Risiken für den Bund durch die Konvergenzstrategie der Swisscom?

ShortId
18.3572
Id
20183572
Updated
28.07.2023 03:26
Language
de
Title
Risiken für den Bund durch die Konvergenzstrategie der Swisscom?
AdditionalIndexing
04;34;15;09
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Neben ihrem Kerngeschäft der Fernmeldedienstleistungen bietet die Swisscom zunehmend Dienste und Applikationen in konvergierenden Märkten an (z. B. Regelenergie, Banking Business Services, E-Health usw.). </p><p>Der Bundesrat unterstützt diese Strategie, indem er der Swisscom in den strategischen Zielen vorschreibt, "darauf basierende Dienste in konvergierenden Märkten" anzubieten. Das Resultat ist, dass in stark digitalisierten Märkten nicht nur die Netzanbindung, sondern ganze Wertschöpfungsketten durch eine einzige Anbieterin versorgt werden.</p><p>Es stellt sich die Frage, ob dadurch nicht ein Klumpenrisiko für den Bund entsteht ("Too big to fail"-Problematik). Weiter stellt sich die Frage der Sicherheit, wenn ein Anbieter eine derartige Marktmacht über die ganze Wertschöpfungskette entwickelt. Die Swisscom könnte so zu einem lohnenden Angriffsziel für cyberkriminelle Organisationen oder Drittstaaten werden.</p>
  • <p>1. Die Konvergenzstrategie von Swisscom ist eine der Folgen der digitalen Transformation. Ein kompetenter IKT-Anbieter wie Swisscom wird fast zwangsläufig zum Teil der Wertschöpfungskette in Wirtschaftszweigen, die von der Digitalisierung betroffen sind. Dieses Geschäft ist oft durch Skaleneffekte (Grössenvorteile) gekennzeichnet. Grosse Produktionseinheiten sind unter diesen Voraussetzungen betriebs- und volkswirtschaftlich effizient. </p><p>Das Telekommunikationsunternehmungsgesetz (TUG; SR 784.11) verbietet Swisscom nicht, als IKT-Systemanbieter in verschiedenen Branchen tätig zu sein. In diesem Geschäftsfeld herrscht intensiver Wettbewerb. Swisscom steht in Konkurrenz mit zahlreichen anderen, oft global tätigen Anbietern. Vor diesem Hintergrund erkennt der Bundesrat in der Konvergenzstrategie von Swisscom kein systemrelevantes Risiko ("too big to fail"). Ein solches existiert gleichwohl, und zwar in Bezug auf die landesweit flächendeckenden IKT-Netze von Swisscom, die eine kritische Infrastruktur von nationaler Bedeutung darstellen. Es ist ein strategisches Ziel des Bundes als Mehrheitsaktionär von Swisscom, dass diese Infrastruktur wirksam vor (Cyber-)Angriffen geschützt wird. Die Verantwortung dafür tragen die Leitungsorgane des Unternehmens. </p><p>2. Der Bundesrat gibt als Mehrheitsaktionär Swisscom alle vier Jahre die übergeordneten strategischen Ziele vor (Art. 6 TUG). Für die Umsetzung dieser Ziele sind die Leitungsorgane des Unternehmens verantwortlich. Der Bundesrat greift nicht in die strategische und operative Geschäftsführung ein. Konkret bedeutet dies: Wenn Swisscom eine grundlegende Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit plant, ist es am Verwaltungsrat, dem Mehrheitsaktionär nachzuweisen, dass diese im Einklang mit den strategischen Zielen des Bundesrates steht. Sollte dieser Nachweis nicht gelingen, könnte der Bundesrat im Rahmen seiner aktienrechtlichen Befugnisse (Zurückweisung des Geschäftsberichtes, Nichterteilen der Entlastung oder Nichtwiederwahl von Mitgliedern des Verwaltungsrates, Instruktion des Staatsvertreters im Verwaltungsrat, Änderung der strategischen Ziele) Einfluss auf das Unternehmen ausüben. Die Verantwortung für die Entscheide des Unternehmens liegt aber in jedem Fall bei dessen Führungsorganen.</p><p>3. Als Betreiber einer kritischen Infrastruktur von nationaler Bedeutung (Punkt 1) könnte Swisscom nicht plötzlich in Konkurs gehen, ohne dass dies gravierende Auswirkungen auf die Volkswirtschaft hätte. Dieses Szenario erachtet der Bundesrat aber derzeit nicht als realistisch. Sollte sich abzeichnen, dass Swisscom nicht mehr in der Lage ist, ihre Netze adäquat zu unterhalten, zu betreiben und zu schützen, wäre es am Bundesrat, rechtzeitig unter Einbezug aller massgeblichen Akteure und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände nach geeigneten Lösungen zu suchen.</p><p>4. Der Bundesrat sieht keine Notwendigkeit für einen vertieften Bericht zu den obengenannten Punkten. Die vom Bundesrat beschlossene externe Überprüfung der strategischen Steuerung von ausgelagerten Einheiten des Bundes befasst sich mit grundsätzlichen Fragen der Corporate Governance von ausgelagerten Einheiten, welche Dienstleistungen am Markt erbringen und deswegen gegenüber ausgelagerten Einheiten, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen oder Aufsichtsfunktionen ausüben, über ein grösseres Mass an Autonomie verfügen müssen. Die Geschäftsstrategie einzelner bundesnaher Unternehmen ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Ich bitte den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Sieht er durch die Konvergenzstrategie der Swisscom und die damit einhergehende Marktmacht neue Risiken für den Bund und/oder die Volkswirtschaft (insbesondere im Bereich "too big to fail" sowie betreffend Cyberangriffe)?</p><p>2. Verfolgt der Bund als Mehrheitsaktionär die Strategie aktiv mit, und analysiert er neue Geschäftsfelder auf allfällige Risiken für den Bund und/oder die Volkswirtschaft? Falls ja, wie geschieht dies konkret? Falls nein, warum sieht er keine Notwendigkeit dafür?</p><p>3. Könnte die börsenkotierte Swisscom aus seiner Sicht in Konkurs gehen, ohne dass dies einen enormen Kollateralschaden für den Bundeshaushalt und/oder die ganze Volkswirtschaft zur Folge hätte? Falls nein, welche Konsequenzen zieht er aus diesem "Too big to fail"-Risiko? Falls ja, auf welcher Basis kommt er zu dieser Aussage? </p><p>4. Ist er bereit, obenstehende Fragen im Rahmen der externen Untersuchung der Steuerung der bundesnahen Unternehmen überprüfen zu lassen und das Parlament über die Ergebnisse der Untersuchung zu informieren?</p>
  • Risiken für den Bund durch die Konvergenzstrategie der Swisscom?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Neben ihrem Kerngeschäft der Fernmeldedienstleistungen bietet die Swisscom zunehmend Dienste und Applikationen in konvergierenden Märkten an (z. B. Regelenergie, Banking Business Services, E-Health usw.). </p><p>Der Bundesrat unterstützt diese Strategie, indem er der Swisscom in den strategischen Zielen vorschreibt, "darauf basierende Dienste in konvergierenden Märkten" anzubieten. Das Resultat ist, dass in stark digitalisierten Märkten nicht nur die Netzanbindung, sondern ganze Wertschöpfungsketten durch eine einzige Anbieterin versorgt werden.</p><p>Es stellt sich die Frage, ob dadurch nicht ein Klumpenrisiko für den Bund entsteht ("Too big to fail"-Problematik). Weiter stellt sich die Frage der Sicherheit, wenn ein Anbieter eine derartige Marktmacht über die ganze Wertschöpfungskette entwickelt. Die Swisscom könnte so zu einem lohnenden Angriffsziel für cyberkriminelle Organisationen oder Drittstaaten werden.</p>
    • <p>1. Die Konvergenzstrategie von Swisscom ist eine der Folgen der digitalen Transformation. Ein kompetenter IKT-Anbieter wie Swisscom wird fast zwangsläufig zum Teil der Wertschöpfungskette in Wirtschaftszweigen, die von der Digitalisierung betroffen sind. Dieses Geschäft ist oft durch Skaleneffekte (Grössenvorteile) gekennzeichnet. Grosse Produktionseinheiten sind unter diesen Voraussetzungen betriebs- und volkswirtschaftlich effizient. </p><p>Das Telekommunikationsunternehmungsgesetz (TUG; SR 784.11) verbietet Swisscom nicht, als IKT-Systemanbieter in verschiedenen Branchen tätig zu sein. In diesem Geschäftsfeld herrscht intensiver Wettbewerb. Swisscom steht in Konkurrenz mit zahlreichen anderen, oft global tätigen Anbietern. Vor diesem Hintergrund erkennt der Bundesrat in der Konvergenzstrategie von Swisscom kein systemrelevantes Risiko ("too big to fail"). Ein solches existiert gleichwohl, und zwar in Bezug auf die landesweit flächendeckenden IKT-Netze von Swisscom, die eine kritische Infrastruktur von nationaler Bedeutung darstellen. Es ist ein strategisches Ziel des Bundes als Mehrheitsaktionär von Swisscom, dass diese Infrastruktur wirksam vor (Cyber-)Angriffen geschützt wird. Die Verantwortung dafür tragen die Leitungsorgane des Unternehmens. </p><p>2. Der Bundesrat gibt als Mehrheitsaktionär Swisscom alle vier Jahre die übergeordneten strategischen Ziele vor (Art. 6 TUG). Für die Umsetzung dieser Ziele sind die Leitungsorgane des Unternehmens verantwortlich. Der Bundesrat greift nicht in die strategische und operative Geschäftsführung ein. Konkret bedeutet dies: Wenn Swisscom eine grundlegende Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit plant, ist es am Verwaltungsrat, dem Mehrheitsaktionär nachzuweisen, dass diese im Einklang mit den strategischen Zielen des Bundesrates steht. Sollte dieser Nachweis nicht gelingen, könnte der Bundesrat im Rahmen seiner aktienrechtlichen Befugnisse (Zurückweisung des Geschäftsberichtes, Nichterteilen der Entlastung oder Nichtwiederwahl von Mitgliedern des Verwaltungsrates, Instruktion des Staatsvertreters im Verwaltungsrat, Änderung der strategischen Ziele) Einfluss auf das Unternehmen ausüben. Die Verantwortung für die Entscheide des Unternehmens liegt aber in jedem Fall bei dessen Führungsorganen.</p><p>3. Als Betreiber einer kritischen Infrastruktur von nationaler Bedeutung (Punkt 1) könnte Swisscom nicht plötzlich in Konkurs gehen, ohne dass dies gravierende Auswirkungen auf die Volkswirtschaft hätte. Dieses Szenario erachtet der Bundesrat aber derzeit nicht als realistisch. Sollte sich abzeichnen, dass Swisscom nicht mehr in der Lage ist, ihre Netze adäquat zu unterhalten, zu betreiben und zu schützen, wäre es am Bundesrat, rechtzeitig unter Einbezug aller massgeblichen Akteure und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände nach geeigneten Lösungen zu suchen.</p><p>4. Der Bundesrat sieht keine Notwendigkeit für einen vertieften Bericht zu den obengenannten Punkten. Die vom Bundesrat beschlossene externe Überprüfung der strategischen Steuerung von ausgelagerten Einheiten des Bundes befasst sich mit grundsätzlichen Fragen der Corporate Governance von ausgelagerten Einheiten, welche Dienstleistungen am Markt erbringen und deswegen gegenüber ausgelagerten Einheiten, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen oder Aufsichtsfunktionen ausüben, über ein grösseres Mass an Autonomie verfügen müssen. Die Geschäftsstrategie einzelner bundesnaher Unternehmen ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Ich bitte den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Sieht er durch die Konvergenzstrategie der Swisscom und die damit einhergehende Marktmacht neue Risiken für den Bund und/oder die Volkswirtschaft (insbesondere im Bereich "too big to fail" sowie betreffend Cyberangriffe)?</p><p>2. Verfolgt der Bund als Mehrheitsaktionär die Strategie aktiv mit, und analysiert er neue Geschäftsfelder auf allfällige Risiken für den Bund und/oder die Volkswirtschaft? Falls ja, wie geschieht dies konkret? Falls nein, warum sieht er keine Notwendigkeit dafür?</p><p>3. Könnte die börsenkotierte Swisscom aus seiner Sicht in Konkurs gehen, ohne dass dies einen enormen Kollateralschaden für den Bundeshaushalt und/oder die ganze Volkswirtschaft zur Folge hätte? Falls nein, welche Konsequenzen zieht er aus diesem "Too big to fail"-Risiko? Falls ja, auf welcher Basis kommt er zu dieser Aussage? </p><p>4. Ist er bereit, obenstehende Fragen im Rahmen der externen Untersuchung der Steuerung der bundesnahen Unternehmen überprüfen zu lassen und das Parlament über die Ergebnisse der Untersuchung zu informieren?</p>
    • Risiken für den Bund durch die Konvergenzstrategie der Swisscom?

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