Mehr Europa wagen

ShortId
18.3740
Id
20183740
Updated
28.07.2023 03:21
Language
de
Title
Mehr Europa wagen
AdditionalIndexing
10;34;36;66;09;52;2831
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. Am 4. Juli 2018 hat der Bundesrat erneut bekräftigt, dass er die Verhandlungen mit der EU auf Grundlage des bestehenden Verhandlungsmandates weiterführen will. Der Bundesrat wird ein institutionelles Abkommen erst dann abschliessen, wenn die wichtigen Interessen der Schweiz berücksichtigt sind. In jedem Fall kommt die Qualität eines Abkommens vor der Schnelligkeit eines Abschlusses. Eine interessenpolitische Analyse müsste allerdings berücksichtigen, dass eine Blockierung bzw. ein Abbruch der Verhandlungen mit grosser Wahrscheinlichkeit negative Konsequenzen haben würde. Die Möglichkeiten reichen von einem Abbruch der Verhandlungen in Dossiers wie Strom, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit über die Nichtanerkennung der Gleichwertigkeit der Schweizer Börsenregulierung gemäss Artikel 23 Mifir bis zu Unsicherheiten bei den regelmässigen Aktualisierungen bestehender Marktzugangsabkommen (wie des MRA) oder dem Nichtabschluss eines Abkommens über die Teilnahme der Schweiz an dem nächsten EU-Forschungsrahmenprogramm ab 2021. Grundsätzlich dürfte ein Aufschub der institutionellen Fragen eine gewisse Rechts- und Planungsunsicherheit für Wirtschaftsakteure zur Folge haben, welche sich negativ auf den Standort Schweiz auswirkt.</p><p>2. Der Bundesrat informiert die Öffentlichkeit wie auch das Parlament, die Kantone und Parteien regelmässig und systematisch über Verlauf und Fortschritte der Verhandlungen. Dabei werden immer auch die Interessen der Schweiz an einem institutionellen Abkommen ausgewiesen (Rechtssicherheit, gesicherter EU-Binnenmarktzugang, Gleichbehandlung der Schweizer Akteure usw.). Aufgrund des vertraulichen Charakters der Verhandlungen sind der Kommunikation des Bundesrates gewisse Grenzen gesetzt. Innerhalb dieser Grenzen hat der Bundesrat die öffentliche Kommunikation bereits intensiviert und möchte sie noch ausweiten.</p><p>3. Die Umsetzung eines umfassenden Digital Single Market innerhalb der EU dauert an. Eine bundesinterne Koordinationsgruppe verfolgt die Entwicklungen sowie die rechtlichen Umsetzungsmassnahmen des digitalen Binnenmarktes in der EU. Sie soll sicherstellen, dass der Schweiz aus einem gestärkten digitalen Binnenmarkt der EU keine Nachteile erwachsen und rechtzeitig geeignete Massnahmen eingeleitet werden können. Der Bundesrat wird sich zudem im Rahmen der Erarbeitung einer Botschaft zur Volksinitiative "Stopp der Hochpreisinsel - für faire Preise" eingehend mit dem Thema Geoblocking befassen. Sollten konkrete Massnahmen im Bereich des Digital Single Market erforderlich werden, sind diese im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Beziehungen Schweiz-EU zu prüfen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die aktuell laufenden Arbeiten ausreichend sind.</p><p>4. Das Rahmenprogramm der EU für Forschung und Innovation ist das wichtigste Instrument zur Stärkung der Wissenschafts- und Innovationspolitik in Europa. Dementsprechend ist die Teilnahme der Schweiz am künftigen EU-Forschungsrahmenprogramm eines der Dossiers, über die prioritär verhandelt werden soll. Der Bundesrat wird über die Aufnahme von Verhandlungen entscheiden, sobald die Details dieses Programms EU-seitig feststehen werden. Die Opportunität einer erneuten Assoziierung an das Nachfolgeprogramm zu Erasmus plus wird ebenfalls im Rahmen der Gesamtbeurteilung der Beziehungen Schweiz-EU geprüft werden.</p><p>5. Mit dem Abschluss eines Stromabkommens wird die Teilnahme der Schweiz am EU-Strombinnenmarkt rechtlich abgesichert. Damit erhalten Schweizer Stromversorger einen gleichberechtigten Zugang zum EU-Strombinnenmarkt und sind nicht wie heute als Drittstaat benachteiligt. Die Einbindung der Schweiz in den europäischen Strombinnenmarkt trägt zur Versorgungssicherheit und zum Erhalt der Schweiz als Stromdrehscheibe in Europa bei. Ohne Stromabkommen wären die Schweizer Stromversorger zunehmend von den Kurzfristmärkten, welche für die flexible Wasserkraft besonders interessant sind, ausgeschlossen. Die Folgen für die Netzstabilität aufgrund des Ausschlusses der Schweiz von den Weiterentwicklungen des EU-Strombinnenmarkts werden denn auch bereits sichtbar.</p><p>6. Die Schweiz und die EU kooperieren bereits im Bereich des Schutzes von Lebensräumen, so bspw. im Rahmen der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume. In diesem Rahmen sind heute 37 schweizerische Gebiete als Teil des europäischen Smaragd-Netzwerks anerkannt. Mit der EU laufen zudem Verhandlungen über ein Gesundheitsabkommen mit Blick auf eine engere Zusammenarbeit im Bereich grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren und übertragbarer Krankheiten. Parallel dazu wird mit den laufenden Verhandlungen im Bereich Lebensmittelsicherheit eine institutionalisierte Zusammenarbeit mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Teilnahme der Schweiz am Schnellwarnsystem im Bereich Lebens- und Futtermittel (RASFF) angestrebt. Im Rahmen der laufenden Verhandlungen strebt die Schweiz ebenfalls an, dass die Pflanzenschutzmittel zukünftig vom bilateralen Agrarabkommen abgedeckt sind. Der Bereich Pflanzenschutz (Massnahmen gegen die Einschleppung von besonders gefährlichen Organismen) ist heute bereits durch das Agrarabkommen Schweiz-EU abgedeckt.</p><p>7. Während die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen zwischen der Schweiz und den europäischen Staaten primär auf Instrumenten des Europarates basiert, fusst die grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit vor allem auf den engen vertraglichen Beziehungen mit der EU. Das Schengen-Assoziierungsabkommen spielt dabei - u. a. dank dem Zugang zum "europäischen Fahndungsraum" - eine zentrale Rolle. Darüber hinaus partizipiert die Schweiz auch an anderen wichtigen Instrumenten, wie Europol und Eurojust, und baut die Zusammenarbeit - soweit sinnvoll und möglich - auf weitere Gebiete aus. So werden Bundesrat und Parlament demnächst über die Genehmigung von zwei weiteren Abkommen befinden, eines zur Teilnahme an der Prümer Polizeikooperation, das andere betreffend den Zugriff für Strafverfolgungsbehörden auf die Fingerabdruckdatenbank Eurodac. Die Beteiligung am PNR-Instrument der EU (Nutzung von Flugpassagierdaten zur Bekämpfung des Terrorismus und der schweren Kriminalität) oder an Ecris (Europäisches Strafregisterinformationssystem) wird geprüft.</p><p>Im spezifischen Bereich der Cyberkriminalität engagiert sich die Schweiz in der Ausarbeitung eines Konzeptes zur Bekämpfung schädlicher Online-Inhalte (z. B. beim Internet-Forum der EU) und unterstützt den EU-Aktionsplan zur Bekämpfung terroristischen Inhalts auf dem Internet. Sie beteiligt sich auch aktiv an der Weiterentwicklung des Übereinkommens des Europarates über die Cyberkriminalität.</p><p>Die militärische Kooperation der Schweiz in Europa ist vielfältig und umfasst bilaterale Zusammenarbeit sowie unter anderem die Nato-Partnerschaft für den Frieden. Namentlich im Bereich Luftpolizeidienst arbeitet die Schweiz auf Basis von bilateralen Abkommen eng mit ihren Nachbarstaaten zusammen. So hat das Parlament zum Beispiel im Mai 2018 eine Vereinbarung zwischen der Schweiz und der Nato sowie Deutschland für die Teilnahme am Air Situation Data Exchange (Austausch von Luftlagedaten) genehmigt. Die Verteidigungskooperation in Europa entwickelt sich derzeit sehr dynamisch. Der Bundesrat beobachtet diese Entwicklung und prüft laufend mögliche Handlungsoptionen.</p><p>8. Um die gemeinsame Kulturförderung zu verbessern, ist die Schweiz an einer Assoziierung an das EU-Rahmenprogramm "Kreatives Europa" interessiert. Die aktuelle Programmperiode läuft Ende 2020 aus. Sollte eine Schweizer Teilnahme am aktuellen Programm in naher Zeit nicht mehr abgeschlossen werden können, ist eine Teilnahme für die nächste Programmperiode 2021-2027 zu prüfen. Aktuell gelten zudem die vom Bundesrat verabschiedeten Schweizer Media-Ersatzmassnahmen, um die aufgrund der Nichtteilnahme am Programm "Kreatives Europa" anfallenden Nachteile ausgleichen zu können.</p><p>9. Das institutionelle Abkommen bezieht sich rechtlich ausschliesslich auf die fünf bestehenden bilateralen Marktzugangsabkommen (Personenfreizügigkeit, MRA, Agrarabkommen, Luftverkehr, Landverkehr). Es ist zudem Bedingung für den Abschluss weiterer Marktzugangsabkommen. Über einen zusätzlichen Marktzugang wird zurzeit in den Dossiers Strom, Kabotage-Recht im Luftverkehr sowie Lebensmittelsicherheit (Ausdehnung des Landwirtschaftsabkommens auf alle Lebensmittel) verhandelt. De facto macht die EU weitere politische Verknüpfungen mit anderen Abkommen, was die Schweiz aber nicht akzeptiert. Die Beziehungen Schweiz-EU sowie die gegenseitigen Interessen gehen weit über wirtschaftliche Marktzugangsfragen hinaus, wie die Antworten auf die Fragen 3 bis 8 demonstrieren. Wie eine Verzögerung in den institutionellen Verhandlungen sich auf die Gesamtheit der Beziehungen Schweiz-EU auswirkt, ist im Einzelnen schwierig abzuschätzen (siehe auch Antwort 1).</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Eine engere und stabilere Vernetzung mit Europa ist eine grosse Chance und ein Gewinn für die Schweiz. Die europäische Partnerschaft muss daher zielgerichtet weiterentwickelt und intensiviert werden. Die Zeit drängt, denn mit dem bevorstehenden Wechsel an der Spitze der EU-Kommission und den Brexit-Verhandlungen, die in die heisse Schlussphase eintreten, werden sich günstige Zeitfenster für Verhandlungen rasch schliessen. Die Forderung gewisser Kreise nach einem "Stillhalte-Abkommen" kommt daher zur Unzeit und ist kontraproduktiv. Die Schweiz braucht im Gegenteil endlich einen Chancendiskurs zum Thema Europa.</p><p>Der Bundesrat wird vor diesem Hintergrund gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Ist für den Bundesrat eine Verzögerung der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen bis nach den eidgenössischen Wahlen ohne Schaden für den Wirtschafts- und Forschungsplatz möglich?</p><p>2. Teilt er die Ansicht, dass der Bevölkerung die Chancen eines Rahmenabkommens klarer vermittelt werden müssen?</p><p>3. Betrachtet er die Fortschritte bei der Einbindung an den Digital Single Market (Zugang zu digitalen Waren/Dienstleistungen, optimale Rahmenbedingungen für digitale Netze, innovative Dienstleistungen usw.) nicht auch als ungenügend? Welche Schritte unternimmt er zur Verbesserung der Situation (z. B. Beseitigung von ungerechtfertigtem Geoblocking)?</p><p>4. Wie können die Forschungskooperationen in Europa gestärkt und wie kann die Schweiz in das neue Forschungsrahmenprogramm der EU eingebunden werden? Wie stellt sich der Bundesrat zur Assoziierung an das Folgeprogramm zu Erasmus plus?</p><p>5. Welche Vorteile hätte der Abschluss eines Strommarktabkommens? Was wären die negativen Auswirkungen eines Scheiterns?</p><p>6. Welche Möglichkeiten und Chancen bestehen für einen besseren Schutz des Lebensraums für Mensch, Tier und Pflanzen, indem die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessert wird (z. B. im Smaragd-Netzwerk)?</p><p>7. Welche Möglichkeiten und Chancen bestehen bei einer verstärkten polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit (z. B. Cyberkriminalität) und militärischen Kooperation (z. B. Luftverteidigung) unter Berücksichtigung der Neutralität?</p><p>8. Wie kann die gemeinsame Kulturförderung zur Stärkung der europäischen Kultur- und Kreativbranche verbessert werden (z. B. Teilnahme am EU-Rahmenprogramm "Kreatives Europa")?</p><p>9. Inwiefern ist ein Rahmenabkommen eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit in den erwähnten Bereichen?</p>
  • Mehr Europa wagen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. Am 4. Juli 2018 hat der Bundesrat erneut bekräftigt, dass er die Verhandlungen mit der EU auf Grundlage des bestehenden Verhandlungsmandates weiterführen will. Der Bundesrat wird ein institutionelles Abkommen erst dann abschliessen, wenn die wichtigen Interessen der Schweiz berücksichtigt sind. In jedem Fall kommt die Qualität eines Abkommens vor der Schnelligkeit eines Abschlusses. Eine interessenpolitische Analyse müsste allerdings berücksichtigen, dass eine Blockierung bzw. ein Abbruch der Verhandlungen mit grosser Wahrscheinlichkeit negative Konsequenzen haben würde. Die Möglichkeiten reichen von einem Abbruch der Verhandlungen in Dossiers wie Strom, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit über die Nichtanerkennung der Gleichwertigkeit der Schweizer Börsenregulierung gemäss Artikel 23 Mifir bis zu Unsicherheiten bei den regelmässigen Aktualisierungen bestehender Marktzugangsabkommen (wie des MRA) oder dem Nichtabschluss eines Abkommens über die Teilnahme der Schweiz an dem nächsten EU-Forschungsrahmenprogramm ab 2021. Grundsätzlich dürfte ein Aufschub der institutionellen Fragen eine gewisse Rechts- und Planungsunsicherheit für Wirtschaftsakteure zur Folge haben, welche sich negativ auf den Standort Schweiz auswirkt.</p><p>2. Der Bundesrat informiert die Öffentlichkeit wie auch das Parlament, die Kantone und Parteien regelmässig und systematisch über Verlauf und Fortschritte der Verhandlungen. Dabei werden immer auch die Interessen der Schweiz an einem institutionellen Abkommen ausgewiesen (Rechtssicherheit, gesicherter EU-Binnenmarktzugang, Gleichbehandlung der Schweizer Akteure usw.). Aufgrund des vertraulichen Charakters der Verhandlungen sind der Kommunikation des Bundesrates gewisse Grenzen gesetzt. Innerhalb dieser Grenzen hat der Bundesrat die öffentliche Kommunikation bereits intensiviert und möchte sie noch ausweiten.</p><p>3. Die Umsetzung eines umfassenden Digital Single Market innerhalb der EU dauert an. Eine bundesinterne Koordinationsgruppe verfolgt die Entwicklungen sowie die rechtlichen Umsetzungsmassnahmen des digitalen Binnenmarktes in der EU. Sie soll sicherstellen, dass der Schweiz aus einem gestärkten digitalen Binnenmarkt der EU keine Nachteile erwachsen und rechtzeitig geeignete Massnahmen eingeleitet werden können. Der Bundesrat wird sich zudem im Rahmen der Erarbeitung einer Botschaft zur Volksinitiative "Stopp der Hochpreisinsel - für faire Preise" eingehend mit dem Thema Geoblocking befassen. Sollten konkrete Massnahmen im Bereich des Digital Single Market erforderlich werden, sind diese im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Beziehungen Schweiz-EU zu prüfen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die aktuell laufenden Arbeiten ausreichend sind.</p><p>4. Das Rahmenprogramm der EU für Forschung und Innovation ist das wichtigste Instrument zur Stärkung der Wissenschafts- und Innovationspolitik in Europa. Dementsprechend ist die Teilnahme der Schweiz am künftigen EU-Forschungsrahmenprogramm eines der Dossiers, über die prioritär verhandelt werden soll. Der Bundesrat wird über die Aufnahme von Verhandlungen entscheiden, sobald die Details dieses Programms EU-seitig feststehen werden. Die Opportunität einer erneuten Assoziierung an das Nachfolgeprogramm zu Erasmus plus wird ebenfalls im Rahmen der Gesamtbeurteilung der Beziehungen Schweiz-EU geprüft werden.</p><p>5. Mit dem Abschluss eines Stromabkommens wird die Teilnahme der Schweiz am EU-Strombinnenmarkt rechtlich abgesichert. Damit erhalten Schweizer Stromversorger einen gleichberechtigten Zugang zum EU-Strombinnenmarkt und sind nicht wie heute als Drittstaat benachteiligt. Die Einbindung der Schweiz in den europäischen Strombinnenmarkt trägt zur Versorgungssicherheit und zum Erhalt der Schweiz als Stromdrehscheibe in Europa bei. Ohne Stromabkommen wären die Schweizer Stromversorger zunehmend von den Kurzfristmärkten, welche für die flexible Wasserkraft besonders interessant sind, ausgeschlossen. Die Folgen für die Netzstabilität aufgrund des Ausschlusses der Schweiz von den Weiterentwicklungen des EU-Strombinnenmarkts werden denn auch bereits sichtbar.</p><p>6. Die Schweiz und die EU kooperieren bereits im Bereich des Schutzes von Lebensräumen, so bspw. im Rahmen der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume. In diesem Rahmen sind heute 37 schweizerische Gebiete als Teil des europäischen Smaragd-Netzwerks anerkannt. Mit der EU laufen zudem Verhandlungen über ein Gesundheitsabkommen mit Blick auf eine engere Zusammenarbeit im Bereich grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren und übertragbarer Krankheiten. Parallel dazu wird mit den laufenden Verhandlungen im Bereich Lebensmittelsicherheit eine institutionalisierte Zusammenarbeit mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Teilnahme der Schweiz am Schnellwarnsystem im Bereich Lebens- und Futtermittel (RASFF) angestrebt. Im Rahmen der laufenden Verhandlungen strebt die Schweiz ebenfalls an, dass die Pflanzenschutzmittel zukünftig vom bilateralen Agrarabkommen abgedeckt sind. Der Bereich Pflanzenschutz (Massnahmen gegen die Einschleppung von besonders gefährlichen Organismen) ist heute bereits durch das Agrarabkommen Schweiz-EU abgedeckt.</p><p>7. Während die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen zwischen der Schweiz und den europäischen Staaten primär auf Instrumenten des Europarates basiert, fusst die grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit vor allem auf den engen vertraglichen Beziehungen mit der EU. Das Schengen-Assoziierungsabkommen spielt dabei - u. a. dank dem Zugang zum "europäischen Fahndungsraum" - eine zentrale Rolle. Darüber hinaus partizipiert die Schweiz auch an anderen wichtigen Instrumenten, wie Europol und Eurojust, und baut die Zusammenarbeit - soweit sinnvoll und möglich - auf weitere Gebiete aus. So werden Bundesrat und Parlament demnächst über die Genehmigung von zwei weiteren Abkommen befinden, eines zur Teilnahme an der Prümer Polizeikooperation, das andere betreffend den Zugriff für Strafverfolgungsbehörden auf die Fingerabdruckdatenbank Eurodac. Die Beteiligung am PNR-Instrument der EU (Nutzung von Flugpassagierdaten zur Bekämpfung des Terrorismus und der schweren Kriminalität) oder an Ecris (Europäisches Strafregisterinformationssystem) wird geprüft.</p><p>Im spezifischen Bereich der Cyberkriminalität engagiert sich die Schweiz in der Ausarbeitung eines Konzeptes zur Bekämpfung schädlicher Online-Inhalte (z. B. beim Internet-Forum der EU) und unterstützt den EU-Aktionsplan zur Bekämpfung terroristischen Inhalts auf dem Internet. Sie beteiligt sich auch aktiv an der Weiterentwicklung des Übereinkommens des Europarates über die Cyberkriminalität.</p><p>Die militärische Kooperation der Schweiz in Europa ist vielfältig und umfasst bilaterale Zusammenarbeit sowie unter anderem die Nato-Partnerschaft für den Frieden. Namentlich im Bereich Luftpolizeidienst arbeitet die Schweiz auf Basis von bilateralen Abkommen eng mit ihren Nachbarstaaten zusammen. So hat das Parlament zum Beispiel im Mai 2018 eine Vereinbarung zwischen der Schweiz und der Nato sowie Deutschland für die Teilnahme am Air Situation Data Exchange (Austausch von Luftlagedaten) genehmigt. Die Verteidigungskooperation in Europa entwickelt sich derzeit sehr dynamisch. Der Bundesrat beobachtet diese Entwicklung und prüft laufend mögliche Handlungsoptionen.</p><p>8. Um die gemeinsame Kulturförderung zu verbessern, ist die Schweiz an einer Assoziierung an das EU-Rahmenprogramm "Kreatives Europa" interessiert. Die aktuelle Programmperiode läuft Ende 2020 aus. Sollte eine Schweizer Teilnahme am aktuellen Programm in naher Zeit nicht mehr abgeschlossen werden können, ist eine Teilnahme für die nächste Programmperiode 2021-2027 zu prüfen. Aktuell gelten zudem die vom Bundesrat verabschiedeten Schweizer Media-Ersatzmassnahmen, um die aufgrund der Nichtteilnahme am Programm "Kreatives Europa" anfallenden Nachteile ausgleichen zu können.</p><p>9. Das institutionelle Abkommen bezieht sich rechtlich ausschliesslich auf die fünf bestehenden bilateralen Marktzugangsabkommen (Personenfreizügigkeit, MRA, Agrarabkommen, Luftverkehr, Landverkehr). Es ist zudem Bedingung für den Abschluss weiterer Marktzugangsabkommen. Über einen zusätzlichen Marktzugang wird zurzeit in den Dossiers Strom, Kabotage-Recht im Luftverkehr sowie Lebensmittelsicherheit (Ausdehnung des Landwirtschaftsabkommens auf alle Lebensmittel) verhandelt. De facto macht die EU weitere politische Verknüpfungen mit anderen Abkommen, was die Schweiz aber nicht akzeptiert. Die Beziehungen Schweiz-EU sowie die gegenseitigen Interessen gehen weit über wirtschaftliche Marktzugangsfragen hinaus, wie die Antworten auf die Fragen 3 bis 8 demonstrieren. Wie eine Verzögerung in den institutionellen Verhandlungen sich auf die Gesamtheit der Beziehungen Schweiz-EU auswirkt, ist im Einzelnen schwierig abzuschätzen (siehe auch Antwort 1).</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Eine engere und stabilere Vernetzung mit Europa ist eine grosse Chance und ein Gewinn für die Schweiz. Die europäische Partnerschaft muss daher zielgerichtet weiterentwickelt und intensiviert werden. Die Zeit drängt, denn mit dem bevorstehenden Wechsel an der Spitze der EU-Kommission und den Brexit-Verhandlungen, die in die heisse Schlussphase eintreten, werden sich günstige Zeitfenster für Verhandlungen rasch schliessen. Die Forderung gewisser Kreise nach einem "Stillhalte-Abkommen" kommt daher zur Unzeit und ist kontraproduktiv. Die Schweiz braucht im Gegenteil endlich einen Chancendiskurs zum Thema Europa.</p><p>Der Bundesrat wird vor diesem Hintergrund gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Ist für den Bundesrat eine Verzögerung der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen bis nach den eidgenössischen Wahlen ohne Schaden für den Wirtschafts- und Forschungsplatz möglich?</p><p>2. Teilt er die Ansicht, dass der Bevölkerung die Chancen eines Rahmenabkommens klarer vermittelt werden müssen?</p><p>3. Betrachtet er die Fortschritte bei der Einbindung an den Digital Single Market (Zugang zu digitalen Waren/Dienstleistungen, optimale Rahmenbedingungen für digitale Netze, innovative Dienstleistungen usw.) nicht auch als ungenügend? Welche Schritte unternimmt er zur Verbesserung der Situation (z. B. Beseitigung von ungerechtfertigtem Geoblocking)?</p><p>4. Wie können die Forschungskooperationen in Europa gestärkt und wie kann die Schweiz in das neue Forschungsrahmenprogramm der EU eingebunden werden? Wie stellt sich der Bundesrat zur Assoziierung an das Folgeprogramm zu Erasmus plus?</p><p>5. Welche Vorteile hätte der Abschluss eines Strommarktabkommens? Was wären die negativen Auswirkungen eines Scheiterns?</p><p>6. Welche Möglichkeiten und Chancen bestehen für einen besseren Schutz des Lebensraums für Mensch, Tier und Pflanzen, indem die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessert wird (z. B. im Smaragd-Netzwerk)?</p><p>7. Welche Möglichkeiten und Chancen bestehen bei einer verstärkten polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit (z. B. Cyberkriminalität) und militärischen Kooperation (z. B. Luftverteidigung) unter Berücksichtigung der Neutralität?</p><p>8. Wie kann die gemeinsame Kulturförderung zur Stärkung der europäischen Kultur- und Kreativbranche verbessert werden (z. B. Teilnahme am EU-Rahmenprogramm "Kreatives Europa")?</p><p>9. Inwiefern ist ein Rahmenabkommen eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit in den erwähnten Bereichen?</p>
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