Offene Fragen zur Rüstungsindustrie

ShortId
18.3733
Id
20183733
Updated
28.07.2023 03:23
Language
de
Title
Offene Fragen zur Rüstungsindustrie
AdditionalIndexing
15;09
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. Die Armee und andere Institutionen staatlicher Sicherheit sind auf das Vorhandensein von Wissen und Fähigkeiten im sicherheits- und wehrtechnischen Bereich in der Schweiz angewiesen, um insbesondere im Fall schwerwiegender politisch-militärischer Krisen rüstungstechnisch nicht vollständig vom Ausland abhängig zu sein. Ausländische Rüstungsindustrien müssten in einer Krisensituation in erster Priorität die Bedürfnisse ihres Heimstaates und seiner Verbündeten erfüllen. Den Bedürfnissen eines neutralen Staates würde aus nachvollziehbaren Gründen weniger Bedeutung zugemessen. Da die Schweiz als neutraler Staat, der keiner Verteidigungsallianz angehört, keinen Rechtsanspruch auf militärische Unterstützung durch andere Staaten hat, ist eine leistungsfähige technologische und industrielle Basis von besonderer Bedeutung.</p><p>Mittlerweile ist wehrtechnische Autarkie für fast alle Staaten unerreichbar geworden. Aber auch ohne Autarkie anzustreben, stärkt eine einheimische Rüstungsindustrie die nationale Sicherheit. Erstens sinkt mit dem Ausmass an Selbstversorgung der Grad, zu dem die Schweiz im Krisenfall auf andere Staaten und ausländische Unternehmen angewiesen wäre. Zweitens stärkt eine einheimische wehrtechnische Industrie die Handlungsfreiheit der Schweiz dadurch, dass sie zu einem gewissen Grad eine einseitige Abhängigkeit durch gegenseitige Abhängigkeiten ersetzt. Diese Überlegungen stehen hinter dem Passus in Artikel 1 KMG, wonach die Schweiz eine an die Bedürfnisse ihrer Landesverteidigung angepasste industrielle Kapazität aufrechterhalten können soll, soweit die internationalen Verpflichtungen der Schweiz erfüllt und ihre aussenpolitischen Grundsätze gewahrt sind. Eine einheimische wehrtechnische Industrie ist zudem auch für normale, nicht auf Krisen bezogene Zwecke nützlich. Vertiefte rüstungstechnische Kenntnisse und Fähigkeiten in der Schweiz tragen dazu bei, Bedeutung und Nutzen neuer Technologien für die Sicherheitsbedürfnisse unseres Landes zu beurteilen. Zudem wird so Systemwissen im Inland erhalten. Dieses Wissen wird in der Betreuungsphase benötigt, die während der in unserem Land besonders langen Nutzungszeit besteht und im Rahmen der Entwicklung von Kampfwerterhaltungs- und Kampfwertsteigerungsprogrammen der Waffensysteme zum Tragen kommt. Der Verlust von sicherheitstechnischem Know-how würde sich auch bei der Abwicklung von Beschaffungsvorhaben, bei der Ausbildung, der Bereitstellung und beim Unterhalt von Rüstungsmaterial bemerkbar machen, und es müssten dazu vermehrt ausländische Spezialisten beigezogen werden.</p><p>Weil eine völlige rüstungstechnische Unabhängigkeit vom Ausland für die Schweiz kein realistisches Ziel ist, steht die Beherrschung ausgewählter Technologien im Vordergrund, die für die nationale Sicherheit zentral sind.</p><p>Ebenso müssen in der Schweiz zur Unterstützung einer einsatzfähigen Armee industrielle Kernfähigkeiten und Kapazitäten vorhanden sein, damit die Industrie wesentliche Leistungen in Form von Betrieb, Instandhaltung, Werterhalt und Wertsteigerung für die Einsatz- und Durchhaltefähigkeit der Armeesysteme erbringen kann.</p><p>Die Förderung dieser heimischen sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (Stib) und speziell der sicherheitsrelevanten Schwerpunkttechnologien lässt sich über verschiedene Instrumente beeinflussen: Beschaffung im Inland, Offsetgeschäfte, internationale Kooperation, anwendungsorientierte Forschung, Innovationsförderung, Informationsaustausch mit der Industrie und Exportkontrollpolitik.</p><p>Eine leistungsfähige Stib erfordert wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, welche es den Unternehmen ermöglichen, auch international konkurrenzfähige Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Der Bund schafft mit seiner Gesetzgebung und Bewilligungspraxis im Bereich der Exporte von Kriegsmaterial sowie Dual-Use- und besonderen militärischen Gütern unter Abwägung völkerrechtlicher sowie aussen- und neutralitätspolitischer Aspekte wesentliche Voraussetzungen dazu.</p><p>Nachdem die Kriegsmaterialverordnung (KMV) in den letzten zehn Jahren im Ergebnis verschärft wurde, insbesondere durch die Einführung von Ausschlusskriterien, hat sich nach mehreren Jahren Erfahrung gezeigt, dass die eingeführten Bestimmungen punktuell angepasst werden müssen, wenn das ebenfalls im Gesetz verankerte sicherheitspolitische Ziel mittel- bis langfristig nicht beeinträchtigt werden soll. Diese Erkenntnis war bereits der Auslöser für die Anpassung 2014 auf der Grundlage der Motion 13.3662. Vor demselben Hintergrund und auf der Grundlage der Initiative der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates sowie einer Analyse der Situation der Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie hat sich der Bundesrat für eine Anpassung der KMV entschieden.</p><p>Welche konkreten Massnahmen zugunsten des Erhalts der industriellen Kapazität im Einzelfall zu treffen sind, lässt sich nicht abstrakt beurteilen. Die Beurteilung hat aber im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller einander gegenüberstehenden Interessen zu erfolgen. Es ist deshalb im Einzelfall abzuwägen, ob eine Verordnungsanpassung geeignet und zweckmässig ist und welche weiteren Konsequenzen damit verbunden sind. Grundsätzlich kann aber festgehalten werden, dass der Bundesrat keine weiteren Verordnungsanpassungen plant. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass sich die Förderung der heimischen Sicherheits- und Technologiebasis und speziell der sicherheitsrelevanten Schwerpunkttechnologien, wie bereits weiter oben ausgeführt, auch über weitere Instrumente beeinflussen lässt, welche ebenfalls bereits eingesetzt werden.</p><p>2. Jedes Ausfuhrgesuch muss alle Bewilligungsvoraussetzungen des KMG und Bewilligungskriterien der KMV erfüllen. Namentlich soll die Aufrechterhaltung des Friedens, der internationalen Sicherheit und der regionalen Stabilität geprüft werden. Steht eine Kriegsmaterialausfuhr in eine Krisenregion dem sicherheitspolitischen Interesse der Schweiz entgegen, muss davon ausgegangen werden, dass sie den Frieden, die internationale Sicherheit oder die regionale Stabilität beeinträchtigen würde und deshalb abzulehnen wäre. Auch nach der vom Bundesrat vorgesehenen Verordnungsanpassung muss dieses Ablehnungskriterium bei der Prüfung berücksichtigt werden - ungeachtet, ob das Bestimmungsland in einen internen bewaffneten Konflikt auf seinem Territorium verwickelt ist oder nicht. Bei einem internationalen bewaffneten Konflikt wäre die Ablehnung zwingend. Letztlich dürfte in solch einem Fall auch die vom Bundesrat vorgesehene Ausnahmeregelung nicht anwendbar sein.</p><p>Die Bewilligungskriterien in Artikel 5 KMV tragen einem sicherheitspolitischen Risiko für die Schweiz umfassend und mehrstufig Rechnung. Dies wird auch nach der vom Bundesrat vorgesehenen Verordnungsanpassung so bleiben.</p><p>3. Zum Inlandabsatz der Schweizer Rüstungsindustrie bestehen keine konsolidierten Zahlen. Näherungsweise können aber Angaben dazu gemacht werden. In den vergangenen fünf Jahren wurden über Armasuisse Rüstungsgüter in der Form von Material und Dienstleistungen für durchschnittlich 1,3 Milliarden Franken pro Jahr bei inländischen Unternehmen nachgefragt. Damit betrug der Inlandanteil der Investitionsausgaben der Armee durchschnittlich 75 Prozent pro Jahr.</p><p>Die Aufrechterhaltung einer industriellen Kapazität erfordert eine minimale Kontinuität des Bedarfs in den jeweiligen Produktekategorien. Diese Kontinuität kann nicht alleine durch die Schweizer Armee garantiert werden, da zwischen der Beschaffung einzelner Rüstungsgüter und deren Ersatz durch Neubeschaffungen oft 10 bis 20 Jahre liegen. Aus diesem Grund ist neben dem Inlandabsatz vor allem die Möglichkeit des Exports ins Ausland von zentraler Bedeutung, weil für private Unternehmen nur ein ausreichender Absatz genügend Anreize bietet, um die sicherheitsrelevanten Fähigkeiten und Kapazitäten, die für Entwicklung und Produktion wehrtechnischer Güter und Dienstleistungen benötigt werden, dauerhaft im Inland bereitzustellen.</p><p>Um sowohl Quantität als auch Qualität sicherheitsrelevanter wehrtechnischer Fähigkeiten im Inland beeinflussen zu können, sind jedoch weitere Massnahmen erforderlich, wie sie in den Grundsätzen des Bundesrates zur Rüstungspolitik des VBS enthalten sind.</p><p>4. Industrielle Kernfähigkeiten und Kapazitäten im sicherheits- und wehrtechnischen Bereich sind in der Schweiz erforderlich für die Aufrechterhaltung der Einsatz- und Durchhaltefähigkeit der Armee, um auch im Krisenfall einen gewissen Grad an Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Aus diesem Grund benötigt die Schweiz eine Industrie, die in der Lage ist, eine möglichst breite Palette wehrtechnisch relevanter Leistungen zugunsten unserer Armee anzubieten.</p><p>Leistungen im Bereich der Minenräumung können Teil dieses Leistungsangebots sein. Eine industrielle Kapazität alleine im Bereich der Minenräumung stellt aber keine hinreichende Bedingung für die Bedürfnisse der Landesverteidigung dar. Eine Koordination der Zusammenarbeit der Rüstungsindustrie mit der Stiftung Digger durch den Bund gibt es nicht.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Bundesrat hat am 29. August 2018 zur Interpellation 18.3396 Stellung genommen, welche die BDP-Fraktion am 28. Mai 2018 eingereicht hatte. Die Ausführungen des Bundesrates werfen mehr zusätzliche Fragen auf, als sie beantworten. Wir bitten den Bundesrat deshalb um die Beantwortung folgender weiterer Fragen:</p><p>1. Gemäss Bundesrat zielt der Zweckartikel des Kriegsmaterialgesetzes auf Rahmenbedingungen ab, die unter der heutigen Bewilligungspraxis für Kriegsmaterialexporte infrage gestellt seien. Als Massnahme schlägt der Bundesrat folglich eine Lockerung der Kriegsmaterialexporte vor. Was wird der Bundesrat aber tun, falls sich die besagten Rahmenbedingungen mittelfristig erneut verschlechtern? Würde er wiederum die Kriegsmaterialexporte lockern?</p><p>2. Wenn gemäss Bundesrat die Wettbewerbsfähigkeit unserer Rüstungsindustrie im sicherheitspolitischen Interesse ist, können dann nicht gerade Exporte in Bürgerkriegsländer ebendiesem sicherheitspolitischen Interesse zuwiderlaufen?</p><p>3. Wie hoch ist die Inlandnachfrage, die gemäss Bundesrat zu gering ist für die Existenz der Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie? Wie hoch ist der Anteil der schweizerischen Landesverteidigung bzw. der Schweizer Armee, welcher bei der einheimischen Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie eingekauft wird? Wie kann das Aufrechterhalten einer industriellen Kapazität eine "gewisse Autonomie und möglichst gute Versorgungssicherheit" erhalten, wenn gleichzeitig die Inlandnachfrage zu gering ist?</p><p>4. Auf die Frage nach einer zukunftsfähigen Standortstrategie antwortet der Bundesrat, dass er keine Deindustrialisierung in Betracht ziehen wolle. Warum hält er dies für die einzige Option? Wären nicht vielmehr strategische Anpassungen angebracht, welche die Industrie stärken und Know-how aufrechterhalten? Warum unterstützt der Bundesrat nicht eine Förderung der industriellen Kapazitäten in Bereichen wie beispielsweise der Minenräumung? Wären nicht solche Bereiche prädestiniert für eine innovative und wettbewerbsfähige Rüstungsindustrie in einem neutralen Land? Koordiniert der Bundesrat beispielsweise eine Zusammenarbeit der einheimischen Rüstungsindustrie mit der Stiftung Digger, die unter anderem auch von der Deza unterstützt wird?</p>
  • Offene Fragen zur Rüstungsindustrie
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. Die Armee und andere Institutionen staatlicher Sicherheit sind auf das Vorhandensein von Wissen und Fähigkeiten im sicherheits- und wehrtechnischen Bereich in der Schweiz angewiesen, um insbesondere im Fall schwerwiegender politisch-militärischer Krisen rüstungstechnisch nicht vollständig vom Ausland abhängig zu sein. Ausländische Rüstungsindustrien müssten in einer Krisensituation in erster Priorität die Bedürfnisse ihres Heimstaates und seiner Verbündeten erfüllen. Den Bedürfnissen eines neutralen Staates würde aus nachvollziehbaren Gründen weniger Bedeutung zugemessen. Da die Schweiz als neutraler Staat, der keiner Verteidigungsallianz angehört, keinen Rechtsanspruch auf militärische Unterstützung durch andere Staaten hat, ist eine leistungsfähige technologische und industrielle Basis von besonderer Bedeutung.</p><p>Mittlerweile ist wehrtechnische Autarkie für fast alle Staaten unerreichbar geworden. Aber auch ohne Autarkie anzustreben, stärkt eine einheimische Rüstungsindustrie die nationale Sicherheit. Erstens sinkt mit dem Ausmass an Selbstversorgung der Grad, zu dem die Schweiz im Krisenfall auf andere Staaten und ausländische Unternehmen angewiesen wäre. Zweitens stärkt eine einheimische wehrtechnische Industrie die Handlungsfreiheit der Schweiz dadurch, dass sie zu einem gewissen Grad eine einseitige Abhängigkeit durch gegenseitige Abhängigkeiten ersetzt. Diese Überlegungen stehen hinter dem Passus in Artikel 1 KMG, wonach die Schweiz eine an die Bedürfnisse ihrer Landesverteidigung angepasste industrielle Kapazität aufrechterhalten können soll, soweit die internationalen Verpflichtungen der Schweiz erfüllt und ihre aussenpolitischen Grundsätze gewahrt sind. Eine einheimische wehrtechnische Industrie ist zudem auch für normale, nicht auf Krisen bezogene Zwecke nützlich. Vertiefte rüstungstechnische Kenntnisse und Fähigkeiten in der Schweiz tragen dazu bei, Bedeutung und Nutzen neuer Technologien für die Sicherheitsbedürfnisse unseres Landes zu beurteilen. Zudem wird so Systemwissen im Inland erhalten. Dieses Wissen wird in der Betreuungsphase benötigt, die während der in unserem Land besonders langen Nutzungszeit besteht und im Rahmen der Entwicklung von Kampfwerterhaltungs- und Kampfwertsteigerungsprogrammen der Waffensysteme zum Tragen kommt. Der Verlust von sicherheitstechnischem Know-how würde sich auch bei der Abwicklung von Beschaffungsvorhaben, bei der Ausbildung, der Bereitstellung und beim Unterhalt von Rüstungsmaterial bemerkbar machen, und es müssten dazu vermehrt ausländische Spezialisten beigezogen werden.</p><p>Weil eine völlige rüstungstechnische Unabhängigkeit vom Ausland für die Schweiz kein realistisches Ziel ist, steht die Beherrschung ausgewählter Technologien im Vordergrund, die für die nationale Sicherheit zentral sind.</p><p>Ebenso müssen in der Schweiz zur Unterstützung einer einsatzfähigen Armee industrielle Kernfähigkeiten und Kapazitäten vorhanden sein, damit die Industrie wesentliche Leistungen in Form von Betrieb, Instandhaltung, Werterhalt und Wertsteigerung für die Einsatz- und Durchhaltefähigkeit der Armeesysteme erbringen kann.</p><p>Die Förderung dieser heimischen sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (Stib) und speziell der sicherheitsrelevanten Schwerpunkttechnologien lässt sich über verschiedene Instrumente beeinflussen: Beschaffung im Inland, Offsetgeschäfte, internationale Kooperation, anwendungsorientierte Forschung, Innovationsförderung, Informationsaustausch mit der Industrie und Exportkontrollpolitik.</p><p>Eine leistungsfähige Stib erfordert wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, welche es den Unternehmen ermöglichen, auch international konkurrenzfähige Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Der Bund schafft mit seiner Gesetzgebung und Bewilligungspraxis im Bereich der Exporte von Kriegsmaterial sowie Dual-Use- und besonderen militärischen Gütern unter Abwägung völkerrechtlicher sowie aussen- und neutralitätspolitischer Aspekte wesentliche Voraussetzungen dazu.</p><p>Nachdem die Kriegsmaterialverordnung (KMV) in den letzten zehn Jahren im Ergebnis verschärft wurde, insbesondere durch die Einführung von Ausschlusskriterien, hat sich nach mehreren Jahren Erfahrung gezeigt, dass die eingeführten Bestimmungen punktuell angepasst werden müssen, wenn das ebenfalls im Gesetz verankerte sicherheitspolitische Ziel mittel- bis langfristig nicht beeinträchtigt werden soll. Diese Erkenntnis war bereits der Auslöser für die Anpassung 2014 auf der Grundlage der Motion 13.3662. Vor demselben Hintergrund und auf der Grundlage der Initiative der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates sowie einer Analyse der Situation der Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie hat sich der Bundesrat für eine Anpassung der KMV entschieden.</p><p>Welche konkreten Massnahmen zugunsten des Erhalts der industriellen Kapazität im Einzelfall zu treffen sind, lässt sich nicht abstrakt beurteilen. Die Beurteilung hat aber im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller einander gegenüberstehenden Interessen zu erfolgen. Es ist deshalb im Einzelfall abzuwägen, ob eine Verordnungsanpassung geeignet und zweckmässig ist und welche weiteren Konsequenzen damit verbunden sind. Grundsätzlich kann aber festgehalten werden, dass der Bundesrat keine weiteren Verordnungsanpassungen plant. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass sich die Förderung der heimischen Sicherheits- und Technologiebasis und speziell der sicherheitsrelevanten Schwerpunkttechnologien, wie bereits weiter oben ausgeführt, auch über weitere Instrumente beeinflussen lässt, welche ebenfalls bereits eingesetzt werden.</p><p>2. Jedes Ausfuhrgesuch muss alle Bewilligungsvoraussetzungen des KMG und Bewilligungskriterien der KMV erfüllen. Namentlich soll die Aufrechterhaltung des Friedens, der internationalen Sicherheit und der regionalen Stabilität geprüft werden. Steht eine Kriegsmaterialausfuhr in eine Krisenregion dem sicherheitspolitischen Interesse der Schweiz entgegen, muss davon ausgegangen werden, dass sie den Frieden, die internationale Sicherheit oder die regionale Stabilität beeinträchtigen würde und deshalb abzulehnen wäre. Auch nach der vom Bundesrat vorgesehenen Verordnungsanpassung muss dieses Ablehnungskriterium bei der Prüfung berücksichtigt werden - ungeachtet, ob das Bestimmungsland in einen internen bewaffneten Konflikt auf seinem Territorium verwickelt ist oder nicht. Bei einem internationalen bewaffneten Konflikt wäre die Ablehnung zwingend. Letztlich dürfte in solch einem Fall auch die vom Bundesrat vorgesehene Ausnahmeregelung nicht anwendbar sein.</p><p>Die Bewilligungskriterien in Artikel 5 KMV tragen einem sicherheitspolitischen Risiko für die Schweiz umfassend und mehrstufig Rechnung. Dies wird auch nach der vom Bundesrat vorgesehenen Verordnungsanpassung so bleiben.</p><p>3. Zum Inlandabsatz der Schweizer Rüstungsindustrie bestehen keine konsolidierten Zahlen. Näherungsweise können aber Angaben dazu gemacht werden. In den vergangenen fünf Jahren wurden über Armasuisse Rüstungsgüter in der Form von Material und Dienstleistungen für durchschnittlich 1,3 Milliarden Franken pro Jahr bei inländischen Unternehmen nachgefragt. Damit betrug der Inlandanteil der Investitionsausgaben der Armee durchschnittlich 75 Prozent pro Jahr.</p><p>Die Aufrechterhaltung einer industriellen Kapazität erfordert eine minimale Kontinuität des Bedarfs in den jeweiligen Produktekategorien. Diese Kontinuität kann nicht alleine durch die Schweizer Armee garantiert werden, da zwischen der Beschaffung einzelner Rüstungsgüter und deren Ersatz durch Neubeschaffungen oft 10 bis 20 Jahre liegen. Aus diesem Grund ist neben dem Inlandabsatz vor allem die Möglichkeit des Exports ins Ausland von zentraler Bedeutung, weil für private Unternehmen nur ein ausreichender Absatz genügend Anreize bietet, um die sicherheitsrelevanten Fähigkeiten und Kapazitäten, die für Entwicklung und Produktion wehrtechnischer Güter und Dienstleistungen benötigt werden, dauerhaft im Inland bereitzustellen.</p><p>Um sowohl Quantität als auch Qualität sicherheitsrelevanter wehrtechnischer Fähigkeiten im Inland beeinflussen zu können, sind jedoch weitere Massnahmen erforderlich, wie sie in den Grundsätzen des Bundesrates zur Rüstungspolitik des VBS enthalten sind.</p><p>4. Industrielle Kernfähigkeiten und Kapazitäten im sicherheits- und wehrtechnischen Bereich sind in der Schweiz erforderlich für die Aufrechterhaltung der Einsatz- und Durchhaltefähigkeit der Armee, um auch im Krisenfall einen gewissen Grad an Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Aus diesem Grund benötigt die Schweiz eine Industrie, die in der Lage ist, eine möglichst breite Palette wehrtechnisch relevanter Leistungen zugunsten unserer Armee anzubieten.</p><p>Leistungen im Bereich der Minenräumung können Teil dieses Leistungsangebots sein. Eine industrielle Kapazität alleine im Bereich der Minenräumung stellt aber keine hinreichende Bedingung für die Bedürfnisse der Landesverteidigung dar. Eine Koordination der Zusammenarbeit der Rüstungsindustrie mit der Stiftung Digger durch den Bund gibt es nicht.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Bundesrat hat am 29. August 2018 zur Interpellation 18.3396 Stellung genommen, welche die BDP-Fraktion am 28. Mai 2018 eingereicht hatte. Die Ausführungen des Bundesrates werfen mehr zusätzliche Fragen auf, als sie beantworten. Wir bitten den Bundesrat deshalb um die Beantwortung folgender weiterer Fragen:</p><p>1. Gemäss Bundesrat zielt der Zweckartikel des Kriegsmaterialgesetzes auf Rahmenbedingungen ab, die unter der heutigen Bewilligungspraxis für Kriegsmaterialexporte infrage gestellt seien. Als Massnahme schlägt der Bundesrat folglich eine Lockerung der Kriegsmaterialexporte vor. Was wird der Bundesrat aber tun, falls sich die besagten Rahmenbedingungen mittelfristig erneut verschlechtern? Würde er wiederum die Kriegsmaterialexporte lockern?</p><p>2. Wenn gemäss Bundesrat die Wettbewerbsfähigkeit unserer Rüstungsindustrie im sicherheitspolitischen Interesse ist, können dann nicht gerade Exporte in Bürgerkriegsländer ebendiesem sicherheitspolitischen Interesse zuwiderlaufen?</p><p>3. Wie hoch ist die Inlandnachfrage, die gemäss Bundesrat zu gering ist für die Existenz der Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie? Wie hoch ist der Anteil der schweizerischen Landesverteidigung bzw. der Schweizer Armee, welcher bei der einheimischen Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie eingekauft wird? Wie kann das Aufrechterhalten einer industriellen Kapazität eine "gewisse Autonomie und möglichst gute Versorgungssicherheit" erhalten, wenn gleichzeitig die Inlandnachfrage zu gering ist?</p><p>4. Auf die Frage nach einer zukunftsfähigen Standortstrategie antwortet der Bundesrat, dass er keine Deindustrialisierung in Betracht ziehen wolle. Warum hält er dies für die einzige Option? Wären nicht vielmehr strategische Anpassungen angebracht, welche die Industrie stärken und Know-how aufrechterhalten? Warum unterstützt der Bundesrat nicht eine Förderung der industriellen Kapazitäten in Bereichen wie beispielsweise der Minenräumung? Wären nicht solche Bereiche prädestiniert für eine innovative und wettbewerbsfähige Rüstungsindustrie in einem neutralen Land? Koordiniert der Bundesrat beispielsweise eine Zusammenarbeit der einheimischen Rüstungsindustrie mit der Stiftung Digger, die unter anderem auch von der Deza unterstützt wird?</p>
    • Offene Fragen zur Rüstungsindustrie

Back to List