Die Studienzulassung liegt in der Zuständigkeit der Hochschulen. Die Frage des erleichterten Zugangs zu einem Studium für Drittstaatenangehörige, die eine tertiäre Ausbildung begonnen oder abgeschlossen haben, wird von den Hochschulen und ihren Zulassungsstellen angemessen berücksichtigt. In diesem Kontext ist auch die Lissabonner Konvention zu erwähnen, die zum Ziel hat, die Anerkennung von in den Vertragsstaaten ausgestellten Qualifikationen zu erleichtern. Zudem stellt Swissuniversities (Swiss Enic) für nichtreglementierte Berufe gebührenfreie Stellungnahmen über den Wert ausländischer tertiärer Ausbildungstitel aus. Ausserdem wird im Rahmen des Projekts "Potenziale nutzen" des Staatssekretariates für Migration untersucht, wie der Zugang zu anerkannten Berufsabschlüssen von Personen aus Drittstaaten in der Schweiz verbessert werden kann. Das Projekt wird 2018 abgeschlossen. Die Erkenntnisse sollen anschliessend mit Akteuren aus dem Bildungsbereich diskutiert werden.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Was unternimmt der Bundesrat, um den Zugang qualifizierter ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Schweizer Arbeitsmarkt mittels unbürokratischer, transparenter Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Diplome und Vertiefung des bestehenden Ausbildungsniveaus zu verbessern, um damit auch einen Beitrag gegen den immer stärker werdenden Fachkräftemangel zu leisten?</p>
  • Anerkennung ausländischer Diplome unter Berücksichtigung des Fachkräftemangels
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die bilateralen Verträge haben die Situation für EU-Bürgerinnen und -Bürger mit Hochschulabschluss bezüglich der Anerkennung ihrer Diplome verbessert. Dies ist jedoch für Drittstaatenangehörige und für EU-Bürgerinnen und -Bürger mit einem Berufsabschluss (vergleichbar mit dem Schweizer EFZ) nicht der Fall. Für Arbeitnehmende, die ihr Berufsdiplom in einem schulischen System erworben haben, bestehen kaum Chancen auf Gleichwertigkeit mit einem EFZ. Jeder französische Elektriker und jede polnische Pflegerin müssen eine individuelle Abklärung machen, obwohl sie jeweils identische Schulabschlüsse haben. Dieses Anerkennungsprozedere dauert mehrere Monate, ist mit Kosten verbunden und ein bürokratischer Leerlauf. Für nichtreglementierte Berufe ist eine Niveaubestätigung oder Diplomanerkennung nicht unbedingt nötig, aber viele Gesamtarbeitsverträge sehen höhere Löhne für Arbeitnehmende mit EFZ vor. Besonders schwierig ist die Situation für Menschen aus Drittstaaten. Sie sind oft gezwungen, als Hilfskräfte zu arbeiten, weil ihre Ausbildungen und Erfahrung nicht anerkannt werden, obwohl die Schweiz aufgrund der Überalterung dringend Fachkräfte braucht.</p><p>1. Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass durch die Nichtanerkennung ausländischer Diplome sehr viele, gut ausgebildete Migrantinnen und Migranten faktisch gezwungen werden, als Hilfskräfte zu arbeiten, obwohl die Schweiz Fachkräfte braucht?</p><p>2. Teilt er die Meinung, dass die individuelle Anerkennungspraxis ein bürokratischer Leerlauf ist und verändert werden sollte?</p><p>3. Ist er gewillt, die Praxis der individuellen Diplomanerkennung, auch für nichtreglementierte Berufe, zu ändern und kollektive Gleichwertigkeitsprüfungen von schulischen Lehrabschlüssen zu veranlassen?</p><p>4. Ist er bereit, Drittstaatenangehörigen, die bereits eine Tertiärausbildung abgeschlossen oder begonnen haben, den Zugang zu Hochschulen und Fachhochschulen zu erleichtern? Welche Massnahmen sind vorgesehen?</p>
    • <p>Für EU-/Efta-Bürgerinnen und -Bürger ist die Anerkennung von Berufsqualifikationen für reglementierte Berufe und Tätigkeiten in der Schweiz im Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit geregelt, das in seinem Anhang III auf die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen verweist. Für Gesuchstellende aus Drittländern kommen die Berufsbildungsverordnung und die Verordnung zum Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz zur Anwendung.</p><p>Zur Ausübung gewisser Berufe werden bestimmte Ausbildungstitel verlangt. Damit soll die Qualität der Leistungen in Bereichen sichergestellt werden, in denen ein öffentliches Interesse besteht. Das Gleichwertigkeitsverfahren für die Berufsqualifikationen dient dazu, das von der Reglementierung vorgeschriebene Qualitätsniveau einzuhalten. Ist die Ausübung eines Berufs nicht reglementiert, entscheidet der Arbeitsmarkt frei über die Einstellungsbedingungen, und eine verstärkte staatliche Intervention ist nicht gerechtfertigt.</p><p>1. Erfüllt die ausländische Ausbildung die in der Schweiz vorgeschriebenen qualitativen Mindeststandards nicht, werden Ausgleichsmassnahmen angeordnet. Es kommt daher sehr selten vor, dass für einen reglementierten Beruf ein Entscheid über eine Nichtanerkennung ausgestellt wird. Die Ausgleichsmassnahmen ermöglichen den im Ausland ausgebildeten Personen, das Niveau der verlangten Ausbildung zu erreichen, und erleichtern ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt.</p><p>2./3. Die Aufstellung einer Liste für eine "kollektive Anerkennung" ist in einem Umfeld, in dem sich Ausbildungen sowohl im In- als auch im Ausland sehr schnell wandeln, unmöglich. Solche Listen wären zu unpräzis und würden für gewisse Fälle entweder zu günstige Zulassungsbedingungen vorsehen, womit die Mindestkriterien unseres Landes nicht mehr eingehalten würden, oder aber im Gegenteil zu ungerechtfertigten Ablehnungen führen. Die kontinuierlich erforderliche Aktualisierung der Listen ergäbe gerade ein Beispiel für ein bürokratisches Verfahren, das weit von der Realität des Einzelfalles entfernt wäre. Dies gilt umso mehr für nichtreglementierte Berufe, in denen ein allfälliger negativer Entscheid formell wirkungslos bliebe, da der Arbeitsmarkt die Einstellungsbedingungen definiert. Der Bundesrat verweist dazu auch auf das Postulat Fetz 15.3632.</p><p>4. Die Studienzulassung liegt in der Zuständigkeit der Hochschulen. Die Frage des erleichterten Zugangs zu einem Studium für Drittstaatenangehörige, die eine tertiäre Ausbildung begonnen oder abgeschlossen haben, wird von den Hochschulen und ihren Zulassungsstellen angemessen berücksichtigt. In diesem Kontext ist auch die Lissabonner Konvention zu erwähnen, die zum Ziel hat, die Anerkennung von in den Vertragsstaaten ausgestellten Qualifikationen zu erleichtern. Zudem stellt Swissuniversities (Swiss Enic) für nichtreglementierte Berufe gebührenfreie Stellungnahmen über den Wert ausländischer tertiärer Ausbildungstitel aus. Ausserdem wird im Rahmen des Projekts "Potenziale nutzen" des Staatssekretariates für Migration untersucht, wie der Zugang zu anerkannten Berufsabschlüssen von Personen aus Drittstaaten in der Schweiz verbessert werden kann. Das Projekt wird 2018 abgeschlossen. Die Erkenntnisse sollen anschliessend mit Akteuren aus dem Bildungsbereich diskutiert werden.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Was unternimmt der Bundesrat, um den Zugang qualifizierter ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Schweizer Arbeitsmarkt mittels unbürokratischer, transparenter Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Diplome und Vertiefung des bestehenden Ausbildungsniveaus zu verbessern, um damit auch einen Beitrag gegen den immer stärker werdenden Fachkräftemangel zu leisten?</p>
    • Anerkennung ausländischer Diplome unter Berücksichtigung des Fachkräftemangels

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