Weiterbildung und berufliche Umschulung. Erleben wir bald eine starke Offensive zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

ShortId
18.4046
Id
20184046
Updated
28.07.2023 03:05
Language
de
Title
Weiterbildung und berufliche Umschulung. Erleben wir bald eine starke Offensive zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?
AdditionalIndexing
44;32;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Weiterbildung ist für den Werk- und Arbeitsplatz Schweiz von grosser Bedeutung. Sie erlaubt es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, in ihrem Berufsfeld besser zu werden und sich neue Kompetenzen im Hinblick auf die technischen und technologischen Entwicklungen in ihrem Berufsfeld anzueignen. Eigentlich sollte die Weiterbildung die sozialen Ungleichheiten reduzieren, doch in Tat und Wahrheit verstärkt sie diese. Es sind nämlich die bestausgebildeten und bestverdienenden Personen, die sich am meisten weiterbilden. </p><p>Diese an sich schon unbefriedigende Situation verlangt nun aber dringliches Handeln angesichts der Bedrohung von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen in der Schweiz durch die Digitalisierung. Einem Forscherteam der Universität Oxford zufolge sind von der Automatisierung 47 Prozent aller Stellen bedroht. Auf jeden Fall steht fest, dass viele Arbeitsplätze gefährdet sind und dass für einen Grossteil der Beschäftigten die Anforderungen rasch ansteigen werden.</p><p>Wir dürfen darum mit Fug und Recht eine starke und kohärente Reaktion der Politik erwarten. Die Mittel, die für Stipendien für Weiterbildung eingesetzt werden, sind von annähernd 4 Millionen Franken im Jahr 2004 auf unter 650 000 Franken im Jahr 2017 gesunken. Hinzu kommt, dass der Bundesrat in seinen Vorbereitungen des Budgets 2019 bei der Weiterbildung einen Schnitt von 200 000 Franken gegenüber den dafür in der BFI-Botschaft vorgesehenen Mitteln plant. Schliesslich läuft gegenwärtig im Bereich der Grundkompetenzen eine Kampagne mit Erfolg; hingegen fehlt eine Offensive zugunsten der beruflichen Umschulung. Nur so aber kann verhindert werden, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Preis für die Digitalisierung zu zahlen haben.</p>
  • <p>Die Berufsbildung baut auf klar definierten Bildungsangeboten und nationalen Qualifikationsverfahren auf und ist von einer hohen Durchlässigkeit geprägt: Der Besuch weiterführender Bildungsangebote und ein Tätigkeitswechsel im Verlauf des Arbeitslebens sind ohne Umwege möglich. Auf allen Ebenen ist ein vielfältiges Weiterbildungsangebot vorhanden. Die Digitalisierung wirkt sich auch auf Tätigkeiten aus, die ein relativ tiefes Qualifikationsniveau voraussetzen, etwa durch die Automation im Fertigungsbereich. Diese Beschäftigten weisen eine vergleichsweise geringe Weiterbildungsintensität auf. Die Herausforderungen des Staates im Bereich Weiterbildung fokussieren deshalb insbesondere auf Arbeitnehmende mit tiefem Qualifikationsniveau. Zu den einzelnen Fragen nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung:</p><p>1. Der Bund hat sich der Thematik Weiterbildung und Umschulung bereits mit verschiedensten Massnahmen angenommen. Mit dem Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG; SR 419.1) wird der Bedeutung des lebenslangen Lernens Rechnung getragen. Das Gesetz hält fest, dass die Weiterbildung grundsätzlich in der Verantwortung jeder und jedes Einzelnen liegt. Ergänzend zur individuellen Verantwortung unterstützt der Bund beispielsweise Massnahmen der Kantone zur Förderung des Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener. Weiter hat der Bund Anfang 2018 den Förderschwerpunkt "Einfach besser! ... am Arbeitsplatz" lanciert. Damit spricht er Betriebe an, die ihre Mitarbeitenden für künftige Herausforderungen am Arbeitsplatz besser qualifizieren möchten, auch im Bereich der digitalen Grundkompetenzen. Zudem werden in der höheren Berufsbildung seit der Einführung direkter Bundesbeiträge Anfang 2018 die Teilnehmenden vorbereitender Kurse für eidgenössische Berufs- und höhere Fachprüfungen finanziell entlastet. Um die Bekanntheit des Berufsabschlusses für Erwachsene zu steigern, hat der Bund eine Kommunikationsoffensive gestartet, welche bis Ende 2019 dauert. Ferner haben Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt sich zum Ziel gesetzt, gute Voraussetzungen für nichtlineare Bildungs- und Berufskarrieren und berufliche Umorientierungen zu schaffen. Dies wurde so im Leitbild Berufsbildung 2030 festgehalten.</p><p>2. Der Bundesrat legt den eidgenössischen Räten alle vier Jahre eine Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) vor. Darin zieht er Bilanz über die laufende Periode und legt die Ziele und Massnahmen der neuen Förderperiode fest. Die BFI-Botschaft 2021-2024 wird der Bundesrat voraussichtlich Anfang 2020 verabschieden. Diesen Entscheidungen will der Bundesrat nicht mit vorzeitigen Mittelzuteilungen für einzelne Massnahmen vorgreifen.</p><p>3. Mit dem unter Ziffer 1 erwähnten Förderschwerpunkt "Einfach besser! ... am Arbeitsplatz" soll ein Beitrag geleistet werden, damit Arbeitnehmende mit den sich stetig verändernden Anforderungen der Arbeitswelt Schritt halten können. In Kursen, die auf die konkreten Anforderungen des Arbeitsplatzes abgestimmt sind, sollen sich Arbeitnehmende beispielsweise grundlegende Kompetenzen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), der Sprache oder der Alltagsmathematik aneignen, die es ihnen erlauben, Arbeitsrapporte elektronisch auszufüllen, Messungen und Produktcodes zu protokollieren, Berechnungen vorzunehmen, Dosierungsanweisungen zu befolgen, den Computer für einfache Bedienungen zu nutzen usw. Die Umsetzung wird mit Blick auf die nächste BFI-Periode evaluiert; diese Evaluation wird aufzeigen, ob der neue Förderschwerpunkt den Bedürfnissen entspricht. Gemäss dem Bericht "Herausforderungen der Digitalisierung für Bildung und Forschung in der Schweiz" vom Juli 2017 ist zum heutigen Zeitpunkt ausserhalb des Bereichs der Grundkompetenzen bzw. der Informatik-Basiskenntnisse kein konkreter Handlungsbedarf auszumachen.</p><p>4. In der Schweiz ist das Stipendienwesen kantonal geregelt. Der Bundesrat nimmt keine Stellung zu Anliegen, welche sich ausserhalb seiner Entscheidungshoheit bewegen.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Ich bitte den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche Massnahmen plant der Bund, um die Weiterbildung und die berufliche Umschulung zu fördern und weiterzuentwickeln?</p><p>2. Ist nicht im Rahmen der nächsten BFI-Botschaft eine massive Weiterbildungsoffensive angezeigt, die den Risiken der Digitalisierung für grosse Teile der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Rechnung trägt? Welche Mittel sind zu diesem Zweck vorgesehen?</p><p>3. Ist der Bundesrat der Meinung, dass die Unterstützung der Weiterbildung sich ausschliesslich auf die Grundkompetenzen fokussieren soll, oder möchte er diese Anstrengungen um eine Offensive ergänzen, die die berufliche Umschulung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ins Visier nimmt, die von der Digitalisierung betroffen sind?</p><p>4. Steht die Reduktion der mit Stipendien und Studiendarlehen ausgerichteten Beiträge an die Weiterbildung nicht im Widerspruch zu den Zielen des Bundesrates?</p>
  • Weiterbildung und berufliche Umschulung. Erleben wir bald eine starke Offensive zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Weiterbildung ist für den Werk- und Arbeitsplatz Schweiz von grosser Bedeutung. Sie erlaubt es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, in ihrem Berufsfeld besser zu werden und sich neue Kompetenzen im Hinblick auf die technischen und technologischen Entwicklungen in ihrem Berufsfeld anzueignen. Eigentlich sollte die Weiterbildung die sozialen Ungleichheiten reduzieren, doch in Tat und Wahrheit verstärkt sie diese. Es sind nämlich die bestausgebildeten und bestverdienenden Personen, die sich am meisten weiterbilden. </p><p>Diese an sich schon unbefriedigende Situation verlangt nun aber dringliches Handeln angesichts der Bedrohung von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen in der Schweiz durch die Digitalisierung. Einem Forscherteam der Universität Oxford zufolge sind von der Automatisierung 47 Prozent aller Stellen bedroht. Auf jeden Fall steht fest, dass viele Arbeitsplätze gefährdet sind und dass für einen Grossteil der Beschäftigten die Anforderungen rasch ansteigen werden.</p><p>Wir dürfen darum mit Fug und Recht eine starke und kohärente Reaktion der Politik erwarten. Die Mittel, die für Stipendien für Weiterbildung eingesetzt werden, sind von annähernd 4 Millionen Franken im Jahr 2004 auf unter 650 000 Franken im Jahr 2017 gesunken. Hinzu kommt, dass der Bundesrat in seinen Vorbereitungen des Budgets 2019 bei der Weiterbildung einen Schnitt von 200 000 Franken gegenüber den dafür in der BFI-Botschaft vorgesehenen Mitteln plant. Schliesslich läuft gegenwärtig im Bereich der Grundkompetenzen eine Kampagne mit Erfolg; hingegen fehlt eine Offensive zugunsten der beruflichen Umschulung. Nur so aber kann verhindert werden, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Preis für die Digitalisierung zu zahlen haben.</p>
    • <p>Die Berufsbildung baut auf klar definierten Bildungsangeboten und nationalen Qualifikationsverfahren auf und ist von einer hohen Durchlässigkeit geprägt: Der Besuch weiterführender Bildungsangebote und ein Tätigkeitswechsel im Verlauf des Arbeitslebens sind ohne Umwege möglich. Auf allen Ebenen ist ein vielfältiges Weiterbildungsangebot vorhanden. Die Digitalisierung wirkt sich auch auf Tätigkeiten aus, die ein relativ tiefes Qualifikationsniveau voraussetzen, etwa durch die Automation im Fertigungsbereich. Diese Beschäftigten weisen eine vergleichsweise geringe Weiterbildungsintensität auf. Die Herausforderungen des Staates im Bereich Weiterbildung fokussieren deshalb insbesondere auf Arbeitnehmende mit tiefem Qualifikationsniveau. Zu den einzelnen Fragen nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung:</p><p>1. Der Bund hat sich der Thematik Weiterbildung und Umschulung bereits mit verschiedensten Massnahmen angenommen. Mit dem Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG; SR 419.1) wird der Bedeutung des lebenslangen Lernens Rechnung getragen. Das Gesetz hält fest, dass die Weiterbildung grundsätzlich in der Verantwortung jeder und jedes Einzelnen liegt. Ergänzend zur individuellen Verantwortung unterstützt der Bund beispielsweise Massnahmen der Kantone zur Förderung des Erwerbs und Erhalts von Grundkompetenzen Erwachsener. Weiter hat der Bund Anfang 2018 den Förderschwerpunkt "Einfach besser! ... am Arbeitsplatz" lanciert. Damit spricht er Betriebe an, die ihre Mitarbeitenden für künftige Herausforderungen am Arbeitsplatz besser qualifizieren möchten, auch im Bereich der digitalen Grundkompetenzen. Zudem werden in der höheren Berufsbildung seit der Einführung direkter Bundesbeiträge Anfang 2018 die Teilnehmenden vorbereitender Kurse für eidgenössische Berufs- und höhere Fachprüfungen finanziell entlastet. Um die Bekanntheit des Berufsabschlusses für Erwachsene zu steigern, hat der Bund eine Kommunikationsoffensive gestartet, welche bis Ende 2019 dauert. Ferner haben Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt sich zum Ziel gesetzt, gute Voraussetzungen für nichtlineare Bildungs- und Berufskarrieren und berufliche Umorientierungen zu schaffen. Dies wurde so im Leitbild Berufsbildung 2030 festgehalten.</p><p>2. Der Bundesrat legt den eidgenössischen Räten alle vier Jahre eine Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) vor. Darin zieht er Bilanz über die laufende Periode und legt die Ziele und Massnahmen der neuen Förderperiode fest. Die BFI-Botschaft 2021-2024 wird der Bundesrat voraussichtlich Anfang 2020 verabschieden. Diesen Entscheidungen will der Bundesrat nicht mit vorzeitigen Mittelzuteilungen für einzelne Massnahmen vorgreifen.</p><p>3. Mit dem unter Ziffer 1 erwähnten Förderschwerpunkt "Einfach besser! ... am Arbeitsplatz" soll ein Beitrag geleistet werden, damit Arbeitnehmende mit den sich stetig verändernden Anforderungen der Arbeitswelt Schritt halten können. In Kursen, die auf die konkreten Anforderungen des Arbeitsplatzes abgestimmt sind, sollen sich Arbeitnehmende beispielsweise grundlegende Kompetenzen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), der Sprache oder der Alltagsmathematik aneignen, die es ihnen erlauben, Arbeitsrapporte elektronisch auszufüllen, Messungen und Produktcodes zu protokollieren, Berechnungen vorzunehmen, Dosierungsanweisungen zu befolgen, den Computer für einfache Bedienungen zu nutzen usw. Die Umsetzung wird mit Blick auf die nächste BFI-Periode evaluiert; diese Evaluation wird aufzeigen, ob der neue Förderschwerpunkt den Bedürfnissen entspricht. Gemäss dem Bericht "Herausforderungen der Digitalisierung für Bildung und Forschung in der Schweiz" vom Juli 2017 ist zum heutigen Zeitpunkt ausserhalb des Bereichs der Grundkompetenzen bzw. der Informatik-Basiskenntnisse kein konkreter Handlungsbedarf auszumachen.</p><p>4. In der Schweiz ist das Stipendienwesen kantonal geregelt. Der Bundesrat nimmt keine Stellung zu Anliegen, welche sich ausserhalb seiner Entscheidungshoheit bewegen.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Ich bitte den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche Massnahmen plant der Bund, um die Weiterbildung und die berufliche Umschulung zu fördern und weiterzuentwickeln?</p><p>2. Ist nicht im Rahmen der nächsten BFI-Botschaft eine massive Weiterbildungsoffensive angezeigt, die den Risiken der Digitalisierung für grosse Teile der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Rechnung trägt? Welche Mittel sind zu diesem Zweck vorgesehen?</p><p>3. Ist der Bundesrat der Meinung, dass die Unterstützung der Weiterbildung sich ausschliesslich auf die Grundkompetenzen fokussieren soll, oder möchte er diese Anstrengungen um eine Offensive ergänzen, die die berufliche Umschulung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ins Visier nimmt, die von der Digitalisierung betroffen sind?</p><p>4. Steht die Reduktion der mit Stipendien und Studiendarlehen ausgerichteten Beiträge an die Weiterbildung nicht im Widerspruch zu den Zielen des Bundesrates?</p>
    • Weiterbildung und berufliche Umschulung. Erleben wir bald eine starke Offensive zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

Back to List