Rechtssicherheit in den Flugpassagierrechten sicherstellen

ShortId
18.3568
Id
20183568
Updated
28.07.2023 03:27
Language
de
Title
Rechtssicherheit in den Flugpassagierrechten sicherstellen
AdditionalIndexing
10;48;1211
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Wer von einem Schweizer Flughafen abfliegt oder mit einer europäischen (CH/EU/NOR/ISL) Fluggesellschaft aus dem Ausland zurückkehrt, für den gelten gemäss Bilateralen und der etablierten Praxis grundsätzlich die gleichen Fluggastrechte wie in der Europäischen Union (EU) (Verordnung (EG) Nr. 261/2004). Schweizer Flugpassagiere werden gegenüber jenen aus der Europäischen Union in der Praxis jedoch benachteiligt, indem ihnen nach Unregelmässigkeiten auf Flügen zwischen der Schweiz und Nicht-EU-Staaten seit einem Urteil des Zivilgerichtes Basel-Stadt, entgegen dem Wortlaut der Verordnung, eine Ausgleichszahlung verwehrt bleibt. Die Rechtslehre hat diesbezüglich eine andere Meinung und kritisiert die heutige Praxis. Diese Praxis weicht auch von der EU-Praxis ab, zu der sich die Schweiz jedoch im Rahmen des Luftverkehrsabkommens verpflichtete.</p><p>Ähnliches gilt für sämtliche Flüge mit einer mehr als dreistündigen Verspätung. Alleine im Jahr 2017 wurde das Bundesamt für Zivilluftfahrt deshalb 1454 Mal um Hilfe gebeten. In der Europäischen Union erhalten Passagiere nach solchen Verspätungen seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) (Sturgeon-Urteil) aus dem Jahr 2009 ebenfalls eine Ausgleichszahlung. Dieses Urteil wurde der Schweiz im Rahmen der Bilateralen gestützt auf Artikel 1 Absatz 2 des Luftverkehrsabkommens offiziell übermittelt. Da EuGH-Urteile in der Schweiz nicht verbindlich sind, sind Passagiere, die ihre Flugreise in der Schweiz starten oder beenden, hingegen gezwungen, Klage an einem Gericht im EU-Ausland einzureichen, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Auch dies verstösst gegen den Geist des Luftverkehrsabkommens.</p><p>Diese Ungleichbehandlungen lassen sich nicht rechtfertigen. Die Schweiz ist Vertragspartner des Luftverkehrsabkommens, und dieses sieht eine Harmonisierung vor. Diese Harmonisierung ist nicht gewährleistet. Im Gegenteil, Schweizer Passagiere sehen sich mit Rechtsunsicherheit und Willkür konfrontiert.</p>
  • <p>Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11. Februar 2004 wurde von der Schweiz im Rahmen des Luftverkehrsabkommens mit der Europäischen Union (EU) übernommen und gilt seit dem 1. Dezember 2006 auf allen Flügen ab der Schweiz. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt sorgt dafür, dass die Fluggesellschaften ihren in der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 definierten Verpflichtungen nachkommen; nötigenfalls werden Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Wollen Passagiere gegenüber einer Fluggesellschaft finanzielle Ansprüche durchsetzen, so können sie gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 an ein schweizerisches Zivilgericht gelangen.</p><p>Zur Verordnung (EG) Nr. 261/2004 gibt es zahlreiche Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), die in den EU-Staaten für die Gerichte unmittelbare Geltung haben. Insbesondere bei Verspätungen hat der EuGH die Rechte der Flugpassagiere ausgeweitet. Unterschiede bei der Auslegung und Anwendung der Verordnung in der Schweiz können unter anderem daher rühren, dass die EuGH-Entscheide zwar eine wichtige Grundlage für die Auslegung und Anwendung des relevanten EU-Luftrechts durch schweizerische Bundesbehörden und Gerichte bilden, diese aber grundsätzlich nicht zu binden vermögen. Einzelne Schweizer Zivilgerichte folgen der europäischen Rechtsprechung betreffend Verspätungen, andere nicht. Die Folge kann sein, dass Flugpassagiere, die ihre Forderung bei Verspätungen von Schweizer Gerichten beurteilen lassen, gegenüber jenen, die in der EU klagen, schlechtergestellt sein können.</p><p>Die EU-Kommission plant eine Revision der Fluggastrechteverordnung und hat am 13. März 2013 einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Diese Verordnung wird die vom EuGH entwickelte Rechtsprechung voraussichtlich weitgehend aufnehmen. Mit einer Übernahme der revidierten Verordnung durch die Schweiz im Rahmen des bilateralen Luftverkehrsabkommens dürften die Anwendungsunterschiede zwischen der Schweiz und den EU-Staaten daher weitgehend beseitigt werden.</p><p>Angesichts dieser Ausgangslage sieht der Bundesrat keine Veranlassung für eine nationale Regulierung.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die rechtlichen Grundlagen so anzupassen, dass alle Passagiere, welche in die Schweiz und/oder aus der Schweiz fliegen, die gleichen Fluggastrechte haben wie in der Europäischen Union. Namentlich müssen die Passagierrechte gemäss Verordnung (EG) Nr. 261/2004 allen Passagieren gewährt werden.</p>
  • Rechtssicherheit in den Flugpassagierrechten sicherstellen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Wer von einem Schweizer Flughafen abfliegt oder mit einer europäischen (CH/EU/NOR/ISL) Fluggesellschaft aus dem Ausland zurückkehrt, für den gelten gemäss Bilateralen und der etablierten Praxis grundsätzlich die gleichen Fluggastrechte wie in der Europäischen Union (EU) (Verordnung (EG) Nr. 261/2004). Schweizer Flugpassagiere werden gegenüber jenen aus der Europäischen Union in der Praxis jedoch benachteiligt, indem ihnen nach Unregelmässigkeiten auf Flügen zwischen der Schweiz und Nicht-EU-Staaten seit einem Urteil des Zivilgerichtes Basel-Stadt, entgegen dem Wortlaut der Verordnung, eine Ausgleichszahlung verwehrt bleibt. Die Rechtslehre hat diesbezüglich eine andere Meinung und kritisiert die heutige Praxis. Diese Praxis weicht auch von der EU-Praxis ab, zu der sich die Schweiz jedoch im Rahmen des Luftverkehrsabkommens verpflichtete.</p><p>Ähnliches gilt für sämtliche Flüge mit einer mehr als dreistündigen Verspätung. Alleine im Jahr 2017 wurde das Bundesamt für Zivilluftfahrt deshalb 1454 Mal um Hilfe gebeten. In der Europäischen Union erhalten Passagiere nach solchen Verspätungen seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) (Sturgeon-Urteil) aus dem Jahr 2009 ebenfalls eine Ausgleichszahlung. Dieses Urteil wurde der Schweiz im Rahmen der Bilateralen gestützt auf Artikel 1 Absatz 2 des Luftverkehrsabkommens offiziell übermittelt. Da EuGH-Urteile in der Schweiz nicht verbindlich sind, sind Passagiere, die ihre Flugreise in der Schweiz starten oder beenden, hingegen gezwungen, Klage an einem Gericht im EU-Ausland einzureichen, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Auch dies verstösst gegen den Geist des Luftverkehrsabkommens.</p><p>Diese Ungleichbehandlungen lassen sich nicht rechtfertigen. Die Schweiz ist Vertragspartner des Luftverkehrsabkommens, und dieses sieht eine Harmonisierung vor. Diese Harmonisierung ist nicht gewährleistet. Im Gegenteil, Schweizer Passagiere sehen sich mit Rechtsunsicherheit und Willkür konfrontiert.</p>
    • <p>Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11. Februar 2004 wurde von der Schweiz im Rahmen des Luftverkehrsabkommens mit der Europäischen Union (EU) übernommen und gilt seit dem 1. Dezember 2006 auf allen Flügen ab der Schweiz. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt sorgt dafür, dass die Fluggesellschaften ihren in der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 definierten Verpflichtungen nachkommen; nötigenfalls werden Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Wollen Passagiere gegenüber einer Fluggesellschaft finanzielle Ansprüche durchsetzen, so können sie gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 an ein schweizerisches Zivilgericht gelangen.</p><p>Zur Verordnung (EG) Nr. 261/2004 gibt es zahlreiche Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), die in den EU-Staaten für die Gerichte unmittelbare Geltung haben. Insbesondere bei Verspätungen hat der EuGH die Rechte der Flugpassagiere ausgeweitet. Unterschiede bei der Auslegung und Anwendung der Verordnung in der Schweiz können unter anderem daher rühren, dass die EuGH-Entscheide zwar eine wichtige Grundlage für die Auslegung und Anwendung des relevanten EU-Luftrechts durch schweizerische Bundesbehörden und Gerichte bilden, diese aber grundsätzlich nicht zu binden vermögen. Einzelne Schweizer Zivilgerichte folgen der europäischen Rechtsprechung betreffend Verspätungen, andere nicht. Die Folge kann sein, dass Flugpassagiere, die ihre Forderung bei Verspätungen von Schweizer Gerichten beurteilen lassen, gegenüber jenen, die in der EU klagen, schlechtergestellt sein können.</p><p>Die EU-Kommission plant eine Revision der Fluggastrechteverordnung und hat am 13. März 2013 einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Diese Verordnung wird die vom EuGH entwickelte Rechtsprechung voraussichtlich weitgehend aufnehmen. Mit einer Übernahme der revidierten Verordnung durch die Schweiz im Rahmen des bilateralen Luftverkehrsabkommens dürften die Anwendungsunterschiede zwischen der Schweiz und den EU-Staaten daher weitgehend beseitigt werden.</p><p>Angesichts dieser Ausgangslage sieht der Bundesrat keine Veranlassung für eine nationale Regulierung.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die rechtlichen Grundlagen so anzupassen, dass alle Passagiere, welche in die Schweiz und/oder aus der Schweiz fliegen, die gleichen Fluggastrechte haben wie in der Europäischen Union. Namentlich müssen die Passagierrechte gemäss Verordnung (EG) Nr. 261/2004 allen Passagieren gewährt werden.</p>
    • Rechtssicherheit in den Flugpassagierrechten sicherstellen

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