Gefahr der Antibiotikaresistenzen. Potenzial der Komplementärmedizin nutzen

ShortId
18.4332
Id
20184332
Updated
28.07.2023 14:37
Language
de
Title
Gefahr der Antibiotikaresistenzen. Potenzial der Komplementärmedizin nutzen
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Antibiotikaresistenzen stellen eine der grössten Gefahren für die öffentliche Gesundheit dar. Mit Star wurden bereits verschiedenste Massnahmen lanciert. Das Potenzial der Komplementärmedizin wird jedoch in der Humanmedizin viel zu wenig genutzt. 75 bis 90 Prozent der Antibiotika werden von Hausärzten verschrieben. Oft werden Antibiotika verabreicht, obwohl diese nachweislich keinen oder nur einen geringen Nutzen haben, bspw. bei Erkrankungen der oberen Atemwege, die häufig von Viren verursacht werden.</p><p>Studien in Grossbritannien haben gezeigt, dass Grundversorger mit Zusatzweiterbildung in Komplementärmedizin bei Atemwegserkrankungen rund 25 Prozent weniger Antibiotika verschreiben als konventionell tätige Ärzte. Eine Auswertung der Antibiotika-Verschreibungen auf der Basis der Sasis-Tarifdaten zeigt für die Schweiz ein noch deutlicheres Ergebnis. Die Gründe dafür sind wissenschaftlich zu untersuchen und im Interesse der öffentlichen Gesundheit für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. In Deutschland wurden komplementärmedizinische Ansätze (z. B. Phytotherapie) in die Guidelines integriert.</p><p>Bisher wurde Artikel 118a der Bundesverfassung in der Forschungsförderung nicht umgesetzt. Komplementäre Therapiemethoden müssen wissenschaftlich untersucht werden, bestenfalls im Rahmen eines separaten nationalen Forschungsprogramms in Zusammenarbeit mit medizinischen Fachgesellschaften. Folgende Themen sind zu untersuchen:</p><p>1. Versorgungsforschung: Verschreiben Hausärzte mit einem Fähigkeitsausweis in Komplementärmedizin weniger Antibiotika als Hausärzte ohne diesen Fähigkeitsausweis bei vergleichbaren Patientenkollektiven?</p><p>2. Epidemiologische Forschung: Wie wirkt sich die Präsenz von komplementären Therapien in einem Gebiet auf das Auftreten von Antibiotikaresistenzen aus?</p><p>3. Verhaltensforschung: Welches sind die Auslöser für die reduzierte Antibiotikaverschreibung, und wie können diese erlernt werden?</p>
  • <p>Der Bundesrat anerkennt den Beitrag aller Akteure, so auch der Komplementärmedizin, die unter dem Dach der Nationalen Strategie Antibiotikaresistenz (Star; www.star.admin.ch) den sachgemässen Einsatz von Antibiotika fördern und somit zum Erhalt der Wirksamkeit dieser wichtigen Medikamente beitragen. Forschungsergebnisse werden wo möglich und sinnvoll in der Umsetzung der Strategie Star berücksichtigt. Im Rahmen der Erarbeitung der Verschreibungsrichtlinien, die in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie (SSI) erfolgte, wurde auch die Komplementärmedizin begrüsst.</p><p>Der Bund hat im Rahmen seiner Bemühungen gegen die Antibiotikaresistenz-Problematik Massnahmen zur Förderung der Forschung im Bereich der Antibiotikaresistenzen getroffen, die auch für Forschende und Forschungsfragen aus der Komplementärmedizin offenstehen. Diese Massnahmen betreffen einerseits das vom Bundesrat genehmigte und vom Schweizerischen Nationalfonds lancierte Nationale Forschungsprogramm "Antimikrobielle Resistenz" (NFP 72) und andererseits die Ressortforschung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) im Rahmen der Umsetzung von Star.</p><p>Der Bund fördert im Rahmen des NFP 72 Forschungsprojekte, die neue Lösungsmöglichkeiten im Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen suchen und zur Verringerung der selbigen beitragen. Im Rahmen des NFP werden derzeit 42 Projekte aus allen Bereichen der Resistenzforschung unterstützt, wobei sich eines der drei Module explizit mit dem optimierten Einsatz von Antibiotika beschäftigt. Die Möglichkeit der Einreichung von Projektskizzen stand grundsätzlich allen Bereichen der Wissenschaft und somit auch der Komplementärmedizin offen. Für die Auswahl der unterstützten Forschungsprojekte war primär die wissenschaftliche Qualität ausschlaggebend. Auch auf europäischer Ebene laufen Programme im Rahmen von Horizon 2020 und der internationalen Innovative Medicines Initiative, die Forschungsprojekte zu Antibiotikaresistenz - darunter auch solche mit Schweizer Beteiligung - fördern.</p><p>Im Rahmen von Star wurde der Komplementärmedizin zudem Gelegenheit geboten, sich in die Strategieumsetzung einzubringen und komplementärmedizinische Forschungsprojekte zu beantragen. Wie der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation 18.3089, "Wie prüft der Bundesrat Alternativen zur Verschreibung von Antibiotika?", der Motionärin anmerkte, steht es den komplementärmedizinischen Organisationen weiterhin offen, Projekte zur Unterstützung von Star zu initiieren und ein entsprechendes Gesuch um eine allfällige finanzielle Unterstützung durch den Bund beim BAG oder bei einer anderen in die Umsetzung von Star involvierten Verwaltungsstelle des Bundes einzureichen. Somit sind die Anliegen der Motionärin bereits erfüllt.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Forschungsprojekte zu fördern, die untersuchen, welchen Beitrag Behandlungstherapien aus der Komplementärmedizin zur Vermeidung von Antibiotikaresistenzen leisten können. Die Erkenntnisse sind in den Informationskampagnen, den Richtlinien und der Ausbildung zu berücksichtigen. Wie erste Untersuchungen zeigen, verschreiben Ärztinnen und Ärzte mit einer komplementärmedizinischen Weiterbildung deutlich weniger Antibiotika als ihre konventionell tätigen Kolleginnen und Kollegen. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen.</p>
  • Gefahr der Antibiotikaresistenzen. Potenzial der Komplementärmedizin nutzen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Antibiotikaresistenzen stellen eine der grössten Gefahren für die öffentliche Gesundheit dar. Mit Star wurden bereits verschiedenste Massnahmen lanciert. Das Potenzial der Komplementärmedizin wird jedoch in der Humanmedizin viel zu wenig genutzt. 75 bis 90 Prozent der Antibiotika werden von Hausärzten verschrieben. Oft werden Antibiotika verabreicht, obwohl diese nachweislich keinen oder nur einen geringen Nutzen haben, bspw. bei Erkrankungen der oberen Atemwege, die häufig von Viren verursacht werden.</p><p>Studien in Grossbritannien haben gezeigt, dass Grundversorger mit Zusatzweiterbildung in Komplementärmedizin bei Atemwegserkrankungen rund 25 Prozent weniger Antibiotika verschreiben als konventionell tätige Ärzte. Eine Auswertung der Antibiotika-Verschreibungen auf der Basis der Sasis-Tarifdaten zeigt für die Schweiz ein noch deutlicheres Ergebnis. Die Gründe dafür sind wissenschaftlich zu untersuchen und im Interesse der öffentlichen Gesundheit für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. In Deutschland wurden komplementärmedizinische Ansätze (z. B. Phytotherapie) in die Guidelines integriert.</p><p>Bisher wurde Artikel 118a der Bundesverfassung in der Forschungsförderung nicht umgesetzt. Komplementäre Therapiemethoden müssen wissenschaftlich untersucht werden, bestenfalls im Rahmen eines separaten nationalen Forschungsprogramms in Zusammenarbeit mit medizinischen Fachgesellschaften. Folgende Themen sind zu untersuchen:</p><p>1. Versorgungsforschung: Verschreiben Hausärzte mit einem Fähigkeitsausweis in Komplementärmedizin weniger Antibiotika als Hausärzte ohne diesen Fähigkeitsausweis bei vergleichbaren Patientenkollektiven?</p><p>2. Epidemiologische Forschung: Wie wirkt sich die Präsenz von komplementären Therapien in einem Gebiet auf das Auftreten von Antibiotikaresistenzen aus?</p><p>3. Verhaltensforschung: Welches sind die Auslöser für die reduzierte Antibiotikaverschreibung, und wie können diese erlernt werden?</p>
    • <p>Der Bundesrat anerkennt den Beitrag aller Akteure, so auch der Komplementärmedizin, die unter dem Dach der Nationalen Strategie Antibiotikaresistenz (Star; www.star.admin.ch) den sachgemässen Einsatz von Antibiotika fördern und somit zum Erhalt der Wirksamkeit dieser wichtigen Medikamente beitragen. Forschungsergebnisse werden wo möglich und sinnvoll in der Umsetzung der Strategie Star berücksichtigt. Im Rahmen der Erarbeitung der Verschreibungsrichtlinien, die in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie (SSI) erfolgte, wurde auch die Komplementärmedizin begrüsst.</p><p>Der Bund hat im Rahmen seiner Bemühungen gegen die Antibiotikaresistenz-Problematik Massnahmen zur Förderung der Forschung im Bereich der Antibiotikaresistenzen getroffen, die auch für Forschende und Forschungsfragen aus der Komplementärmedizin offenstehen. Diese Massnahmen betreffen einerseits das vom Bundesrat genehmigte und vom Schweizerischen Nationalfonds lancierte Nationale Forschungsprogramm "Antimikrobielle Resistenz" (NFP 72) und andererseits die Ressortforschung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) im Rahmen der Umsetzung von Star.</p><p>Der Bund fördert im Rahmen des NFP 72 Forschungsprojekte, die neue Lösungsmöglichkeiten im Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen suchen und zur Verringerung der selbigen beitragen. Im Rahmen des NFP werden derzeit 42 Projekte aus allen Bereichen der Resistenzforschung unterstützt, wobei sich eines der drei Module explizit mit dem optimierten Einsatz von Antibiotika beschäftigt. Die Möglichkeit der Einreichung von Projektskizzen stand grundsätzlich allen Bereichen der Wissenschaft und somit auch der Komplementärmedizin offen. Für die Auswahl der unterstützten Forschungsprojekte war primär die wissenschaftliche Qualität ausschlaggebend. Auch auf europäischer Ebene laufen Programme im Rahmen von Horizon 2020 und der internationalen Innovative Medicines Initiative, die Forschungsprojekte zu Antibiotikaresistenz - darunter auch solche mit Schweizer Beteiligung - fördern.</p><p>Im Rahmen von Star wurde der Komplementärmedizin zudem Gelegenheit geboten, sich in die Strategieumsetzung einzubringen und komplementärmedizinische Forschungsprojekte zu beantragen. Wie der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation 18.3089, "Wie prüft der Bundesrat Alternativen zur Verschreibung von Antibiotika?", der Motionärin anmerkte, steht es den komplementärmedizinischen Organisationen weiterhin offen, Projekte zur Unterstützung von Star zu initiieren und ein entsprechendes Gesuch um eine allfällige finanzielle Unterstützung durch den Bund beim BAG oder bei einer anderen in die Umsetzung von Star involvierten Verwaltungsstelle des Bundes einzureichen. Somit sind die Anliegen der Motionärin bereits erfüllt.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Forschungsprojekte zu fördern, die untersuchen, welchen Beitrag Behandlungstherapien aus der Komplementärmedizin zur Vermeidung von Antibiotikaresistenzen leisten können. Die Erkenntnisse sind in den Informationskampagnen, den Richtlinien und der Ausbildung zu berücksichtigen. Wie erste Untersuchungen zeigen, verschreiben Ärztinnen und Ärzte mit einer komplementärmedizinischen Weiterbildung deutlich weniger Antibiotika als ihre konventionell tätigen Kolleginnen und Kollegen. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen.</p>
    • Gefahr der Antibiotikaresistenzen. Potenzial der Komplementärmedizin nutzen

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