Transparenz bei öffentlichen Übernahmen durch Staatsunternehmen und staatsnahe Betriebe

ShortId
18.4313
Id
20184313
Updated
28.07.2023 03:17
Language
de
Title
Transparenz bei öffentlichen Übernahmen durch Staatsunternehmen und staatsnahe Betriebe
AdditionalIndexing
04;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Verstaatlichung privater Unternehmen, die eine privatwirtschaftliche Tätigkeit ausüben, ist aus wirtschaftspolitischer Sicht problematisch. Das gilt im Prinzip ungeachtet davon, ob ein Unternehmen von einem schweizerischen oder einem ausländischen Staat bzw. Staatsbetrieb übernommen bzw. kontrolliert wird. Ob solche Übernahmen durch staatliche Vorschriften zu prüfen oder gar zu genehmigen sind, ist eine Frage, die nicht Gegenstand dieser Motion ist. In jedem Fall aber soll im Fall von öffentlichen Kauf- oder Tauschangeboten für die Angebotsempfänger und damit auch für den Markt und die Öffentlichkeit transparent und klar sein, dass die Übernahme zu einer Verstaatlichung eines vormals privaten Unternehmens führen wird. Die heute geltenden Bestimmungen sind diesbezüglich zu wenig deutlich.</p>
  • <p>Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass eine Änderung der Übernahmeverordnung (UEV; SR 954.195.1) nicht in der Kompetenz des Bundesrates liegen würde, sondern in derjenigen der Übernahmekommission. Auch eine bundesrätliche Anpassung der Finanzmarktinfrastrukturverordnung im Sinne der Motion wäre nicht möglich, da das Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG; SR 958.1) den Erlass von konkreten Bestimmungen über den Inhalt des Angebotsprospekts ausdrücklich an die Übernahmekommission delegiert (Art. 131 FinfraG). Die Motion müsste daher bereits aus formellen Gründen abgelehnt werden. </p><p>In der Sache bezwecken die Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote nicht, Übernahmen zu fördern oder zu verhindern oder die Öffentlichkeit darüber zu informieren, ob eine Übernahme allenfalls zu einer Verstaatlichung eines vormals privaten Unternehmens führen wird. Die Bestimmungen dienen vielmehr dem Schutz der Minderheitsaktionäre. Diese sollen im Fall veränderter Kontrollverhältnisse eine Ausstiegsmöglichkeit zu einem angemessenen Preis erhalten (so auch das Bundesgericht in BGE 133 II 81, E. 4.3.2).</p><p>Zu diesem Zweck müssen der Anbieter und alle, die mit ihm in gemeinsamer Absprache handeln, im Prospekt das Angebot mit wahren und vollständigen Informationen veröffentlichen (Art. 127 Abs. 1 FinfraG). Dieser Angebotsprospekt hat alle Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (Art. 17 UEV). Anzugeben sind nicht nur die Firma, der Sitz, das Kapital und die hauptsächliche Geschäftstätigkeit des Anbieters, sondern auch die Identität der Aktionäre, die über mehr als drei Prozent der Stimmrechte verfügen, und es sind Angaben zu machen über Aktionäre, die den Anbieter direkt oder indirekt beherrschen (vgl. Art. 19 Abs. 1 Bst. a-c).</p><p>Weiter hat der Angebotsprospekt unter anderem die wesentlichen Angaben über die Finanzierung des Angebots und Angaben über die grundsätzlichen Absichten des Anbieters betreffend die Zielgesellschaft zu enthalten (Art. 20 Abs. 1 und 23 Abs. 1 Bst. a UEV). Die Übernahmekommission ist berechtigt, die Offenlegung von weiteren Informationen zu verlangen. </p><p>Die von der Motion geforderten Informationen sind für das Angebot in der Regel wesentlich und müssen von daher bereits nach geltendem Recht und auch nach der Praxis der Übernahmekommission offengelegt werden. Insofern besteht heute kein Handlungsbedarf im Sinne der Motion.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Verordnungsbestimmungen über den Inhalt öffentlicher Kaufangebote (Art. 19ff. der Übernahmeverordnung [UEV]) mit folgenden Zielsetzungen zu ergänzen:</p><p>1. bei den Angaben über den Anbieter, seine Aktionäre oder die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen (siehe Art. 19 UEV): Angaben über massgebliche Beteiligungen, über vertragliche oder vertragsähnliche Beziehungen, die einen massgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung vermitteln (ob rechtlich durchsetzbar oder nicht), oder über gesetzliche Mitwirkungs- oder sonstige Rechte, die, direkt oder indirekt, einer staatlichen Körperschaft oder Vertretern staatlicher Körperschaften oder juristischen Organisationen unter der Kontrolle staatlicher Körperschaften zustehen bzw. mit solchen bestehen, alles ungeachtet davon, ob der staatliche Einfluss bzw. die staatliche Kontrolle ausgeübt wird oder nicht (im Folgenden kurz: "massgeblicher staatlicher Einfluss");</p><p>2. bei den Angaben über die Finanzierung des Angebotes (siehe Art. 20 UEV): Angaben dazu, ob die Finanzierung des Angebotes durch massgeblichen staatlichen Einfluss erbracht oder sichergestellt wird;</p><p>3. bei den Angaben über die Zielgesellschaft (siehe Art. 23 UEV): Angaben zu den allfälligen Absichten des Anbieters, die Zielgesellschaft massgeblichem staatlichem Einfluss zu unterstellen bzw. solchen Einfluss zu vergrössern;</p><p>4. bei den zusätzlichen Angaben im Fall öffentlicher Tauschangebote (siehe Art. 24 UEV): Angaben dazu, ob zum Tausch angebotene Effekten sich auf Unternehmen unter massgeblichem staatlichem Einfluss beziehen.</p>
  • Transparenz bei öffentlichen Übernahmen durch Staatsunternehmen und staatsnahe Betriebe
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Verstaatlichung privater Unternehmen, die eine privatwirtschaftliche Tätigkeit ausüben, ist aus wirtschaftspolitischer Sicht problematisch. Das gilt im Prinzip ungeachtet davon, ob ein Unternehmen von einem schweizerischen oder einem ausländischen Staat bzw. Staatsbetrieb übernommen bzw. kontrolliert wird. Ob solche Übernahmen durch staatliche Vorschriften zu prüfen oder gar zu genehmigen sind, ist eine Frage, die nicht Gegenstand dieser Motion ist. In jedem Fall aber soll im Fall von öffentlichen Kauf- oder Tauschangeboten für die Angebotsempfänger und damit auch für den Markt und die Öffentlichkeit transparent und klar sein, dass die Übernahme zu einer Verstaatlichung eines vormals privaten Unternehmens führen wird. Die heute geltenden Bestimmungen sind diesbezüglich zu wenig deutlich.</p>
    • <p>Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass eine Änderung der Übernahmeverordnung (UEV; SR 954.195.1) nicht in der Kompetenz des Bundesrates liegen würde, sondern in derjenigen der Übernahmekommission. Auch eine bundesrätliche Anpassung der Finanzmarktinfrastrukturverordnung im Sinne der Motion wäre nicht möglich, da das Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG; SR 958.1) den Erlass von konkreten Bestimmungen über den Inhalt des Angebotsprospekts ausdrücklich an die Übernahmekommission delegiert (Art. 131 FinfraG). Die Motion müsste daher bereits aus formellen Gründen abgelehnt werden. </p><p>In der Sache bezwecken die Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote nicht, Übernahmen zu fördern oder zu verhindern oder die Öffentlichkeit darüber zu informieren, ob eine Übernahme allenfalls zu einer Verstaatlichung eines vormals privaten Unternehmens führen wird. Die Bestimmungen dienen vielmehr dem Schutz der Minderheitsaktionäre. Diese sollen im Fall veränderter Kontrollverhältnisse eine Ausstiegsmöglichkeit zu einem angemessenen Preis erhalten (so auch das Bundesgericht in BGE 133 II 81, E. 4.3.2).</p><p>Zu diesem Zweck müssen der Anbieter und alle, die mit ihm in gemeinsamer Absprache handeln, im Prospekt das Angebot mit wahren und vollständigen Informationen veröffentlichen (Art. 127 Abs. 1 FinfraG). Dieser Angebotsprospekt hat alle Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (Art. 17 UEV). Anzugeben sind nicht nur die Firma, der Sitz, das Kapital und die hauptsächliche Geschäftstätigkeit des Anbieters, sondern auch die Identität der Aktionäre, die über mehr als drei Prozent der Stimmrechte verfügen, und es sind Angaben zu machen über Aktionäre, die den Anbieter direkt oder indirekt beherrschen (vgl. Art. 19 Abs. 1 Bst. a-c).</p><p>Weiter hat der Angebotsprospekt unter anderem die wesentlichen Angaben über die Finanzierung des Angebots und Angaben über die grundsätzlichen Absichten des Anbieters betreffend die Zielgesellschaft zu enthalten (Art. 20 Abs. 1 und 23 Abs. 1 Bst. a UEV). Die Übernahmekommission ist berechtigt, die Offenlegung von weiteren Informationen zu verlangen. </p><p>Die von der Motion geforderten Informationen sind für das Angebot in der Regel wesentlich und müssen von daher bereits nach geltendem Recht und auch nach der Praxis der Übernahmekommission offengelegt werden. Insofern besteht heute kein Handlungsbedarf im Sinne der Motion.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Verordnungsbestimmungen über den Inhalt öffentlicher Kaufangebote (Art. 19ff. der Übernahmeverordnung [UEV]) mit folgenden Zielsetzungen zu ergänzen:</p><p>1. bei den Angaben über den Anbieter, seine Aktionäre oder die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen (siehe Art. 19 UEV): Angaben über massgebliche Beteiligungen, über vertragliche oder vertragsähnliche Beziehungen, die einen massgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung vermitteln (ob rechtlich durchsetzbar oder nicht), oder über gesetzliche Mitwirkungs- oder sonstige Rechte, die, direkt oder indirekt, einer staatlichen Körperschaft oder Vertretern staatlicher Körperschaften oder juristischen Organisationen unter der Kontrolle staatlicher Körperschaften zustehen bzw. mit solchen bestehen, alles ungeachtet davon, ob der staatliche Einfluss bzw. die staatliche Kontrolle ausgeübt wird oder nicht (im Folgenden kurz: "massgeblicher staatlicher Einfluss");</p><p>2. bei den Angaben über die Finanzierung des Angebotes (siehe Art. 20 UEV): Angaben dazu, ob die Finanzierung des Angebotes durch massgeblichen staatlichen Einfluss erbracht oder sichergestellt wird;</p><p>3. bei den Angaben über die Zielgesellschaft (siehe Art. 23 UEV): Angaben zu den allfälligen Absichten des Anbieters, die Zielgesellschaft massgeblichem staatlichem Einfluss zu unterstellen bzw. solchen Einfluss zu vergrössern;</p><p>4. bei den zusätzlichen Angaben im Fall öffentlicher Tauschangebote (siehe Art. 24 UEV): Angaben dazu, ob zum Tausch angebotene Effekten sich auf Unternehmen unter massgeblichem staatlichem Einfluss beziehen.</p>
    • Transparenz bei öffentlichen Übernahmen durch Staatsunternehmen und staatsnahe Betriebe

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