Steuerung der Betreuung durch den Hausarzt oder die Hausärztin. Für eine ganzheitliche Sicht auf die Patientinnen und Patienten, eine verbesserte Pflegequalität und eine Kostensenkung

ShortId
18.4026
Id
20184026
Updated
28.07.2023 03:11
Language
de
Title
Steuerung der Betreuung durch den Hausarzt oder die Hausärztin. Für eine ganzheitliche Sicht auf die Patientinnen und Patienten, eine verbesserte Pflegequalität und eine Kostensenkung
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Eine gute Kenntnis der Patientinnen und Patienten sowie ihrer Krankengeschichte ermöglicht eine besser angepasste Pflege, verhindert redundante oder überflüssige Untersuchungen, reduziert die Einnahme unverträglicher Medikamente und die Zahl der Operationen, deren gesundheitlicher Nutzen keineswegs sicher ist.</p><p>Es sei auch auf Artikel 117a BV hingewiesen, der 2014 angenommen wurde: Der Bund und die Kantone "anerkennen und fördern die Hausarztmedizin als einen wesentlichen Bestandteil dieser Grundversorgung".</p><p>Die Koordination der Pflege durch einen steuernden Arzt oder eine steuernde Ärztin ist in der Schweiz jedoch nicht die Regel. Aus dem Bericht "Ärztliche Grundversorgerinnen und Grundversorger - Situation in der Schweiz, neuere Entwicklungen und internationaler Vergleich" von 2012 geht Folgendes hervor: "In der Schweiz übermitteln die Spezialärztinnen und -ärzte immer (59 Prozent) oder häufig (37 Prozent) ihre medizinischen Daten gemeinsamer Patientinnen und Patienten an die Grundversorgerinnen und Grundversorger. Auch die Spitäler ... informieren die Grundversorgerinnen und Grundversorger regelmässig, wenn eine Patientin oder ein Patient bei ihnen in Behandlung war. Ein Grossteil (40 Prozent) übermittelt die entsprechenden Daten innert kurzer Frist (weniger als 48 Stunden)."</p><p>Das elektronische Patientendossier würde eine ganzheitliche Sicht auf die Patientinnen und Patienten ermöglichen. Jedoch haben die Allgemeinärztinnen und -ärzte weder die Zeit noch die Kompetenzen oder den finanziellen Anreiz, um dieses zu übernehmen: Die Dossiers von der Papierform in ein elektronisches Format zu übertragen ist eine Herkulesarbeit. Schliesslich sind die Herausforderungen der Datensicherheit und der Harmonisierung der Informatik-Infrastruktur noch nicht bewältigt.</p>
  • <p>1./3. Die meisten Versicherer bieten Versicherungen mit eingeschränkter Wahl des Leistungserbringers an. Dazu regeln sie die Rechte und Pflichten der Versicherten in ihren Versicherungsbedingungen. Der Zugang zu Fachärzten oder zu anderen Leistungserbringern wird zum Beispiel durch eine Hausärztin oder ein Beratungszentrum gesteuert.</p><p>Im Jahr 2017 hatten mehr als zwei Drittel aller Versicherten eine besondere Versicherungsform mit eingeschränkter Wahl des Leistungserbringers abgeschlossen (Erwachsene: 68,8 Prozent, Kinder: 71,6 Prozent). Von allen Versicherten hatten rund 9 Prozent ein HMO-Modell (Erwachsene 8,7 Prozent, Kinder 9,5 Prozent), rund 38 Prozent ein Hausarztmodell (Erwachsene: 37,8 Prozent, Kinder: 39,2 Prozent) und rund 20 Prozent eine andere besondere Versicherungsform mit eingeschränkter Wahl des Leistungserbringers abgeschlossen (siehe <a href="http://www.bag.admin.ch">www.bag.admin.ch</a> &gt; Zahlen &amp; Statistiken &gt; Krankenversicherung: Statistiken &gt; Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2017, Tabellen 7.08 und 7.09). Diese Zahlen zeigen, dass die Versicherten diese Versicherungsform und namentlich die Hausarztmodelle schätzen.</p><p>Im Auftrag des Eidgenössischen Departementes des Innern (EDI) hat eine Expertengruppe im Jahr 2017 einen Bericht "Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung" verfasst (siehe <a href="http://www.bag.admin.ch">www.bag.admin.ch</a> &gt; Versicherungen &gt; Krankenversicherung &gt; Kostendämpfung). Darin wird die Verpflichtung zu einer ersten Anlaufstelle als eine Massnahme angeführt (Massnahme 27). Die erste Anlaufstelle leitet die weiteren Behandlungen ein und koordiniert sie. Sie behält die Übersicht über die medizinischen und paramedizinischen Massnahmen, welche die versicherte Person benötigt, und führt diese durch die Versorgungskette. Das Prinzip der ersten Anlaufstelle soll zu einer höheren Wirtschaftlichkeit führen, zum Beispiel indem mehrfache Untersuchungen vermieden werden. Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Verbreitung dieses Modells sich angesichts der Vorteile noch wesentlich erhöhen liesse. Deshalb seien auch Ansätze mit verpflichtendem Charakter zu verfolgen.</p><p>Der Bundesrat hat gestützt auf diesen Expertenbericht Ende März 2018 ein Kostendämpfungsprogramm verabschiedet. Am 14. September 2018 wurde die Vernehmlassung zu einem ersten Paket von Massnahmen eröffnet. Im Jahr 2019 soll ein zweites Paket mit Kostendämpfungsmassnahmen folgen. Ziel ist, auch Massnahmen für eine angemessene Versorgung zu prüfen. Dabei kann der Bundesrat insbesondere die Verpflichtung zu einer ersten Anlaufstelle vorschlagen.</p><p>2. Die Auswirkungen dieses Modells in den Niederlanden wurden bereits in mehreren wissenschaftlichen Arbeiten untersucht. Das EDI wird diese Arbeiten bei den Überlegungen zur Umsetzung der Massnahme 27, welche eine Verpflichtung zu einer ersten Anlaufstelle vorsieht, berücksichtigen. Die erwähnte Expertengruppe umfasste zudem mit Herrn Patrick Jeurissen, Professor for fiscal sustainable health care systems (steuerlich nachhaltige Gesundheitssysteme) an der Radboud University, auch einen Experten aus den Niederlanden.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Es ist bekannt, dass eine zentrale Steuerung der Patientenbetreuung die Pflegequalität erhöht und die Kosten senkt - laut den inoffiziellen Zahlen einiger Krankenkassen um mindestens 15 Prozent.</p><p>Gleichzeitig muss man bedenken, dass das Gesetz über Managed Care, das den Versicherten Ärztenetzwerke vorschreiben wollte, 2012 deutlich abgelehnt wurde.</p><p>Es gibt eine flexiblere Variante, bei der die Patientinnen und Patienten Ärzte und Leistungserbringer frei wählen können, aber allein der Hausarzt oder die Hausärztin die Überweisung an einen Spezialisten oder eine Spezialistin steuert. Durch diese Steuerung überwacht der Hausarzt oder die Hausärztin die Kohärenz der Behandlung. Er oder sie wird entsprechend ausgebildet und entlöhnt.</p><p>Dieses Modell wird in der Massnahme 27, "Verpflichtung zu Gatekeeping", des Bundesberichtes "Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung" kurz erwähnt.</p><p>1. Was hält der Bundesrat von einem solchen Modell?</p><p>2. Ist es vorgesehen, die Auswirkungen dieses Modells in den Niederlanden zu untersuchen?</p><p>3. Wäre dies ein geeignetes Mittel, um den Status des Schweizer Hausarztes bzw. der Schweizer Hausärztin aufzuwerten?</p>
  • Steuerung der Betreuung durch den Hausarzt oder die Hausärztin. Für eine ganzheitliche Sicht auf die Patientinnen und Patienten, eine verbesserte Pflegequalität und eine Kostensenkung
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Eine gute Kenntnis der Patientinnen und Patienten sowie ihrer Krankengeschichte ermöglicht eine besser angepasste Pflege, verhindert redundante oder überflüssige Untersuchungen, reduziert die Einnahme unverträglicher Medikamente und die Zahl der Operationen, deren gesundheitlicher Nutzen keineswegs sicher ist.</p><p>Es sei auch auf Artikel 117a BV hingewiesen, der 2014 angenommen wurde: Der Bund und die Kantone "anerkennen und fördern die Hausarztmedizin als einen wesentlichen Bestandteil dieser Grundversorgung".</p><p>Die Koordination der Pflege durch einen steuernden Arzt oder eine steuernde Ärztin ist in der Schweiz jedoch nicht die Regel. Aus dem Bericht "Ärztliche Grundversorgerinnen und Grundversorger - Situation in der Schweiz, neuere Entwicklungen und internationaler Vergleich" von 2012 geht Folgendes hervor: "In der Schweiz übermitteln die Spezialärztinnen und -ärzte immer (59 Prozent) oder häufig (37 Prozent) ihre medizinischen Daten gemeinsamer Patientinnen und Patienten an die Grundversorgerinnen und Grundversorger. Auch die Spitäler ... informieren die Grundversorgerinnen und Grundversorger regelmässig, wenn eine Patientin oder ein Patient bei ihnen in Behandlung war. Ein Grossteil (40 Prozent) übermittelt die entsprechenden Daten innert kurzer Frist (weniger als 48 Stunden)."</p><p>Das elektronische Patientendossier würde eine ganzheitliche Sicht auf die Patientinnen und Patienten ermöglichen. Jedoch haben die Allgemeinärztinnen und -ärzte weder die Zeit noch die Kompetenzen oder den finanziellen Anreiz, um dieses zu übernehmen: Die Dossiers von der Papierform in ein elektronisches Format zu übertragen ist eine Herkulesarbeit. Schliesslich sind die Herausforderungen der Datensicherheit und der Harmonisierung der Informatik-Infrastruktur noch nicht bewältigt.</p>
    • <p>1./3. Die meisten Versicherer bieten Versicherungen mit eingeschränkter Wahl des Leistungserbringers an. Dazu regeln sie die Rechte und Pflichten der Versicherten in ihren Versicherungsbedingungen. Der Zugang zu Fachärzten oder zu anderen Leistungserbringern wird zum Beispiel durch eine Hausärztin oder ein Beratungszentrum gesteuert.</p><p>Im Jahr 2017 hatten mehr als zwei Drittel aller Versicherten eine besondere Versicherungsform mit eingeschränkter Wahl des Leistungserbringers abgeschlossen (Erwachsene: 68,8 Prozent, Kinder: 71,6 Prozent). Von allen Versicherten hatten rund 9 Prozent ein HMO-Modell (Erwachsene 8,7 Prozent, Kinder 9,5 Prozent), rund 38 Prozent ein Hausarztmodell (Erwachsene: 37,8 Prozent, Kinder: 39,2 Prozent) und rund 20 Prozent eine andere besondere Versicherungsform mit eingeschränkter Wahl des Leistungserbringers abgeschlossen (siehe <a href="http://www.bag.admin.ch">www.bag.admin.ch</a> &gt; Zahlen &amp; Statistiken &gt; Krankenversicherung: Statistiken &gt; Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2017, Tabellen 7.08 und 7.09). Diese Zahlen zeigen, dass die Versicherten diese Versicherungsform und namentlich die Hausarztmodelle schätzen.</p><p>Im Auftrag des Eidgenössischen Departementes des Innern (EDI) hat eine Expertengruppe im Jahr 2017 einen Bericht "Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung" verfasst (siehe <a href="http://www.bag.admin.ch">www.bag.admin.ch</a> &gt; Versicherungen &gt; Krankenversicherung &gt; Kostendämpfung). Darin wird die Verpflichtung zu einer ersten Anlaufstelle als eine Massnahme angeführt (Massnahme 27). Die erste Anlaufstelle leitet die weiteren Behandlungen ein und koordiniert sie. Sie behält die Übersicht über die medizinischen und paramedizinischen Massnahmen, welche die versicherte Person benötigt, und führt diese durch die Versorgungskette. Das Prinzip der ersten Anlaufstelle soll zu einer höheren Wirtschaftlichkeit führen, zum Beispiel indem mehrfache Untersuchungen vermieden werden. Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Verbreitung dieses Modells sich angesichts der Vorteile noch wesentlich erhöhen liesse. Deshalb seien auch Ansätze mit verpflichtendem Charakter zu verfolgen.</p><p>Der Bundesrat hat gestützt auf diesen Expertenbericht Ende März 2018 ein Kostendämpfungsprogramm verabschiedet. Am 14. September 2018 wurde die Vernehmlassung zu einem ersten Paket von Massnahmen eröffnet. Im Jahr 2019 soll ein zweites Paket mit Kostendämpfungsmassnahmen folgen. Ziel ist, auch Massnahmen für eine angemessene Versorgung zu prüfen. Dabei kann der Bundesrat insbesondere die Verpflichtung zu einer ersten Anlaufstelle vorschlagen.</p><p>2. Die Auswirkungen dieses Modells in den Niederlanden wurden bereits in mehreren wissenschaftlichen Arbeiten untersucht. Das EDI wird diese Arbeiten bei den Überlegungen zur Umsetzung der Massnahme 27, welche eine Verpflichtung zu einer ersten Anlaufstelle vorsieht, berücksichtigen. Die erwähnte Expertengruppe umfasste zudem mit Herrn Patrick Jeurissen, Professor for fiscal sustainable health care systems (steuerlich nachhaltige Gesundheitssysteme) an der Radboud University, auch einen Experten aus den Niederlanden.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Es ist bekannt, dass eine zentrale Steuerung der Patientenbetreuung die Pflegequalität erhöht und die Kosten senkt - laut den inoffiziellen Zahlen einiger Krankenkassen um mindestens 15 Prozent.</p><p>Gleichzeitig muss man bedenken, dass das Gesetz über Managed Care, das den Versicherten Ärztenetzwerke vorschreiben wollte, 2012 deutlich abgelehnt wurde.</p><p>Es gibt eine flexiblere Variante, bei der die Patientinnen und Patienten Ärzte und Leistungserbringer frei wählen können, aber allein der Hausarzt oder die Hausärztin die Überweisung an einen Spezialisten oder eine Spezialistin steuert. Durch diese Steuerung überwacht der Hausarzt oder die Hausärztin die Kohärenz der Behandlung. Er oder sie wird entsprechend ausgebildet und entlöhnt.</p><p>Dieses Modell wird in der Massnahme 27, "Verpflichtung zu Gatekeeping", des Bundesberichtes "Kostendämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung" kurz erwähnt.</p><p>1. Was hält der Bundesrat von einem solchen Modell?</p><p>2. Ist es vorgesehen, die Auswirkungen dieses Modells in den Niederlanden zu untersuchen?</p><p>3. Wäre dies ein geeignetes Mittel, um den Status des Schweizer Hausarztes bzw. der Schweizer Hausärztin aufzuwerten?</p>
    • Steuerung der Betreuung durch den Hausarzt oder die Hausärztin. Für eine ganzheitliche Sicht auf die Patientinnen und Patienten, eine verbesserte Pflegequalität und eine Kostensenkung

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