Freihandelsabkommen. Streitbeilegungsbestimmungen müssen auch auf das Nachhaltigkeitskapitel anwendbar sein

ShortId
18.4352
Id
20184352
Updated
28.07.2023 03:06
Language
de
Title
Freihandelsabkommen. Streitbeilegungsbestimmungen müssen auch auf das Nachhaltigkeitskapitel anwendbar sein
AdditionalIndexing
15;08;52
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Schweiz hat sich dazu verpflichtet, die Sustainable Development Goals sowie das Pariser Klimaabkommen umzusetzen. Zudem verlangt der neue Verfassungsartikel 104a Buchstabe d, dass der Handel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft führen soll, in der Schweiz wie auch im Ausland. Damit diese Ziele erreicht werden, müssen die Freihandelsabkommen ein verbindliches Nachhaltigkeitskapitel enthalten. Dabei müssen insbesondere Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf die Bevölkerung, die Landwirtschaft und die Umwelt in der Schweiz und den Partnerländern thematisiert werden.</p><p>In neueren Freihandelsabkommen wurde die Nachhaltigkeit jeweils thematisiert. Jedoch wurde bis anhin das Nachhaltigkeitskapitel nicht den üblichen Streitbeilegungsbestimmungen unterstellt. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, einzig das Nachhaltigkeitskapitel davon auszunehmen. Ansonsten sind es nur leere Worte, die bestenfalls zu einem konstruktiven Gespräch im gemischten Ausschuss führen. </p><p>Allerdings bemängelt die GPK-N in ihrem Bericht vom Juli 2017 (Auswirkungen von Freihandelsabkommen), dass die Arbeit der gemischten Ausschüsse schwierig zu beurteilen sei. Es werden zwar Medienmitteilungen veröffentlicht, doch die genauen Aktivitäten und die Vorgehensweise sind dabei nicht ersichtlich. Öffentlich publizierte Tätigkeitsberichte über die Aktivitäten der gemischten Ausschüsse fehlen. </p><p>Deshalb ist ein Nachhaltigkeitskapitel nur dann verbindlich, wenn bei diesem, wie bei allen anderen Kapiteln, die Streitbeilegungsbestimmungen anwendbar sind. </p><p>Die Schweiz muss ihre Verantwortung wahrnehmen und ihrer Verpflichtung, negative Auswirkungen von Handelsabkommen auf Mensch und Umwelt zu verhindern, nachkommen, auch im Sinne der Kohärenz zwischen Handels- und Entwicklungspolitik.</p>
  • <p>Die Schweiz engagiert sich auf internationaler Ebene aktiv für die Menschenrechte, die sozialen Standards sowie für den Umweltschutz. Das internationale Engagement der Schweiz beruht auf der Überzeugung, dass die Verwirklichung der Menschenrechte und die Einhaltung der Arbeits- und Umweltstandards eine unerlässliche Voraussetzung für eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung zum Wohl jedes Einzelnen ist. Umgekehrt ist eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung auch der Förderung der Menschenrechte, des Arbeitnehmerschutzes und des Umweltschutzes dienlich. Die Schweiz ist in den entsprechenden wichtigen internationalen Gremien vertreten und an der Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von internationalen Standards beteiligt.</p><p>Bei der Verhandlung von Freihandelsabkommen (FHA) setzen sich die Schweiz und ihre Efta-Partner seit 2010 systematisch dafür ein, dass spezifische verbindliche Bestimmungen zu Arbeitsstandards und Umweltschutz sowie Verweise auf die wichtigsten internationalen Menschenrechtsinstrumente und von Organisationen wie OECD und Uno international anerkannte Richtlinien und Grundsätze in die Abkommen aufgenommen werden. Diese Bestimmungen unterstehen institutionellen Umsetzungs- und Überwachungsverfahren. Jedes von der Schweiz abgeschlossene FHA sieht die Einsetzung eines gemischten Ausschusses vor, der insbesondere die Umsetzung sämtlicher Bestimmungen überwacht, einschliesslich jener zur Nachhaltigkeit. Diese Ausschüsse treffen sich in regelmässigen Abständen. Die Zivilgesellschaft wird in diesen Prozess ebenfalls mit einbezogen.</p><p>Im Falle von Unstimmigkeiten bezüglich der Interpretation oder Anwendung der Bestimmungen des Nachhaltigkeitskapitels kommen die Bestimmungen über das Streitbeilegungsverfahren des FHA teilweise zur Anwendung: Die "einvernehmlichen" Prozeduren des Streitbeilegungsverfahrens, nämlich Konsultationen, Mediation und die Guten Dienste, stehen zur Verfügung. Einzig die letzte Eskalationsstufe des Streitbeilegungsprozesses, das Schiedsverfahren, ist auf das Nachhaltigkeitskapitel nicht anwendbar. Einer der Gründe dafür ist, dass Nachhaltigkeitsbestimmungen in FHA - im Gegensatz zu allen anderen Bestimmungen - nicht auf durchsetzbaren WTO-Verpflichtungen beruhen. Die von der Efta bzw. der Schweiz im Rahmen der Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung vorgeschlagenen materiellen Arbeits- und Umweltstandards beruhen auf internationalen Instrumenten, insbesondere jenen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie multilateralen Umweltabkommen, die ihre eigenen Überwachungsmechanismen enthalten und selber kein Schiedsverfahren vorsehen. Auch angesichts des fehlenden internationalen Konsenses bezüglich der Frage, wie Nachhaltigkeitsbestimmungen in Handelsabkommen integriert werden sollten, ist der Bundesrat überzeugt, dass ein kooperativer Ansatz mit Begleitmassnahmen bessere Resultate verspricht als ein sanktionsbasierter Ansatz. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Schweiz und die Efta-Staaten im Bereich Handel und Nachhaltigkeit einen ähnlichen Ansatz wie die EU verfolgen.</p><p>Der Bundesrat ist bestrebt, die Transparenz bezüglich der Aktivitäten der gemischten Ausschüsse zu verbessern, wie dies die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates empfohlen hat. Der Bericht über die Tätigkeit der gemischten Ausschüsse, welcher bereits im jährlichen aussenwirtschaftspolitischen Bericht enthalten war, wurde ausgebaut. Der Bundesrat ist ausserdem bestrebt, auch in Zukunft Nachhaltigkeitsaspekte bestmöglich zu berücksichtigen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, bei allen künftigen Freihandelsabkommen (FHA) ein verbindliches Nachhaltigkeitskapitel auszuhandeln und dieses wie alle anderen Kapitel den Streitbeilegungsbestimmungen zu unterstellen.</p>
  • Freihandelsabkommen. Streitbeilegungsbestimmungen müssen auch auf das Nachhaltigkeitskapitel anwendbar sein
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Schweiz hat sich dazu verpflichtet, die Sustainable Development Goals sowie das Pariser Klimaabkommen umzusetzen. Zudem verlangt der neue Verfassungsartikel 104a Buchstabe d, dass der Handel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft führen soll, in der Schweiz wie auch im Ausland. Damit diese Ziele erreicht werden, müssen die Freihandelsabkommen ein verbindliches Nachhaltigkeitskapitel enthalten. Dabei müssen insbesondere Auswirkungen der Freihandelsabkommen auf die Bevölkerung, die Landwirtschaft und die Umwelt in der Schweiz und den Partnerländern thematisiert werden.</p><p>In neueren Freihandelsabkommen wurde die Nachhaltigkeit jeweils thematisiert. Jedoch wurde bis anhin das Nachhaltigkeitskapitel nicht den üblichen Streitbeilegungsbestimmungen unterstellt. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, einzig das Nachhaltigkeitskapitel davon auszunehmen. Ansonsten sind es nur leere Worte, die bestenfalls zu einem konstruktiven Gespräch im gemischten Ausschuss führen. </p><p>Allerdings bemängelt die GPK-N in ihrem Bericht vom Juli 2017 (Auswirkungen von Freihandelsabkommen), dass die Arbeit der gemischten Ausschüsse schwierig zu beurteilen sei. Es werden zwar Medienmitteilungen veröffentlicht, doch die genauen Aktivitäten und die Vorgehensweise sind dabei nicht ersichtlich. Öffentlich publizierte Tätigkeitsberichte über die Aktivitäten der gemischten Ausschüsse fehlen. </p><p>Deshalb ist ein Nachhaltigkeitskapitel nur dann verbindlich, wenn bei diesem, wie bei allen anderen Kapiteln, die Streitbeilegungsbestimmungen anwendbar sind. </p><p>Die Schweiz muss ihre Verantwortung wahrnehmen und ihrer Verpflichtung, negative Auswirkungen von Handelsabkommen auf Mensch und Umwelt zu verhindern, nachkommen, auch im Sinne der Kohärenz zwischen Handels- und Entwicklungspolitik.</p>
    • <p>Die Schweiz engagiert sich auf internationaler Ebene aktiv für die Menschenrechte, die sozialen Standards sowie für den Umweltschutz. Das internationale Engagement der Schweiz beruht auf der Überzeugung, dass die Verwirklichung der Menschenrechte und die Einhaltung der Arbeits- und Umweltstandards eine unerlässliche Voraussetzung für eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung zum Wohl jedes Einzelnen ist. Umgekehrt ist eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung auch der Förderung der Menschenrechte, des Arbeitnehmerschutzes und des Umweltschutzes dienlich. Die Schweiz ist in den entsprechenden wichtigen internationalen Gremien vertreten und an der Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von internationalen Standards beteiligt.</p><p>Bei der Verhandlung von Freihandelsabkommen (FHA) setzen sich die Schweiz und ihre Efta-Partner seit 2010 systematisch dafür ein, dass spezifische verbindliche Bestimmungen zu Arbeitsstandards und Umweltschutz sowie Verweise auf die wichtigsten internationalen Menschenrechtsinstrumente und von Organisationen wie OECD und Uno international anerkannte Richtlinien und Grundsätze in die Abkommen aufgenommen werden. Diese Bestimmungen unterstehen institutionellen Umsetzungs- und Überwachungsverfahren. Jedes von der Schweiz abgeschlossene FHA sieht die Einsetzung eines gemischten Ausschusses vor, der insbesondere die Umsetzung sämtlicher Bestimmungen überwacht, einschliesslich jener zur Nachhaltigkeit. Diese Ausschüsse treffen sich in regelmässigen Abständen. Die Zivilgesellschaft wird in diesen Prozess ebenfalls mit einbezogen.</p><p>Im Falle von Unstimmigkeiten bezüglich der Interpretation oder Anwendung der Bestimmungen des Nachhaltigkeitskapitels kommen die Bestimmungen über das Streitbeilegungsverfahren des FHA teilweise zur Anwendung: Die "einvernehmlichen" Prozeduren des Streitbeilegungsverfahrens, nämlich Konsultationen, Mediation und die Guten Dienste, stehen zur Verfügung. Einzig die letzte Eskalationsstufe des Streitbeilegungsprozesses, das Schiedsverfahren, ist auf das Nachhaltigkeitskapitel nicht anwendbar. Einer der Gründe dafür ist, dass Nachhaltigkeitsbestimmungen in FHA - im Gegensatz zu allen anderen Bestimmungen - nicht auf durchsetzbaren WTO-Verpflichtungen beruhen. Die von der Efta bzw. der Schweiz im Rahmen der Bestimmungen über Handel und nachhaltige Entwicklung vorgeschlagenen materiellen Arbeits- und Umweltstandards beruhen auf internationalen Instrumenten, insbesondere jenen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie multilateralen Umweltabkommen, die ihre eigenen Überwachungsmechanismen enthalten und selber kein Schiedsverfahren vorsehen. Auch angesichts des fehlenden internationalen Konsenses bezüglich der Frage, wie Nachhaltigkeitsbestimmungen in Handelsabkommen integriert werden sollten, ist der Bundesrat überzeugt, dass ein kooperativer Ansatz mit Begleitmassnahmen bessere Resultate verspricht als ein sanktionsbasierter Ansatz. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Schweiz und die Efta-Staaten im Bereich Handel und Nachhaltigkeit einen ähnlichen Ansatz wie die EU verfolgen.</p><p>Der Bundesrat ist bestrebt, die Transparenz bezüglich der Aktivitäten der gemischten Ausschüsse zu verbessern, wie dies die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates empfohlen hat. Der Bericht über die Tätigkeit der gemischten Ausschüsse, welcher bereits im jährlichen aussenwirtschaftspolitischen Bericht enthalten war, wurde ausgebaut. Der Bundesrat ist ausserdem bestrebt, auch in Zukunft Nachhaltigkeitsaspekte bestmöglich zu berücksichtigen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, bei allen künftigen Freihandelsabkommen (FHA) ein verbindliches Nachhaltigkeitskapitel auszuhandeln und dieses wie alle anderen Kapitel den Streitbeilegungsbestimmungen zu unterstellen.</p>
    • Freihandelsabkommen. Streitbeilegungsbestimmungen müssen auch auf das Nachhaltigkeitskapitel anwendbar sein

Back to List