Gesundheitsgefährdende Nanopartikel als Lebensmittelzusatzstoffe verbieten

ShortId
19.3457
Id
20193457
Updated
28.07.2023 02:22
Language
de
Title
Gesundheitsgefährdende Nanopartikel als Lebensmittelzusatzstoffe verbieten
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1./3./4. In der Schweiz ist die Verwendung von Titandioxid (E 171) als Farbstoff in den Anhängen der Zusatzstoffverordnung (SR 817.022.31) geregelt. Dasselbe gilt für den vielseitig verwendbaren Zusatzstoff Siliziumdioxid (E 551). Die Verordnung legt insbesondere die Anwendungsbedingungen und die zulässigen Höchstmengen fest. Diese Anforderungen stellen den Gesundheitsschutz der Konsumentinnen und Konsumenten sicher. Die rechtlichen Vorgaben werden regelmässig dem Stand von Wissenschaft und Technik sowie dem Recht der wichtigsten Handelspartner der Schweiz angepasst. Sollten neue wissenschaftliche Grundlagen die Sicherheit von Titandioxid oder Siliziumdioxid infrage stellen, wird das Schweizer Recht entsprechend angepasst. </p><p>Frankreich beabsichtigt, das Inverkehrbringen von titandioxidhaltigen Lebensmitteln per 1. Januar 2020 für ein Jahr auszusetzen, und stützt sich dabei auf ein Gutachten der französischen Risikobeurteilungsbehörde Anses, in welcher zusätzliche toxikologische Daten über die möglichen Auswirkungen der Aufnahme von E 171 gefordert werden. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (Efsa) hat die Sicherheit von Titandioxid in zwei aktuellen Stellungnahmen neu beurteilt und bestätigt. Sie hat auch die Stellungnahme der Anses analysiert und festgehalten, dass sich daraus keine neuen Erkenntnisse oder belastenden wissenschaftlichen Argumente ergeben. Die Efsa unterstützt jedoch die Forderung nach weiterführenden Studien, welche voraussichtlich Mitte 2020 abgeschlossen sein und anschliessend von der Efsa bewertet werden. Der Bundesrat erachtet es aufgrund der aktuell verfügbaren Daten und Beurteilungen durch die Efsa als nicht gerechtfertigt, das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit Titandioxid zu verbieten oder für ein Jahr auszusetzen. Er verfolgt aber die Entwicklungen und wird gegebenenfalls Massnahmen treffen. </p><p>2. Das Zusatzstoffrecht ist unmittelbar geltendes EU-Recht. Das bedeutet, dass es in der EU keine nationalen Regelungen für Zusatzstoffe gibt. Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass ein Zusatzstoff ein "ernstes Risiko für die Gesundheit" darstellt, hat die EU-Kommission aber nicht entsprechend gehandelt, kann er auch im Alleingang eine "vorläufige Schutzmassnahme" erlassen. Das hat Frankreich nun für Titandioxid E 171 getan. Damit diese Aussetzung in Kraft treten kann, muss sie von der EU-Kommission gutgeheissen werden. Aufgrund der eindeutigen Stellungnahmen der Efsa zu Titandioxid (siehe oben) erscheint die Zustimmung der EU-Kommission indes fraglich. Sollte die Aussetzung in Frankreich tatsächlich in Kraft treten, müssten Schweizer Exporteurinnen und Exporteure die französischen Anforderungen erfüllen, was Zusatzkosten verursachen könnte. </p><p>5. Im Lebensmittelbereich wurden einige Massnahmen des Aktionsplans Synthetische Nanomaterialien bereits umgesetzt. Zutaten in Form von technisch hergestellten Nanomaterialien müssen im Verzeichnis der Zutaten den Vermerk "Nano" tragen. Hierfür gilt eine Übergangsfrist bis 1. Mai 2021. Für neuartige, technisch hergestellte Nanomaterialien in Lebensmitteln gilt seit 1. Mai 2017 eine Bewilligungspflicht. Im Übrigen wird der Aktionsplan bis Ende 2019 umgesetzt. Die mit der Umsetzung beauftragten Bundesstellen werden nach Abschluss der Arbeiten darüber informieren.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Lebensmittelzusatzstoff E171 enthält Titandioxid (TiO2) in Form von Nanopartikeln. Deshalb wird er in Frankreich ab dem 1. Januar 2020 in Lebensmitteln verboten. E171 ist ein Lebensmittelzusatzstoff, der als Weissmacher in Lebensmitteln eingesetzt wird, etwa zum Aufhellen von Süsswaren, Käse oder Saucen. Neben Lebensmitteln wird Titandioxid auch in Medikamenten eingesetzt, um Pillen eine weisse Farbe zu verleihen. Auch in Kosmetikartikeln, in Zahnpasta und Pflegeprodukten kommt der Farbstoff E171 wegen seiner hohen weissen Deckkraft häufig zur Anwendung. Lebensmittelzusatzstoffe wie E171 (Titandioxid, TiO2) und E551 (Siliziumdioxid, SiO2) werden bereits seit vielen Jahren eingesetzt und werden daher als unbedenklich eingestuft. Forschungsergebnisse zeigen, dass mit dem heutigen Wissen die Toxizität neu beurteilt werden muss. Eine Studie von 2017 hat bei Ratten aufgezeigt, dass die Nanofraktion in E171 die Darmschranke durchqueren und in die Leber gelangen kann. Dies kann zu Immunfunktionsstörungen führen. Eine chronische orale Exposition gegenüber E171 löste bei 40 Prozent der Ratten spontane Läsionen im Dickdarm aus, die unter Umständen Vorläufer von Karzinomen sein können. </p><p>Die französischen Behörden begründen ihr Verbot mit der Tatsache, dass die Datenlage für die Risikobewertung der Verwendung des Zusatzstoffs E171 (Titandioxid) nach wie vor mangelhaft und die Sicherheit nicht gewährleistet sei. Auch der Schlussbericht des NFP 64 zu Nanomaterialien von 2017 kommt zum Schluss, dass weiterhin Wissenslücken bestehen und zusätzliche Forschungsanstrengungen unabdingbar sind.</p><p>Ich bitte den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Wie beurteilt der Bundesrat das Verbot in Frankreich bezüglich Gesundheitsschutz der Bevölkerung? </p><p>2. Welche Folgen könnte das Verbot für Schweizer Exporte nach Frankreich haben?</p><p>3. Prüft er ein analoges Verbot für die Schweiz?</p><p>4. Welche Massnahmen hat er geplant oder bereits ergriffen, um die fehlende Datengrundlage für die Risikobeurteilung von E171 und E551 zu erarbeiten?</p><p>5. In seiner Stellungnahme zur Interpellation 17.3674 verweist er auf den 2008 verabschiedeten Aktionsplan Synthetische Nanomaterialien, der die für einen sicheren Umgang mit Nanomaterialien nötigen Massnahmen präzisiert und bis 2019 läuft. Wie ist der Stand dieser Umsetzungsarbeiten?</p>
  • Gesundheitsgefährdende Nanopartikel als Lebensmittelzusatzstoffe verbieten
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1./3./4. In der Schweiz ist die Verwendung von Titandioxid (E 171) als Farbstoff in den Anhängen der Zusatzstoffverordnung (SR 817.022.31) geregelt. Dasselbe gilt für den vielseitig verwendbaren Zusatzstoff Siliziumdioxid (E 551). Die Verordnung legt insbesondere die Anwendungsbedingungen und die zulässigen Höchstmengen fest. Diese Anforderungen stellen den Gesundheitsschutz der Konsumentinnen und Konsumenten sicher. Die rechtlichen Vorgaben werden regelmässig dem Stand von Wissenschaft und Technik sowie dem Recht der wichtigsten Handelspartner der Schweiz angepasst. Sollten neue wissenschaftliche Grundlagen die Sicherheit von Titandioxid oder Siliziumdioxid infrage stellen, wird das Schweizer Recht entsprechend angepasst. </p><p>Frankreich beabsichtigt, das Inverkehrbringen von titandioxidhaltigen Lebensmitteln per 1. Januar 2020 für ein Jahr auszusetzen, und stützt sich dabei auf ein Gutachten der französischen Risikobeurteilungsbehörde Anses, in welcher zusätzliche toxikologische Daten über die möglichen Auswirkungen der Aufnahme von E 171 gefordert werden. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (Efsa) hat die Sicherheit von Titandioxid in zwei aktuellen Stellungnahmen neu beurteilt und bestätigt. Sie hat auch die Stellungnahme der Anses analysiert und festgehalten, dass sich daraus keine neuen Erkenntnisse oder belastenden wissenschaftlichen Argumente ergeben. Die Efsa unterstützt jedoch die Forderung nach weiterführenden Studien, welche voraussichtlich Mitte 2020 abgeschlossen sein und anschliessend von der Efsa bewertet werden. Der Bundesrat erachtet es aufgrund der aktuell verfügbaren Daten und Beurteilungen durch die Efsa als nicht gerechtfertigt, das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit Titandioxid zu verbieten oder für ein Jahr auszusetzen. Er verfolgt aber die Entwicklungen und wird gegebenenfalls Massnahmen treffen. </p><p>2. Das Zusatzstoffrecht ist unmittelbar geltendes EU-Recht. Das bedeutet, dass es in der EU keine nationalen Regelungen für Zusatzstoffe gibt. Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass ein Zusatzstoff ein "ernstes Risiko für die Gesundheit" darstellt, hat die EU-Kommission aber nicht entsprechend gehandelt, kann er auch im Alleingang eine "vorläufige Schutzmassnahme" erlassen. Das hat Frankreich nun für Titandioxid E 171 getan. Damit diese Aussetzung in Kraft treten kann, muss sie von der EU-Kommission gutgeheissen werden. Aufgrund der eindeutigen Stellungnahmen der Efsa zu Titandioxid (siehe oben) erscheint die Zustimmung der EU-Kommission indes fraglich. Sollte die Aussetzung in Frankreich tatsächlich in Kraft treten, müssten Schweizer Exporteurinnen und Exporteure die französischen Anforderungen erfüllen, was Zusatzkosten verursachen könnte. </p><p>5. Im Lebensmittelbereich wurden einige Massnahmen des Aktionsplans Synthetische Nanomaterialien bereits umgesetzt. Zutaten in Form von technisch hergestellten Nanomaterialien müssen im Verzeichnis der Zutaten den Vermerk "Nano" tragen. Hierfür gilt eine Übergangsfrist bis 1. Mai 2021. Für neuartige, technisch hergestellte Nanomaterialien in Lebensmitteln gilt seit 1. Mai 2017 eine Bewilligungspflicht. Im Übrigen wird der Aktionsplan bis Ende 2019 umgesetzt. Die mit der Umsetzung beauftragten Bundesstellen werden nach Abschluss der Arbeiten darüber informieren.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Lebensmittelzusatzstoff E171 enthält Titandioxid (TiO2) in Form von Nanopartikeln. Deshalb wird er in Frankreich ab dem 1. Januar 2020 in Lebensmitteln verboten. E171 ist ein Lebensmittelzusatzstoff, der als Weissmacher in Lebensmitteln eingesetzt wird, etwa zum Aufhellen von Süsswaren, Käse oder Saucen. Neben Lebensmitteln wird Titandioxid auch in Medikamenten eingesetzt, um Pillen eine weisse Farbe zu verleihen. Auch in Kosmetikartikeln, in Zahnpasta und Pflegeprodukten kommt der Farbstoff E171 wegen seiner hohen weissen Deckkraft häufig zur Anwendung. Lebensmittelzusatzstoffe wie E171 (Titandioxid, TiO2) und E551 (Siliziumdioxid, SiO2) werden bereits seit vielen Jahren eingesetzt und werden daher als unbedenklich eingestuft. Forschungsergebnisse zeigen, dass mit dem heutigen Wissen die Toxizität neu beurteilt werden muss. Eine Studie von 2017 hat bei Ratten aufgezeigt, dass die Nanofraktion in E171 die Darmschranke durchqueren und in die Leber gelangen kann. Dies kann zu Immunfunktionsstörungen führen. Eine chronische orale Exposition gegenüber E171 löste bei 40 Prozent der Ratten spontane Läsionen im Dickdarm aus, die unter Umständen Vorläufer von Karzinomen sein können. </p><p>Die französischen Behörden begründen ihr Verbot mit der Tatsache, dass die Datenlage für die Risikobewertung der Verwendung des Zusatzstoffs E171 (Titandioxid) nach wie vor mangelhaft und die Sicherheit nicht gewährleistet sei. Auch der Schlussbericht des NFP 64 zu Nanomaterialien von 2017 kommt zum Schluss, dass weiterhin Wissenslücken bestehen und zusätzliche Forschungsanstrengungen unabdingbar sind.</p><p>Ich bitte den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Wie beurteilt der Bundesrat das Verbot in Frankreich bezüglich Gesundheitsschutz der Bevölkerung? </p><p>2. Welche Folgen könnte das Verbot für Schweizer Exporte nach Frankreich haben?</p><p>3. Prüft er ein analoges Verbot für die Schweiz?</p><p>4. Welche Massnahmen hat er geplant oder bereits ergriffen, um die fehlende Datengrundlage für die Risikobeurteilung von E171 und E551 zu erarbeiten?</p><p>5. In seiner Stellungnahme zur Interpellation 17.3674 verweist er auf den 2008 verabschiedeten Aktionsplan Synthetische Nanomaterialien, der die für einen sicheren Umgang mit Nanomaterialien nötigen Massnahmen präzisiert und bis 2019 läuft. Wie ist der Stand dieser Umsetzungsarbeiten?</p>
    • Gesundheitsgefährdende Nanopartikel als Lebensmittelzusatzstoffe verbieten

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