Bevölkerungsschutz. Sichere Versorgung der Schweiz mit Impfstoffen

ShortId
18.3058
Id
20183058
Updated
28.07.2023 03:54
Language
de
Title
Bevölkerungsschutz. Sichere Versorgung der Schweiz mit Impfstoffen
AdditionalIndexing
2841;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die "Sicherheit der Medikamentenversorgung" der Schweiz sei "gut bis sehr gut", so der Bericht vom 1. Januar 2016. Dennoch zeigt sich, dass sich Lieferengpässe bei Impfstoffen und Antibiotika häufen. Engpässe bei Basisimpfstoffen kommen oft vor, auch bei Impfstoffen zur Grundimmunisierung von Kleinkindern. Im Juni 2016 ging der Impfstoff gegen Keuchhusten aus, im Sommer 2017 der gegen Hepatitis A, B und Starrkrampf, im November 2017 waren 15 Arzneimittel und 9 Impfstoffe nur noch limitiert bis gar nicht erhältlich. Fachleute erwarten bei Seren gegen Kinderlähmung, Diphtherie und Tetanus weitere Ausfälle. Lieferunterbrüche bringen Spitalapotheken und Ärzten Mehraufwand. Mit Sonderbewilligungen versuchen sie ihr Bestes, die Impfpläne einzuhalten. Impfstoffe werden im Westen kaum mehr hergestellt mangels Rentabilität. Firmen ziehen sich zurück und konzentrieren die Produktion auf China und Indien. Zwei Grossfirmen noch beliefern hauptsächlich den westlichen Markt: GSK und Sanofi. Das schafft problematische Abhängigkeiten. Deutschland prüft daher, die Produktion nach Europa zurückzuholen. Doch dafür bräuchte es marktwirtschaftliche Anreize zur Attraktivierung der Impfstoffproduktion. Auch die Schweiz sollte wirksame Massnahmen prüfen. Abhängigkeiten von wenigen Anbietern im Ausland sind heikel. Zudem riskiert die Schweiz, im Notfall weit hinten in der Warteschlange anzustehen, weil andere Länder Verträge mit Herstellern verbunden mit Konventionalstrafen bei Lieferausfällen abschliessen. Der Bund will bis 2019 Pflichtlager aufbauen. Das ist gut, reicht aber nicht. Der Bundesrat wird daher beauftragt, weitere Massnahmen für die Versorgung der Schweiz mit Impfstoffen zu treffen.</p>
  • <p>Der Bundesrat hält fest, dass die Versorgung der Bevölkerung in der Schweiz mit Impfstoffen grundsätzlich auf einem hohen Niveau und auch für die überschaubaren Risiken (z. B. Lieferengpässe wegen Produktionsausfall oder gesteigerter Nachfrage auf dem globalen Markt) sichergestellt ist. Ausserdem wurden die Impfstoffe des Schweizer Impfplans per 1. Oktober 2016 der obligatorischen Pflichtlagerhaltung unterstellt, womit die mittelfristige Versorgungssicherheit, sobald die Lager aufgebaut sind, weiter erhöht werden wird. Zu den von der Motion aufgeführten Massnahmenpaketen hat sich der Bundesrat bereits mehrfach geäussert. Er ist jedoch bereit, das in Ziffer 2 formulierte Anliegen weiterzuverfolgen.</p><p>1./3. Wie der Bundesrat in der Stellungnahme vom 21. Februar 2018 zur Motion Pezzatti 17.4158, "Sicherer Zugang der Bevölkerung zu Impfstoffen", und der Antwort vom 11. Dezember 2017 auf die Frage Pezzatti 17.5595, "Prekäre Versorgung bei Impfstoffen", hinsichtlich der Beschleunigung der Zulassungsverfahren festgehalten hat, hat Swissmedic die für die Zulassung der Impfstoffe vorgesehenen Verfahren bestmöglich umgesetzt. Swissmedic erteilt eine Zulassung, wenn der erwartete Nutzen des Impfstoffs die Risiken überwiegt. Dass bestimmte Impfstoffe in der Schweiz nicht zugelassen sind, liegt nicht primär an der Dauer der Verfahren. Ein Impfstoffhersteller entscheidet nach seinen eigenen Kriterien (z. B. Marketingstrategie, Grösse des Marktes), ob er in der Schweiz ein Gesuch um Zulassung für einen Impfstoff stellen will. Das Gesetz resp. der freie Markt sieht nicht vor, dass der Bund Hersteller dazu zwingen kann, eine Zulassung zu beantragen. Der Bundesrat sieht daher auch keinen Handlungsbedarf, die Rechtsgrundlagen im Hinblick auf eine Beschleunigung der Zulassung von Impfstoffen anzupassen.</p><p>In seiner Antwort vom 19. Februar 2014 auf die Interpellation Eder 13.4105, "Impfstoff-Engpässe aufgrund fehlender inländischer Produktion?", hat der Bundesrat die Situation der Impfstoffproduktion in der Schweiz dargestellt. In der Schweiz tätige Pharmafirmen wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach angefragt, Impfstoffe in der Schweiz zu produzieren, dies insbesondere im Zusammenhang mit der Beschaffung von Pandemieimpfstoff. Sämtliche grösseren Firmen lehnten den Aufbau einer Produktionsstätte ab. Mittlerweile sind die grossen Schweizer Pharmafirmen nicht mehr im Impfstoffgeschäft tätig (mit Ausnahme von der Produktion kleiner Nischenprodukte, z. B. Impfstoffe für Reisemedizin). Die Antwort aus dem Jahre 2014 hat heute noch Gültigkeit.</p><p>4. Der Bundesrat hat das Anliegen nach der erleichterten und raschen Zulassung für Impfstoffe der EMA-Liste in der Antwort vom 31. August 2016 auf die Frage 4 der Interpellation Heim 16.3531, "Mangel an Impfstoffen für Babys. Notmassnahmen", beantwortet: Hersteller müssen ein Gesuch um Zulassung stellen und das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis ausreichend dokumentieren. Hierbei kann auf bereits bestehende Zulassungen anderer Zulassungsbehörden wie z. B. der EMA Bezug genommen werden.</p><p>2. Es ist in der Tat so, dass die Schweiz bei der Impfstoffbeschaffung im Vergleich mit den meisten europäischen Ländern schlechter positioniert ist. Verschiedene Länder kennen bereits einen zentralen Einkauf von Impfstoffen (z. B. Österreich, die Niederlande). Inwieweit ein solches System die Position der Schweiz stärken würde, indem die Firmen vertraglich verpflichtet würden, Impfstoff zeitgerecht und in ausreichender Menge zu liefern, soll eine entsprechende Analyse aufzeigen.</p><p>Im Kontext der hiervor gemachten Ausführungen ist der Bundesrat bereit, dieses Anliegen der Motionärin aufzunehmen und zu prüfen, welche rechtlichen Anpassungen nötig wären, um einen zentralen Einkauf von bestimmten Impfstoffen zu vorgängig festgelegten Lieferbedingungen zu ermöglichen, und ob eine solche Massnahme ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist. Er hält zudem fest, dass ein solch zentrales Einkaufsmodell zahlreiche Fragen aufwirft und dessen Umsetzung relativ aufwendig sein dürfte.</p> Der Bundesrat beantragt die Annahme von Ziffer 2 und die Ablehnung der Ziffern 1, 3 und 4 der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Massnahmen zu prüfen, vorzuschlagen und umzusetzen, um die nötige Impfstoffversorgung der Schweiz möglichst bald sowie auch auf längere Sicht sicherzustellen. Dabei sind namentlich folgende Vorschläge von Expertinnen und Experten zu prüfen und dem Parlament allfällig notwendige gesetzliche Anpassungen zu unterbreiten:</p><p>1. Anreize schaffen, damit Unternehmen vermehrt die Zulassung in der Schweiz beantragen;</p><p>2. zentraler Einkauf von Impfstoffen mit mehrjährigen Lieferverträgen und garantierten Mengen;</p><p>3. Impfstofffirmen animieren, in der Schweiz zu produzieren;</p><p>4. erleichterte und rasche Zulassung für Impfstoffe der EMA-Liste.</p>
  • Bevölkerungsschutz. Sichere Versorgung der Schweiz mit Impfstoffen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die "Sicherheit der Medikamentenversorgung" der Schweiz sei "gut bis sehr gut", so der Bericht vom 1. Januar 2016. Dennoch zeigt sich, dass sich Lieferengpässe bei Impfstoffen und Antibiotika häufen. Engpässe bei Basisimpfstoffen kommen oft vor, auch bei Impfstoffen zur Grundimmunisierung von Kleinkindern. Im Juni 2016 ging der Impfstoff gegen Keuchhusten aus, im Sommer 2017 der gegen Hepatitis A, B und Starrkrampf, im November 2017 waren 15 Arzneimittel und 9 Impfstoffe nur noch limitiert bis gar nicht erhältlich. Fachleute erwarten bei Seren gegen Kinderlähmung, Diphtherie und Tetanus weitere Ausfälle. Lieferunterbrüche bringen Spitalapotheken und Ärzten Mehraufwand. Mit Sonderbewilligungen versuchen sie ihr Bestes, die Impfpläne einzuhalten. Impfstoffe werden im Westen kaum mehr hergestellt mangels Rentabilität. Firmen ziehen sich zurück und konzentrieren die Produktion auf China und Indien. Zwei Grossfirmen noch beliefern hauptsächlich den westlichen Markt: GSK und Sanofi. Das schafft problematische Abhängigkeiten. Deutschland prüft daher, die Produktion nach Europa zurückzuholen. Doch dafür bräuchte es marktwirtschaftliche Anreize zur Attraktivierung der Impfstoffproduktion. Auch die Schweiz sollte wirksame Massnahmen prüfen. Abhängigkeiten von wenigen Anbietern im Ausland sind heikel. Zudem riskiert die Schweiz, im Notfall weit hinten in der Warteschlange anzustehen, weil andere Länder Verträge mit Herstellern verbunden mit Konventionalstrafen bei Lieferausfällen abschliessen. Der Bund will bis 2019 Pflichtlager aufbauen. Das ist gut, reicht aber nicht. Der Bundesrat wird daher beauftragt, weitere Massnahmen für die Versorgung der Schweiz mit Impfstoffen zu treffen.</p>
    • <p>Der Bundesrat hält fest, dass die Versorgung der Bevölkerung in der Schweiz mit Impfstoffen grundsätzlich auf einem hohen Niveau und auch für die überschaubaren Risiken (z. B. Lieferengpässe wegen Produktionsausfall oder gesteigerter Nachfrage auf dem globalen Markt) sichergestellt ist. Ausserdem wurden die Impfstoffe des Schweizer Impfplans per 1. Oktober 2016 der obligatorischen Pflichtlagerhaltung unterstellt, womit die mittelfristige Versorgungssicherheit, sobald die Lager aufgebaut sind, weiter erhöht werden wird. Zu den von der Motion aufgeführten Massnahmenpaketen hat sich der Bundesrat bereits mehrfach geäussert. Er ist jedoch bereit, das in Ziffer 2 formulierte Anliegen weiterzuverfolgen.</p><p>1./3. Wie der Bundesrat in der Stellungnahme vom 21. Februar 2018 zur Motion Pezzatti 17.4158, "Sicherer Zugang der Bevölkerung zu Impfstoffen", und der Antwort vom 11. Dezember 2017 auf die Frage Pezzatti 17.5595, "Prekäre Versorgung bei Impfstoffen", hinsichtlich der Beschleunigung der Zulassungsverfahren festgehalten hat, hat Swissmedic die für die Zulassung der Impfstoffe vorgesehenen Verfahren bestmöglich umgesetzt. Swissmedic erteilt eine Zulassung, wenn der erwartete Nutzen des Impfstoffs die Risiken überwiegt. Dass bestimmte Impfstoffe in der Schweiz nicht zugelassen sind, liegt nicht primär an der Dauer der Verfahren. Ein Impfstoffhersteller entscheidet nach seinen eigenen Kriterien (z. B. Marketingstrategie, Grösse des Marktes), ob er in der Schweiz ein Gesuch um Zulassung für einen Impfstoff stellen will. Das Gesetz resp. der freie Markt sieht nicht vor, dass der Bund Hersteller dazu zwingen kann, eine Zulassung zu beantragen. Der Bundesrat sieht daher auch keinen Handlungsbedarf, die Rechtsgrundlagen im Hinblick auf eine Beschleunigung der Zulassung von Impfstoffen anzupassen.</p><p>In seiner Antwort vom 19. Februar 2014 auf die Interpellation Eder 13.4105, "Impfstoff-Engpässe aufgrund fehlender inländischer Produktion?", hat der Bundesrat die Situation der Impfstoffproduktion in der Schweiz dargestellt. In der Schweiz tätige Pharmafirmen wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach angefragt, Impfstoffe in der Schweiz zu produzieren, dies insbesondere im Zusammenhang mit der Beschaffung von Pandemieimpfstoff. Sämtliche grösseren Firmen lehnten den Aufbau einer Produktionsstätte ab. Mittlerweile sind die grossen Schweizer Pharmafirmen nicht mehr im Impfstoffgeschäft tätig (mit Ausnahme von der Produktion kleiner Nischenprodukte, z. B. Impfstoffe für Reisemedizin). Die Antwort aus dem Jahre 2014 hat heute noch Gültigkeit.</p><p>4. Der Bundesrat hat das Anliegen nach der erleichterten und raschen Zulassung für Impfstoffe der EMA-Liste in der Antwort vom 31. August 2016 auf die Frage 4 der Interpellation Heim 16.3531, "Mangel an Impfstoffen für Babys. Notmassnahmen", beantwortet: Hersteller müssen ein Gesuch um Zulassung stellen und das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis ausreichend dokumentieren. Hierbei kann auf bereits bestehende Zulassungen anderer Zulassungsbehörden wie z. B. der EMA Bezug genommen werden.</p><p>2. Es ist in der Tat so, dass die Schweiz bei der Impfstoffbeschaffung im Vergleich mit den meisten europäischen Ländern schlechter positioniert ist. Verschiedene Länder kennen bereits einen zentralen Einkauf von Impfstoffen (z. B. Österreich, die Niederlande). Inwieweit ein solches System die Position der Schweiz stärken würde, indem die Firmen vertraglich verpflichtet würden, Impfstoff zeitgerecht und in ausreichender Menge zu liefern, soll eine entsprechende Analyse aufzeigen.</p><p>Im Kontext der hiervor gemachten Ausführungen ist der Bundesrat bereit, dieses Anliegen der Motionärin aufzunehmen und zu prüfen, welche rechtlichen Anpassungen nötig wären, um einen zentralen Einkauf von bestimmten Impfstoffen zu vorgängig festgelegten Lieferbedingungen zu ermöglichen, und ob eine solche Massnahme ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist. Er hält zudem fest, dass ein solch zentrales Einkaufsmodell zahlreiche Fragen aufwirft und dessen Umsetzung relativ aufwendig sein dürfte.</p> Der Bundesrat beantragt die Annahme von Ziffer 2 und die Ablehnung der Ziffern 1, 3 und 4 der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Massnahmen zu prüfen, vorzuschlagen und umzusetzen, um die nötige Impfstoffversorgung der Schweiz möglichst bald sowie auch auf längere Sicht sicherzustellen. Dabei sind namentlich folgende Vorschläge von Expertinnen und Experten zu prüfen und dem Parlament allfällig notwendige gesetzliche Anpassungen zu unterbreiten:</p><p>1. Anreize schaffen, damit Unternehmen vermehrt die Zulassung in der Schweiz beantragen;</p><p>2. zentraler Einkauf von Impfstoffen mit mehrjährigen Lieferverträgen und garantierten Mengen;</p><p>3. Impfstofffirmen animieren, in der Schweiz zu produzieren;</p><p>4. erleichterte und rasche Zulassung für Impfstoffe der EMA-Liste.</p>
    • Bevölkerungsschutz. Sichere Versorgung der Schweiz mit Impfstoffen

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