Strukturerhaltung, Überversorgung und übermässige Kosten der Krankenversicherung

ShortId
17.3824
Id
20173824
Updated
28.07.2023 04:19
Language
de
Title
Strukturerhaltung, Überversorgung und übermässige Kosten der Krankenversicherung
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Gemäss Experten sind es die zu hohen Kosten bzw. die Ineffizienz, die mit zu den Hauptproblemen unseres überteuerten Gesundheitswesens gehören. Die zu hohen Kosten werden vor allem von Überversorgung und Mengenausweitung verursacht. Die Mehrfachrolle der Kantone ist dabei eines der Hauptprobleme. Viele Kantone unternehmen Strukturerhaltung und lokale Wirtschaftsförderung zulasten der Prämienzahler. Laut dem Wirtschaftsmagazin "ECO" von Fernsehen SRF werden in den nächsten zehn Jahren weitere 20 Milliarden Franken eher unkoordiniert investiert, die amortisiert werden müssen.</p>
  • <p>1. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass im Bereich "Spital stationär" das Wachstum der Bruttoleistungen zwischen 2010 und 2015 unter jenem der gesamten obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) lag. Im Bereich "Spital ambulant" kann ein erhöhtes Wachstum beobachtet werden. Insofern spitalambulante Behandlungen stationäre Aufenthalte substituieren, ist eine entsprechende Zunahme im spitalambulanten Bereich grundsätzlich zu begrüssen. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass die Angemessenheit des Angebotes im ambulanten Bereich im Vergleich zum Bedarf gesamthaft und nicht beschränkt auf die Spitalambulatorien zu beurteilen ist. Der Bundesrat kann aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Zahlen nicht beurteilen, ob der Ausbau im Spitalbereich unangemessen ist.</p><p>2. In den Planungskriterien des Bundesrates sind Bestimmungen über die interkantonale Koordination der Planung enthalten. Insbesondere müssen die Kantone im Rahmen der Spitalplanung die nötigen Informationen über die Patientenströme auswerten und untereinander austauschen sowie Planungsmassnahmen, welche andere Kantone betreffen, mit diesen koordinieren. In der letzten Zeit ist eine verstärkt stattfindende Koordination zwischen den Kantonen festzustellen. Der Bundesrat unterstützt die Kantone, die Koordination ihrer Planungen weiterzuführen und zu verstärken, um die Synergien bzw. das Potenzial für die Gestaltung eines effizienteren, qualitativ besseren und dem Bedarf angepassten Angebotes auszuschöpfen.</p><p>3. Zwischen 2000 und 2016 haben sich die Kosten der im spitalambulanten Bereich erbrachten Leistungen pro versicherte Person fast verdreifacht (plus 268 Prozent), während sich die Gesamtkosten der Leistungen zulasten der Krankenversicherung im selben Zeitraum weniger als verdoppelten (plus 175 Prozent). So stieg der Anteil der Leistungen des spitalambulanten Bereichs von rund 12 Prozent der Bruttoleistungen im Jahr 2000 auf etwa 19 Prozent im Jahr 2016.</p><p>4. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass der Gesundheitsmarkt kein Markt wie jeder andere ist und in einem gewissen Mass reguliert werden muss. Wie er in seinem Bericht vom 3. März 2017 in Erfüllung des Postulates der SGK-S 16.3000 dargelegt hat, ist er der Meinung, dass namentlich das Angebot zu begrenzen ist, denn dieses bestimmt zu einem grossen Teil die Nachfrage. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Kantone den Leistungsbedarf ihrer Bevölkerung selbst am besten abschätzen können. Deshalb hat er eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt, die ihnen die Möglichkeit gibt, die Zahl der im ambulanten Bereich tätigen Ärztinnen und Ärzte differenziert zu begrenzen, und zwar nicht nur in den Praxen, sondern auch im spitalambulanten Bereich. Beschliessen sie jedoch zu handeln, müssen sie die Entwicklung des Beschäftigungsgrads der Ärztinnen und Ärzte berücksichtigen, die verschiedenen Akteure konsultieren und sich mit ihren Nachbarn koordinieren.</p><p>5. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) veröffentlichte 2016 einen Forschungsbericht zur Umsetzung von Artikel 55a KVG durch die Kantone zwischen 2002 und 2016 (siehe: <a href="http://www.bag.admin.ch/">www.bag.admin.ch</a> &gt; Service &gt; Publikationen &gt; Forschungsberichte &gt; Forschungsberichte Kranken- und Unfallversicherung). In diesem Bericht wird festgestellt, dass von 2010, als der Geltungsbereich der Zulassungsbeschränkung auf den spitalambulanten Bereich ausgedehnt wurde, bis 2011 sowie von 2013 bis 2016 jeweils lediglich fünf Kantone diese Tätigkeit einer Zulassungsbeschränkung unterstellten.</p><p>6. Wie bereits unter Ziffer 2 ausgeführt, sind die Kantone im Rahmen der Spitalplanung bundesrechtlich bereits heute zur Koordination untereinander verpflichtet. Dabei haben sie grundsätzlich zu berücksichtigen, dass sowohl der Bedarf als auch das benötigte Angebot an stationären Leistungen kleiner wird, wenn diese neu ambulant anstatt stationär erbracht werden.</p><p>7. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass er die gemäss Kompetenzverteilung in seinem Zuständigkeitsgebiet liegenden Aufgaben wahrnimmt, um das schweizerische Gesundheitssystem zu verbessern und bezahlbar zu halten. Das BAG hat in Umsetzung der bundesrätlichen Strategie Gesundheit 2020 das Thema der angemessenen Leistungserbringung insbesondere im Rahmen des Handlungsfeldes 4, "Transparenz schaffen, besser steuern und koordinieren", aufgenommen und verschiedene Massnahmen definiert. Zudem hat das Eidgenössische Departement des Innern eine Expertengruppe mit dem Auftrag, Kostendämpfungsmassnahmen in der OKP vorzuschlagen, eingesetzt. Der Bericht der Expertengruppe vom 24. August 2017 (siehe: <a href="http://www.bag.admin.ch">www.bag.admin.ch</a> &gt; Themen &gt; Krankenversicherung &gt; Kostendämpfung), von welchem der Bundesrat an seiner Sitzung vom 25. Oktober 2017 Kenntnis genommen hat, beinhaltet auch verschiedene Massnahmen, welche einen Beitrag zur Lösung der vom Interpellanten aufgeworfenen Fragen leisten könnten. Zudem ist der Bundesrat dabei, die Planungskriterien für den Spitalbereich zu überarbeiten, und hat eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt, welche die Steuerungsfähigkeit der Kantone im ambulanten Bereich verbessern soll.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Experten sind sich einig, dass Überversorgung und überflüssige Leistungen mit ein Hauptgrund für die hohen Kosten unseres Gesundheitssystems sind. Der Bundesrat wird gebeten, in diesem Zusammenhang folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Teilt er den Befund von Experten, dass der übermässige Ausbau der Spitäler in den Kantonen (stationär und insbesondere ambulant) mit ein Hauptgrund für die Kostenzunahme in der obligatorischen Krankenversicherung ist?</p><p>2. Teilt er das Urteil der Experten, dass die ungenügende Koordination der Versorgungsplanung unter den Kantonen ein wesentlicher Grund für das Überangebot ist?</p><p>3. Teilt er die Analyse der Experten, dass Spitalambulatorien in den Kantonen seit rund 15 Jahren mit zu den grössten Kostentreibern der Krankenversicherung zählen?</p><p>4. Wie begründet er seinen Vorschlag, dass die Kantone die Zahl der Ärzte, die letztlich in irgendeiner Form zulasten des KVG abrechnen, künftig nach Gutdünken festlegen können sollen?</p><p>5. Was sagt er zur Kritik von Experten, dass die bisherige Zulassungssteuerung gemäss Artikel 55a KVG von den Kantonen in den Spitalambulatorien nicht umgesetzt wurde, also auch nicht in jener Version, wo dies explizit vorgesehen war?</p><p>6. Teilt er die juristische Einschätzung von Verfassungsrechtlern, dass die Kompetenz der Kantone zur Gewährleistung der medizinischen Versorgung auf ihrem Gebiet Vorgaben des Bundes zur interkantonalen Versorgungsplanung, soweit diese Planung für die Krankenversicherung relevant ist, nicht ausschliesst?</p><p>7. Was meint er zur Kritik, dass er seine Kompetenz gemäss Bundesverfassung nicht nutze, um der Überversorgung zulasten des KVG, welche die Kantone zu verantworten haben, mit geeigneten Vorgaben an die Kantone zu begegnen?</p>
  • Strukturerhaltung, Überversorgung und übermässige Kosten der Krankenversicherung
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Gemäss Experten sind es die zu hohen Kosten bzw. die Ineffizienz, die mit zu den Hauptproblemen unseres überteuerten Gesundheitswesens gehören. Die zu hohen Kosten werden vor allem von Überversorgung und Mengenausweitung verursacht. Die Mehrfachrolle der Kantone ist dabei eines der Hauptprobleme. Viele Kantone unternehmen Strukturerhaltung und lokale Wirtschaftsförderung zulasten der Prämienzahler. Laut dem Wirtschaftsmagazin "ECO" von Fernsehen SRF werden in den nächsten zehn Jahren weitere 20 Milliarden Franken eher unkoordiniert investiert, die amortisiert werden müssen.</p>
    • <p>1. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass im Bereich "Spital stationär" das Wachstum der Bruttoleistungen zwischen 2010 und 2015 unter jenem der gesamten obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) lag. Im Bereich "Spital ambulant" kann ein erhöhtes Wachstum beobachtet werden. Insofern spitalambulante Behandlungen stationäre Aufenthalte substituieren, ist eine entsprechende Zunahme im spitalambulanten Bereich grundsätzlich zu begrüssen. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass die Angemessenheit des Angebotes im ambulanten Bereich im Vergleich zum Bedarf gesamthaft und nicht beschränkt auf die Spitalambulatorien zu beurteilen ist. Der Bundesrat kann aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Zahlen nicht beurteilen, ob der Ausbau im Spitalbereich unangemessen ist.</p><p>2. In den Planungskriterien des Bundesrates sind Bestimmungen über die interkantonale Koordination der Planung enthalten. Insbesondere müssen die Kantone im Rahmen der Spitalplanung die nötigen Informationen über die Patientenströme auswerten und untereinander austauschen sowie Planungsmassnahmen, welche andere Kantone betreffen, mit diesen koordinieren. In der letzten Zeit ist eine verstärkt stattfindende Koordination zwischen den Kantonen festzustellen. Der Bundesrat unterstützt die Kantone, die Koordination ihrer Planungen weiterzuführen und zu verstärken, um die Synergien bzw. das Potenzial für die Gestaltung eines effizienteren, qualitativ besseren und dem Bedarf angepassten Angebotes auszuschöpfen.</p><p>3. Zwischen 2000 und 2016 haben sich die Kosten der im spitalambulanten Bereich erbrachten Leistungen pro versicherte Person fast verdreifacht (plus 268 Prozent), während sich die Gesamtkosten der Leistungen zulasten der Krankenversicherung im selben Zeitraum weniger als verdoppelten (plus 175 Prozent). So stieg der Anteil der Leistungen des spitalambulanten Bereichs von rund 12 Prozent der Bruttoleistungen im Jahr 2000 auf etwa 19 Prozent im Jahr 2016.</p><p>4. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass der Gesundheitsmarkt kein Markt wie jeder andere ist und in einem gewissen Mass reguliert werden muss. Wie er in seinem Bericht vom 3. März 2017 in Erfüllung des Postulates der SGK-S 16.3000 dargelegt hat, ist er der Meinung, dass namentlich das Angebot zu begrenzen ist, denn dieses bestimmt zu einem grossen Teil die Nachfrage. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Kantone den Leistungsbedarf ihrer Bevölkerung selbst am besten abschätzen können. Deshalb hat er eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt, die ihnen die Möglichkeit gibt, die Zahl der im ambulanten Bereich tätigen Ärztinnen und Ärzte differenziert zu begrenzen, und zwar nicht nur in den Praxen, sondern auch im spitalambulanten Bereich. Beschliessen sie jedoch zu handeln, müssen sie die Entwicklung des Beschäftigungsgrads der Ärztinnen und Ärzte berücksichtigen, die verschiedenen Akteure konsultieren und sich mit ihren Nachbarn koordinieren.</p><p>5. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) veröffentlichte 2016 einen Forschungsbericht zur Umsetzung von Artikel 55a KVG durch die Kantone zwischen 2002 und 2016 (siehe: <a href="http://www.bag.admin.ch/">www.bag.admin.ch</a> &gt; Service &gt; Publikationen &gt; Forschungsberichte &gt; Forschungsberichte Kranken- und Unfallversicherung). In diesem Bericht wird festgestellt, dass von 2010, als der Geltungsbereich der Zulassungsbeschränkung auf den spitalambulanten Bereich ausgedehnt wurde, bis 2011 sowie von 2013 bis 2016 jeweils lediglich fünf Kantone diese Tätigkeit einer Zulassungsbeschränkung unterstellten.</p><p>6. Wie bereits unter Ziffer 2 ausgeführt, sind die Kantone im Rahmen der Spitalplanung bundesrechtlich bereits heute zur Koordination untereinander verpflichtet. Dabei haben sie grundsätzlich zu berücksichtigen, dass sowohl der Bedarf als auch das benötigte Angebot an stationären Leistungen kleiner wird, wenn diese neu ambulant anstatt stationär erbracht werden.</p><p>7. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass er die gemäss Kompetenzverteilung in seinem Zuständigkeitsgebiet liegenden Aufgaben wahrnimmt, um das schweizerische Gesundheitssystem zu verbessern und bezahlbar zu halten. Das BAG hat in Umsetzung der bundesrätlichen Strategie Gesundheit 2020 das Thema der angemessenen Leistungserbringung insbesondere im Rahmen des Handlungsfeldes 4, "Transparenz schaffen, besser steuern und koordinieren", aufgenommen und verschiedene Massnahmen definiert. Zudem hat das Eidgenössische Departement des Innern eine Expertengruppe mit dem Auftrag, Kostendämpfungsmassnahmen in der OKP vorzuschlagen, eingesetzt. Der Bericht der Expertengruppe vom 24. August 2017 (siehe: <a href="http://www.bag.admin.ch">www.bag.admin.ch</a> &gt; Themen &gt; Krankenversicherung &gt; Kostendämpfung), von welchem der Bundesrat an seiner Sitzung vom 25. Oktober 2017 Kenntnis genommen hat, beinhaltet auch verschiedene Massnahmen, welche einen Beitrag zur Lösung der vom Interpellanten aufgeworfenen Fragen leisten könnten. Zudem ist der Bundesrat dabei, die Planungskriterien für den Spitalbereich zu überarbeiten, und hat eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt, welche die Steuerungsfähigkeit der Kantone im ambulanten Bereich verbessern soll.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Experten sind sich einig, dass Überversorgung und überflüssige Leistungen mit ein Hauptgrund für die hohen Kosten unseres Gesundheitssystems sind. Der Bundesrat wird gebeten, in diesem Zusammenhang folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Teilt er den Befund von Experten, dass der übermässige Ausbau der Spitäler in den Kantonen (stationär und insbesondere ambulant) mit ein Hauptgrund für die Kostenzunahme in der obligatorischen Krankenversicherung ist?</p><p>2. Teilt er das Urteil der Experten, dass die ungenügende Koordination der Versorgungsplanung unter den Kantonen ein wesentlicher Grund für das Überangebot ist?</p><p>3. Teilt er die Analyse der Experten, dass Spitalambulatorien in den Kantonen seit rund 15 Jahren mit zu den grössten Kostentreibern der Krankenversicherung zählen?</p><p>4. Wie begründet er seinen Vorschlag, dass die Kantone die Zahl der Ärzte, die letztlich in irgendeiner Form zulasten des KVG abrechnen, künftig nach Gutdünken festlegen können sollen?</p><p>5. Was sagt er zur Kritik von Experten, dass die bisherige Zulassungssteuerung gemäss Artikel 55a KVG von den Kantonen in den Spitalambulatorien nicht umgesetzt wurde, also auch nicht in jener Version, wo dies explizit vorgesehen war?</p><p>6. Teilt er die juristische Einschätzung von Verfassungsrechtlern, dass die Kompetenz der Kantone zur Gewährleistung der medizinischen Versorgung auf ihrem Gebiet Vorgaben des Bundes zur interkantonalen Versorgungsplanung, soweit diese Planung für die Krankenversicherung relevant ist, nicht ausschliesst?</p><p>7. Was meint er zur Kritik, dass er seine Kompetenz gemäss Bundesverfassung nicht nutze, um der Überversorgung zulasten des KVG, welche die Kantone zu verantworten haben, mit geeigneten Vorgaben an die Kantone zu begegnen?</p>
    • Strukturerhaltung, Überversorgung und übermässige Kosten der Krankenversicherung

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