Wölfe und die Berner Konvention. Können wir handeln, oder müssen wir so lange warten, bis die Situation ausser Kontrolle gerät?

ShortId
18.4259
Id
20184259
Updated
28.07.2023 03:17
Language
de
Title
Wölfe und die Berner Konvention. Können wir handeln, oder müssen wir so lange warten, bis die Situation ausser Kontrolle gerät?
AdditionalIndexing
52;08
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Obwohl die zuständigen Behörden dieses Problem oft kleinreden, verbreiten sich Wölfe sowohl in der Schweiz als auch im Rest von Europa in kontinuierlicher und unaufhaltsamer Weise. Denken Sie nur einmal daran, dass die Anzahl der Wölfe in der Schweiz im Jahr 2000 etwa 4 bis 5 betrug, während es zwischen 2016 und 2018 etwa 50 Exemplare waren. Im selben Zeitraum ist die Anzahl der Wölfe in Frankreich von 40 auf etwa 500 und in Deutschland von 5 auf 330 bis 390 gestiegen. Diese beeindruckenden Zahlen beweisen, dass das Phänomen von den Behörden unterschätzt wurde. Die zuständigen Stellen werden nun immer öfter mit Konfliktsituationen konfrontiert, die vor allem bei den betroffenen Berufsgruppen (insbesondere in der Landwirtschaft und der Tierzucht) zu Verärgerung und Beunruhigung führen. Die Wolfspopulation nimmt stetig zu, und auch in der Schweiz haben sich erste Rudel gebildet (in Calanda, im Morobbiatal und im Wallis). Diese Entwicklung führt dazu, dass in letzter Zeit Einzelfälle von Wölfen bekanntwurden, die auch in dichtbesiedelte Gebiete eingedrungen sind (vor Kurzem wurde ein grosser Wolf dabei gefilmt, wie er mitten am Tag auf der Magadinoebene im Gebiet von Gordola herumlief). Am 16. August 2018 hat der Bundesrat nach langem Hin und Her schliesslich beim Europarat in Strassburg den Antrag eingereicht, Artikel 17 der Berner Konvention zu ändern, damit der Schutzstatus des Wolfes herabgesetzt wird. Die zuständige Sonderkommission habe an ihrem Treffen Ende November beschlossen, die Prüfung des Antrages um ein Jahr aufzuschieben. In der Schweiz ist allerdings in diesem Zeitraum eine Revision des Jagdgesetzes im Gange, die eine Lockerung der Schutzbestimmungen des Wolfes vorsieht. Daher ist es angebracht zu fragen, welche Konsequenzen dieser Entscheid für die Schweiz haben wird.</p>
  • <p>1. Ende 2018 schätzt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) den Bestand in der Schweiz insgesamt auf etwa 50 Wölfe. Diese Anzahl umfasst vier Rudel, drei davon mit Nachwuchs im Sommer 2018, mindestens drei Paare sowie Einzelwölfe. Das Bafu geht davon aus, dass sich im Frühjahr 2019 weitere Rudel mit Nachwuchs bilden werden.</p><p>2. Die bisherige Entwicklung des Wolfs in der Schweiz ist langsamer verlaufen als in vergleichbaren Regionen wie beispielsweise den Südwestalpen in Frankreich und Italien. Dies ist einerseits auf die bestehende Möglichkeit des behördlich bewilligten Abschusses einzelner schadenstiftender Wölfe zurückzuführen. Andererseits kamen illegale Abschüsse und Vergiftungen von Wölfen hinzu.</p><p>Sofern die Landwirte in Regionen mit Wolfspräsenz die möglichen, zumutbaren und vom Bund finanziell unterstützten Schadenpräventionsmassnahmen anwenden, gibt es keinen Grund zur Besorgnis. Die Fakten zeigen deutlich, dass die Schäden mit den erprobten Herdenschutzmassnahmen wirksam minimiert werden können. Bund und Kantonen stehen die nötigen rechtlichen Instrumente zur Verfügung, um übermässig schadenstiftende Einzelwölfe oder dreiste Jungwölfe zu entfernen. Mit der derzeit im Bundesparlament debattierten Revision des Bundesgesetzes über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz; SR 922.0) zur Umsetzung der Motion Engler 14.3151 soll der gesetzliche Rahmen geschaffen werden für den pragmatischen Umgang mit einer flächigen Ausbreitung des Wolfs in der Schweiz.</p><p>3. Ja. Der Ständige Ausschuss der Berner Konvention hat Ende November 2018 entschieden, die Debatte und die Entscheidung über den Antrag der Schweiz um mindestens ein Jahr zu vertagen.</p><p>4. Verschiedene Vertragsparteien der Berner Konvention, insbesondere die Europäische Union, konnten sich noch keine abschliessende Meinung zum Antrag der Schweiz bilden. Relevante Erkenntnisse kann unter anderem die im Jahr 2019 anstehende europaweite Wolfbestandserhebung zur Erfüllung von Verpflichtungen aus der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU liefern. Deshalb hat der Ständige Ausschuss entschieden, die Debatte über den Antrag der Schweiz bis zum Vorliegen der Resultate zu vertagen.</p><p>5. Die zurzeit im Bundesparlament debattierte Jagdgesetzrevision bewegt sich innerhalb der Berner Konvention. Der Vertagungsentscheid des Ständigen Ausschusses der Berner Konvention von Ende November hat keinen Einfluss auf das laufende Revisionsprojekt.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>1. Wie beurteilt der Bundesrat die Entwicklung des Wolfsbestandes in der Schweiz?</p><p>2. Ist er nicht der Meinung, dass die Situation beunruhigende Ausmasse annimmt?</p><p>3. Stimmt es, dass die Ständige Kommission der Berner Konvention die Bearbeitung des am 16. August 2018 vom Bundesrat eingereichten Antrages, den Schutzstatus des Wolfes herabzusetzen, für ein Jahr ausgesetzt hat?</p><p>4. Wenn ja, was waren die Gründe für diesen Entscheid? Im Rahmen der Revision des Jagdgesetzes, die zurzeit vom Nationalrat beraten wird, sind neue Bestimmungen in Bezug auf den Wolf vorgesehen. Welche Folgen könnte der Entscheid auf diese Bestimmungen haben?</p><p>5. Genauer gesagt: Können diese Bestimmungen trotz des Entscheids der genannten Kommission in Kraft treten?</p>
  • Wölfe und die Berner Konvention. Können wir handeln, oder müssen wir so lange warten, bis die Situation ausser Kontrolle gerät?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Obwohl die zuständigen Behörden dieses Problem oft kleinreden, verbreiten sich Wölfe sowohl in der Schweiz als auch im Rest von Europa in kontinuierlicher und unaufhaltsamer Weise. Denken Sie nur einmal daran, dass die Anzahl der Wölfe in der Schweiz im Jahr 2000 etwa 4 bis 5 betrug, während es zwischen 2016 und 2018 etwa 50 Exemplare waren. Im selben Zeitraum ist die Anzahl der Wölfe in Frankreich von 40 auf etwa 500 und in Deutschland von 5 auf 330 bis 390 gestiegen. Diese beeindruckenden Zahlen beweisen, dass das Phänomen von den Behörden unterschätzt wurde. Die zuständigen Stellen werden nun immer öfter mit Konfliktsituationen konfrontiert, die vor allem bei den betroffenen Berufsgruppen (insbesondere in der Landwirtschaft und der Tierzucht) zu Verärgerung und Beunruhigung führen. Die Wolfspopulation nimmt stetig zu, und auch in der Schweiz haben sich erste Rudel gebildet (in Calanda, im Morobbiatal und im Wallis). Diese Entwicklung führt dazu, dass in letzter Zeit Einzelfälle von Wölfen bekanntwurden, die auch in dichtbesiedelte Gebiete eingedrungen sind (vor Kurzem wurde ein grosser Wolf dabei gefilmt, wie er mitten am Tag auf der Magadinoebene im Gebiet von Gordola herumlief). Am 16. August 2018 hat der Bundesrat nach langem Hin und Her schliesslich beim Europarat in Strassburg den Antrag eingereicht, Artikel 17 der Berner Konvention zu ändern, damit der Schutzstatus des Wolfes herabgesetzt wird. Die zuständige Sonderkommission habe an ihrem Treffen Ende November beschlossen, die Prüfung des Antrages um ein Jahr aufzuschieben. In der Schweiz ist allerdings in diesem Zeitraum eine Revision des Jagdgesetzes im Gange, die eine Lockerung der Schutzbestimmungen des Wolfes vorsieht. Daher ist es angebracht zu fragen, welche Konsequenzen dieser Entscheid für die Schweiz haben wird.</p>
    • <p>1. Ende 2018 schätzt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) den Bestand in der Schweiz insgesamt auf etwa 50 Wölfe. Diese Anzahl umfasst vier Rudel, drei davon mit Nachwuchs im Sommer 2018, mindestens drei Paare sowie Einzelwölfe. Das Bafu geht davon aus, dass sich im Frühjahr 2019 weitere Rudel mit Nachwuchs bilden werden.</p><p>2. Die bisherige Entwicklung des Wolfs in der Schweiz ist langsamer verlaufen als in vergleichbaren Regionen wie beispielsweise den Südwestalpen in Frankreich und Italien. Dies ist einerseits auf die bestehende Möglichkeit des behördlich bewilligten Abschusses einzelner schadenstiftender Wölfe zurückzuführen. Andererseits kamen illegale Abschüsse und Vergiftungen von Wölfen hinzu.</p><p>Sofern die Landwirte in Regionen mit Wolfspräsenz die möglichen, zumutbaren und vom Bund finanziell unterstützten Schadenpräventionsmassnahmen anwenden, gibt es keinen Grund zur Besorgnis. Die Fakten zeigen deutlich, dass die Schäden mit den erprobten Herdenschutzmassnahmen wirksam minimiert werden können. Bund und Kantonen stehen die nötigen rechtlichen Instrumente zur Verfügung, um übermässig schadenstiftende Einzelwölfe oder dreiste Jungwölfe zu entfernen. Mit der derzeit im Bundesparlament debattierten Revision des Bundesgesetzes über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz; SR 922.0) zur Umsetzung der Motion Engler 14.3151 soll der gesetzliche Rahmen geschaffen werden für den pragmatischen Umgang mit einer flächigen Ausbreitung des Wolfs in der Schweiz.</p><p>3. Ja. Der Ständige Ausschuss der Berner Konvention hat Ende November 2018 entschieden, die Debatte und die Entscheidung über den Antrag der Schweiz um mindestens ein Jahr zu vertagen.</p><p>4. Verschiedene Vertragsparteien der Berner Konvention, insbesondere die Europäische Union, konnten sich noch keine abschliessende Meinung zum Antrag der Schweiz bilden. Relevante Erkenntnisse kann unter anderem die im Jahr 2019 anstehende europaweite Wolfbestandserhebung zur Erfüllung von Verpflichtungen aus der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU liefern. Deshalb hat der Ständige Ausschuss entschieden, die Debatte über den Antrag der Schweiz bis zum Vorliegen der Resultate zu vertagen.</p><p>5. Die zurzeit im Bundesparlament debattierte Jagdgesetzrevision bewegt sich innerhalb der Berner Konvention. Der Vertagungsentscheid des Ständigen Ausschusses der Berner Konvention von Ende November hat keinen Einfluss auf das laufende Revisionsprojekt.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>1. Wie beurteilt der Bundesrat die Entwicklung des Wolfsbestandes in der Schweiz?</p><p>2. Ist er nicht der Meinung, dass die Situation beunruhigende Ausmasse annimmt?</p><p>3. Stimmt es, dass die Ständige Kommission der Berner Konvention die Bearbeitung des am 16. August 2018 vom Bundesrat eingereichten Antrages, den Schutzstatus des Wolfes herabzusetzen, für ein Jahr ausgesetzt hat?</p><p>4. Wenn ja, was waren die Gründe für diesen Entscheid? Im Rahmen der Revision des Jagdgesetzes, die zurzeit vom Nationalrat beraten wird, sind neue Bestimmungen in Bezug auf den Wolf vorgesehen. Welche Folgen könnte der Entscheid auf diese Bestimmungen haben?</p><p>5. Genauer gesagt: Können diese Bestimmungen trotz des Entscheids der genannten Kommission in Kraft treten?</p>
    • Wölfe und die Berner Konvention. Können wir handeln, oder müssen wir so lange warten, bis die Situation ausser Kontrolle gerät?

Back to List