Verrechnungssteuer. Die Gelder der Sparerinnen und Sparer, der KMU und der Kapitalmärkte sollen nicht mehr in der Bundeskasse parkiert werden

ShortId
19.428
Id
20190428
Updated
01.07.2023 10:13
Language
de
Title
Verrechnungssteuer. Die Gelder der Sparerinnen und Sparer, der KMU und der Kapitalmärkte sollen nicht mehr in der Bundeskasse parkiert werden
AdditionalIndexing
2446;04;24
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Diese parlamentarische Initiative verfolgt einen dreifachen Zweck:</p><p>1. Die Liquidität, die durch Kapitalerträge generiert wird, soll vollumfänglich bei der Empfängerin oder dem Empfänger bleiben. Dies soll erreicht werden, indem der Anwendungsbereich des Meldeverfahrens, das an die Stelle der Steuerentrichtung tritt, ausgeweitet wird und dieses Verfahren für Kapitalerträge generell eingeführt wird. Es sei daran erinnert, dass bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung ständig durchschnittlich über 10 Milliarden Franken liegen, die auf ihre Rückerstattung warten!</p><p>2. Für alle Beteiligten - Empfängerinnen und Empfänger der Kapitalerträge, Schuldner und Steuerbehörden - sollen mithilfe eines einfacheren und flexibleren Meldeverfahrens unnütze bürokratische Hürden beseitigt werden. Die Digitalisierung bietet heute sicherlich zweckmässige Lösungen dafür.</p><p>3. Der Schweizer Kapitalmarkt soll für ausländische Investoren attraktiver werden.</p><p>Die Verrechnungssteuer wurde mit dem Bundesratsbeschluss vom 1. September 1943 auf den 1. Januar 1944 eingeführt. Seit ihrer Einführung ist sie darauf ausgerichtet, dass steuerpflichtige Personen mit Wohnsitz in der Schweiz ihre verrechnungssteuerpflichtigen Erträge und das zugrundeliegende Vermögen korrekt angeben. Dieses Ziel wird mit einer Besteuerung an der Quelle erreicht. Der Schuldner der Erträge, die der Verrechnungssteuer unterliegen, erhebt automatisch 35 Prozent der Erträge und überweist diesen Betrag an die Eidgenössische Steuerverwaltung. Mit dem Zurückbehalten dieser 35 Prozent soll die steuerpflichtige Person dazu veranlasst werden, die betreffenden Erträge korrekt anzugeben, denn dann erhält sie normalerweise den an der Quelle vom Schuldner erhobenen Betrag zurück. So gesehen hat die Verrechnungssteuer eine Garantiefunktion; sie soll die steuerpflichtigen Personen, die ihre Steuererklärung für die direkten Steuern auf dem Einkommen und dem Vermögen korrekt ausfüllen, nicht definitiv belasten. Doch für diese steuerpflichtigen Personen - zu denen Kleinsparerinnen und -sparer, KMU usw. gehören - wirkt sich die Verrechnungssteuer so aus, dass sie ihnen für eine gewisse Zeit (Monate oder teilweise sogar Jahre!) die Liquidität nimmt; dabei geht es oft um hohe Beträge. </p><p>Auf der internationalen Ebene hat die Verrechnungssteuer weniger eine Garantiefunktion, sondern hier ist sie eher als definitive Steuer konzipiert, die den Charakter einer eigentlichen Einkommenssteuer hat und bestimmte in der Schweiz erzielte Erträge von Steuerpflichtigen mit Wohnsitz im Ausland betrifft. Es ist unbestritten, dass die Schweiz als Quellenstaat das Recht hat, die Steuer zu erheben, auch wenn dieses Recht in vielen Fällen eingeschränkt wird durch ein Doppelbesteuerungsabkommen, das die Schweiz mit dem Wohnsitzstaat der betreffenden Person abgeschlossen hat. Steuerpflichtige Personen in einem Staat, der ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz abgeschlossen hat, haben Anrecht auf eine teilweise oder vollständige Rückerstattung der Verrechnungssteuer. Problematisch für viele Steuerpflichtige aus dem Ausland, insbesondere für institutionelle Investoren, ist jedoch nicht nur der Rückbehalt der liquiden Mittel, die zum Zeitpunkt, zu dem die Erträge erzielt werden, nicht sofort verfügbar sind. Für diese Steuerpflichtigen sind die Formalitäten, die gestützt auf das anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen für die teilweise oder vollständige Rückerstattung der Verrechnungssteuer nötig sind, eine zu grosse administrative Hürde oder zumindest so abschreckend, dass diese Steuerpflichtigen nicht mehr in der Schweiz investieren. Dieser unerwünschte Effekt der Verrechnungssteuer auf internationaler Ebene ist besonders ungünstig für den Schweizer Kapitalmarkt und für die Schweizer Wirtschaft generell.</p><p>Für die Erträge des beweglichen Kapitalvermögens erfüllt der Schuldner der steuerbaren Leistung seine Steuerpflicht grundsätzlich mit der Erhebung und Entrichtung der Verrechnungssteuer. Das Verrechnungssteuergesetz sieht bereits heute ein Meldeverfahren anstelle der Steuerentrichtung vor, wenn die Empfängerin oder der Empfänger der besteuerten Leistung einwilligt. Bei Kapitalerträgen ist das Meldeverfahren möglich, wenn die Steuerentrichtung zu unnötigen Umtrieben oder zu einer offenbaren Härte führt. Dem Schuldner der steuerbaren Leistung kann gestattet werden, seine Steuerpflicht durch Meldung der steuerbaren Leistung zu erfüllen (Art. 20 Abs. 1 VStG). Für Erträge des beweglichen Kapitalvermögens schränken die Artikel 24 bis 26a der Verrechnungssteuerverordnung (SR 642.211) den Anwendungsbereich des Meldeverfahrens jedoch auf bestimmte Fälle ein. Eine solche Einschränkung schiesst über das Ziel hinaus und lässt sich nicht mehr rechtfertigen. Bei den Versicherungsleistungen ist das Meldeverfahren übrigens der Normalfall, und der Schuldner der Versicherungsleistung erhebt die Verrechnungssteuer nur dann, wenn die Leistungsempfängerin oder der Leistungsempfänger Einspruch gegen die Meldung erhebt (Art. 19 Abs. 1 VStG).</p><p>Diese parlamentarische Initiative verlangt, dass das Meldeverfahren auf freiwilliger Basis zum Regelfall wird und für alle Steuerpflichtigen und für alle Erträge des beweglichen Kapitalvermögens gelten soll. Dadurch wird die Garantiefunktion der Verrechnungssteuer nicht beeinträchtigt, und es werden weder neue Verantwortlichkeiten noch neue Pflichten für die Schuldner der steuerbaren Leistungen eingeführt. </p><p>Was die konkrete Umsetzung dieser Verallgemeinerung des Meldeverfahrens betrifft, so lassen es die heute verfügbaren technischen Mittel leicht zu, dass die Einwilligung der steuerpflichtigen Person erfasst wird und dass für Empfängerinnen und Empfänger mit Wohnsitz in der Schweiz die steuerbaren Leistungen direkt der Steuerbehörde gemeldet werden beziehungsweise dass für Empfängerinnen und Empfänger mit Wohnsitz im Ausland die Verrechnungssteuer zu dem im entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Steuersatz erhoben wird. Die vorgeschlagene Reform ist also nicht mit zu viel Aufwand verbunden, weder was ihre Umsetzung auf gesetzgeberischer Ebene noch was ihre praktische Anwendung betrifft.</p>
  • <p>Es ist eine Regelung auszuarbeiten, wonach der Anwendungsbereich der Meldung, die an die Stelle der Entrichtung der Verrechnungssteuer tritt, so ausgeweitet wird, dass für sämtliche Erträge des beweglichen Kapitalvermögens das System der freiwilligen Meldung gilt. Das Meldeverfahren muss stärker vereinfacht werden.</p><p>Neben anderen Massnahmen ist insbesondere das Verrechnungssteuergesetz (VStG; SR 642.21) wie folgt anzupassen:</p><p>Art. 20</p><p>Abs. 1</p><p>Die steuerpflichtige Person kann ihre Steuerpflicht durch Meldung der steuerbaren Leistung erfüllen.</p><p>Abs. 2</p><p>Der Bundesrat regelt das Verfahren für die Meldung der steuerbaren Leistung anstelle der Steuerentrichtung für sämtliche Erträge beweglichen Kapitalvermögens.</p><p>Abs. 3</p><p>...</p>
  • Verrechnungssteuer. Die Gelder der Sparerinnen und Sparer, der KMU und der Kapitalmärkte sollen nicht mehr in der Bundeskasse parkiert werden
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Diese parlamentarische Initiative verfolgt einen dreifachen Zweck:</p><p>1. Die Liquidität, die durch Kapitalerträge generiert wird, soll vollumfänglich bei der Empfängerin oder dem Empfänger bleiben. Dies soll erreicht werden, indem der Anwendungsbereich des Meldeverfahrens, das an die Stelle der Steuerentrichtung tritt, ausgeweitet wird und dieses Verfahren für Kapitalerträge generell eingeführt wird. Es sei daran erinnert, dass bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung ständig durchschnittlich über 10 Milliarden Franken liegen, die auf ihre Rückerstattung warten!</p><p>2. Für alle Beteiligten - Empfängerinnen und Empfänger der Kapitalerträge, Schuldner und Steuerbehörden - sollen mithilfe eines einfacheren und flexibleren Meldeverfahrens unnütze bürokratische Hürden beseitigt werden. Die Digitalisierung bietet heute sicherlich zweckmässige Lösungen dafür.</p><p>3. Der Schweizer Kapitalmarkt soll für ausländische Investoren attraktiver werden.</p><p>Die Verrechnungssteuer wurde mit dem Bundesratsbeschluss vom 1. September 1943 auf den 1. Januar 1944 eingeführt. Seit ihrer Einführung ist sie darauf ausgerichtet, dass steuerpflichtige Personen mit Wohnsitz in der Schweiz ihre verrechnungssteuerpflichtigen Erträge und das zugrundeliegende Vermögen korrekt angeben. Dieses Ziel wird mit einer Besteuerung an der Quelle erreicht. Der Schuldner der Erträge, die der Verrechnungssteuer unterliegen, erhebt automatisch 35 Prozent der Erträge und überweist diesen Betrag an die Eidgenössische Steuerverwaltung. Mit dem Zurückbehalten dieser 35 Prozent soll die steuerpflichtige Person dazu veranlasst werden, die betreffenden Erträge korrekt anzugeben, denn dann erhält sie normalerweise den an der Quelle vom Schuldner erhobenen Betrag zurück. So gesehen hat die Verrechnungssteuer eine Garantiefunktion; sie soll die steuerpflichtigen Personen, die ihre Steuererklärung für die direkten Steuern auf dem Einkommen und dem Vermögen korrekt ausfüllen, nicht definitiv belasten. Doch für diese steuerpflichtigen Personen - zu denen Kleinsparerinnen und -sparer, KMU usw. gehören - wirkt sich die Verrechnungssteuer so aus, dass sie ihnen für eine gewisse Zeit (Monate oder teilweise sogar Jahre!) die Liquidität nimmt; dabei geht es oft um hohe Beträge. </p><p>Auf der internationalen Ebene hat die Verrechnungssteuer weniger eine Garantiefunktion, sondern hier ist sie eher als definitive Steuer konzipiert, die den Charakter einer eigentlichen Einkommenssteuer hat und bestimmte in der Schweiz erzielte Erträge von Steuerpflichtigen mit Wohnsitz im Ausland betrifft. Es ist unbestritten, dass die Schweiz als Quellenstaat das Recht hat, die Steuer zu erheben, auch wenn dieses Recht in vielen Fällen eingeschränkt wird durch ein Doppelbesteuerungsabkommen, das die Schweiz mit dem Wohnsitzstaat der betreffenden Person abgeschlossen hat. Steuerpflichtige Personen in einem Staat, der ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz abgeschlossen hat, haben Anrecht auf eine teilweise oder vollständige Rückerstattung der Verrechnungssteuer. Problematisch für viele Steuerpflichtige aus dem Ausland, insbesondere für institutionelle Investoren, ist jedoch nicht nur der Rückbehalt der liquiden Mittel, die zum Zeitpunkt, zu dem die Erträge erzielt werden, nicht sofort verfügbar sind. Für diese Steuerpflichtigen sind die Formalitäten, die gestützt auf das anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen für die teilweise oder vollständige Rückerstattung der Verrechnungssteuer nötig sind, eine zu grosse administrative Hürde oder zumindest so abschreckend, dass diese Steuerpflichtigen nicht mehr in der Schweiz investieren. Dieser unerwünschte Effekt der Verrechnungssteuer auf internationaler Ebene ist besonders ungünstig für den Schweizer Kapitalmarkt und für die Schweizer Wirtschaft generell.</p><p>Für die Erträge des beweglichen Kapitalvermögens erfüllt der Schuldner der steuerbaren Leistung seine Steuerpflicht grundsätzlich mit der Erhebung und Entrichtung der Verrechnungssteuer. Das Verrechnungssteuergesetz sieht bereits heute ein Meldeverfahren anstelle der Steuerentrichtung vor, wenn die Empfängerin oder der Empfänger der besteuerten Leistung einwilligt. Bei Kapitalerträgen ist das Meldeverfahren möglich, wenn die Steuerentrichtung zu unnötigen Umtrieben oder zu einer offenbaren Härte führt. Dem Schuldner der steuerbaren Leistung kann gestattet werden, seine Steuerpflicht durch Meldung der steuerbaren Leistung zu erfüllen (Art. 20 Abs. 1 VStG). Für Erträge des beweglichen Kapitalvermögens schränken die Artikel 24 bis 26a der Verrechnungssteuerverordnung (SR 642.211) den Anwendungsbereich des Meldeverfahrens jedoch auf bestimmte Fälle ein. Eine solche Einschränkung schiesst über das Ziel hinaus und lässt sich nicht mehr rechtfertigen. Bei den Versicherungsleistungen ist das Meldeverfahren übrigens der Normalfall, und der Schuldner der Versicherungsleistung erhebt die Verrechnungssteuer nur dann, wenn die Leistungsempfängerin oder der Leistungsempfänger Einspruch gegen die Meldung erhebt (Art. 19 Abs. 1 VStG).</p><p>Diese parlamentarische Initiative verlangt, dass das Meldeverfahren auf freiwilliger Basis zum Regelfall wird und für alle Steuerpflichtigen und für alle Erträge des beweglichen Kapitalvermögens gelten soll. Dadurch wird die Garantiefunktion der Verrechnungssteuer nicht beeinträchtigt, und es werden weder neue Verantwortlichkeiten noch neue Pflichten für die Schuldner der steuerbaren Leistungen eingeführt. </p><p>Was die konkrete Umsetzung dieser Verallgemeinerung des Meldeverfahrens betrifft, so lassen es die heute verfügbaren technischen Mittel leicht zu, dass die Einwilligung der steuerpflichtigen Person erfasst wird und dass für Empfängerinnen und Empfänger mit Wohnsitz in der Schweiz die steuerbaren Leistungen direkt der Steuerbehörde gemeldet werden beziehungsweise dass für Empfängerinnen und Empfänger mit Wohnsitz im Ausland die Verrechnungssteuer zu dem im entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Steuersatz erhoben wird. Die vorgeschlagene Reform ist also nicht mit zu viel Aufwand verbunden, weder was ihre Umsetzung auf gesetzgeberischer Ebene noch was ihre praktische Anwendung betrifft.</p>
    • <p>Es ist eine Regelung auszuarbeiten, wonach der Anwendungsbereich der Meldung, die an die Stelle der Entrichtung der Verrechnungssteuer tritt, so ausgeweitet wird, dass für sämtliche Erträge des beweglichen Kapitalvermögens das System der freiwilligen Meldung gilt. Das Meldeverfahren muss stärker vereinfacht werden.</p><p>Neben anderen Massnahmen ist insbesondere das Verrechnungssteuergesetz (VStG; SR 642.21) wie folgt anzupassen:</p><p>Art. 20</p><p>Abs. 1</p><p>Die steuerpflichtige Person kann ihre Steuerpflicht durch Meldung der steuerbaren Leistung erfüllen.</p><p>Abs. 2</p><p>Der Bundesrat regelt das Verfahren für die Meldung der steuerbaren Leistung anstelle der Steuerentrichtung für sämtliche Erträge beweglichen Kapitalvermögens.</p><p>Abs. 3</p><p>...</p>
    • Verrechnungssteuer. Die Gelder der Sparerinnen und Sparer, der KMU und der Kapitalmärkte sollen nicht mehr in der Bundeskasse parkiert werden

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