Die Schweiz soll Frieden exportieren, nicht Krieg

ShortId
18.3738
Id
20183738
Updated
28.07.2023 03:22
Language
de
Title
Die Schweiz soll Frieden exportieren, nicht Krieg
AdditionalIndexing
15;09;04
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Der Bundesrat behandelt Fragen der Ausfuhr von Kriegsmaterial mit höchster Sorgfalt und hat Verständnis dafür, dass das Thema in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wird.</p><p>Er hat unter anderem in seiner Antwort vom 19. August 2009 auf die Anfrage Lang 09.1108 darauf hingewiesen, dass die Grundlage für die Neufassung von Artikel 5 der Kriegsmaterialverordnung (KMV) der Bericht der GPK-N vom 7. November 2006 zu den Beschlüssen des Bundesrates vom 29. Juni 2005 betreffend Kriegsmaterialexporte nach Irak, Indien, Pakistan und Südkorea bildete.</p><p>Was die laufende Anpassung der Kriegsmaterialverordnung angeht, hält der Bundesrat diese insbesondere aus sicherheitspolitischen Überlegungen weiterhin für richtig und notwendig. 2008 hat der Bundesrat auf Empfehlung der GPK, die Bewilligungskriterien in der Kriegsmaterialverordnung zu präzisieren, fünf Ausschlusskriterien in Artikel 5 Absatz 2 KMV eingefügt. 2012 hat er zudem das Instrument der Nichtwiederausfuhr-Erklärung sowie das Instrument der Post-shipment-Kontrollen in der KMV rechtlich verankert. Auf der Grundlage der Motion 13.3662 wurden die Ausschlusskriterien 2014 punktuell angepasst. Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass die KMV in den letzten zehn Jahren im Ergebnis verschärft wurde. Nach mehreren Jahren Erfahrung hat sich jedoch gezeigt, dass die eingeführten Bestimmungen punktuell angepasst werden müssen, wenn das ebenfalls im Gesetz verankerte sicherheitspolitische Ziel mittel- bis langfristig nicht beeinträchtigt werden soll. Diese Erkenntnis war der Auslöser für die Anpassung 2014 und die laufende Verordnungsrevision.</p><p>Was den Bericht der EFK betrifft, wird ergänzend zu den folgenden Antworten auch auf die Antworten des Bundesrates auf die Interpellationen 18.3731 sowie 18.3733 bis 18.3737 verwiesen.</p><p>1./2. Das Parlament hat anlässlich der Beratung der Botschaft des Bundesrates vom 15. Februar 1995 für eine Totalrevision des Kriegsmaterialgesetzes diese Zuständigkeit explizit dem Bundesrat übertragen. Mit der Einreichung der Motion der BDP-Fraktion 18.3394 wird jedoch die grundsätzliche Frage der Zuständigkeit für die Anpassung der Regeln für Kriegsmaterialexporte gestellt. Gibt das Parlament der Motion 18.3394 Folge, würde eine Anpassung der bestehenden Regelung neu in der Zuständigkeit des Parlamentes liegen. Aus institutionellem Respekt ist der Bundesrat daher bereit, den Entscheid des Parlamentes zur Motion 18.3394 abzuwarten, bevor er über die Anpassung der Kriegsmaterialverordnung befindet.</p><p>3. Gemäss Kriegsmaterialgesetz soll mit der Kontrolle des Transfers von Kriegsmaterial die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz und die Wahrung ihrer aussenpolitischen Grundsätze sichergestellt werden. Gleichzeitig soll im Interesse der Landesverteidigung eine eigene Industrie aufrechterhalten werden. Die Kriegsmaterialexporte der Schweiz haben sich in den letzten Jahren rückläufig entwickelt. Wenn sich dieser Trend weiterentwickelt, wird die sicherheitspolitisch erforderliche Industriebasis zunehmend geschwächt. Vor diesem Hintergrund und auf der Grundlage der Initiative der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates sowie einer Analyse der Situation der Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie hat sich der Bundesrat für eine Anpassung der Kriegsmaterialverordnung entschieden. Er will damit nur schwer rückgängig zu machenden Schaden im sicherheitspolitisch relevanten Bereich verhindern.</p><p>Im Hinblick auf den in der Interpellation angestellten Zahlenvergleich ist darauf hinzuweisen, dass die zu den Kriegsmaterialausfuhren veröffentlichten Zahlen nicht inflationsbereinigt sind. Die Inflation über die vergangenen 30 Jahre betrug jedoch gemäss Landesindex der Konsumentenpreise über 40 Prozent. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass parallel zu den Exporten auch die Inlandnachfrage der Armee nach Kriegsmaterial rückläufig ist, was dazu führt, dass die Exporte aus der Sicht der Industrie eine noch grössere Bedeutung erhalten.</p><p>4./5. Die EFK hat die mit der Frage aufgeworfene Kritik an der Auslegungspraxis des Bundesrates in erster Linie vor dem Hintergrund der Baugruppenregelung in Artikel 18 Absatz 2 KMG erhoben. Dazu ist Folgendes festzuhalten:</p><p>Der Bundesrat hat am 15. Dezember 2000 vor dem Hintergrund eines konkreten Geschäfts für die Lieferung von Baugruppen nach Jordanien und der damit zusammenhängenden Interpellation Haering 00.3583 eine vertrauliche Aussprache über die Umsetzung von Artikel 18 Absatz 2 KMG geführt. In seiner Stellungnahme vom 9. März 2001 zu diesem parlamentarischen Vorstoss wurde die zukünftige Auslegung dieser Bestimmung im Detail kommuniziert. Das Parlament hat sich das letzte Mal im Jahre 2015 auf der Grundlage der Motion Galladé 13.3123 damit befasst.</p><p>Im Gegensatz zum Bericht der EFK, der unter anderem vor dem Hintergrund von Artikel 18 Absatz 2 KMG festhält, die Auslegungspraxis des Bundesrates hätte zu einer wirtschaftsfreundlichen Umsetzung des KMG geführt, hat der Bundesrat mit seinem Entscheid aus dem Jahre 2000 die in Artikel 18 enthaltene Baugruppenregelung in der Praxis verschärft. Während das Gesetz nämlich keinerlei Wertgrenzen für den Verzicht auf die Vorlage einer Nichtwiederausfuhr-Erklärung vorsieht, hat der Bundesrat diesbezüglich eine Begrenzung auf maximal 50 Prozent bzw. 30 Prozent der Herstellungskosten eingeführt.</p><p>Der Bundesrat hat seine Praxis also weder verheimlicht noch damit eine Lockerung eingeführt. Das Gegenteil ist der Fall.</p><p>Auch in Bezug auf die Auslegung von Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a KMV (Verwicklung in einen internen bewaffneten Konflikt) ist die Interpretation des Bundesrates seit Jahren öffentlich bekannt. In seiner bereits eingangs zitierten Antwort auf die Anfrage Lang ist Folgendes festgehalten: Nach dem Willen des Bundesrates sollen gemäss Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a KMV Kriegsmaterialausfuhren dann ausgeschlossen sein, wenn im Empfängerstaat des Kriegsmaterials selber ein interner bewaffneter Konflikt herrscht. Dieser Auffassung war der Bundesrat bereits anlässlich der Verabschiedung der revidierten KMV.</p><p>Die Interpellantin geht offenbar aufgrund des Anhangs 1 des Berichtes der EFK davon aus, es bestehe eine eigentliche "Geheimgesetzgebung" zur Auslegung des KMG. Diese Annahme ist unzutreffend, wie oben bereits an den beiden Hauptbeispielen im Bericht der EFK gezeigt werden konnte. Auch die übrigen dort aufgeführten, für die Auslegung der Kriegsmaterialgesetzgebung relevanten Beschlüsse des Bundesrates wurden in der einen oder anderen Form öffentlich gemacht. Der Bundesrat informiert die Öffentlichkeit sowohl über im Grundsatz gefasste Beschlüsse (vgl. bspw. Aussprache vom 15. Juni 2018 über eine Anpassung der KMV) als auch über Entscheide zu spezifischen Ländern (bspw. Beschluss vom 20. April 2016 betreffend Gesuche für Länder der Jemen-Koalition). Was der Bundesrat vertraulich behandelt, sind Informationen, die unter den Ausnahmekatalog des BGÖ fallen, weil sie bspw. Berufs- oder Geschäftsgeheimnisse betreffen und vor dem Hintergrund weiterer rechtlicher Bestimmungen (z. B. Strafgesetzbuch) nicht bekanntgegeben werden dürfen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die betroffenen Beschlüsse als solche nach aussen kommuniziert werden.</p><p>6./7. Der Bericht der EFK enthält vier Empfehlungen, zwei an das Seco und je eine an die Bundesanwaltschaft und den Bundesrat: Sie empfiehlt dem Bundesrat, die Auslegungspraxis des Kriegsmaterialgesetzes im Sinne der Transparenz und Rechtssicherheit in die Kriegsmaterialverordnung aufzunehmen bzw. in geeigneter Form zu publizieren. Der Bundesrat erachtet Transparenz und Rechtssicherheit als wichtige Werte in einer Demokratie. Vor diesem Hintergrund stösst die Empfehlung der EFK auf offene Ohren. Er hat deshalb das WBF beauftragt, ihm bei künftigen Bundesratsbeschlüssen zum Transfer von Kriegsmaterial, welche Grundsatzcharakter haben, im jeweiligen Antrag einen Vorschlag zu unterbreiten, wie diese in geeigneter Form publik gemacht werden können.</p><p>Der Bundesrat hat am 15. Juni 2018 eine Aussprache über die Anpassung der Kriegsmaterialverordnung zur Gewährleistung der sicherheitspolitisch relevanten industriellen Kapazität in der Schweiz geführt und in der gleichen Sitzung den Bericht der EFK vom 25. Mai 2018 über die Prüfung der Kontrolle des Transfers von Kriegsmaterial behandelt. Soweit sich die Empfehlungen der EFK nicht direkt an den Bundesrat richten, hat er von den Stellungnahmen der betroffenen Organisationseinheiten Kenntnis genommen.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Vor der Abstimmung über die Initiative zum Verbot von Kriegsmaterial-Exporten 2009 hat der Bundesrat die Exportbestimmungen bewusst verschärft. Er schrieb entsprechend im Bundesbüchlein: "Die Schweiz verfügt über strenge Bewilligungskriterien für die Ausfuhr von Kriegsmaterial. So sind beispielsweise Lieferungen an Konfliktparteien oder an Staaten ausgeschlossen, welche die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen. Auch die am wenigsten entwickelten Entwicklungsländer dürfen nicht mit Kriegswaffen beliefert werden."</p><p>Nach Ablehnung der Initiative hat der Bundesrat schrittweise die damaligen Verschärfungen zurückgenommen. Nun will er sogar den Export in Bürgerkriegsländer ermöglichen. </p><p>Parallel dazu hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EKF) in ihrem Prüfbericht "Kontrolle des Transfers von Kriegsmaterial - Staatssekretariat für Wirtschaft" gravierende Mängel in der Kontrolle, Umgehungsmöglichkeiten und eine eigentliche geheime Änderung der Auslegungspraxis durch vertrauliche Bundesratsbeschlüsse (BRB) aufgedeckt. </p><p>1. Ist der Bundesrat bereit, angesichts der in der Bevölkerung breitabgestützten Kritik an der Aufweichung der Exportbestimmungen die Kriegsmaterialverordnung wieder auf den Stand von 2009 zu verschärfen?</p><p>2. Falls nein: Ist er zumindest bereit, auf die jüngste angekündigte Änderung, die auch Exporte in Bürgerkriegsländer ermöglichen würde, zu verzichten?</p><p>3. Ist es zutreffend, dass die Rüstungsexporte der Schweiz letztes Jahr nicht etwa auf einen Tiefststand gesunken sind, sondern dass die durchschnittlichen Exporte der letzten 30 Jahre mit im Schnitt 401 Millionen Franken fast 50 Millionen Franken weniger betrugen als 2017?</p><p>4. Wie viele vertrauliche BRB existieren zum Thema Kriegsmaterialexport und Auslegungspraxis von KMG/KMV seit 2000? Wie viele davon sind grundlegender Natur (Grundsatzentscheide und deren Umsetzung)? Wie viele betreffen Exporte in bestimmte Länder? </p><p>5. Akzeptiert er die Kritik der EFK, dass eine eigentliche Geheimgesetzgebung zur Auslegungspraxis der KMV aus rechtsstaatlicher Sicht hochproblematisch ist?</p><p>6. Wird er die Empfehlung 1 der EFK umsetzen, die jeweils aktuell gültige Auslegungspraxis des KMG im Sinne der Klarheit und Rechtssicherheit in die KMV aufzunehmen?</p><p>7. Wie stellt er sich zur Umsetzung der übrigen Empfehlungen der EFK (Umsetzung geplant/wie/bis wann)?</p>
  • Die Schweiz soll Frieden exportieren, nicht Krieg
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der Bundesrat behandelt Fragen der Ausfuhr von Kriegsmaterial mit höchster Sorgfalt und hat Verständnis dafür, dass das Thema in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wird.</p><p>Er hat unter anderem in seiner Antwort vom 19. August 2009 auf die Anfrage Lang 09.1108 darauf hingewiesen, dass die Grundlage für die Neufassung von Artikel 5 der Kriegsmaterialverordnung (KMV) der Bericht der GPK-N vom 7. November 2006 zu den Beschlüssen des Bundesrates vom 29. Juni 2005 betreffend Kriegsmaterialexporte nach Irak, Indien, Pakistan und Südkorea bildete.</p><p>Was die laufende Anpassung der Kriegsmaterialverordnung angeht, hält der Bundesrat diese insbesondere aus sicherheitspolitischen Überlegungen weiterhin für richtig und notwendig. 2008 hat der Bundesrat auf Empfehlung der GPK, die Bewilligungskriterien in der Kriegsmaterialverordnung zu präzisieren, fünf Ausschlusskriterien in Artikel 5 Absatz 2 KMV eingefügt. 2012 hat er zudem das Instrument der Nichtwiederausfuhr-Erklärung sowie das Instrument der Post-shipment-Kontrollen in der KMV rechtlich verankert. Auf der Grundlage der Motion 13.3662 wurden die Ausschlusskriterien 2014 punktuell angepasst. Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass die KMV in den letzten zehn Jahren im Ergebnis verschärft wurde. Nach mehreren Jahren Erfahrung hat sich jedoch gezeigt, dass die eingeführten Bestimmungen punktuell angepasst werden müssen, wenn das ebenfalls im Gesetz verankerte sicherheitspolitische Ziel mittel- bis langfristig nicht beeinträchtigt werden soll. Diese Erkenntnis war der Auslöser für die Anpassung 2014 und die laufende Verordnungsrevision.</p><p>Was den Bericht der EFK betrifft, wird ergänzend zu den folgenden Antworten auch auf die Antworten des Bundesrates auf die Interpellationen 18.3731 sowie 18.3733 bis 18.3737 verwiesen.</p><p>1./2. Das Parlament hat anlässlich der Beratung der Botschaft des Bundesrates vom 15. Februar 1995 für eine Totalrevision des Kriegsmaterialgesetzes diese Zuständigkeit explizit dem Bundesrat übertragen. Mit der Einreichung der Motion der BDP-Fraktion 18.3394 wird jedoch die grundsätzliche Frage der Zuständigkeit für die Anpassung der Regeln für Kriegsmaterialexporte gestellt. Gibt das Parlament der Motion 18.3394 Folge, würde eine Anpassung der bestehenden Regelung neu in der Zuständigkeit des Parlamentes liegen. Aus institutionellem Respekt ist der Bundesrat daher bereit, den Entscheid des Parlamentes zur Motion 18.3394 abzuwarten, bevor er über die Anpassung der Kriegsmaterialverordnung befindet.</p><p>3. Gemäss Kriegsmaterialgesetz soll mit der Kontrolle des Transfers von Kriegsmaterial die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz und die Wahrung ihrer aussenpolitischen Grundsätze sichergestellt werden. Gleichzeitig soll im Interesse der Landesverteidigung eine eigene Industrie aufrechterhalten werden. Die Kriegsmaterialexporte der Schweiz haben sich in den letzten Jahren rückläufig entwickelt. Wenn sich dieser Trend weiterentwickelt, wird die sicherheitspolitisch erforderliche Industriebasis zunehmend geschwächt. Vor diesem Hintergrund und auf der Grundlage der Initiative der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates sowie einer Analyse der Situation der Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie hat sich der Bundesrat für eine Anpassung der Kriegsmaterialverordnung entschieden. Er will damit nur schwer rückgängig zu machenden Schaden im sicherheitspolitisch relevanten Bereich verhindern.</p><p>Im Hinblick auf den in der Interpellation angestellten Zahlenvergleich ist darauf hinzuweisen, dass die zu den Kriegsmaterialausfuhren veröffentlichten Zahlen nicht inflationsbereinigt sind. Die Inflation über die vergangenen 30 Jahre betrug jedoch gemäss Landesindex der Konsumentenpreise über 40 Prozent. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass parallel zu den Exporten auch die Inlandnachfrage der Armee nach Kriegsmaterial rückläufig ist, was dazu führt, dass die Exporte aus der Sicht der Industrie eine noch grössere Bedeutung erhalten.</p><p>4./5. Die EFK hat die mit der Frage aufgeworfene Kritik an der Auslegungspraxis des Bundesrates in erster Linie vor dem Hintergrund der Baugruppenregelung in Artikel 18 Absatz 2 KMG erhoben. Dazu ist Folgendes festzuhalten:</p><p>Der Bundesrat hat am 15. Dezember 2000 vor dem Hintergrund eines konkreten Geschäfts für die Lieferung von Baugruppen nach Jordanien und der damit zusammenhängenden Interpellation Haering 00.3583 eine vertrauliche Aussprache über die Umsetzung von Artikel 18 Absatz 2 KMG geführt. In seiner Stellungnahme vom 9. März 2001 zu diesem parlamentarischen Vorstoss wurde die zukünftige Auslegung dieser Bestimmung im Detail kommuniziert. Das Parlament hat sich das letzte Mal im Jahre 2015 auf der Grundlage der Motion Galladé 13.3123 damit befasst.</p><p>Im Gegensatz zum Bericht der EFK, der unter anderem vor dem Hintergrund von Artikel 18 Absatz 2 KMG festhält, die Auslegungspraxis des Bundesrates hätte zu einer wirtschaftsfreundlichen Umsetzung des KMG geführt, hat der Bundesrat mit seinem Entscheid aus dem Jahre 2000 die in Artikel 18 enthaltene Baugruppenregelung in der Praxis verschärft. Während das Gesetz nämlich keinerlei Wertgrenzen für den Verzicht auf die Vorlage einer Nichtwiederausfuhr-Erklärung vorsieht, hat der Bundesrat diesbezüglich eine Begrenzung auf maximal 50 Prozent bzw. 30 Prozent der Herstellungskosten eingeführt.</p><p>Der Bundesrat hat seine Praxis also weder verheimlicht noch damit eine Lockerung eingeführt. Das Gegenteil ist der Fall.</p><p>Auch in Bezug auf die Auslegung von Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a KMV (Verwicklung in einen internen bewaffneten Konflikt) ist die Interpretation des Bundesrates seit Jahren öffentlich bekannt. In seiner bereits eingangs zitierten Antwort auf die Anfrage Lang ist Folgendes festgehalten: Nach dem Willen des Bundesrates sollen gemäss Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a KMV Kriegsmaterialausfuhren dann ausgeschlossen sein, wenn im Empfängerstaat des Kriegsmaterials selber ein interner bewaffneter Konflikt herrscht. Dieser Auffassung war der Bundesrat bereits anlässlich der Verabschiedung der revidierten KMV.</p><p>Die Interpellantin geht offenbar aufgrund des Anhangs 1 des Berichtes der EFK davon aus, es bestehe eine eigentliche "Geheimgesetzgebung" zur Auslegung des KMG. Diese Annahme ist unzutreffend, wie oben bereits an den beiden Hauptbeispielen im Bericht der EFK gezeigt werden konnte. Auch die übrigen dort aufgeführten, für die Auslegung der Kriegsmaterialgesetzgebung relevanten Beschlüsse des Bundesrates wurden in der einen oder anderen Form öffentlich gemacht. Der Bundesrat informiert die Öffentlichkeit sowohl über im Grundsatz gefasste Beschlüsse (vgl. bspw. Aussprache vom 15. Juni 2018 über eine Anpassung der KMV) als auch über Entscheide zu spezifischen Ländern (bspw. Beschluss vom 20. April 2016 betreffend Gesuche für Länder der Jemen-Koalition). Was der Bundesrat vertraulich behandelt, sind Informationen, die unter den Ausnahmekatalog des BGÖ fallen, weil sie bspw. Berufs- oder Geschäftsgeheimnisse betreffen und vor dem Hintergrund weiterer rechtlicher Bestimmungen (z. B. Strafgesetzbuch) nicht bekanntgegeben werden dürfen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die betroffenen Beschlüsse als solche nach aussen kommuniziert werden.</p><p>6./7. Der Bericht der EFK enthält vier Empfehlungen, zwei an das Seco und je eine an die Bundesanwaltschaft und den Bundesrat: Sie empfiehlt dem Bundesrat, die Auslegungspraxis des Kriegsmaterialgesetzes im Sinne der Transparenz und Rechtssicherheit in die Kriegsmaterialverordnung aufzunehmen bzw. in geeigneter Form zu publizieren. Der Bundesrat erachtet Transparenz und Rechtssicherheit als wichtige Werte in einer Demokratie. Vor diesem Hintergrund stösst die Empfehlung der EFK auf offene Ohren. Er hat deshalb das WBF beauftragt, ihm bei künftigen Bundesratsbeschlüssen zum Transfer von Kriegsmaterial, welche Grundsatzcharakter haben, im jeweiligen Antrag einen Vorschlag zu unterbreiten, wie diese in geeigneter Form publik gemacht werden können.</p><p>Der Bundesrat hat am 15. Juni 2018 eine Aussprache über die Anpassung der Kriegsmaterialverordnung zur Gewährleistung der sicherheitspolitisch relevanten industriellen Kapazität in der Schweiz geführt und in der gleichen Sitzung den Bericht der EFK vom 25. Mai 2018 über die Prüfung der Kontrolle des Transfers von Kriegsmaterial behandelt. Soweit sich die Empfehlungen der EFK nicht direkt an den Bundesrat richten, hat er von den Stellungnahmen der betroffenen Organisationseinheiten Kenntnis genommen.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Vor der Abstimmung über die Initiative zum Verbot von Kriegsmaterial-Exporten 2009 hat der Bundesrat die Exportbestimmungen bewusst verschärft. Er schrieb entsprechend im Bundesbüchlein: "Die Schweiz verfügt über strenge Bewilligungskriterien für die Ausfuhr von Kriegsmaterial. So sind beispielsweise Lieferungen an Konfliktparteien oder an Staaten ausgeschlossen, welche die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen. Auch die am wenigsten entwickelten Entwicklungsländer dürfen nicht mit Kriegswaffen beliefert werden."</p><p>Nach Ablehnung der Initiative hat der Bundesrat schrittweise die damaligen Verschärfungen zurückgenommen. Nun will er sogar den Export in Bürgerkriegsländer ermöglichen. </p><p>Parallel dazu hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EKF) in ihrem Prüfbericht "Kontrolle des Transfers von Kriegsmaterial - Staatssekretariat für Wirtschaft" gravierende Mängel in der Kontrolle, Umgehungsmöglichkeiten und eine eigentliche geheime Änderung der Auslegungspraxis durch vertrauliche Bundesratsbeschlüsse (BRB) aufgedeckt. </p><p>1. Ist der Bundesrat bereit, angesichts der in der Bevölkerung breitabgestützten Kritik an der Aufweichung der Exportbestimmungen die Kriegsmaterialverordnung wieder auf den Stand von 2009 zu verschärfen?</p><p>2. Falls nein: Ist er zumindest bereit, auf die jüngste angekündigte Änderung, die auch Exporte in Bürgerkriegsländer ermöglichen würde, zu verzichten?</p><p>3. Ist es zutreffend, dass die Rüstungsexporte der Schweiz letztes Jahr nicht etwa auf einen Tiefststand gesunken sind, sondern dass die durchschnittlichen Exporte der letzten 30 Jahre mit im Schnitt 401 Millionen Franken fast 50 Millionen Franken weniger betrugen als 2017?</p><p>4. Wie viele vertrauliche BRB existieren zum Thema Kriegsmaterialexport und Auslegungspraxis von KMG/KMV seit 2000? Wie viele davon sind grundlegender Natur (Grundsatzentscheide und deren Umsetzung)? Wie viele betreffen Exporte in bestimmte Länder? </p><p>5. Akzeptiert er die Kritik der EFK, dass eine eigentliche Geheimgesetzgebung zur Auslegungspraxis der KMV aus rechtsstaatlicher Sicht hochproblematisch ist?</p><p>6. Wird er die Empfehlung 1 der EFK umsetzen, die jeweils aktuell gültige Auslegungspraxis des KMG im Sinne der Klarheit und Rechtssicherheit in die KMV aufzunehmen?</p><p>7. Wie stellt er sich zur Umsetzung der übrigen Empfehlungen der EFK (Umsetzung geplant/wie/bis wann)?</p>
    • Die Schweiz soll Frieden exportieren, nicht Krieg

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