Finanzmarktaufsicht soll sich auf ihren Kernauftrag fokussieren

ShortId
18.3612
Id
20183612
Updated
28.07.2023 14:39
Language
de
Title
Finanzmarktaufsicht soll sich auf ihren Kernauftrag fokussieren
AdditionalIndexing
04;24
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Die Aufsicht über die Finanzinstitute wie Banken und Versicherungen obliegt der Finma, wobei diese Aufsicht in der Schweiz in langer Tradition durch entsprechende gesetzliche Regelungen an von den Instituten beauftragte Prüfgesellschaften delegiert wird (sogenanntes duales Aufsichtssystem). Dieses Aufsichtssystem stellt die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte und den Schutz der Kundinnen und Kunden sicher und hat sich bewährt.</p><p>Dieses heutige Finanzmarktaufsichtssystem wurde vor und nach der Finanzkrise mehrfach politisch hinterfragt und bereits, wo angezeigt, angepasst. Dabei wurde mehrfach bestätigt, dass das schweizerische duale Aufsichtssystem mit der Abstützung auf Prüfgesellschaften für ein relativ kleines Land mit einem überproportional grossen und international vernetzten Finanzplatz die richtige Wahl ist. So kennt denn auch unter anderem Luxemburg ein sehr ähnliches System.</p><p>Die Finma beabsichtigt nun jedoch eine radikale Umgestaltung dieses dualen Aufsichtssystems und hat zu diesem Zweck soeben eine Anhörung für ein Finma-Rundschreiben eröffnet.</p><p>Gemäss dem Entwurf dieses Finma-Rundschreibens sollen Aufsichtstätigkeiten künftig vermehrt direkt durch die Finma oder im Rahmen von sogenannten fallbezogenen Interventionen durch von ihr eingesetzte Prüfbeauftragte erfolgen. Die Institute würden damit die Autonomie über die Mandatsvergabe verlieren.</p><p>Insoweit droht dem aufsichtsrechtlichen Prüfwesen eine faktische Verstaatlichung, und die bestehenden, bewährten Mandatsbeziehungen zwischen Prüfgesellschaften und beaufsichtigten Instituten würden geschwächt und minimiert. Kleineren Anbietern, die oft kleinere Institute betreuen, wäre es indes kaum mehr möglich, die Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen, was zu einer massiven Konsolidierung des Prüfmarktes führen würde.</p><p>Die gegenwärtige und bewährte Aufsichtsordnung mit privatrechtlich organisierten, miteinander im Wettbewerb stehenden Prüfungsgesellschaften, die für Qualität und Aufsichtseffizienz bürgen, wird durch die Finma mit ihrem Rundschreibenentwurf fundamental infrage gestellt.</p><p>Dies verstösst jedoch klar gegen die gesetzliche Ordnung, wonach die Festlegung der Grundzüge des aufsichtsrechtlichen Prüfwesens dem Gesetzgeber vorbehalten ist. Die Finma würde somit Soft Law schaffen, welches ihre gesetzlich fixierte Regulierungskompetenz weit überschreitet. Es ist daher mittels Gesetzesanpassung sicherzustellen, dass die Finma keine dem Gesetzgeber vorbehaltenen Regelungen (Soft Law) erlässt. Im Gesetz ist klar zu regeln, was die Finma materiell-rechtlich mittels Rundschreiben regulieren kann. Zwischenzeitlich, d. h. bis zum Inkrafttreten einer Gesetzesänderung, ist die Finma anzuhalten, keine Rundschreiben zu erlassen, die den Charakter des Finanzmarktaufsichtssystems verändern.</p>
  • <p>Der Bundesrat befürwortet eine klarere Trennung zwischen den Verantwortlichkeiten des Parlamentes und des Bundesrates für die Finanzmarktpolitik und -strategie sowie die Regulierung einerseits und der Zuständigkeit der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) für die operative Aufsichtstätigkeit sowie den Erlass von Bestimmungen fachtechnischen Inhalts andererseits und wird entsprechende Verbesserungen an die Hand nehmen. Dies hat er in seiner Stellungnahme vom 30. August 2017 zur Motion Landolt 17.3317, "Klare Verantwortlichkeiten zwischen Finanzmarktpolitik und Finanzmarktaufsicht", entsprechend festgehalten und in seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2018 zur Motion WAK-N 17.3976, "Gewaltentrennung in der Finanzmarktregulierung", bekräftigt.</p><p>Bezüglich Prüfwesen teilt der Bundesrat die Haltung, dass die Grundzüge des aufsichtsrechtlichen Prüfwesens vom Gesetzgeber festzulegen sind. Die Grundzüge des Prüfwesens sind entsprechend im Finanzmarktaufsichtsgesetz (Finmag, Art. 24ff.) sowie in der dazugehörigen bundesrätlichen Finanzmarktprüfverordnung (Finma-PV) festgelegt. In Gesetz und Verordnung ist indessen auch angelegt, dass die Finma zu gewissen technischen Angelegenheiten Ausführungsbestimmungen erlassen kann, so z. B. zu den Prüfgebieten, der Prüfperiodizität und der Prüftiefe. Die aktuelle Revision des Rundschreibens der Finma bezieht sich auf diese drei Bereiche der praktischen Umsetzung und hat zum Ziel, die Tätigkeit der Prüfgesellschaften als verlängerter Arm der Finma stärker risikoorientiert auszugestalten und das duale System der Bankenaufsicht effizienter zu machen. Eine tiefgreifende Umgestaltung des heutigen Prüfwesens oder ein Charakterwechsel des Aufsichtssystems sind damit nicht verbunden. Die Revision zielt auf den Abbau von Kosten für die Beaufsichtigten sowie eine stärkere Risikoorientierung und Entschlackung der Prüfungen. Die radikalere Option einer Direktmandatierung der Prüfgesellschaften durch die Finma (wie z. B. vom IWF vorgeschlagen), welche eine Gesetzesanpassung erfordern würde, ist nicht vorgeschlagen. Die Finma bekennt sich in ihrem Erläuterungsbericht auch ausdrücklich zur Fortführung des grundsätzlich bewährten Schweizer Systems des aufsichtsrechtlichen Prüfwesens. Es stellt sich mit Blick auf Artikel 7 Finmag sowie den bereits durch die Verfassung angelegten Stufenbau der Rechtsordnung wie immer die Frage, ob die Regelung in einem Rundschreiben der Finma angemessen ist oder ob die entsprechenden Ausführungsbestimmungen auf höherer Stufe geregelt werden müssten. Dem Motionär ist zuzustimmen, dass dem Gesetzgeber vorbehaltene Regelungen nicht auf tieferer Stufe getroffen werden können.</p><p>Der Bundesrat ist gewillt, die Frage der angemessenen Regulierungsstufe für die Konkretisierung des Prüfwesens sowie die grundsätzlichere Frage nach den Regulierungskompetenzen der Finma generell zu überprüfen. Im Sinne der Konsistenz sieht der Bundesrat vor, dies im Rahmen der eingangs erwähnten übergreifenden Prüfung und Klärung der Verantwortlichkeiten für Regulierung und Aufsicht sowie im Rahmen der überwiesenen Postulate Germann 17.3620, "Transparenz über Regulierungskosten durch Finma-Rundschreiben", und Vogler 17.3566, "Transparenz über Kostenfolgen der Finma-Rundschreiben", zu tun.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, mit Anpassung der entsprechenden Gesetze dafür zu sorgen, dass sich die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) auf ihre Kernaufgabe, die Aufsichtstätigkeit (Kontrolle), konzentriert und keine dem Gesetzgeber vorbehaltenen Regelungen (Soft Law) erlässt.</p><p>Im Gesetz ist klar zu regeln, was die Finma materiell-rechtlich mittels Rundschreiben regulieren kann. Zwischenzeitlich, d. h. bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Gesetzesänderung, ist die Finma anzuhalten, keine Rundschreiben zu erlassen, die den Charakter des Finanzmarktaufsichtssystems verändern.</p>
  • Finanzmarktaufsicht soll sich auf ihren Kernauftrag fokussieren
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Aufsicht über die Finanzinstitute wie Banken und Versicherungen obliegt der Finma, wobei diese Aufsicht in der Schweiz in langer Tradition durch entsprechende gesetzliche Regelungen an von den Instituten beauftragte Prüfgesellschaften delegiert wird (sogenanntes duales Aufsichtssystem). Dieses Aufsichtssystem stellt die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte und den Schutz der Kundinnen und Kunden sicher und hat sich bewährt.</p><p>Dieses heutige Finanzmarktaufsichtssystem wurde vor und nach der Finanzkrise mehrfach politisch hinterfragt und bereits, wo angezeigt, angepasst. Dabei wurde mehrfach bestätigt, dass das schweizerische duale Aufsichtssystem mit der Abstützung auf Prüfgesellschaften für ein relativ kleines Land mit einem überproportional grossen und international vernetzten Finanzplatz die richtige Wahl ist. So kennt denn auch unter anderem Luxemburg ein sehr ähnliches System.</p><p>Die Finma beabsichtigt nun jedoch eine radikale Umgestaltung dieses dualen Aufsichtssystems und hat zu diesem Zweck soeben eine Anhörung für ein Finma-Rundschreiben eröffnet.</p><p>Gemäss dem Entwurf dieses Finma-Rundschreibens sollen Aufsichtstätigkeiten künftig vermehrt direkt durch die Finma oder im Rahmen von sogenannten fallbezogenen Interventionen durch von ihr eingesetzte Prüfbeauftragte erfolgen. Die Institute würden damit die Autonomie über die Mandatsvergabe verlieren.</p><p>Insoweit droht dem aufsichtsrechtlichen Prüfwesen eine faktische Verstaatlichung, und die bestehenden, bewährten Mandatsbeziehungen zwischen Prüfgesellschaften und beaufsichtigten Instituten würden geschwächt und minimiert. Kleineren Anbietern, die oft kleinere Institute betreuen, wäre es indes kaum mehr möglich, die Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen, was zu einer massiven Konsolidierung des Prüfmarktes führen würde.</p><p>Die gegenwärtige und bewährte Aufsichtsordnung mit privatrechtlich organisierten, miteinander im Wettbewerb stehenden Prüfungsgesellschaften, die für Qualität und Aufsichtseffizienz bürgen, wird durch die Finma mit ihrem Rundschreibenentwurf fundamental infrage gestellt.</p><p>Dies verstösst jedoch klar gegen die gesetzliche Ordnung, wonach die Festlegung der Grundzüge des aufsichtsrechtlichen Prüfwesens dem Gesetzgeber vorbehalten ist. Die Finma würde somit Soft Law schaffen, welches ihre gesetzlich fixierte Regulierungskompetenz weit überschreitet. Es ist daher mittels Gesetzesanpassung sicherzustellen, dass die Finma keine dem Gesetzgeber vorbehaltenen Regelungen (Soft Law) erlässt. Im Gesetz ist klar zu regeln, was die Finma materiell-rechtlich mittels Rundschreiben regulieren kann. Zwischenzeitlich, d. h. bis zum Inkrafttreten einer Gesetzesänderung, ist die Finma anzuhalten, keine Rundschreiben zu erlassen, die den Charakter des Finanzmarktaufsichtssystems verändern.</p>
    • <p>Der Bundesrat befürwortet eine klarere Trennung zwischen den Verantwortlichkeiten des Parlamentes und des Bundesrates für die Finanzmarktpolitik und -strategie sowie die Regulierung einerseits und der Zuständigkeit der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) für die operative Aufsichtstätigkeit sowie den Erlass von Bestimmungen fachtechnischen Inhalts andererseits und wird entsprechende Verbesserungen an die Hand nehmen. Dies hat er in seiner Stellungnahme vom 30. August 2017 zur Motion Landolt 17.3317, "Klare Verantwortlichkeiten zwischen Finanzmarktpolitik und Finanzmarktaufsicht", entsprechend festgehalten und in seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2018 zur Motion WAK-N 17.3976, "Gewaltentrennung in der Finanzmarktregulierung", bekräftigt.</p><p>Bezüglich Prüfwesen teilt der Bundesrat die Haltung, dass die Grundzüge des aufsichtsrechtlichen Prüfwesens vom Gesetzgeber festzulegen sind. Die Grundzüge des Prüfwesens sind entsprechend im Finanzmarktaufsichtsgesetz (Finmag, Art. 24ff.) sowie in der dazugehörigen bundesrätlichen Finanzmarktprüfverordnung (Finma-PV) festgelegt. In Gesetz und Verordnung ist indessen auch angelegt, dass die Finma zu gewissen technischen Angelegenheiten Ausführungsbestimmungen erlassen kann, so z. B. zu den Prüfgebieten, der Prüfperiodizität und der Prüftiefe. Die aktuelle Revision des Rundschreibens der Finma bezieht sich auf diese drei Bereiche der praktischen Umsetzung und hat zum Ziel, die Tätigkeit der Prüfgesellschaften als verlängerter Arm der Finma stärker risikoorientiert auszugestalten und das duale System der Bankenaufsicht effizienter zu machen. Eine tiefgreifende Umgestaltung des heutigen Prüfwesens oder ein Charakterwechsel des Aufsichtssystems sind damit nicht verbunden. Die Revision zielt auf den Abbau von Kosten für die Beaufsichtigten sowie eine stärkere Risikoorientierung und Entschlackung der Prüfungen. Die radikalere Option einer Direktmandatierung der Prüfgesellschaften durch die Finma (wie z. B. vom IWF vorgeschlagen), welche eine Gesetzesanpassung erfordern würde, ist nicht vorgeschlagen. Die Finma bekennt sich in ihrem Erläuterungsbericht auch ausdrücklich zur Fortführung des grundsätzlich bewährten Schweizer Systems des aufsichtsrechtlichen Prüfwesens. Es stellt sich mit Blick auf Artikel 7 Finmag sowie den bereits durch die Verfassung angelegten Stufenbau der Rechtsordnung wie immer die Frage, ob die Regelung in einem Rundschreiben der Finma angemessen ist oder ob die entsprechenden Ausführungsbestimmungen auf höherer Stufe geregelt werden müssten. Dem Motionär ist zuzustimmen, dass dem Gesetzgeber vorbehaltene Regelungen nicht auf tieferer Stufe getroffen werden können.</p><p>Der Bundesrat ist gewillt, die Frage der angemessenen Regulierungsstufe für die Konkretisierung des Prüfwesens sowie die grundsätzlichere Frage nach den Regulierungskompetenzen der Finma generell zu überprüfen. Im Sinne der Konsistenz sieht der Bundesrat vor, dies im Rahmen der eingangs erwähnten übergreifenden Prüfung und Klärung der Verantwortlichkeiten für Regulierung und Aufsicht sowie im Rahmen der überwiesenen Postulate Germann 17.3620, "Transparenz über Regulierungskosten durch Finma-Rundschreiben", und Vogler 17.3566, "Transparenz über Kostenfolgen der Finma-Rundschreiben", zu tun.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, mit Anpassung der entsprechenden Gesetze dafür zu sorgen, dass sich die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) auf ihre Kernaufgabe, die Aufsichtstätigkeit (Kontrolle), konzentriert und keine dem Gesetzgeber vorbehaltenen Regelungen (Soft Law) erlässt.</p><p>Im Gesetz ist klar zu regeln, was die Finma materiell-rechtlich mittels Rundschreiben regulieren kann. Zwischenzeitlich, d. h. bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Gesetzesänderung, ist die Finma anzuhalten, keine Rundschreiben zu erlassen, die den Charakter des Finanzmarktaufsichtssystems verändern.</p>
    • Finanzmarktaufsicht soll sich auf ihren Kernauftrag fokussieren

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