Konsequenter Vollzug von Landesverweisungen

ShortId
18.3408
Id
20183408
Updated
28.07.2023 14:40
Language
de
Title
Konsequenter Vollzug von Landesverweisungen
AdditionalIndexing
2811;1216
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Am 1. Oktober 2016 sind die neuen Bestimmungen über die strafrechtliche Landesverweisung in Kraft getreten. Bestimmte Delikte - die sogenannten Katalogtaten - führen seither zu einer obligatorischen Landesverweisung, von der nur ausnahmsweise in Anwendung der sogenannten Härtefallklausel abgesehen werden kann.</p><p>Die Landesverweisung muss vom Strafgericht angeordnet werden. Das Strafbefehlsverfahren ist ausgeschlossen. Die Praxis wendet dagegen das Strafbefehlsverfahren teilweise dann an, wenn bei einer Katalogtat die Härtefallklausel zur Anwendung kommen und von einer Landesverweisung abgesehen werden soll.</p><p>Da das Strafbefehlsverfahren wesentlich weniger Aufwand verursacht und schneller abgewickelt werden kann, besteht ein Anreiz, aus Gründen der Verfahrensökonomie die Härtefallklausel anzuwenden. Damit ist die Gefahr verbunden, dass die Absicht des Gesetzgebers, bei Katalogtaten nur in Ausnahmefällen auf eine Landesverweisung zu verzichten, verwässert wird.</p><p>Eine Lösung könnte etwa so aussehen, dass bei Personen mit Aufenthaltsrecht Katalogtaten immer durch ein Strafgericht beurteilt werden müssen, ohne Rücksicht darauf, ob eine Landesverweisung ausgesprochen wird oder ob die Härtefallklausel zur Anwendung kommt. Bei Personen ohne Aufenthaltsrecht könnte man dagegen vorsehen, dass eine Landesverweisung auch im Rahmen eines Strafbefehlsverfahrens ausgesprochen werden darf.</p>
  • <p>Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat am 4. Juni 2018 im Rahmen der Erwachsenen-Strafurteilsstatistik erste Zahlen zur neuen strafrechtlichen Landesverweisung von ausländischen Straftätern publiziert. Die Statistik stützt sich auf Urteile, die im Jahre 2017 rechtskräftig geworden und im Strafregister eingetragen worden sind. Da die Bestimmungen über die obligatorische Landesverweisung nur auf Taten angewendet werden können, die nach dem 1. Oktober 2016 begangen worden sind, beziehen sich die im Jahre 2017 rechtskräftig gewordenen Urteile grösstenteils noch auf Taten, die nach altem Recht zu beurteilen waren. Es wird noch zwei bis drei Jahre dauern, bis die neuen Bestimmungen über die obligatorische Landesverweisung auf den grössten Teil der Anlasstaten anwendbar sind und verlässliche Zahlen über die Landesverweisung vorliegen.</p><p>Aufgrund dieser Datenlage kann heute nicht mit hinreichender Sicherheit gesagt werden, ob sich erste Anzeichen bestätigen werden, wonach in relativ vielen Fällen von einer obligatorischen Landesverweisung abgesehen wird.</p><p>Sollte sich abzeichnen, dass der Wille des Gesetzgebers nicht umgesetzt wird, ist der Bundesrat bereit, eine geeignete Gesetzesanpassung vorzuschlagen. Ob eine solche im materiellen Strafrecht oder auf strafprozessualer Ebene erfolgen müsste, ist heute offen. Der Wortlaut der Motion lässt genügend Raum, um die sich künftig allenfalls als notwendig erweisenden Anpassungen vorzunehmen.</p> Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Bestimmungen über die strafrechtliche Landesverweisung anzupassen. Dabei sind die heute bestehenden Anreize, aus Gründen der Verfahrensökonomie die Härtefallklausel anzuwenden und auf eine Landesverweisung zu verzichten, zu beseitigen.</p>
  • Konsequenter Vollzug von Landesverweisungen
State
Überwiesen an den Bundesrat
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Am 1. Oktober 2016 sind die neuen Bestimmungen über die strafrechtliche Landesverweisung in Kraft getreten. Bestimmte Delikte - die sogenannten Katalogtaten - führen seither zu einer obligatorischen Landesverweisung, von der nur ausnahmsweise in Anwendung der sogenannten Härtefallklausel abgesehen werden kann.</p><p>Die Landesverweisung muss vom Strafgericht angeordnet werden. Das Strafbefehlsverfahren ist ausgeschlossen. Die Praxis wendet dagegen das Strafbefehlsverfahren teilweise dann an, wenn bei einer Katalogtat die Härtefallklausel zur Anwendung kommen und von einer Landesverweisung abgesehen werden soll.</p><p>Da das Strafbefehlsverfahren wesentlich weniger Aufwand verursacht und schneller abgewickelt werden kann, besteht ein Anreiz, aus Gründen der Verfahrensökonomie die Härtefallklausel anzuwenden. Damit ist die Gefahr verbunden, dass die Absicht des Gesetzgebers, bei Katalogtaten nur in Ausnahmefällen auf eine Landesverweisung zu verzichten, verwässert wird.</p><p>Eine Lösung könnte etwa so aussehen, dass bei Personen mit Aufenthaltsrecht Katalogtaten immer durch ein Strafgericht beurteilt werden müssen, ohne Rücksicht darauf, ob eine Landesverweisung ausgesprochen wird oder ob die Härtefallklausel zur Anwendung kommt. Bei Personen ohne Aufenthaltsrecht könnte man dagegen vorsehen, dass eine Landesverweisung auch im Rahmen eines Strafbefehlsverfahrens ausgesprochen werden darf.</p>
    • <p>Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat am 4. Juni 2018 im Rahmen der Erwachsenen-Strafurteilsstatistik erste Zahlen zur neuen strafrechtlichen Landesverweisung von ausländischen Straftätern publiziert. Die Statistik stützt sich auf Urteile, die im Jahre 2017 rechtskräftig geworden und im Strafregister eingetragen worden sind. Da die Bestimmungen über die obligatorische Landesverweisung nur auf Taten angewendet werden können, die nach dem 1. Oktober 2016 begangen worden sind, beziehen sich die im Jahre 2017 rechtskräftig gewordenen Urteile grösstenteils noch auf Taten, die nach altem Recht zu beurteilen waren. Es wird noch zwei bis drei Jahre dauern, bis die neuen Bestimmungen über die obligatorische Landesverweisung auf den grössten Teil der Anlasstaten anwendbar sind und verlässliche Zahlen über die Landesverweisung vorliegen.</p><p>Aufgrund dieser Datenlage kann heute nicht mit hinreichender Sicherheit gesagt werden, ob sich erste Anzeichen bestätigen werden, wonach in relativ vielen Fällen von einer obligatorischen Landesverweisung abgesehen wird.</p><p>Sollte sich abzeichnen, dass der Wille des Gesetzgebers nicht umgesetzt wird, ist der Bundesrat bereit, eine geeignete Gesetzesanpassung vorzuschlagen. Ob eine solche im materiellen Strafrecht oder auf strafprozessualer Ebene erfolgen müsste, ist heute offen. Der Wortlaut der Motion lässt genügend Raum, um die sich künftig allenfalls als notwendig erweisenden Anpassungen vorzunehmen.</p> Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Bestimmungen über die strafrechtliche Landesverweisung anzupassen. Dabei sind die heute bestehenden Anreize, aus Gründen der Verfahrensökonomie die Härtefallklausel anzuwenden und auf eine Landesverweisung zu verzichten, zu beseitigen.</p>
    • Konsequenter Vollzug von Landesverweisungen

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