Komplementär- und Phytoarzneimittel in der Spezialitätenliste erhalten

ShortId
18.3730
Id
20183730
Updated
28.07.2023 03:31
Language
de
Title
Komplementär- und Phytoarzneimittel in der Spezialitätenliste erhalten
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Eine Kernforderung des Verfassungsartikels 118a, "Komplementärmedizin", ist es, die Vielfalt an Komplementär- und Phytoarzneimitteln (KPA) zu erhalten. Diese ist eine Voraussetzung, damit die Patientinnen und Patienten individuell, schonend und ganzheitlich behandelt werden können. Dem Verfassungsartikel wurde in der 2. HMG-Revision Rechnung getragen, indem neue vereinfachte Zulassungskategorien für KPA geschaffen wurden.</p><p>Demgegenüber wurden die Zulassungskriterien für eine Aufnahme von KPA in die Spezialitätenliste auf Stufe Verordnung trotz entsprechender Vernehmlassungseingaben nicht festgelegt. Diesbezüglich besteht Rechtsunsicherheit. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat die Aufnahmepraxis mehrfach verändert, ohne die Verordnungen anzupassen. Unklar ist, wie der therapeutische Quervergleich für KPA zu erbringen ist. So wurden KPA mit und ohne Indikation teilweise mit chemischen Wirkstoffen verglichen, obwohl sich diese vom Wirkprinzip her nicht vergleichen lassen. </p><p>Die Zulassungskriterien wurden im sogenannten Handbuch festgelegt. Problematisch ist, dass das BAG das Handbuch nicht systematisch anwendet. Vonseiten des BAG wurde bestätigt, dass die Mitglieder der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) wenig Expertise in Sachen KPA aufweisen, teilweise gar Vorurteile hegen. Dies verunmöglicht eine sachliche, wissenschaftliche Diskussion in der EAK.</p><p>Das BAG bestätigt, dass gemäss dem Verfassungsartikel 118a "sowohl ärztliche komplementärmedizinische Leistungen wie auch die mit der Therapie verbundenen komplementärmedizinische Arzneimittel von der sozialen Krankenversicherung übernommen werden". Das EDI soll Massnahmen ergreifen, damit zugelassene KPA in der Spezialitätenliste zu angemessenen Preisen vergütet werden. Eine Möglichkeit wäre, die Spezialitätenliste-Seite 70.01 analog Migel zu definieren und somit Zuzahlungen möglichzumachen. Zu lösen ist auch die Frage, wer die Vertriebskosten homöopathischer Einzelmittel übernehmen muss. Diese werden heute oft den Zulassungsinhaberinnen aufgebürdet, womit ein Defizit entsteht.</p>
  • <p>1. Damit Arzneimittel vergütet werden können, müssen diese wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Diese Anforderung hinsichtlich Aufnahme in die Spezialitätenliste und für die periodische Überprüfung gilt sowohl für schulmedizinische als auch für komplementärmedizinische Arzneimittel. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien wird derzeit eine Vielzahl komplementärmedizinischer Arzneimittel in der Spezialitätenliste geführt und von den Krankenversicherern vergütet. Sowohl die krankenversicherungsrechtlichen Verordnungsbestimmungen als auch das Handbuch betreffend die Spezialitätenliste berücksichtigen die Besonderheiten der komplementärmedizinischen Arzneimittel. Der Bundesrat wird nach der definitiven Anpassung der heilmittelrechtlichen Verordnungsbestimmungen prüfen, ob und welcher Anpassungsbedarf bei den krankenversicherungsrechtlichen Verordnungsbestimmungen besteht. Einen Sonderstatus wird der Bundesrat den komplementärmedizinischen Arzneimitteln jedoch unter Berücksichtigung des Gleichheitsgebots nach Artikel 8 Absatz 1 der Bundesverfassung nicht zugestehen können.</p><p>2. Der Bundesrat hat im Jahr 2012 entschieden, den Ausschuss Komplementärmedizin bestehend aus einem Arzt und einer Apothekerin der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) abzuschaffen und komplementärmedizinische Arzneimittel der Gesamtkommission vorzulegen. Dies hat zu einer besseren Qualität der Beurteilung und Empfehlung geführt, da auch andere Mitglieder der Kommission ihre Expertenmeinung beisteuern können. Nach wie vor berücksichtigt der Bundesrat nach Artikel 37e Absatz 2 der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102), dass jeweils eine der drei Personen, die die Ärzteschaft und Apothekerschaft vertreten, einen komplementärmedizinischen Hintergrund aufweist. Die Verbände werden eingeladen, entsprechende Personen zur Wahl zu stellen. Es besteht somit kein Bedarf einer Anpassung.</p><p>3. Der Bundesrat beurteilt die Vielfalt zugelassener und vergüteter komplementärmedizinischer Arzneimittel als gegeben. Die Entwicklung in den letzten Jahren zeigt, dass die Verbreitung und Vergütung von komplementärmedizinischen Arzneimitteln zugenommen haben.</p><p>So hat Swissmedic über 11 000 homöopathische und anthroposophische Arzneimittel ohne Indikation und fast 2000 komplementärmedizinische Arzneimittel mit Indikation zugelassen. Die Anzahl der über Kapitel 70.01 vergüteten Arzneimittel ohne Indikation ist in den letzten Jahren sehr stark angestiegen. Im Jahr 2008 wurde für diese Arzneimittelgruppe zudem eine Preiserhöhung gewährt. Im Jahr 2017 betrug der vergütete Umsatz komplementärmedizinischer Arzneimittel mit Indikation knapp über 100 Millionen Franken. Der zusätzliche Umsatz der über Kapitel 70.01 vergüteten Arzneimittel wird auf etwa 50 Millionen Franken geschätzt. Der Schweizerische Verband für komplementärmedizinische Heilmittel (SVKH) beziffert den Umsatz seiner Mitglieder auf 260 Millionen Franken. Somit wird ein beträchtlicher Anteil der in der Schweiz vertriebenen komplementärmedizinischen Arzneimittel vergütet. </p><p>Einen möglichen Anpassungsbedarf sieht der Bundesrat in der Vergütung von magistraliter hergestellten komplementärmedizinischen Arzneimitteln nach Kapitel 70.01 der Spezialitätenliste. Der Bundesrat wird eine diesbezügliche Anpassung prüfen. </p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>1. Welche Massnahmen trifft der Bundesrat, um die Zulassung von Komplementär- und Phytoarzneimitteln in der Spezialitätenliste auf Stufe Verordnung verbindlich festzulegen?</p><p>2. Wäre es angezeigt, den früheren Ausschuss Komplementärmedizin wieder einzusetzen?</p><p>3. Welche weiteren Massnahmen braucht es, um den Verfassungsauftrag (Erhalt der Vielfalt an Komplementär- und Phytoarzneimitteln) umzusetzen?</p>
  • Komplementär- und Phytoarzneimittel in der Spezialitätenliste erhalten
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Eine Kernforderung des Verfassungsartikels 118a, "Komplementärmedizin", ist es, die Vielfalt an Komplementär- und Phytoarzneimitteln (KPA) zu erhalten. Diese ist eine Voraussetzung, damit die Patientinnen und Patienten individuell, schonend und ganzheitlich behandelt werden können. Dem Verfassungsartikel wurde in der 2. HMG-Revision Rechnung getragen, indem neue vereinfachte Zulassungskategorien für KPA geschaffen wurden.</p><p>Demgegenüber wurden die Zulassungskriterien für eine Aufnahme von KPA in die Spezialitätenliste auf Stufe Verordnung trotz entsprechender Vernehmlassungseingaben nicht festgelegt. Diesbezüglich besteht Rechtsunsicherheit. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat die Aufnahmepraxis mehrfach verändert, ohne die Verordnungen anzupassen. Unklar ist, wie der therapeutische Quervergleich für KPA zu erbringen ist. So wurden KPA mit und ohne Indikation teilweise mit chemischen Wirkstoffen verglichen, obwohl sich diese vom Wirkprinzip her nicht vergleichen lassen. </p><p>Die Zulassungskriterien wurden im sogenannten Handbuch festgelegt. Problematisch ist, dass das BAG das Handbuch nicht systematisch anwendet. Vonseiten des BAG wurde bestätigt, dass die Mitglieder der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) wenig Expertise in Sachen KPA aufweisen, teilweise gar Vorurteile hegen. Dies verunmöglicht eine sachliche, wissenschaftliche Diskussion in der EAK.</p><p>Das BAG bestätigt, dass gemäss dem Verfassungsartikel 118a "sowohl ärztliche komplementärmedizinische Leistungen wie auch die mit der Therapie verbundenen komplementärmedizinische Arzneimittel von der sozialen Krankenversicherung übernommen werden". Das EDI soll Massnahmen ergreifen, damit zugelassene KPA in der Spezialitätenliste zu angemessenen Preisen vergütet werden. Eine Möglichkeit wäre, die Spezialitätenliste-Seite 70.01 analog Migel zu definieren und somit Zuzahlungen möglichzumachen. Zu lösen ist auch die Frage, wer die Vertriebskosten homöopathischer Einzelmittel übernehmen muss. Diese werden heute oft den Zulassungsinhaberinnen aufgebürdet, womit ein Defizit entsteht.</p>
    • <p>1. Damit Arzneimittel vergütet werden können, müssen diese wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Diese Anforderung hinsichtlich Aufnahme in die Spezialitätenliste und für die periodische Überprüfung gilt sowohl für schulmedizinische als auch für komplementärmedizinische Arzneimittel. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien wird derzeit eine Vielzahl komplementärmedizinischer Arzneimittel in der Spezialitätenliste geführt und von den Krankenversicherern vergütet. Sowohl die krankenversicherungsrechtlichen Verordnungsbestimmungen als auch das Handbuch betreffend die Spezialitätenliste berücksichtigen die Besonderheiten der komplementärmedizinischen Arzneimittel. Der Bundesrat wird nach der definitiven Anpassung der heilmittelrechtlichen Verordnungsbestimmungen prüfen, ob und welcher Anpassungsbedarf bei den krankenversicherungsrechtlichen Verordnungsbestimmungen besteht. Einen Sonderstatus wird der Bundesrat den komplementärmedizinischen Arzneimitteln jedoch unter Berücksichtigung des Gleichheitsgebots nach Artikel 8 Absatz 1 der Bundesverfassung nicht zugestehen können.</p><p>2. Der Bundesrat hat im Jahr 2012 entschieden, den Ausschuss Komplementärmedizin bestehend aus einem Arzt und einer Apothekerin der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) abzuschaffen und komplementärmedizinische Arzneimittel der Gesamtkommission vorzulegen. Dies hat zu einer besseren Qualität der Beurteilung und Empfehlung geführt, da auch andere Mitglieder der Kommission ihre Expertenmeinung beisteuern können. Nach wie vor berücksichtigt der Bundesrat nach Artikel 37e Absatz 2 der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102), dass jeweils eine der drei Personen, die die Ärzteschaft und Apothekerschaft vertreten, einen komplementärmedizinischen Hintergrund aufweist. Die Verbände werden eingeladen, entsprechende Personen zur Wahl zu stellen. Es besteht somit kein Bedarf einer Anpassung.</p><p>3. Der Bundesrat beurteilt die Vielfalt zugelassener und vergüteter komplementärmedizinischer Arzneimittel als gegeben. Die Entwicklung in den letzten Jahren zeigt, dass die Verbreitung und Vergütung von komplementärmedizinischen Arzneimitteln zugenommen haben.</p><p>So hat Swissmedic über 11 000 homöopathische und anthroposophische Arzneimittel ohne Indikation und fast 2000 komplementärmedizinische Arzneimittel mit Indikation zugelassen. Die Anzahl der über Kapitel 70.01 vergüteten Arzneimittel ohne Indikation ist in den letzten Jahren sehr stark angestiegen. Im Jahr 2008 wurde für diese Arzneimittelgruppe zudem eine Preiserhöhung gewährt. Im Jahr 2017 betrug der vergütete Umsatz komplementärmedizinischer Arzneimittel mit Indikation knapp über 100 Millionen Franken. Der zusätzliche Umsatz der über Kapitel 70.01 vergüteten Arzneimittel wird auf etwa 50 Millionen Franken geschätzt. Der Schweizerische Verband für komplementärmedizinische Heilmittel (SVKH) beziffert den Umsatz seiner Mitglieder auf 260 Millionen Franken. Somit wird ein beträchtlicher Anteil der in der Schweiz vertriebenen komplementärmedizinischen Arzneimittel vergütet. </p><p>Einen möglichen Anpassungsbedarf sieht der Bundesrat in der Vergütung von magistraliter hergestellten komplementärmedizinischen Arzneimitteln nach Kapitel 70.01 der Spezialitätenliste. Der Bundesrat wird eine diesbezügliche Anpassung prüfen. </p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>1. Welche Massnahmen trifft der Bundesrat, um die Zulassung von Komplementär- und Phytoarzneimitteln in der Spezialitätenliste auf Stufe Verordnung verbindlich festzulegen?</p><p>2. Wäre es angezeigt, den früheren Ausschuss Komplementärmedizin wieder einzusetzen?</p><p>3. Welche weiteren Massnahmen braucht es, um den Verfassungsauftrag (Erhalt der Vielfalt an Komplementär- und Phytoarzneimitteln) umzusetzen?</p>
    • Komplementär- und Phytoarzneimittel in der Spezialitätenliste erhalten

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