Waffenexporte und die schweizerische Asyl- und Migrationspolitik

ShortId
18.3395
Id
20183395
Updated
28.07.2023 03:30
Language
de
Title
Waffenexporte und die schweizerische Asyl- und Migrationspolitik
AdditionalIndexing
09;15;2811
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Der hohe Migrationsdruck auf die Schweiz und Europa hat seinen Ursprung in den meisten Fällen in Kriegsgebieten. Gleichzeitig erhöhen Kriegsmaterialexporte die Verfügbarkeit von Waffen in Krisengebieten. Es wäre in vielerlei Hinsicht das Ergebnis einer zynischen Doppelmoral, wenn ausgerechnet die Schweiz dafür mitverantwortlich wäre, dass noch mehr Menschen ihre Heimat verlassen und nach Europa flüchten müssen.</p><p>Das würde nicht nur unserer humanitären Tradition widersprechen, sondern auch jeglicher ökonomischer Logik. Wer viel Geld in die Entwicklungshilfe investiert und gleichzeitig innenpolitische Herausforderungen rund um die Zuwanderung kennt, der sollte seine diesbezüglichen Anstrengungen nicht mit eigenen Rüstungsexporten schwächen. Und wenn namentlich die "Hilfe vor Ort" immer wieder - und richtigerweise - als sinnvolles Instrument der Migrationspolitik genannt wird, dann muss "Hilfe vor Ort" auch dahingehend zu verstehen sein, dass gerade Waffenexporte in solche Regionen unbedingt zu vermeiden sind.</p><p>Diesem Aspekt wird weder im Kriegsmaterialgesetz noch im Güterkontrollgesetz explizit Rechnung getragen.</p>
  • <p>Es besteht keine Kausalität zwischen Schweizer Kriegsmaterialausfuhren und dem Migrationsdruck auf die Schweiz. Erstens ist Migration ein vielschichtiges Phänomen, das nicht nur Waffengewalt als Ursache kennt. Zweitens hat die Schweiz für verschiedene Länder Rüstungsembargos erlassen. Und drittens werden bei der Einzelfallprüfung von Exportgesuchen anhand der Bewilligungskriterien der Kriegsmaterialverordnung (KMV, SR 514.511) Umstände im Bestimmungsland und in der jeweiligen Region berücksichtigt, die Migrationsbewegungen verursachen können. Aufgrund dessen wurden in der Vergangenheit kaum Kriegsmaterialexporte in Länder bewilligt, von welchen ein hoher Migrationsdruck auf die Schweiz oder unsere Nachbarländer ausgeht.</p><p>Die meisten Asylgesuche, welche zwischen 2013 und 2017 in der Schweiz sowie in unseren Nachbarländern Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich eingegangen sind, stammen von Staatsangehörigen der folgenden fünfzehn Länder: Afghanistan, Albanien, Äthiopien, Eritrea, Gambia, Irak, Kosovo, Nigeria, Pakistan, Russland, Serbien, Somalia, Sri Lanka, Syrien und Tunesien.</p><p>Der Bundesrat hat gegenüber verschiedenen Staaten Zwangsmassnahmen erlassen, um Sanktionen durchzusetzen, die von den Vereinten Nationen oder von den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz beschlossen worden sind. Diese verbieten in der Regel auch die Lieferungen von Rüstungsgütern. Aufgrund dieser Rüstungsembargos sind Lieferungen von Kriegsmaterial beispielsweise nach Eritrea, Syrien und Somalia ausgeschlossen.</p><p>Gemäss den Bewilligungskriterien der KMV sind bei der Beurteilung von Ausfuhrgesuchen bspw. die Aufrechterhaltung des Friedens, der internationalen Sicherheit und der regionalen Stabilität, die Situation im Innern des Bestimmungslandes und die Bestrebungen der Schweiz im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu berücksichtigen. Verletzt ein Land Menschenrechte systematisch und schwerwiegend oder besteht unter anderem ein hohes Risiko einer Verwendung des auszuführenden Kriegsmaterials gegen die Zivilbevölkerung, ist die Bewilligungserteilung grundsätzlich ausgeschlossen.</p><p>Vor diesem Hintergrund wurde zwischen 2013 und 2017 beispielsweise kein Kriegsmaterial aus der Schweiz nach Afghanistan, Äthiopien, Eritrea, Gambia, Irak, Nigeria, Somalia, Sri Lanka oder Syrien ausgeführt. Nach Albanien, Kosovo, Pakistan, Russland, Serbien und Tunesien wurden Kriegsmaterialexporte nur sehr restriktiv, d. h. nur für spezifische Endempfänger, bewilligt. Geliefert wurden nur Güter, welche grundsätzlich keine Risiken für die Bevölkerung bergen. Für Russland sind seit 2014 aufgrund des internationalen bewaffneten Konflikts keine Bewilligungen mehr erteilt worden.</p><p>Bei den besonderen militärischen Gütern, die unter das Güterkontrollgesetz (GKG, SR 946.202) fallen, handelt es sich um Güter, die für militärische Zwecke konzipiert sind, die aber weder Waffen, Munition, Sprengmittel noch sonstige Kampf- oder Gefechtsführungsmittel darstellen, sowie militärische Trainingsflugzeuge mit Aufhängepunkten. Darunter fallen beispielsweise Trainingssimulatoren oder militärische Schutzausrüstung. Die Risiken, die von diesen Gütern ausgehen, sind nicht vergleichbar mit jenen von Kriegsmaterial. Deshalb ist auch die Gefahr eines Widerspruchs zur Asyl- und Migrationspolitik nicht gegeben.</p><p>Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass die Schweiz keine Rüstungsausfuhren bewilligt, welche im Zusammenhang mit dem in der Motion genannten Migrationsdruck stehen. Die bestehenden gesetzlichen Grundlagen ermöglichen eine wirkungsvolle Berücksichtigung der Thematik.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird damit beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen dahingehend anzupassen, dass Kriegsmaterialexporte sowie die Exporte anderer militärisch verwendbarer Güter nicht die Anstrengungen der schweizerischen Asyl- und Migrationspolitik schwächen. Insbesondere sind die Ausschlusskriterien im Kriegsmaterialgesetz (KMG) sowie im Güterkontrollgesetz (GKG) so zu ergänzen, dass entsprechende Exporte in Krisengebiete vermieden werden, aus denen Menschen flüchten.</p>
  • Waffenexporte und die schweizerische Asyl- und Migrationspolitik
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der hohe Migrationsdruck auf die Schweiz und Europa hat seinen Ursprung in den meisten Fällen in Kriegsgebieten. Gleichzeitig erhöhen Kriegsmaterialexporte die Verfügbarkeit von Waffen in Krisengebieten. Es wäre in vielerlei Hinsicht das Ergebnis einer zynischen Doppelmoral, wenn ausgerechnet die Schweiz dafür mitverantwortlich wäre, dass noch mehr Menschen ihre Heimat verlassen und nach Europa flüchten müssen.</p><p>Das würde nicht nur unserer humanitären Tradition widersprechen, sondern auch jeglicher ökonomischer Logik. Wer viel Geld in die Entwicklungshilfe investiert und gleichzeitig innenpolitische Herausforderungen rund um die Zuwanderung kennt, der sollte seine diesbezüglichen Anstrengungen nicht mit eigenen Rüstungsexporten schwächen. Und wenn namentlich die "Hilfe vor Ort" immer wieder - und richtigerweise - als sinnvolles Instrument der Migrationspolitik genannt wird, dann muss "Hilfe vor Ort" auch dahingehend zu verstehen sein, dass gerade Waffenexporte in solche Regionen unbedingt zu vermeiden sind.</p><p>Diesem Aspekt wird weder im Kriegsmaterialgesetz noch im Güterkontrollgesetz explizit Rechnung getragen.</p>
    • <p>Es besteht keine Kausalität zwischen Schweizer Kriegsmaterialausfuhren und dem Migrationsdruck auf die Schweiz. Erstens ist Migration ein vielschichtiges Phänomen, das nicht nur Waffengewalt als Ursache kennt. Zweitens hat die Schweiz für verschiedene Länder Rüstungsembargos erlassen. Und drittens werden bei der Einzelfallprüfung von Exportgesuchen anhand der Bewilligungskriterien der Kriegsmaterialverordnung (KMV, SR 514.511) Umstände im Bestimmungsland und in der jeweiligen Region berücksichtigt, die Migrationsbewegungen verursachen können. Aufgrund dessen wurden in der Vergangenheit kaum Kriegsmaterialexporte in Länder bewilligt, von welchen ein hoher Migrationsdruck auf die Schweiz oder unsere Nachbarländer ausgeht.</p><p>Die meisten Asylgesuche, welche zwischen 2013 und 2017 in der Schweiz sowie in unseren Nachbarländern Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich eingegangen sind, stammen von Staatsangehörigen der folgenden fünfzehn Länder: Afghanistan, Albanien, Äthiopien, Eritrea, Gambia, Irak, Kosovo, Nigeria, Pakistan, Russland, Serbien, Somalia, Sri Lanka, Syrien und Tunesien.</p><p>Der Bundesrat hat gegenüber verschiedenen Staaten Zwangsmassnahmen erlassen, um Sanktionen durchzusetzen, die von den Vereinten Nationen oder von den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz beschlossen worden sind. Diese verbieten in der Regel auch die Lieferungen von Rüstungsgütern. Aufgrund dieser Rüstungsembargos sind Lieferungen von Kriegsmaterial beispielsweise nach Eritrea, Syrien und Somalia ausgeschlossen.</p><p>Gemäss den Bewilligungskriterien der KMV sind bei der Beurteilung von Ausfuhrgesuchen bspw. die Aufrechterhaltung des Friedens, der internationalen Sicherheit und der regionalen Stabilität, die Situation im Innern des Bestimmungslandes und die Bestrebungen der Schweiz im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu berücksichtigen. Verletzt ein Land Menschenrechte systematisch und schwerwiegend oder besteht unter anderem ein hohes Risiko einer Verwendung des auszuführenden Kriegsmaterials gegen die Zivilbevölkerung, ist die Bewilligungserteilung grundsätzlich ausgeschlossen.</p><p>Vor diesem Hintergrund wurde zwischen 2013 und 2017 beispielsweise kein Kriegsmaterial aus der Schweiz nach Afghanistan, Äthiopien, Eritrea, Gambia, Irak, Nigeria, Somalia, Sri Lanka oder Syrien ausgeführt. Nach Albanien, Kosovo, Pakistan, Russland, Serbien und Tunesien wurden Kriegsmaterialexporte nur sehr restriktiv, d. h. nur für spezifische Endempfänger, bewilligt. Geliefert wurden nur Güter, welche grundsätzlich keine Risiken für die Bevölkerung bergen. Für Russland sind seit 2014 aufgrund des internationalen bewaffneten Konflikts keine Bewilligungen mehr erteilt worden.</p><p>Bei den besonderen militärischen Gütern, die unter das Güterkontrollgesetz (GKG, SR 946.202) fallen, handelt es sich um Güter, die für militärische Zwecke konzipiert sind, die aber weder Waffen, Munition, Sprengmittel noch sonstige Kampf- oder Gefechtsführungsmittel darstellen, sowie militärische Trainingsflugzeuge mit Aufhängepunkten. Darunter fallen beispielsweise Trainingssimulatoren oder militärische Schutzausrüstung. Die Risiken, die von diesen Gütern ausgehen, sind nicht vergleichbar mit jenen von Kriegsmaterial. Deshalb ist auch die Gefahr eines Widerspruchs zur Asyl- und Migrationspolitik nicht gegeben.</p><p>Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass die Schweiz keine Rüstungsausfuhren bewilligt, welche im Zusammenhang mit dem in der Motion genannten Migrationsdruck stehen. Die bestehenden gesetzlichen Grundlagen ermöglichen eine wirkungsvolle Berücksichtigung der Thematik.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird damit beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen dahingehend anzupassen, dass Kriegsmaterialexporte sowie die Exporte anderer militärisch verwendbarer Güter nicht die Anstrengungen der schweizerischen Asyl- und Migrationspolitik schwächen. Insbesondere sind die Ausschlusskriterien im Kriegsmaterialgesetz (KMG) sowie im Güterkontrollgesetz (GKG) so zu ergänzen, dass entsprechende Exporte in Krisengebiete vermieden werden, aus denen Menschen flüchten.</p>
    • Waffenexporte und die schweizerische Asyl- und Migrationspolitik

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