Briefkastenfirmen im Finanzbereich und Kompetenzen der Handelsregisterämter

ShortId
18.3453
Id
20183453
Updated
28.07.2023 03:31
Language
de
Title
Briefkastenfirmen im Finanzbereich und Kompetenzen der Handelsregisterämter
AdditionalIndexing
1211;1216;15;24
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Schweiz ist dank ihrer günstigen Rahmenbedingungen wie Steuerwettbewerb, stabiler Rechtslage und effizienter öffentlicher Verwaltung für Finanzunternehmen sehr attraktiv. In den Kantonen, die keine kantonale Aufsicht über Finanz- und Treuhandgeschäfte haben, vermehren sich aber im Bereich der Vermögensverwaltung auch Briefkastenfirmen. Diese sind nicht leicht ausfindig zu machen, zumal sie oft nur aus einem Briefkasten bestehen und weder Büros noch Telefonanschluss oder Angestellte haben. Hinter der Fassade solcher Schattenfirmen lassen sich Geschäfte abwickeln, die der Geldwäscherei, dem Betrug oder der Steuerhinterziehung dienen oder in die Gelder aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen verwickelt sind. Nicht selten werden diese Gesellschaften in den Konkurs gesteuert, damit Arbeitslosen- und Sozialhilfegelder in Anspruch genommen werden können. Zu Recht überlässt es der Föderalismus den Kantonen, die Ausübung und die Bewilligung der Treuhändertätigkeit (Immobilienverwaltung, Steuer- und Finanzberatung) gesetzlich zu regeln. Eine solche Regelung wirkt wie ein Filter und hält wenig professionelle Akteure und Akteure mit betrügerischen Absichten fern. Der Kanton Tessin hat ein solches Gesetz erlassen. So kam es in den letzten Jahren dazu, dass solche Firmen ins Misox (GR) abwanderten, ihre Tätigkeit aber vor allem im Tessin ausüben und sich schliesslich auflösen, nachdem sie die ahnungslosen Anlegerinnen und Anleger geprellt haben. Dies wirkt sich auch auf den Ruf dieses Wirtschaftssektors und damit auch unseres Landes aus. Darum ist es wohl sinnvoll zu prüfen, ob die Kompetenzen der HRA zur Vorbeugung zweifelhafter und gesetzwidriger Aktivitäten nicht ausgebaut werden sollten.</p>
  • <p>1. Unternehmen, die sich ins Handelsregister eintragen lassen, müssen ein Rechtsdomizil im Sinn von Artikel 2 Buchstabe c der Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV; SR 221.411) angeben. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister hat dazu am 30. November 2015 die Praxismitteilung 2/15 verfasst: Am Rechtsdomizil muss ein administratives Leistungsangebot gewährleistet werden. Das Unternehmen muss somit für Behörden und Klientinnen und Kunden physisch erreichbar sein. Ein blosser Briefkasten oder ein Postfach genügen als handelsregisterrechtliches Rechtsdomizil nicht. </p><p>2. Am 17. März 2017 hat das Parlament in der Schlussabstimmung Änderungen der Bestimmungen über das Handelsregister im Obligationenrecht (OR) angenommen (BBl 2017 2433). Die Referendumsfrist ist am 6. Juli 2017 abgelaufen. Die neuen Bestimmungen sind allerdings noch nicht in Kraft, weil zusätzlich die Handelsregisterverordnung und die Verordnung über die Gebühren für das Handelsregister angepasst werden müssen. Der neue Artikel 928a OR regelt die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden im Bereich des Handelsregisters. Die Bestimmung regelt allerdings nur die Zusammenarbeit von Handelsregisterbehörden untereinander (Abs. 1) sowie Mitteilungen von anderen Behörden an die Handelsregisterämter (Abs. 2). </p><p>Der Bundesrat erachtet eine Meldepflicht der Handelsregisterbehörden an Aufsichtsbehörden oder Selbstregulierungsorganisationen als überflüssig. Das Handelsregister ist öffentlich. Alle Eintragungen sind auch für Behörden elektronisch und gebührenfrei abrufbar. Die Schnittstelle "Zefix Webservice" erlaubt eine nahtlose Integration der Handelsregisterdaten in bestehende Anwendungen und damit auch eine maschinelle Weiterverarbeitung. Es steht somit jeder Aufsichtsbehörde oder Selbstregulierungsorganisation frei, die Eintragungen nach bestimmten Kriterien zu durchsuchen und Gesellschaften herauszufiltern, die in ihre Zuständigkeit fallen. </p><p>Ist ein Strafregisterauszug erforderlich, um eine Bewilligung für eine bestimmte Tätigkeit zu erhalten, ist dieser von der jeweiligen Bewilligungsbehörde zu prüfen und nicht vom Handelsregisteramt. Es wäre unverhältnismässig, wenn jede Person, die sich in das Handelsregister eintragen lassen will, zusätzlich einen Strafregisterauszug einreichen müsste. Um branchenspezifische Voraussetzungen wirtschaftlicher Tätigkeiten zu prüfen, sind die für die jeweilige Branche zuständigen Behörden geeignet, nicht die Handelsregisterämter.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Gestützt auf Artikel 125 des Parlamentsgesetzes (SR 171.10) stelle ich dem Bundesrat folgende Fragen:</p><p>1. Ist der Bundesrat gewillt, punktuell auch Massnahmen zu prüfen, die der Ausbreitung von "Schattenunternehmen" oder "Briefkastenfirmen" im Finanz- und Treuhandbereich Einhalt gebieten?</p><p>2. Falls der Bundesrat willens ist, ist er bereit, in der Handelsregisterverordnung vorzusehen, dass die Handelsregisterämter (HRA) die Finma und die zuständigen Selbstregulierungsorganisationen im Bereich der Geldwäscherei (SRO) über die Eintragung von Finanzunternehmen informieren oder deren Eintragung vom Nachweis, dass sie sich der Aufsichtsbehörde unterstellt haben, abhängig machen oder von ihnen einen Strafregisterauszug einfordern können?</p>
  • Briefkastenfirmen im Finanzbereich und Kompetenzen der Handelsregisterämter
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Schweiz ist dank ihrer günstigen Rahmenbedingungen wie Steuerwettbewerb, stabiler Rechtslage und effizienter öffentlicher Verwaltung für Finanzunternehmen sehr attraktiv. In den Kantonen, die keine kantonale Aufsicht über Finanz- und Treuhandgeschäfte haben, vermehren sich aber im Bereich der Vermögensverwaltung auch Briefkastenfirmen. Diese sind nicht leicht ausfindig zu machen, zumal sie oft nur aus einem Briefkasten bestehen und weder Büros noch Telefonanschluss oder Angestellte haben. Hinter der Fassade solcher Schattenfirmen lassen sich Geschäfte abwickeln, die der Geldwäscherei, dem Betrug oder der Steuerhinterziehung dienen oder in die Gelder aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen verwickelt sind. Nicht selten werden diese Gesellschaften in den Konkurs gesteuert, damit Arbeitslosen- und Sozialhilfegelder in Anspruch genommen werden können. Zu Recht überlässt es der Föderalismus den Kantonen, die Ausübung und die Bewilligung der Treuhändertätigkeit (Immobilienverwaltung, Steuer- und Finanzberatung) gesetzlich zu regeln. Eine solche Regelung wirkt wie ein Filter und hält wenig professionelle Akteure und Akteure mit betrügerischen Absichten fern. Der Kanton Tessin hat ein solches Gesetz erlassen. So kam es in den letzten Jahren dazu, dass solche Firmen ins Misox (GR) abwanderten, ihre Tätigkeit aber vor allem im Tessin ausüben und sich schliesslich auflösen, nachdem sie die ahnungslosen Anlegerinnen und Anleger geprellt haben. Dies wirkt sich auch auf den Ruf dieses Wirtschaftssektors und damit auch unseres Landes aus. Darum ist es wohl sinnvoll zu prüfen, ob die Kompetenzen der HRA zur Vorbeugung zweifelhafter und gesetzwidriger Aktivitäten nicht ausgebaut werden sollten.</p>
    • <p>1. Unternehmen, die sich ins Handelsregister eintragen lassen, müssen ein Rechtsdomizil im Sinn von Artikel 2 Buchstabe c der Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV; SR 221.411) angeben. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister hat dazu am 30. November 2015 die Praxismitteilung 2/15 verfasst: Am Rechtsdomizil muss ein administratives Leistungsangebot gewährleistet werden. Das Unternehmen muss somit für Behörden und Klientinnen und Kunden physisch erreichbar sein. Ein blosser Briefkasten oder ein Postfach genügen als handelsregisterrechtliches Rechtsdomizil nicht. </p><p>2. Am 17. März 2017 hat das Parlament in der Schlussabstimmung Änderungen der Bestimmungen über das Handelsregister im Obligationenrecht (OR) angenommen (BBl 2017 2433). Die Referendumsfrist ist am 6. Juli 2017 abgelaufen. Die neuen Bestimmungen sind allerdings noch nicht in Kraft, weil zusätzlich die Handelsregisterverordnung und die Verordnung über die Gebühren für das Handelsregister angepasst werden müssen. Der neue Artikel 928a OR regelt die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden im Bereich des Handelsregisters. Die Bestimmung regelt allerdings nur die Zusammenarbeit von Handelsregisterbehörden untereinander (Abs. 1) sowie Mitteilungen von anderen Behörden an die Handelsregisterämter (Abs. 2). </p><p>Der Bundesrat erachtet eine Meldepflicht der Handelsregisterbehörden an Aufsichtsbehörden oder Selbstregulierungsorganisationen als überflüssig. Das Handelsregister ist öffentlich. Alle Eintragungen sind auch für Behörden elektronisch und gebührenfrei abrufbar. Die Schnittstelle "Zefix Webservice" erlaubt eine nahtlose Integration der Handelsregisterdaten in bestehende Anwendungen und damit auch eine maschinelle Weiterverarbeitung. Es steht somit jeder Aufsichtsbehörde oder Selbstregulierungsorganisation frei, die Eintragungen nach bestimmten Kriterien zu durchsuchen und Gesellschaften herauszufiltern, die in ihre Zuständigkeit fallen. </p><p>Ist ein Strafregisterauszug erforderlich, um eine Bewilligung für eine bestimmte Tätigkeit zu erhalten, ist dieser von der jeweiligen Bewilligungsbehörde zu prüfen und nicht vom Handelsregisteramt. Es wäre unverhältnismässig, wenn jede Person, die sich in das Handelsregister eintragen lassen will, zusätzlich einen Strafregisterauszug einreichen müsste. Um branchenspezifische Voraussetzungen wirtschaftlicher Tätigkeiten zu prüfen, sind die für die jeweilige Branche zuständigen Behörden geeignet, nicht die Handelsregisterämter.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Gestützt auf Artikel 125 des Parlamentsgesetzes (SR 171.10) stelle ich dem Bundesrat folgende Fragen:</p><p>1. Ist der Bundesrat gewillt, punktuell auch Massnahmen zu prüfen, die der Ausbreitung von "Schattenunternehmen" oder "Briefkastenfirmen" im Finanz- und Treuhandbereich Einhalt gebieten?</p><p>2. Falls der Bundesrat willens ist, ist er bereit, in der Handelsregisterverordnung vorzusehen, dass die Handelsregisterämter (HRA) die Finma und die zuständigen Selbstregulierungsorganisationen im Bereich der Geldwäscherei (SRO) über die Eintragung von Finanzunternehmen informieren oder deren Eintragung vom Nachweis, dass sie sich der Aufsichtsbehörde unterstellt haben, abhängig machen oder von ihnen einen Strafregisterauszug einfordern können?</p>
    • Briefkastenfirmen im Finanzbereich und Kompetenzen der Handelsregisterämter

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