Langfristige Stromversorgungssicherheit. Sicherstellung und Klärung der Verantwortlichkeiten

ShortId
19.3004
Id
20193004
Updated
28.07.2023 14:36
Language
de
Title
Langfristige Stromversorgungssicherheit. Sicherstellung und Klärung der Verantwortlichkeiten
AdditionalIndexing
66;15
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Aufgrund des in der Energiestrategie 2050 (ES 2050) vorgesehenen schrittweisen Ausstiegs aus der Kernenergie sinkt der Anteil der Stromproduktion im Inland, und die Schweiz ist künftig verstärkt auf Stromimporte angewiesen. Gleichzeitig wird die Exportfähigkeit der Nachbarländer nicht mehr jederzeit gewährleistet sein, da in diesen Ländern ein massiver Abbau von gesicherter Kapazität aus Kohle und Kernenergie absehbar ist. Zudem kann die Schweiz nicht am EU-Strombinnenmarkt teilnehmen, solange kein Stromabkommen abgeschlossen ist, was neben der Beeinträchtigung der Importkapazitäten weitere unerwünschte Folgen hat.</p><p>Das Energiegesetz umfasst Richtwerte für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien (total 11,4 Terawattstunden im Jahr 2035) und der Wasserkraft (Zubau von mindestens 2 Terawattstunden sowie Kompensation der Verluste durch Klimawandel und Restwassersanierung), welche eine entsprechende Inlandversorgung gewährleisten sollen. Das Parlament hat die diesbezüglichen Förderinstrumente zeitlich befristet, um eine Neuausrichtung zu ermöglichen. Das Energiegesetz sieht deshalb bis 2019 explizit die Erarbeitung einer Nachfolgelösung vor. Der ursprünglich vorgesehene Übergang zu einem Lenkungssystem wurde verworfen.</p><p>Bereits heute ist absehbar, dass die Richtwerte gemäss Energiegesetz (bezüglich Windkraft und Geothermie, welche im Winter einen Produktionsbeitrag leisten würden) nicht erreicht werden, die Verfügbarkeit der bestehenden Wasserkraft und der Zubau nicht sichergestellt sind und die Exportfähigkeit der Nachbarländer zunehmend fraglich wird. Kommt erschwerend dazu, dass die Reduktion des Stromverbrauchs mit künftig zunehmender Elektrifizierung nicht im angepeilten Umfang erreicht werden kann und im Bereich der Stromproduktion durch WKK-Anlagen eine massive Ungleichbehandlung inländischer Produktionsanlagen aufgrund hoher CO2-Belastungen besteht.</p><p>Zudem wird sich ein weiterhin fehlendes bilaterales Stromabkommen mit der EU zusätzlich negativ auf die Versorgungssituation der Schweiz auswirken.</p><p>Die Elcom hält in ihrer Einschätzung zur Versorgungssicherheit am 31. Mai 2018 fest, dass aus Stabilitätsgründen dafür zu sorgen sei, dass ein substanzieller Teil der wegfallenden Winterproduktion aus Kernkraft weiterhin im Inland produziert werde. Am 29. November 2018 fordert die Elcom erneut neben der strategischen Reserve weitere Massnahmen, um auch in Zukunft eine substanzielle Energieproduktion in der Schweiz im Winterhalbjahr aufrechtzuerhalten.</p><p>Hinsichtlich der Zielerreichung der ES 2050 sowie der Sicherstellung eines angemessenen inländischen Produktionsanteils zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit besteht daher ein Vakuum. Es braucht Rahmenbedingungen, welche diese Herausforderungen angehen. Der bisher sehr eng auf eine Speicherreserve gefasste Fokus vermag dies nicht zu gewährleisten. Es ist aufzuzeigen, wie der angestrebte Zubau der erneuerbaren Energien und die Gewährleistung der Verfügbarkeit von Produktion im Inland sichergestellt werden kann. Dabei ist zu bedenken, dass sich die vorgesehene Verbrauchsentwicklung beim Strom aufgrund der Dekarbonisierung nicht wie angestrebt realisieren könnte.</p><p>Die Zuständigkeiten für die Versorgungssicherheit sind seit der Teilmarktliberalisierung für Strom nicht mehr eindeutig zugewiesen. Durch die Entflechtung im Strombereich ist der Netzbetrieb von den übrigen Tätigkeitsbereichen getrennt worden. Die Zahl der Akteure hat zugenommen. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass kein Konsens mehr besteht bezüglich einer integralen Gesamtverantwortung für die Stromversorgungssicherheit. Unter der Prämisse, dass die Energieversorgung im Allgemeinen und die Stromversorgung im Speziellen für die Volkswirtschaft von entscheidender Bedeutung sind, stellt sich die Kardinalfrage, wer heute und morgen die politische und wirtschaftliche Verantwortung, die Stromversorgung der Schweiz zu gewährleisten, trägt. Die Elcom hat im erwähnten Bericht eine Beurteilung beschrieben. Der Bundesrat wird angehalten, diese Betrachtungen zu übernehmen.</p>
  • <p>Der Bundesrat erachtet die vorgebrachten Anliegen an das Marktmodell als sinnvoll. Er wird in diesem Zusammenhang zudem analysieren, welche zusätzlichen Elemente zu den Rollen und Verantwortlichkeiten bezüglich der Versorgungssicherheit ins Gesetz aufgenommen werden sollten. </p> Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, im Rahmen der Revision des StromVG:</p><p>1. eine Marktordnung zu unterbreiten, welche die langfristige Versorgungssicherheit durch eine angemessene Inlandproduktion gewährleistet. Die Marktordnung berücksichtigt dabei die Zielsetzungen der Energiestrategie 2050 (ES 2050), die Zielsetzungen zur Senkung des CO2-Ausstosses unter Berücksichtigung des importierten Stromes, die Veränderung der Marktstruktur, die sinkende Exportfähigkeit der umliegenden Länder sowie die jahreszeitlichen Produktions- und Verbrauchsprofile. Die neue Marktordnung muss einen Markt (und einen Preis) für die Versorgungssicherheit und die Systemstabilität schaffen, mit dem Ziel, langfristige Anreize für Investitionen (Erhaltungs- und Erneuerungsinvestitionen) in diese zu gewähren. Sie muss zudem die geforderte Wirkung auch entfalten, falls kein Stromabkommen zustande kommen sollte. Es soll darauf geachtet werden, dass das Marktmodell kein reines Kapazitätsmodell darstellt und die bestehenden Produktionskapazitäten (ohne Kernkraft) nicht kannibalisiert werden;</p><p>2. die Einschätzung der Elcom, die in ihrem Bericht zur Winterkrise 2015/16 die Rollen und Verantwortlichkeiten bezüglich der Versorgungssicherheit auf den Seiten 17 bis 20 beschrieben hat, zu würdigen und zu bestätigen. Auf Basis dieser Analyse sollen die Rollen und Verantwortlichkeiten im Bereich der Stromversorgungssicherheit gesetzgeberisch geklärt werden, um den verschiedenen Akteuren der Energiewirtschaft Entscheid- und Planungssicherheit zu gewährleisten.</p>
  • Langfristige Stromversorgungssicherheit. Sicherstellung und Klärung der Verantwortlichkeiten
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Aufgrund des in der Energiestrategie 2050 (ES 2050) vorgesehenen schrittweisen Ausstiegs aus der Kernenergie sinkt der Anteil der Stromproduktion im Inland, und die Schweiz ist künftig verstärkt auf Stromimporte angewiesen. Gleichzeitig wird die Exportfähigkeit der Nachbarländer nicht mehr jederzeit gewährleistet sein, da in diesen Ländern ein massiver Abbau von gesicherter Kapazität aus Kohle und Kernenergie absehbar ist. Zudem kann die Schweiz nicht am EU-Strombinnenmarkt teilnehmen, solange kein Stromabkommen abgeschlossen ist, was neben der Beeinträchtigung der Importkapazitäten weitere unerwünschte Folgen hat.</p><p>Das Energiegesetz umfasst Richtwerte für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien (total 11,4 Terawattstunden im Jahr 2035) und der Wasserkraft (Zubau von mindestens 2 Terawattstunden sowie Kompensation der Verluste durch Klimawandel und Restwassersanierung), welche eine entsprechende Inlandversorgung gewährleisten sollen. Das Parlament hat die diesbezüglichen Förderinstrumente zeitlich befristet, um eine Neuausrichtung zu ermöglichen. Das Energiegesetz sieht deshalb bis 2019 explizit die Erarbeitung einer Nachfolgelösung vor. Der ursprünglich vorgesehene Übergang zu einem Lenkungssystem wurde verworfen.</p><p>Bereits heute ist absehbar, dass die Richtwerte gemäss Energiegesetz (bezüglich Windkraft und Geothermie, welche im Winter einen Produktionsbeitrag leisten würden) nicht erreicht werden, die Verfügbarkeit der bestehenden Wasserkraft und der Zubau nicht sichergestellt sind und die Exportfähigkeit der Nachbarländer zunehmend fraglich wird. Kommt erschwerend dazu, dass die Reduktion des Stromverbrauchs mit künftig zunehmender Elektrifizierung nicht im angepeilten Umfang erreicht werden kann und im Bereich der Stromproduktion durch WKK-Anlagen eine massive Ungleichbehandlung inländischer Produktionsanlagen aufgrund hoher CO2-Belastungen besteht.</p><p>Zudem wird sich ein weiterhin fehlendes bilaterales Stromabkommen mit der EU zusätzlich negativ auf die Versorgungssituation der Schweiz auswirken.</p><p>Die Elcom hält in ihrer Einschätzung zur Versorgungssicherheit am 31. Mai 2018 fest, dass aus Stabilitätsgründen dafür zu sorgen sei, dass ein substanzieller Teil der wegfallenden Winterproduktion aus Kernkraft weiterhin im Inland produziert werde. Am 29. November 2018 fordert die Elcom erneut neben der strategischen Reserve weitere Massnahmen, um auch in Zukunft eine substanzielle Energieproduktion in der Schweiz im Winterhalbjahr aufrechtzuerhalten.</p><p>Hinsichtlich der Zielerreichung der ES 2050 sowie der Sicherstellung eines angemessenen inländischen Produktionsanteils zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit besteht daher ein Vakuum. Es braucht Rahmenbedingungen, welche diese Herausforderungen angehen. Der bisher sehr eng auf eine Speicherreserve gefasste Fokus vermag dies nicht zu gewährleisten. Es ist aufzuzeigen, wie der angestrebte Zubau der erneuerbaren Energien und die Gewährleistung der Verfügbarkeit von Produktion im Inland sichergestellt werden kann. Dabei ist zu bedenken, dass sich die vorgesehene Verbrauchsentwicklung beim Strom aufgrund der Dekarbonisierung nicht wie angestrebt realisieren könnte.</p><p>Die Zuständigkeiten für die Versorgungssicherheit sind seit der Teilmarktliberalisierung für Strom nicht mehr eindeutig zugewiesen. Durch die Entflechtung im Strombereich ist der Netzbetrieb von den übrigen Tätigkeitsbereichen getrennt worden. Die Zahl der Akteure hat zugenommen. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass kein Konsens mehr besteht bezüglich einer integralen Gesamtverantwortung für die Stromversorgungssicherheit. Unter der Prämisse, dass die Energieversorgung im Allgemeinen und die Stromversorgung im Speziellen für die Volkswirtschaft von entscheidender Bedeutung sind, stellt sich die Kardinalfrage, wer heute und morgen die politische und wirtschaftliche Verantwortung, die Stromversorgung der Schweiz zu gewährleisten, trägt. Die Elcom hat im erwähnten Bericht eine Beurteilung beschrieben. Der Bundesrat wird angehalten, diese Betrachtungen zu übernehmen.</p>
    • <p>Der Bundesrat erachtet die vorgebrachten Anliegen an das Marktmodell als sinnvoll. Er wird in diesem Zusammenhang zudem analysieren, welche zusätzlichen Elemente zu den Rollen und Verantwortlichkeiten bezüglich der Versorgungssicherheit ins Gesetz aufgenommen werden sollten. </p> Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, im Rahmen der Revision des StromVG:</p><p>1. eine Marktordnung zu unterbreiten, welche die langfristige Versorgungssicherheit durch eine angemessene Inlandproduktion gewährleistet. Die Marktordnung berücksichtigt dabei die Zielsetzungen der Energiestrategie 2050 (ES 2050), die Zielsetzungen zur Senkung des CO2-Ausstosses unter Berücksichtigung des importierten Stromes, die Veränderung der Marktstruktur, die sinkende Exportfähigkeit der umliegenden Länder sowie die jahreszeitlichen Produktions- und Verbrauchsprofile. Die neue Marktordnung muss einen Markt (und einen Preis) für die Versorgungssicherheit und die Systemstabilität schaffen, mit dem Ziel, langfristige Anreize für Investitionen (Erhaltungs- und Erneuerungsinvestitionen) in diese zu gewähren. Sie muss zudem die geforderte Wirkung auch entfalten, falls kein Stromabkommen zustande kommen sollte. Es soll darauf geachtet werden, dass das Marktmodell kein reines Kapazitätsmodell darstellt und die bestehenden Produktionskapazitäten (ohne Kernkraft) nicht kannibalisiert werden;</p><p>2. die Einschätzung der Elcom, die in ihrem Bericht zur Winterkrise 2015/16 die Rollen und Verantwortlichkeiten bezüglich der Versorgungssicherheit auf den Seiten 17 bis 20 beschrieben hat, zu würdigen und zu bestätigen. Auf Basis dieser Analyse sollen die Rollen und Verantwortlichkeiten im Bereich der Stromversorgungssicherheit gesetzgeberisch geklärt werden, um den verschiedenen Akteuren der Energiewirtschaft Entscheid- und Planungssicherheit zu gewährleisten.</p>
    • Langfristige Stromversorgungssicherheit. Sicherstellung und Klärung der Verantwortlichkeiten

Back to List