Die EU verbietet das gefährliche Pestizid Chlorothalonil. Was unternimmt die Schweiz?

ShortId
19.3470
Id
20193470
Updated
28.07.2023 02:57
Language
de
Title
Die EU verbietet das gefährliche Pestizid Chlorothalonil. Was unternimmt die Schweiz?
AdditionalIndexing
52;10
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1./2. Im Rahmen der von der EU durchgeführten Überprüfung der Zulassung von Chlorothalonil als Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (Efsa) eine neue Bewertung des Risikos, das mit diesem Wirkstoff verbunden ist, durchgeführt. Die Efsa kam zum Schluss, dass ein Risiko für die menschliche Gesundheit durch das Vorkommen von Metaboliten im Grundwasser nicht auszuschliessen ist. Die Efsa hat auch ein Risiko für Amphibien und Fische festgestellt. Basierend auf dieser neuen Risikobewertung hat die EU-Kommission am 29. April 2019 beschlossen, die Genehmigung für Chlorothalonil nicht zu erneuern. Den Mitgliedstaaten wird eine Frist bis April 2020 eingeräumt, um die betroffenen Produkte vom Markt zu nehmen. In der Schweiz wurden 2018 von einigen Kantonen Chlorothalonil-Metaboliten in Quellen festgestellt. Im Dezember desselben Jahres leitete das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) ein gezieltes Prüfverfahren zur gesundheitlichen Relevanz dieser Metaboliten für die Menschen ein. Die von der EU durchgeführte Risikobewertung zeigt, dass diese Metaboliten in Zukunft als relevant zu betrachten sind und dass Notwendigkeit zum Handeln besteht, um ihr Vorkommen im Grundwasser zu reduzieren. In Absprache mit dem BLV hat das BLW das Verfahren zum Widerruf der Bewilligungen für Produkte, die Chlorothalonil enthalten, in die Wege geleitet. Falls keine Beschwerden eingehen, dürfte dieser Widerruf Anfang Herbst 2019 wirksam werden.</p><p>3. Die nachhaltigste Alternative, um den Einsatz von Fungiziden zu reduzieren, ist sicherlich die Verwendung resistenter Sorten. Allerdings sind solche Sorten weder für alle Kulturen noch gegen alle Krankheiten erhältlich, insbesondere für solche Arten, die im Ausland gezüchtet werden (z. B. Gemüse) und für die die Krankheitsresistenz in den Zuchtprogrammen kein entscheidendes Kriterium darstellt. Darüber hinaus müssen diese resistenten Sorten zuerst auf dem Markt Fuss fassen, was gerade bei Obst und Wein nur langsam geschieht. Für Obst, Wein und Getreide züchtet Agroscope seit Jahren für die Schweiz angepasste Sorten mit starkem Fokus auf die wichtigsten Krankheitsresistenzen.</p><p>Zurzeit gibt es für die meisten Anwendungen von Chlorothalonil alternative Wirkstoffe. Das Kontaktfungizid Chlorothalonil wirkt allerdings unspezifisch, was es von anderen Kontaktfungiziden unterscheidet, die oft spezifisch wirken und eine höhere Gefahr aufweisen, dass der Erreger eine Resistenz entwickelt. Der Wegfall von Chlorothalonil beeinträchtigt somit die zur Vermeidung von Resistenzbildung eingesetzten Strategien.</p><p>Der Aktionsplan Pflanzenschutzmittel bezweckt zudem, diejenigen Programme zu unterstützen, die darauf hinarbeiten, dass auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichtet wird. Als Begleitmassnahme unterstützt das Extenso-Programm Landwirte, die auf den Einsatz von Fungiziden und Insektiziden beim Anbau von Getreide, Raps, Sonnenblumen, Futtererbse, Ackerbohne und Lupine verzichten, mit Beiträgen.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Chlorothalonil ist weltweit eines der häufigsten Pestizide. Als Reaktion auf eine Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) betreffend die Auswirkungen von Chlorothalonil auf die Gesundheit des Menschen und auf die Umwelt beabsichtigt die Europäische Union nun aber, die Verwendung dieses Pestizids zu verbieten. Es ist in der Tat nicht auszuschliessen, dass Chlorothalonil die DNA schädigt. Seine Verwendung stellt zudem für Amphibien und Fische ein erhöhtes Risiko dar. Aktuelle Studien zeigen schliesslich, dass der Einsatz von Chlorothalonil verantwortlich sein könnte für die abnehmende Zahl von Insekten, insbesondere von Hummeln. Auch über die Auswirkungen dieses Fungizids auf Bienen werden Studien durchgeführt - es wird vermutet, dass Chlorothalonil die Bienen anfälliger für gewisse Parasiten macht.</p><p>Das europaweite Verbot wird formell in diesem Frühling beschlossen. In der Schweiz wird Chlorothalonil - es zählt zu den zehn meistverkauften Pestiziden - für den Getreide- und Gemüseanbau verwendet. 2017 wurden 45 Tonnen dieses Produkts verwendet. </p><p>Ich stelle dem Bundesrat die folgenden Fragen:</p><p>1. Wie schätzt der Bundesrat die Gefährlichkeit von Chlorothalonil ein, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen und auf die Umwelt?</p><p>2. Wird der Bundesrat sich der Entscheidung der EU anschliessen und die Verwendung dieses Produkts in der Schweiz verbieten? Falls nicht, warum nicht?</p><p>3. Welche langfristigen Alternativen zur Verwendung dieses Fungizids stehen für Landwirtschaft und Gemüseanbau zur Verfügung? Sind sie für die betroffenen Personen einfach erhältlich und handhabbar, oder müssten begleitende Massnahmen ins Auge gefasst werden?</p>
  • Die EU verbietet das gefährliche Pestizid Chlorothalonil. Was unternimmt die Schweiz?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1./2. Im Rahmen der von der EU durchgeführten Überprüfung der Zulassung von Chlorothalonil als Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (Efsa) eine neue Bewertung des Risikos, das mit diesem Wirkstoff verbunden ist, durchgeführt. Die Efsa kam zum Schluss, dass ein Risiko für die menschliche Gesundheit durch das Vorkommen von Metaboliten im Grundwasser nicht auszuschliessen ist. Die Efsa hat auch ein Risiko für Amphibien und Fische festgestellt. Basierend auf dieser neuen Risikobewertung hat die EU-Kommission am 29. April 2019 beschlossen, die Genehmigung für Chlorothalonil nicht zu erneuern. Den Mitgliedstaaten wird eine Frist bis April 2020 eingeräumt, um die betroffenen Produkte vom Markt zu nehmen. In der Schweiz wurden 2018 von einigen Kantonen Chlorothalonil-Metaboliten in Quellen festgestellt. Im Dezember desselben Jahres leitete das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) ein gezieltes Prüfverfahren zur gesundheitlichen Relevanz dieser Metaboliten für die Menschen ein. Die von der EU durchgeführte Risikobewertung zeigt, dass diese Metaboliten in Zukunft als relevant zu betrachten sind und dass Notwendigkeit zum Handeln besteht, um ihr Vorkommen im Grundwasser zu reduzieren. In Absprache mit dem BLV hat das BLW das Verfahren zum Widerruf der Bewilligungen für Produkte, die Chlorothalonil enthalten, in die Wege geleitet. Falls keine Beschwerden eingehen, dürfte dieser Widerruf Anfang Herbst 2019 wirksam werden.</p><p>3. Die nachhaltigste Alternative, um den Einsatz von Fungiziden zu reduzieren, ist sicherlich die Verwendung resistenter Sorten. Allerdings sind solche Sorten weder für alle Kulturen noch gegen alle Krankheiten erhältlich, insbesondere für solche Arten, die im Ausland gezüchtet werden (z. B. Gemüse) und für die die Krankheitsresistenz in den Zuchtprogrammen kein entscheidendes Kriterium darstellt. Darüber hinaus müssen diese resistenten Sorten zuerst auf dem Markt Fuss fassen, was gerade bei Obst und Wein nur langsam geschieht. Für Obst, Wein und Getreide züchtet Agroscope seit Jahren für die Schweiz angepasste Sorten mit starkem Fokus auf die wichtigsten Krankheitsresistenzen.</p><p>Zurzeit gibt es für die meisten Anwendungen von Chlorothalonil alternative Wirkstoffe. Das Kontaktfungizid Chlorothalonil wirkt allerdings unspezifisch, was es von anderen Kontaktfungiziden unterscheidet, die oft spezifisch wirken und eine höhere Gefahr aufweisen, dass der Erreger eine Resistenz entwickelt. Der Wegfall von Chlorothalonil beeinträchtigt somit die zur Vermeidung von Resistenzbildung eingesetzten Strategien.</p><p>Der Aktionsplan Pflanzenschutzmittel bezweckt zudem, diejenigen Programme zu unterstützen, die darauf hinarbeiten, dass auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichtet wird. Als Begleitmassnahme unterstützt das Extenso-Programm Landwirte, die auf den Einsatz von Fungiziden und Insektiziden beim Anbau von Getreide, Raps, Sonnenblumen, Futtererbse, Ackerbohne und Lupine verzichten, mit Beiträgen.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Chlorothalonil ist weltweit eines der häufigsten Pestizide. Als Reaktion auf eine Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) betreffend die Auswirkungen von Chlorothalonil auf die Gesundheit des Menschen und auf die Umwelt beabsichtigt die Europäische Union nun aber, die Verwendung dieses Pestizids zu verbieten. Es ist in der Tat nicht auszuschliessen, dass Chlorothalonil die DNA schädigt. Seine Verwendung stellt zudem für Amphibien und Fische ein erhöhtes Risiko dar. Aktuelle Studien zeigen schliesslich, dass der Einsatz von Chlorothalonil verantwortlich sein könnte für die abnehmende Zahl von Insekten, insbesondere von Hummeln. Auch über die Auswirkungen dieses Fungizids auf Bienen werden Studien durchgeführt - es wird vermutet, dass Chlorothalonil die Bienen anfälliger für gewisse Parasiten macht.</p><p>Das europaweite Verbot wird formell in diesem Frühling beschlossen. In der Schweiz wird Chlorothalonil - es zählt zu den zehn meistverkauften Pestiziden - für den Getreide- und Gemüseanbau verwendet. 2017 wurden 45 Tonnen dieses Produkts verwendet. </p><p>Ich stelle dem Bundesrat die folgenden Fragen:</p><p>1. Wie schätzt der Bundesrat die Gefährlichkeit von Chlorothalonil ein, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen und auf die Umwelt?</p><p>2. Wird der Bundesrat sich der Entscheidung der EU anschliessen und die Verwendung dieses Produkts in der Schweiz verbieten? Falls nicht, warum nicht?</p><p>3. Welche langfristigen Alternativen zur Verwendung dieses Fungizids stehen für Landwirtschaft und Gemüseanbau zur Verfügung? Sind sie für die betroffenen Personen einfach erhältlich und handhabbar, oder müssten begleitende Massnahmen ins Auge gefasst werden?</p>
    • Die EU verbietet das gefährliche Pestizid Chlorothalonil. Was unternimmt die Schweiz?

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