Im Zivilgesetzbuch ein Verbot von Körperstrafen und anderen erniedrigenden Handlungen gegenüber Kindern verankern

ShortId
18.3603
Id
20183603
Updated
28.07.2023 03:35
Language
de
Title
Im Zivilgesetzbuch ein Verbot von Körperstrafen und anderen erniedrigenden Handlungen gegenüber Kindern verankern
AdditionalIndexing
28;1211
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die gesetzlichen Bestimmungen über Gewalt gegenüber Kindern unterliegen den Einflüssen des soziokulturellen Wandels, der Tradition sowie der Erziehungsgrundsätze, die sich ihrerseits auf pädagogische Erkenntnisse stützen. Nun ist es aber im Jahr 2018 keineswegs zeitgemäss, wenn im Kindesrecht ein Verbot jeglicher Körperstrafen und anderer Formen erniedrigender Behandlung von Kindern fehlt. Deshalb muss jetzt gehandelt werden: Die Empfehlungen der internationalen Gemeinschaft zum Verbot jeglicher Gewalt gegenüber Kindern sind zu befolgen, denn es geht um die Garantie ihrer physischen und psychischen Integrität. Ein solches Verbot steht im Einklang mit den zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die die Erfolglosigkeit, ja die Schädlichkeit von Körperstrafen gegenüber Kindern belegen.</p><p>Die Abschaffung des Züchtigungsrechts der Eltern im Jahr 1978 war ein erster Schritt hin zum Schutz der physischen Integrität des Kindes. Die bestehende Rechtsunsicherheit sowie traditionelle Verhaltensmuster führen aber dazu, dass die Anwendung von Gewalt gegenüber Kindern in unserer Gesellschaft noch immer vertretbar erscheint. Deshalb sei daran erinnert, dass Artikel 8 der Bundesverfassung die Rechtsgleichheit aller Menschen garantiert, ohne Diskriminierung namentlich aufgrund des Alters. Warum soll es verboten sein, eine erwachsene Person zu schlagen, nicht aber ein Kind?</p><p>Die Schweiz hat die Empfehlungen des Uno-Kinderrechtsausschusses (2002-2015) und des Uno-Menschenrechtsausschusses entgegengenommen. 33 Länder des Europarates, darunter Deutschland, Österreich und Liechtenstein, haben ausdrückliche Verbote erlassen.</p><p>In früheren Debatten hat der Bundesrat die Möglichkeit hervorgehoben, die Artikel 123 und 126 des Strafgesetzbuches anzuwenden, um der Gewalt gegenüber Kindern zu begegnen. Diese Argumentation überzeugt aber nicht. Denn welches Kind würde schon gegen seine Eltern klagen?</p><p>Hinzu kommt, dass ein im ZGB verankertes Verbot die Eltern nicht kriminalisieren würde. Mit einer Verankerung im ZGB würde der Staat den Schutz aller Mitglieder - namentlich der verletzlichsten - der Gesellschaft gewährleisten und gleichzeitig den Respekt der Familie wahren.</p>
  • <p>Der Bundesrat hat in den vergangenen Jahren wiederholt darauf hingewiesen, dass ein Züchtigungsrecht der Eltern mit dem Kindeswohl heute nicht mehr vereinbar ist und es deshalb nicht notwendig ist, ein ausdrückliches Züchtigungsverbot im Zivilgesetzbuch (ZGB; SR 210) zu verankern. Das Parlament hat diese Auffassung wiederholt gestützt (Motion Galladé 15.3639, "Abschaffung des Züchtigungsrechts"; Motion Feri Yvonne 13.3156, "Gewaltfreie Erziehung"). Der Bundesrat weist auch darauf hin, dass die Behörden dafür zu sorgen haben, dass der Anspruch von Kindern und Jugendlichen auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit (Art. 11 Abs. 1 BV), soweit er sich dazu eignet, auch unter Privaten wirksam wird (Art. 35 Abs. 3 BV).</p><p>Zudem unterstehen die Kinder auch dem Schutz durch das Strafrecht. Eine Verbesserung wird auch die Revision des ZGB zu den neuen Melderechten und Meldepflichten bringen, die am 1. Januar 2019 in Kraft treten wird: Künftig unterliegen neu alle Fachpersonen, die beruflich regelmässig mit Kindern Kontakt haben, einer Meldepflicht, während Personen, die dem Berufsgeheimnis des Strafgesetzbuches unterstehen, sich neu an die Kindesschutzbehörde wenden dürfen (Melderecht), falls die Meldung im Interesse des Kindes ist.</p><p>Daneben setzt der Bundesrat auf ein gut ausgebautes Kinder- und Jugendhilfesystem sowie auf Prävention. In diesem Sinne unterstützt der Bund erfolgreich Programme der Kantone im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe durch Finanzhilfen (vgl. Bericht zum Stand der Ausrichtung von Finanzhilfen des Bundes gemäss Artikel 26 des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes vom 24. August 2017; Medienmitteilung des Bundesrates vom 1. Dezember 2017 "Positive Zwischenbilanz zur Förderung der Kinder- und Jugendpolitik in der Schweiz"). Der Bundesrat ist davon überzeugt, dass eine tiefgreifende Haltungsänderung bei erziehungsberechtigten Personen in erster Linie durch Sensibilisierungs- und Aufklärungsprogramme herbeigeführt werden kann.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) ein ausdrückliches und vorbehaltloses Verbot jeglicher Körperstrafen und anderer erniedrigender Handlungen gegenüber Kindern zu verankern.</p>
  • Im Zivilgesetzbuch ein Verbot von Körperstrafen und anderen erniedrigenden Handlungen gegenüber Kindern verankern
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die gesetzlichen Bestimmungen über Gewalt gegenüber Kindern unterliegen den Einflüssen des soziokulturellen Wandels, der Tradition sowie der Erziehungsgrundsätze, die sich ihrerseits auf pädagogische Erkenntnisse stützen. Nun ist es aber im Jahr 2018 keineswegs zeitgemäss, wenn im Kindesrecht ein Verbot jeglicher Körperstrafen und anderer Formen erniedrigender Behandlung von Kindern fehlt. Deshalb muss jetzt gehandelt werden: Die Empfehlungen der internationalen Gemeinschaft zum Verbot jeglicher Gewalt gegenüber Kindern sind zu befolgen, denn es geht um die Garantie ihrer physischen und psychischen Integrität. Ein solches Verbot steht im Einklang mit den zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die die Erfolglosigkeit, ja die Schädlichkeit von Körperstrafen gegenüber Kindern belegen.</p><p>Die Abschaffung des Züchtigungsrechts der Eltern im Jahr 1978 war ein erster Schritt hin zum Schutz der physischen Integrität des Kindes. Die bestehende Rechtsunsicherheit sowie traditionelle Verhaltensmuster führen aber dazu, dass die Anwendung von Gewalt gegenüber Kindern in unserer Gesellschaft noch immer vertretbar erscheint. Deshalb sei daran erinnert, dass Artikel 8 der Bundesverfassung die Rechtsgleichheit aller Menschen garantiert, ohne Diskriminierung namentlich aufgrund des Alters. Warum soll es verboten sein, eine erwachsene Person zu schlagen, nicht aber ein Kind?</p><p>Die Schweiz hat die Empfehlungen des Uno-Kinderrechtsausschusses (2002-2015) und des Uno-Menschenrechtsausschusses entgegengenommen. 33 Länder des Europarates, darunter Deutschland, Österreich und Liechtenstein, haben ausdrückliche Verbote erlassen.</p><p>In früheren Debatten hat der Bundesrat die Möglichkeit hervorgehoben, die Artikel 123 und 126 des Strafgesetzbuches anzuwenden, um der Gewalt gegenüber Kindern zu begegnen. Diese Argumentation überzeugt aber nicht. Denn welches Kind würde schon gegen seine Eltern klagen?</p><p>Hinzu kommt, dass ein im ZGB verankertes Verbot die Eltern nicht kriminalisieren würde. Mit einer Verankerung im ZGB würde der Staat den Schutz aller Mitglieder - namentlich der verletzlichsten - der Gesellschaft gewährleisten und gleichzeitig den Respekt der Familie wahren.</p>
    • <p>Der Bundesrat hat in den vergangenen Jahren wiederholt darauf hingewiesen, dass ein Züchtigungsrecht der Eltern mit dem Kindeswohl heute nicht mehr vereinbar ist und es deshalb nicht notwendig ist, ein ausdrückliches Züchtigungsverbot im Zivilgesetzbuch (ZGB; SR 210) zu verankern. Das Parlament hat diese Auffassung wiederholt gestützt (Motion Galladé 15.3639, "Abschaffung des Züchtigungsrechts"; Motion Feri Yvonne 13.3156, "Gewaltfreie Erziehung"). Der Bundesrat weist auch darauf hin, dass die Behörden dafür zu sorgen haben, dass der Anspruch von Kindern und Jugendlichen auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit (Art. 11 Abs. 1 BV), soweit er sich dazu eignet, auch unter Privaten wirksam wird (Art. 35 Abs. 3 BV).</p><p>Zudem unterstehen die Kinder auch dem Schutz durch das Strafrecht. Eine Verbesserung wird auch die Revision des ZGB zu den neuen Melderechten und Meldepflichten bringen, die am 1. Januar 2019 in Kraft treten wird: Künftig unterliegen neu alle Fachpersonen, die beruflich regelmässig mit Kindern Kontakt haben, einer Meldepflicht, während Personen, die dem Berufsgeheimnis des Strafgesetzbuches unterstehen, sich neu an die Kindesschutzbehörde wenden dürfen (Melderecht), falls die Meldung im Interesse des Kindes ist.</p><p>Daneben setzt der Bundesrat auf ein gut ausgebautes Kinder- und Jugendhilfesystem sowie auf Prävention. In diesem Sinne unterstützt der Bund erfolgreich Programme der Kantone im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe durch Finanzhilfen (vgl. Bericht zum Stand der Ausrichtung von Finanzhilfen des Bundes gemäss Artikel 26 des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes vom 24. August 2017; Medienmitteilung des Bundesrates vom 1. Dezember 2017 "Positive Zwischenbilanz zur Förderung der Kinder- und Jugendpolitik in der Schweiz"). Der Bundesrat ist davon überzeugt, dass eine tiefgreifende Haltungsänderung bei erziehungsberechtigten Personen in erster Linie durch Sensibilisierungs- und Aufklärungsprogramme herbeigeführt werden kann.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) ein ausdrückliches und vorbehaltloses Verbot jeglicher Körperstrafen und anderer erniedrigender Handlungen gegenüber Kindern zu verankern.</p>
    • Im Zivilgesetzbuch ein Verbot von Körperstrafen und anderen erniedrigenden Handlungen gegenüber Kindern verankern

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