Wechsel zur Quartalsfranchise. Konsum vermindern und Kostenbeteiligung gerechter gestalten

ShortId
18.3647
Id
20183647
Updated
28.07.2023 03:23
Language
de
Title
Wechsel zur Quartalsfranchise. Konsum vermindern und Kostenbeteiligung gerechter gestalten
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Leistungserbringer und Versicherer machen die Erfahrung, dass die Nachfrage nach medizinischen Leistungen steigt, sobald die Franchise aufgebraucht ist. In der Folge decken sich Versicherte Ende Jahr noch mit Medikamenten ein und verlangen, dass Wahleingriffe noch im alten Jahr durchgeführt werden, damit sie nur mit der Kostenbeteiligung von 10 Prozent belastet werden, um im neuen Jahr nicht mit der Franchise belastet zu werden.</p><p>Demgegenüber haben Personen Pech, welche gerade Anfang Jahr erkranken und gegebenenfalls für diese eine Behandlung die vollen Kosten selber bezahlen müssen, auch wenn sie anschliessend das ganze Jahr keine Gesundheitsleistungen mehr beanspruchen.</p><p>Mit einem Wechsel auf eine Quartalsfranchise werden Anreize verbessert, das Konsumverhalten vermindert, unnötige Leistungen verhindert, und gleichzeitig würde eine gleichmässige Belastung der Versicherten über das Jahr hergestellt. </p><p>Administrativ dürfte der Wechsel auf eine Quartalsfranchise für Versicherer keinen Mehraufwand bringen. </p><p>Die Grundfranchise von 300 Franken pro Jahr ist seit 2004 unverändert. National- und Ständerat haben Vorstösse für eine Anpassung der Franchise überwiesen. Diese Anpassung liegt in der Kompetenz des Bundesrates. Der Wechsel auf eine Quartalsfranchise würde eine Anpassung von Artikel 64 Absatz 2 Buchstabe a bedingen. Die Franchise selber würde weiterhin vom Bundesrat festgesetzt und könnte im Rahmen von mindestens 100 Franken pro Quartal festgelegt werden.</p><p>Mit einer Quartalsfranchise wird ein Anreiz für Versicherte verbessert. Medizinische Leistungen würden allein aufgrund der medizinischen Indikation beansprucht und nicht wegen bereits bezahlter Franchise. Damit fällt ein falscher Anreiz weg. Zudem hat ein fester Quartalsbetrag den Vorteil, dass Versicherte, die nur in einem Quartal ärztliche Konsultationen benötigen, nicht mit der Jahresfranchise belastet werden, sondern nur mit einem Viertel. Die Gesamtbelastung für chronisch kranke Menschen mit hohen Gesundheitskosten bleibt gleich.</p><p>Bei den Wahlfranchisen müsste das System auch angepasst werden.</p>
  • <p>Die Finanzierung der Krankenversicherung erfolgt auf jährlicher Basis: Die Prämien eines bestimmten Jahres müssen die Kosten desselben Jahres decken. Die Kostenbeteiligung der Versicherten, die aus Franchise und Selbstbehalt besteht, berechnet sich ebenfalls auf jährlicher Basis.</p><p>Der Bundesrat hegt gewisse Zweifel an der effektiven Wirkung des Systems der Quartalsfranchise auf die Inanspruchnahme von Leistungen. Eine Franchise von 100 Franken ist rasch erreicht, in der Regel bereits mit einer einzigen Konsultation. Nach dieser ersten Konsultation hat die versicherte Person bis zum Quartalsende keinen Anreiz mehr, keine weiteren Leistungen in Anspruch zu nehmen. Der Bundesrat ist daher nicht überzeugt, dass ein solches System tatsächlich zu einer Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung führen würde.</p><p>Mit dem Postulatsvorschlag befänden sich die Versicherten zudem in einem gemischten Kostenbeteiligungssystem mit einer Quartalskomponente (Franchise) und einer Jahreskomponente (Selbstbehalt). Der Umgang mit diesem System wäre für die Versicherten komplizierter, da zu Beginn jedes Quartals wieder die gesamte Franchise geschuldet wäre. Mit vier über das Kalenderjahr gestaffelten Franchisen wäre es für sie schwieriger, die Entwicklung ihrer gesamthaften Kostenbeteiligung zu verfolgen.</p><p>Ausserdem ist das massgebende Datum dasjenige der Behandlung (Art. 24 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung, KVG; SR 832.10). Die Zeitspanne zwischen Behandlung und Rechnungseingang ist jedoch manchmal relativ lang. Im System des Tiers garant wüsste die versicherte Person oft nicht mehr, welchem Quartal eine Rechnung zuzuordnen ist. Das gilt umso mehr, wenn die Behandlung mehrere Wochen oder sogar Monate dauert. Das System der Quartalsfranchise würde wahrscheinlich die Leistungserbringer zwingen, häufiger Zwischenrechnungen zu stellen, oder die Versicherer müssten mehr Nachkorrekturen vornehmen. Damit bestünde auf jeden Fall die Gefahr, dass der administrative Aufwand und letztlich die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung steigen.</p><p>Zur Stärkung der Eigenverantwortung der Versicherten hat das Parlament die Motion Bischofberger 15.4157, "Franchisen der Kostenentwicklung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung anpassen", angenommen, die eine regelmässige Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung verlangt. Der Bundesrat hat seine Botschaft am 28. März 2018 an das Parlament überwiesen (BBl 2018 2695). Er ist der Ansicht, dass zuerst diese KVG-Änderung in Kraft zu setzen und deren Wirkung auf das Verhalten der Versicherten zu untersuchen ist, bevor weitere Massnahmen im Bereich der Kostenbeteiligung geprüft werden.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in Artikel 64 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) anstelle eines festen Jahresbetrages (Franchise) die Einführung eines festen Quartalsbetrages (Quartalsfranchise) zu prüfen und gegebenenfalls eine entsprechende Gesetzesänderung vorzulegen.</p>
  • Wechsel zur Quartalsfranchise. Konsum vermindern und Kostenbeteiligung gerechter gestalten
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Leistungserbringer und Versicherer machen die Erfahrung, dass die Nachfrage nach medizinischen Leistungen steigt, sobald die Franchise aufgebraucht ist. In der Folge decken sich Versicherte Ende Jahr noch mit Medikamenten ein und verlangen, dass Wahleingriffe noch im alten Jahr durchgeführt werden, damit sie nur mit der Kostenbeteiligung von 10 Prozent belastet werden, um im neuen Jahr nicht mit der Franchise belastet zu werden.</p><p>Demgegenüber haben Personen Pech, welche gerade Anfang Jahr erkranken und gegebenenfalls für diese eine Behandlung die vollen Kosten selber bezahlen müssen, auch wenn sie anschliessend das ganze Jahr keine Gesundheitsleistungen mehr beanspruchen.</p><p>Mit einem Wechsel auf eine Quartalsfranchise werden Anreize verbessert, das Konsumverhalten vermindert, unnötige Leistungen verhindert, und gleichzeitig würde eine gleichmässige Belastung der Versicherten über das Jahr hergestellt. </p><p>Administrativ dürfte der Wechsel auf eine Quartalsfranchise für Versicherer keinen Mehraufwand bringen. </p><p>Die Grundfranchise von 300 Franken pro Jahr ist seit 2004 unverändert. National- und Ständerat haben Vorstösse für eine Anpassung der Franchise überwiesen. Diese Anpassung liegt in der Kompetenz des Bundesrates. Der Wechsel auf eine Quartalsfranchise würde eine Anpassung von Artikel 64 Absatz 2 Buchstabe a bedingen. Die Franchise selber würde weiterhin vom Bundesrat festgesetzt und könnte im Rahmen von mindestens 100 Franken pro Quartal festgelegt werden.</p><p>Mit einer Quartalsfranchise wird ein Anreiz für Versicherte verbessert. Medizinische Leistungen würden allein aufgrund der medizinischen Indikation beansprucht und nicht wegen bereits bezahlter Franchise. Damit fällt ein falscher Anreiz weg. Zudem hat ein fester Quartalsbetrag den Vorteil, dass Versicherte, die nur in einem Quartal ärztliche Konsultationen benötigen, nicht mit der Jahresfranchise belastet werden, sondern nur mit einem Viertel. Die Gesamtbelastung für chronisch kranke Menschen mit hohen Gesundheitskosten bleibt gleich.</p><p>Bei den Wahlfranchisen müsste das System auch angepasst werden.</p>
    • <p>Die Finanzierung der Krankenversicherung erfolgt auf jährlicher Basis: Die Prämien eines bestimmten Jahres müssen die Kosten desselben Jahres decken. Die Kostenbeteiligung der Versicherten, die aus Franchise und Selbstbehalt besteht, berechnet sich ebenfalls auf jährlicher Basis.</p><p>Der Bundesrat hegt gewisse Zweifel an der effektiven Wirkung des Systems der Quartalsfranchise auf die Inanspruchnahme von Leistungen. Eine Franchise von 100 Franken ist rasch erreicht, in der Regel bereits mit einer einzigen Konsultation. Nach dieser ersten Konsultation hat die versicherte Person bis zum Quartalsende keinen Anreiz mehr, keine weiteren Leistungen in Anspruch zu nehmen. Der Bundesrat ist daher nicht überzeugt, dass ein solches System tatsächlich zu einer Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung führen würde.</p><p>Mit dem Postulatsvorschlag befänden sich die Versicherten zudem in einem gemischten Kostenbeteiligungssystem mit einer Quartalskomponente (Franchise) und einer Jahreskomponente (Selbstbehalt). Der Umgang mit diesem System wäre für die Versicherten komplizierter, da zu Beginn jedes Quartals wieder die gesamte Franchise geschuldet wäre. Mit vier über das Kalenderjahr gestaffelten Franchisen wäre es für sie schwieriger, die Entwicklung ihrer gesamthaften Kostenbeteiligung zu verfolgen.</p><p>Ausserdem ist das massgebende Datum dasjenige der Behandlung (Art. 24 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung, KVG; SR 832.10). Die Zeitspanne zwischen Behandlung und Rechnungseingang ist jedoch manchmal relativ lang. Im System des Tiers garant wüsste die versicherte Person oft nicht mehr, welchem Quartal eine Rechnung zuzuordnen ist. Das gilt umso mehr, wenn die Behandlung mehrere Wochen oder sogar Monate dauert. Das System der Quartalsfranchise würde wahrscheinlich die Leistungserbringer zwingen, häufiger Zwischenrechnungen zu stellen, oder die Versicherer müssten mehr Nachkorrekturen vornehmen. Damit bestünde auf jeden Fall die Gefahr, dass der administrative Aufwand und letztlich die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung steigen.</p><p>Zur Stärkung der Eigenverantwortung der Versicherten hat das Parlament die Motion Bischofberger 15.4157, "Franchisen der Kostenentwicklung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung anpassen", angenommen, die eine regelmässige Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung verlangt. Der Bundesrat hat seine Botschaft am 28. März 2018 an das Parlament überwiesen (BBl 2018 2695). Er ist der Ansicht, dass zuerst diese KVG-Änderung in Kraft zu setzen und deren Wirkung auf das Verhalten der Versicherten zu untersuchen ist, bevor weitere Massnahmen im Bereich der Kostenbeteiligung geprüft werden.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in Artikel 64 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) anstelle eines festen Jahresbetrages (Franchise) die Einführung eines festen Quartalsbetrages (Quartalsfranchise) zu prüfen und gegebenenfalls eine entsprechende Gesetzesänderung vorzulegen.</p>
    • Wechsel zur Quartalsfranchise. Konsum vermindern und Kostenbeteiligung gerechter gestalten

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