Unabhängige Strafuntersuchung bei Subventionsbetrug sicherstellen

ShortId
18.3300
Id
20183300
Updated
28.07.2023 03:48
Language
de
Title
Unabhängige Strafuntersuchung bei Subventionsbetrug sicherstellen
AdditionalIndexing
34;24;12
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Aufdeckung von Unregelmässigkeiten beim Bezug von Subventionen durch Postauto Schweiz hatte einen überraschenden Nebeneffekt. Sie hat eine gesetzliche Regelung ins Bewusstsein gebracht, die der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt war und auch nicht einleuchtet: Wenn es nicht um die Untersuchung von Straftaten gemäss Strafgesetzbuch geht, sondern "nur" um mutmassliche Widerhandlungen gegen das Subventionsgesetz, werden diese in der Regel vom zuständigen Bundesamt verfolgt und beurteilt, im Fall von Postauto Schweiz also vom Bundesamt für Verkehr. Der Bundesrat hat jedoch entschieden - was zu begrüssen ist -, das Verwaltungsstrafverfahren dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) zu übertragen. Im Gegensatz zu verschiedenen Behörden des Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation und des Eidgenössischen Finanzdepartementes nimmt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement und damit auch das Fedpol keine Eignerinteressen wahr und ist an den Abgeltungen im regionalen Personenverkehr nicht beteiligt. Es kann das Verfahren daher unbefangener führen, was für die Glaubwürdigkeit des Verfahrens zentral ist. Da sich die Frage der Unbefangenheit und Unabhängigkeit immer stellt, wenn ein Bundesamt einen Vorfall untersuchen muss, der auch das eigene Verhalten betrifft oder betreffen kann, sollte dieser Vorfall zum Anlass genommen werden, eine allgemeine Regelung ins Gesetz aufzunehmen. Es kann nicht sein, dass es dafür jedes Mal einen Beschluss des Bundesrates braucht, gerade auch weil solche Einzelfallentscheide unweigerlich einen politischen Aspekt haben.</p>
  • <p>Artikel 37 des Subventionsgesetzes (SuG; SR 616.1) erklärt für verschiedene Straftatbestände (Leistungs- und Abgabebetrug, Urkundenfälschung, Erschleichen einer falschen Beurkundung, Unterdrückung von Urkunden und Begünstigungen) die Artikel 14 bis 18 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes (VStrR; SR 313.0) für anwendbar. Gemäss Artikel 39 SuG werden diese Widerhandlungen vom sachlich zuständigen Bundesamt nach dem VStrR verfolgt und beurteilt. Die sachliche Zuständigkeit zur Strafverfolgung und Beurteilung durch die Verwaltung wird im VStrR nicht geregelt, sondern richtet sich immer nach dem einzelnen, anwendbaren Verwaltungsgesetz.</p><p>Das Verwaltungsrecht überträgt die Strafverfolgung und die Beurteilung der Widerhandlungen der Verwaltungsbehörde, wenn besondere Kenntnisse des betreffenden Verwaltungsbereichs erforderlich sind (Beispiele: Zollgesetz, SR 631.0, Kartellgesetz, SR 251, Bundesgesetz über Radio und Fernsehen, SR 784.40, Spielbankengesetz, SR 935.52). Die Unbefangenheit der mit dem Verwaltungsstrafverfahren beauftragten öffentlichen Bediensteten wird in einem solchen Fall im VStrR mithilfe der üblichen Ausstandsregelung (Art. 29 VStrR) gewährleistet. Alle Untersuchungshandlungen sind zudem bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes anfechtbar (Art. 26ff. VStrR). Kommt es zu einer Verurteilung durch die Verwaltung, kann die Beurteilung durch das Strafgericht verlangt werden (Art. 72 VStrR); in dem Fall wird der ordentliche Rechtsweg befolgt (erstinstanzliches Gericht, Kantonsgericht, Bundesgericht).</p><p>Eine solche Kompetenzzuweisung gewährleistet, dass eine Sanktion unter Würdigung aller massgebenden Elemente des Sachverhalts ausgesprochen wird. So verfügt in erster Linie das zuständige Subventionsamt über das nötige Fachwissen, um allfällige Verstösse gegen die Vorgaben des SuG, z. B. bei Mehrfachleistungen oder Projektänderungen, beurteilen zu können. Die mit der Zuständigkeitskumulation verbundene Verfahrensbeschleunigung liegt im Übrigen auch im Interesse des Subventionsempfängers.</p><p>Im Fall der Postauto Schweiz AG bestand die Besonderheit darin, dass die Subventionsbehörde und der Subventionsempfänger im Wirkungskreis desselben Departementes stehen und dass dieses Departement die Eignerinteressen in der Muttergesellschaft des Subventionsempfängers wahrnimmt. Für solche (ausgesprochen seltenen) Spezialfälle enthält Artikel 39 Absatz 1 SuG eine sachgerechte Lösung, indem der Bundesrat eine andere Verwaltungseinheit als zuständig bezeichnen kann. Diese Möglichkeit in eine obligatorische und - wie es der Motionär fordert - systematisch anzuwendende Vorschrift umzuwandeln erscheint ohne vertiefte Prüfung der Vor- und Nachteile der möglichen Lösungen verfrüht. Insbesondere sollte auch der Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens gegen die Postauto Schweiz AG abgewartet werden.</p><p>Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, dass das geltende Recht ausreichend Handhabe bietet, um dem der Motion zugrunde liegenden Hauptanliegen - die Gewährleistung der Unabhängigkeit - zu entsprechen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Gesetzesänderung vorzulegen, damit Widerhandlungen gegen das Subventionsgesetz stets von einer Bundesbehörde verfolgt und beurteilt werden, die nicht in die Gewährung der Subvention (Finanzhilfen, Abgeltungen usw.) oder in deren Aufsicht involviert ist. Die Regelung soll für alle Bereiche gelten, auf die das Subventionsgesetz direkt oder sinngemäss anwendbar ist (z. B. Abgeltungen des regionalen Personenverkehrs).</p>
  • Unabhängige Strafuntersuchung bei Subventionsbetrug sicherstellen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Aufdeckung von Unregelmässigkeiten beim Bezug von Subventionen durch Postauto Schweiz hatte einen überraschenden Nebeneffekt. Sie hat eine gesetzliche Regelung ins Bewusstsein gebracht, die der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt war und auch nicht einleuchtet: Wenn es nicht um die Untersuchung von Straftaten gemäss Strafgesetzbuch geht, sondern "nur" um mutmassliche Widerhandlungen gegen das Subventionsgesetz, werden diese in der Regel vom zuständigen Bundesamt verfolgt und beurteilt, im Fall von Postauto Schweiz also vom Bundesamt für Verkehr. Der Bundesrat hat jedoch entschieden - was zu begrüssen ist -, das Verwaltungsstrafverfahren dem Bundesamt für Polizei (Fedpol) zu übertragen. Im Gegensatz zu verschiedenen Behörden des Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation und des Eidgenössischen Finanzdepartementes nimmt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement und damit auch das Fedpol keine Eignerinteressen wahr und ist an den Abgeltungen im regionalen Personenverkehr nicht beteiligt. Es kann das Verfahren daher unbefangener führen, was für die Glaubwürdigkeit des Verfahrens zentral ist. Da sich die Frage der Unbefangenheit und Unabhängigkeit immer stellt, wenn ein Bundesamt einen Vorfall untersuchen muss, der auch das eigene Verhalten betrifft oder betreffen kann, sollte dieser Vorfall zum Anlass genommen werden, eine allgemeine Regelung ins Gesetz aufzunehmen. Es kann nicht sein, dass es dafür jedes Mal einen Beschluss des Bundesrates braucht, gerade auch weil solche Einzelfallentscheide unweigerlich einen politischen Aspekt haben.</p>
    • <p>Artikel 37 des Subventionsgesetzes (SuG; SR 616.1) erklärt für verschiedene Straftatbestände (Leistungs- und Abgabebetrug, Urkundenfälschung, Erschleichen einer falschen Beurkundung, Unterdrückung von Urkunden und Begünstigungen) die Artikel 14 bis 18 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes (VStrR; SR 313.0) für anwendbar. Gemäss Artikel 39 SuG werden diese Widerhandlungen vom sachlich zuständigen Bundesamt nach dem VStrR verfolgt und beurteilt. Die sachliche Zuständigkeit zur Strafverfolgung und Beurteilung durch die Verwaltung wird im VStrR nicht geregelt, sondern richtet sich immer nach dem einzelnen, anwendbaren Verwaltungsgesetz.</p><p>Das Verwaltungsrecht überträgt die Strafverfolgung und die Beurteilung der Widerhandlungen der Verwaltungsbehörde, wenn besondere Kenntnisse des betreffenden Verwaltungsbereichs erforderlich sind (Beispiele: Zollgesetz, SR 631.0, Kartellgesetz, SR 251, Bundesgesetz über Radio und Fernsehen, SR 784.40, Spielbankengesetz, SR 935.52). Die Unbefangenheit der mit dem Verwaltungsstrafverfahren beauftragten öffentlichen Bediensteten wird in einem solchen Fall im VStrR mithilfe der üblichen Ausstandsregelung (Art. 29 VStrR) gewährleistet. Alle Untersuchungshandlungen sind zudem bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes anfechtbar (Art. 26ff. VStrR). Kommt es zu einer Verurteilung durch die Verwaltung, kann die Beurteilung durch das Strafgericht verlangt werden (Art. 72 VStrR); in dem Fall wird der ordentliche Rechtsweg befolgt (erstinstanzliches Gericht, Kantonsgericht, Bundesgericht).</p><p>Eine solche Kompetenzzuweisung gewährleistet, dass eine Sanktion unter Würdigung aller massgebenden Elemente des Sachverhalts ausgesprochen wird. So verfügt in erster Linie das zuständige Subventionsamt über das nötige Fachwissen, um allfällige Verstösse gegen die Vorgaben des SuG, z. B. bei Mehrfachleistungen oder Projektänderungen, beurteilen zu können. Die mit der Zuständigkeitskumulation verbundene Verfahrensbeschleunigung liegt im Übrigen auch im Interesse des Subventionsempfängers.</p><p>Im Fall der Postauto Schweiz AG bestand die Besonderheit darin, dass die Subventionsbehörde und der Subventionsempfänger im Wirkungskreis desselben Departementes stehen und dass dieses Departement die Eignerinteressen in der Muttergesellschaft des Subventionsempfängers wahrnimmt. Für solche (ausgesprochen seltenen) Spezialfälle enthält Artikel 39 Absatz 1 SuG eine sachgerechte Lösung, indem der Bundesrat eine andere Verwaltungseinheit als zuständig bezeichnen kann. Diese Möglichkeit in eine obligatorische und - wie es der Motionär fordert - systematisch anzuwendende Vorschrift umzuwandeln erscheint ohne vertiefte Prüfung der Vor- und Nachteile der möglichen Lösungen verfrüht. Insbesondere sollte auch der Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens gegen die Postauto Schweiz AG abgewartet werden.</p><p>Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, dass das geltende Recht ausreichend Handhabe bietet, um dem der Motion zugrunde liegenden Hauptanliegen - die Gewährleistung der Unabhängigkeit - zu entsprechen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Gesetzesänderung vorzulegen, damit Widerhandlungen gegen das Subventionsgesetz stets von einer Bundesbehörde verfolgt und beurteilt werden, die nicht in die Gewährung der Subvention (Finanzhilfen, Abgeltungen usw.) oder in deren Aufsicht involviert ist. Die Regelung soll für alle Bereiche gelten, auf die das Subventionsgesetz direkt oder sinngemäss anwendbar ist (z. B. Abgeltungen des regionalen Personenverkehrs).</p>
    • Unabhängige Strafuntersuchung bei Subventionsbetrug sicherstellen

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