Fall Bayartsogt. Warum erstattete die Credit Suisse der MROS keine Verdachtsmeldung?

ShortId
18.3686
Id
20183686
Updated
28.07.2023 03:29
Language
de
Title
Fall Bayartsogt. Warum erstattete die Credit Suisse der MROS keine Verdachtsmeldung?
AdditionalIndexing
24;15;1216;08
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1./2. Der Bundesrat äussert sich nicht zu konkreten Einzelfällen. Es kann aber festgehalten werden, dass die Finanzintermediäre bei ihren Aktivitäten die gebotene Sorgfalt walten lassen müssen. So müssen sie auf verdächtige Sachverhalte achten, die Hintergründe klären und gegebenenfalls ihren begründeten Verdacht nach Massgabe von Artikel 9 des Geldwäschereigesetzes (GwG; SR 955.0) der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) melden. Nach der Rechtsprechung des Bundesstrafgerichtes und des Bundesgerichtes gilt ein Verdacht als begründet, wenn die Vermutung nicht ausgeräumt werden kann, dass die infrage stehenden Vermögenswerte aus einem Verbrechen herrühren.</p><p>Hegen Finanzintermediäre einen einfachen Verdacht im Sinne von Artikel 305ter Absatz 2 des Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0), können sie diesen der MROS gestützt auf das Melderecht anzeigen.</p><p>Gemäss Artikel 6 Absatz 3 GwG gelten Geschäftsbeziehungen zu ausländischen politisch exponierten Personen in jedem Fall als erhöhtes Risiko.</p><p>Der Evaluationsbericht der Gafi empfiehlt der Schweiz, bestimmte Schwachstellen in ihrem Meldesystem zu verringern, beispielsweise indem Berater für Unternehmensgründungen dem GwG unterstellt werden, zumal die Verwendung von Sitzgesellschaften ein erhöhtes Geldwäschereirisiko darstellt. In ihrem Bericht zu Geldwäschereirisiken bei juristischen Personen weist die interdepartementale Koordinationsgruppe zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (KGGT) ebenfalls auf das erhöhte Risiko in Zusammenhang mit Sitzgesellschaften hin. Der Vorentwurf zur Änderung des GwG enthält Massnahmen, mit denen dieses Risiko gemindert werden soll, insbesondere indem Berater für Unternehmensgründungen dem GwG unterstellt werden. Der Entwurf ist derzeit bei den interessierten Kreisen in Vernehmlassung</p><p>(<a href="https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-70973.html">https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-70973.html</a>).</p><p>3. Die Finma und die Selbstregulierungsorganisationen überwachen die korrekte Anwendung der Meldepflicht. Bei Verletzung der Meldepflicht wird das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) tätig. Wer vorsätzlich die Meldepflicht verletzt, wird mit einer Busse bis zu 500 000 Franken bestraft. Wer fahrlässig handelt, wird mit einer Busse bis zu 150 000 Franken bestraft (Art. 37 GwG). In einem konkreten Fall obliegt es somit dem EFD zu entscheiden, ob eine Verletzung der Meldepflicht vorliegt. Eine Verletzung der Meldepflicht liegt indessen nicht nur dann vor, wenn ein Finanzintermediär es unterlassen hat, einen Verdacht zu melden, sondern auch, wenn ein Verdacht verspätet gemeldet wird. Zu Einzelfällen nimmt der Bundesrat nicht Stellung.</p><p>4. Der bereits erwähnte Vorentwurf zur Änderung des GwG sieht auch Anpassungen beim Schweizer Meldesystem vor. Hauptsächlich geht es darum, mit der Abschaffung des Melderechts die Einheitlichkeit der in den Antworten 1 und 2 angesprochenen Rechtsprechung hinsichtlich des Begriffs des "begründeten Verdachts" zu gewährleisten. Mit dieser Änderung soll das Konzept der Meldepflicht klarer ausgestaltet und einer Empfehlung entsprochen werden, welche die Gafi in dem im Dezember 2016 veröffentlichten Länderbericht zur Schweiz abgegeben hat. Abgesehen von diesem Punkt und davon, dass Berater für Unternehmensgründungen dem GwG unterstellt werden, trägt der Entwurf des Bundesrates auch den Beanstandungen der Gafi Rechnung, was Bargeschäfte beim Edelmetall- und Edelsteinhandel betrifft, und folgt der Empfehlung der Gafi, den Schwellenwert, ab dem die Sorgfaltspflicht gilt, von 100 000 Franken auf 15 000 Franken zu senken. Des Weiteren sind hinsichtlich der Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten und der Aktualisierung von Kundendaten Präzisierungen vorgenommen worden. Der Entwurf des Bundesrates berücksichtigt auch die Kritik der Gafi in Bezug auf den Eintrag ins Handelsregister von Vereinen, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, dass sie zur Terrorismusfinanzierung benutzt werden.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Im Mai 2008 gründete der in der Mongolei eben zum Finanzminister gewählte Bayartsogt Sangajav die Offshore-Firma Legend Plus Capital Ltd auf den British Virgin Islands und im Juli desselben Jahres eine weitere Offshore-Firma auf den Bahamas, die zu einem von ihm gegründeten Trust gehörte. Zwischen Juli und September eröffnete Bayartsogt Konten bei der Credit Suisse in Zürich. Am 30. September 2008 überwies ein Parlamentarier 8,2 Millionen Euro auf ein Nummernkonto von Bayartsogt und auf Konten seiner Offshore-Firmen. Gegenüber seiner Bank gab er an, es handle sich um Zahlungen an seine Minenpartner.</p><p>Am 19. März 2018 veröffentlichte das Schweizer Bundesstrafgericht zu diesem Fall ein Urteil. Es hält darin unter anderem fest: "Dass einem Minister eines ausländischen Staates unmittelbar nach Amtsantritt ein derart hoher Betrag überwiesen wird, ist von vornherein suspekt."</p><p>1. Warum erstattete die Credit Suisse der MROS nicht schon 2008 Verdachtsmeldungen, als Bayartsogt Finanzminister wurde und 8,2 Millionen Euro auf ein Nummernkonto und Konten seiner Offshore-Firmen flossen?</p><p>2. Warum erstattete die Credit Suisse gar 2013 immer noch keine Verdachtsmeldungen, als Bayartsogt nach den Enthüllungen von Offshore-Leaks die Rücküberweisungen von seinem Konto bei der Credit Suisse auf ein Konto des Parlamentariers tätigte?</p><p>3. Die Credit Suisse schickte ihre Verdachtsmeldung erst, als die "Sonntags-Zeitung" 2016 über eine Strafanzeige berichtete. Welche Konsequenzen hat dies für die Credit Suisse?</p><p>4. Wie wirkt sich dieses erneute Versagen des Schweizer Geldwäsche-Dispositivs auf die Reputation unseres Landes aus?</p>
  • Fall Bayartsogt. Warum erstattete die Credit Suisse der MROS keine Verdachtsmeldung?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1./2. Der Bundesrat äussert sich nicht zu konkreten Einzelfällen. Es kann aber festgehalten werden, dass die Finanzintermediäre bei ihren Aktivitäten die gebotene Sorgfalt walten lassen müssen. So müssen sie auf verdächtige Sachverhalte achten, die Hintergründe klären und gegebenenfalls ihren begründeten Verdacht nach Massgabe von Artikel 9 des Geldwäschereigesetzes (GwG; SR 955.0) der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) melden. Nach der Rechtsprechung des Bundesstrafgerichtes und des Bundesgerichtes gilt ein Verdacht als begründet, wenn die Vermutung nicht ausgeräumt werden kann, dass die infrage stehenden Vermögenswerte aus einem Verbrechen herrühren.</p><p>Hegen Finanzintermediäre einen einfachen Verdacht im Sinne von Artikel 305ter Absatz 2 des Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0), können sie diesen der MROS gestützt auf das Melderecht anzeigen.</p><p>Gemäss Artikel 6 Absatz 3 GwG gelten Geschäftsbeziehungen zu ausländischen politisch exponierten Personen in jedem Fall als erhöhtes Risiko.</p><p>Der Evaluationsbericht der Gafi empfiehlt der Schweiz, bestimmte Schwachstellen in ihrem Meldesystem zu verringern, beispielsweise indem Berater für Unternehmensgründungen dem GwG unterstellt werden, zumal die Verwendung von Sitzgesellschaften ein erhöhtes Geldwäschereirisiko darstellt. In ihrem Bericht zu Geldwäschereirisiken bei juristischen Personen weist die interdepartementale Koordinationsgruppe zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (KGGT) ebenfalls auf das erhöhte Risiko in Zusammenhang mit Sitzgesellschaften hin. Der Vorentwurf zur Änderung des GwG enthält Massnahmen, mit denen dieses Risiko gemindert werden soll, insbesondere indem Berater für Unternehmensgründungen dem GwG unterstellt werden. Der Entwurf ist derzeit bei den interessierten Kreisen in Vernehmlassung</p><p>(<a href="https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-70973.html">https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-70973.html</a>).</p><p>3. Die Finma und die Selbstregulierungsorganisationen überwachen die korrekte Anwendung der Meldepflicht. Bei Verletzung der Meldepflicht wird das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) tätig. Wer vorsätzlich die Meldepflicht verletzt, wird mit einer Busse bis zu 500 000 Franken bestraft. Wer fahrlässig handelt, wird mit einer Busse bis zu 150 000 Franken bestraft (Art. 37 GwG). In einem konkreten Fall obliegt es somit dem EFD zu entscheiden, ob eine Verletzung der Meldepflicht vorliegt. Eine Verletzung der Meldepflicht liegt indessen nicht nur dann vor, wenn ein Finanzintermediär es unterlassen hat, einen Verdacht zu melden, sondern auch, wenn ein Verdacht verspätet gemeldet wird. Zu Einzelfällen nimmt der Bundesrat nicht Stellung.</p><p>4. Der bereits erwähnte Vorentwurf zur Änderung des GwG sieht auch Anpassungen beim Schweizer Meldesystem vor. Hauptsächlich geht es darum, mit der Abschaffung des Melderechts die Einheitlichkeit der in den Antworten 1 und 2 angesprochenen Rechtsprechung hinsichtlich des Begriffs des "begründeten Verdachts" zu gewährleisten. Mit dieser Änderung soll das Konzept der Meldepflicht klarer ausgestaltet und einer Empfehlung entsprochen werden, welche die Gafi in dem im Dezember 2016 veröffentlichten Länderbericht zur Schweiz abgegeben hat. Abgesehen von diesem Punkt und davon, dass Berater für Unternehmensgründungen dem GwG unterstellt werden, trägt der Entwurf des Bundesrates auch den Beanstandungen der Gafi Rechnung, was Bargeschäfte beim Edelmetall- und Edelsteinhandel betrifft, und folgt der Empfehlung der Gafi, den Schwellenwert, ab dem die Sorgfaltspflicht gilt, von 100 000 Franken auf 15 000 Franken zu senken. Des Weiteren sind hinsichtlich der Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten und der Aktualisierung von Kundendaten Präzisierungen vorgenommen worden. Der Entwurf des Bundesrates berücksichtigt auch die Kritik der Gafi in Bezug auf den Eintrag ins Handelsregister von Vereinen, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, dass sie zur Terrorismusfinanzierung benutzt werden.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Im Mai 2008 gründete der in der Mongolei eben zum Finanzminister gewählte Bayartsogt Sangajav die Offshore-Firma Legend Plus Capital Ltd auf den British Virgin Islands und im Juli desselben Jahres eine weitere Offshore-Firma auf den Bahamas, die zu einem von ihm gegründeten Trust gehörte. Zwischen Juli und September eröffnete Bayartsogt Konten bei der Credit Suisse in Zürich. Am 30. September 2008 überwies ein Parlamentarier 8,2 Millionen Euro auf ein Nummernkonto von Bayartsogt und auf Konten seiner Offshore-Firmen. Gegenüber seiner Bank gab er an, es handle sich um Zahlungen an seine Minenpartner.</p><p>Am 19. März 2018 veröffentlichte das Schweizer Bundesstrafgericht zu diesem Fall ein Urteil. Es hält darin unter anderem fest: "Dass einem Minister eines ausländischen Staates unmittelbar nach Amtsantritt ein derart hoher Betrag überwiesen wird, ist von vornherein suspekt."</p><p>1. Warum erstattete die Credit Suisse der MROS nicht schon 2008 Verdachtsmeldungen, als Bayartsogt Finanzminister wurde und 8,2 Millionen Euro auf ein Nummernkonto und Konten seiner Offshore-Firmen flossen?</p><p>2. Warum erstattete die Credit Suisse gar 2013 immer noch keine Verdachtsmeldungen, als Bayartsogt nach den Enthüllungen von Offshore-Leaks die Rücküberweisungen von seinem Konto bei der Credit Suisse auf ein Konto des Parlamentariers tätigte?</p><p>3. Die Credit Suisse schickte ihre Verdachtsmeldung erst, als die "Sonntags-Zeitung" 2016 über eine Strafanzeige berichtete. Welche Konsequenzen hat dies für die Credit Suisse?</p><p>4. Wie wirkt sich dieses erneute Versagen des Schweizer Geldwäsche-Dispositivs auf die Reputation unseres Landes aus?</p>
    • Fall Bayartsogt. Warum erstattete die Credit Suisse der MROS keine Verdachtsmeldung?

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