Der Weltbiodiversitätsrat schlägt Alarm. Finanzflüsse dürfen das Artensterben nicht weiter beschleunigen

ShortId
19.3591
Id
20193591
Updated
28.07.2023 02:34
Language
de
Title
Der Weltbiodiversitätsrat schlägt Alarm. Finanzflüsse dürfen das Artensterben nicht weiter beschleunigen
AdditionalIndexing
52;24
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. Umweltrisiken sowie die Integration von Umwelt-, Sozial- und Gouvernanzkriterien (Environment, Social, Governance, ESG) werden für Finanzierungs- und Investitionsentscheide von Investoren immer wichtiger. Aktuell beachten immer mehr Schweizer Investoren finanzielle Risiken, die aufgrund des Klimawandels (physische Risiken) oder des Übergangs zu einer klimaverträglichen Weltwirtschaft (Transitionsrisiken) resultieren. Die potenziellen Risiken, die für Investoren aufgrund des weltweiten Biodiversitätsverlusts entstehen können, sind vielfältig, regional spezifisch und zeichnen sich durch hochkomplexe Wirkungszusammenhänge aus. Für einzelne Geschäftsbereiche wie die Projektfinanzierung gibt es spezifisch biodiversitätsrelevante Standards, z. B. die Äquator-Prinzipien, welche auch von Schweizer Finanzinstituten mitgetragen werden. Insgesamt gibt es einen starken Bedarf, biodiversitätsrelevante Risiken zu kennen. Deshalb laufen auf internationaler Ebene verstärkte Bemühungen, die Wirkungsketten besser aufzuzeigen.</p><p>2./4. In seinem Aktionsplan zur Strategie Biodiversität anerkennt der Bundesrat, dass auch der Finanzsektor für den Erhalt der Biodiversität eine Rolle spielen soll. Im Sinne eines State-of-the-Art-Risikomanagements ist es im Interesse der Finanzinstitute selbst, finanzielle Risiken, die aus Umweltschäden entstehen, zu vermeiden. Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat zum Beispiel die Entwicklung des Encore-Tools (Exploring Natural Capital Opportunities, Risks and Exposure) unterstützt, welches von der Natural Capital Finance Alliance initiiert wurde. Encore erlaubt es, Umweltrisiken abzuschätzen, welchen spezifische Wirtschaftssektoren, Länder und Wertschöpfungsketten ausgesetzt sind. Dadurch kann beispielsweise bei der Kreditvergabe besser nachvollzogen werden, welche Risiken für Unternehmen entstehen, wenn Ökosysteme geschädigt werden oder wenn sie ihre Aktivitäten in bestimmten sensiblen Regionen ausüben. Dies schafft Anreize für nachhaltige Unternehmenspraktiken. Um in Zukunft auch die Auswirkungen der Investitionsentscheide auf die Biodiversität aufzeigen zu können, plant das Bundesamt für Umwelt in Zusammenhang mit dem Aktionsplan Biodiversität entsprechende methodische Weiterentwicklungen. Angesichts der angelaufenen Verhandlungen über einen neuen globalen Rahmen für Biodiversität nach 2020 (Erneuerung der sogenannten Aichi-Ziele) gewinnen solche methodische Grundlagenarbeiten zusätzlich an Bedeutung.</p><p>3. Die Auswirkungen von Biodiversitätsrisiken auf die Finanzmarktstabilität sind noch nicht untersucht. Das Network for Greening Financial Systems (NGFS) ist ein relativ neuer Zusammenschluss verschiedener Zentralbanken und Aufsichtsbehörden. Der aktuelle Fokus des NGFS liegt auf dem Klimawandel, wobei beabsichtigt wird, in Zukunft weitere Umweltbereiche, darunter die Biodiversität, zu vertiefen. Das Netzwerk hat kürzlich einen Bericht ("A Call for Action") veröffentlicht, der eine Reihe von Empfehlungen enthält. Diese beinhalten u. a. die Integration von Klimarisiken ins Monitoring der Finanzmarktstabilität, die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten im Anlageportfolio der Zentralbanken und die Offenlegung von Klima- und Umweltrisiken.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Eine Million Pflanzen- und Tierarten stehen kurz vor dem Aussterben, gemäss dem kürzlich erschienenen Uno-Bericht des Weltbiodiversitätsrates (IPBES, 2019). Dabei ist die Gesellschaft enorm abhängig von den Leistungen der Natur. Ganze vier Milliarden Menschen nutzen Heilpflanzen, zudem liefert die Natur essenzielle Bestandteile für 70 Prozent aller Krebsmedikamente. Der Bericht zeigt auf, dass eine Umlenkung öffentlicher wie auch privater Investitionen dringend notwendig ist, wenn man die hohen Folgekosten für Gesundheit, Ernährungssicherheit und die Landwirtschaft eindämmen will. Man sollte die Reduktion der Artenvielfalt aber auch ernst nehmen, weil dies auch finanziell materielle Folgen haben kann. Das Artensterben hat schlussendlich Folgen auf den Börsenkurs von Aktien, auf die finanzielle Performance von Unternehmen oder die Kreditfähigkeit eines Unternehmens. Ich bitte den Bundesrat demnach, folgende Fragen zu beantworten: </p><p>1. Wie bemessen Schweizer Investoren die finanziellen Risiken, welche aus dem Biodiversitätsverlust resultieren?</p><p>2. Welche Hilfeleistungen erarbeitet der Bundesrat, um es den Finanzinstituten zu vereinfachen, die Biodiversitätsrisiken besser einzupreisen?</p><p>3. In Anbetracht des Beitritts der SNB ins Network for Greening Financial Systems: Wie bemisst die Schweizerische Nationalbank die Biodiversitätsrisikoauswirkungen auf die Finanzmarktstabilität?</p><p>4. Inwiefern gedenkt der Bund, analog zu den Klimaverträglichkeitsbemessungen des Finanzsektors, die Biodiversitätsverträglichkeit von Schweizer Finanzierungen und Investitionen zu bemessen?</p>
  • Der Weltbiodiversitätsrat schlägt Alarm. Finanzflüsse dürfen das Artensterben nicht weiter beschleunigen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. Umweltrisiken sowie die Integration von Umwelt-, Sozial- und Gouvernanzkriterien (Environment, Social, Governance, ESG) werden für Finanzierungs- und Investitionsentscheide von Investoren immer wichtiger. Aktuell beachten immer mehr Schweizer Investoren finanzielle Risiken, die aufgrund des Klimawandels (physische Risiken) oder des Übergangs zu einer klimaverträglichen Weltwirtschaft (Transitionsrisiken) resultieren. Die potenziellen Risiken, die für Investoren aufgrund des weltweiten Biodiversitätsverlusts entstehen können, sind vielfältig, regional spezifisch und zeichnen sich durch hochkomplexe Wirkungszusammenhänge aus. Für einzelne Geschäftsbereiche wie die Projektfinanzierung gibt es spezifisch biodiversitätsrelevante Standards, z. B. die Äquator-Prinzipien, welche auch von Schweizer Finanzinstituten mitgetragen werden. Insgesamt gibt es einen starken Bedarf, biodiversitätsrelevante Risiken zu kennen. Deshalb laufen auf internationaler Ebene verstärkte Bemühungen, die Wirkungsketten besser aufzuzeigen.</p><p>2./4. In seinem Aktionsplan zur Strategie Biodiversität anerkennt der Bundesrat, dass auch der Finanzsektor für den Erhalt der Biodiversität eine Rolle spielen soll. Im Sinne eines State-of-the-Art-Risikomanagements ist es im Interesse der Finanzinstitute selbst, finanzielle Risiken, die aus Umweltschäden entstehen, zu vermeiden. Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat zum Beispiel die Entwicklung des Encore-Tools (Exploring Natural Capital Opportunities, Risks and Exposure) unterstützt, welches von der Natural Capital Finance Alliance initiiert wurde. Encore erlaubt es, Umweltrisiken abzuschätzen, welchen spezifische Wirtschaftssektoren, Länder und Wertschöpfungsketten ausgesetzt sind. Dadurch kann beispielsweise bei der Kreditvergabe besser nachvollzogen werden, welche Risiken für Unternehmen entstehen, wenn Ökosysteme geschädigt werden oder wenn sie ihre Aktivitäten in bestimmten sensiblen Regionen ausüben. Dies schafft Anreize für nachhaltige Unternehmenspraktiken. Um in Zukunft auch die Auswirkungen der Investitionsentscheide auf die Biodiversität aufzeigen zu können, plant das Bundesamt für Umwelt in Zusammenhang mit dem Aktionsplan Biodiversität entsprechende methodische Weiterentwicklungen. Angesichts der angelaufenen Verhandlungen über einen neuen globalen Rahmen für Biodiversität nach 2020 (Erneuerung der sogenannten Aichi-Ziele) gewinnen solche methodische Grundlagenarbeiten zusätzlich an Bedeutung.</p><p>3. Die Auswirkungen von Biodiversitätsrisiken auf die Finanzmarktstabilität sind noch nicht untersucht. Das Network for Greening Financial Systems (NGFS) ist ein relativ neuer Zusammenschluss verschiedener Zentralbanken und Aufsichtsbehörden. Der aktuelle Fokus des NGFS liegt auf dem Klimawandel, wobei beabsichtigt wird, in Zukunft weitere Umweltbereiche, darunter die Biodiversität, zu vertiefen. Das Netzwerk hat kürzlich einen Bericht ("A Call for Action") veröffentlicht, der eine Reihe von Empfehlungen enthält. Diese beinhalten u. a. die Integration von Klimarisiken ins Monitoring der Finanzmarktstabilität, die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten im Anlageportfolio der Zentralbanken und die Offenlegung von Klima- und Umweltrisiken.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Eine Million Pflanzen- und Tierarten stehen kurz vor dem Aussterben, gemäss dem kürzlich erschienenen Uno-Bericht des Weltbiodiversitätsrates (IPBES, 2019). Dabei ist die Gesellschaft enorm abhängig von den Leistungen der Natur. Ganze vier Milliarden Menschen nutzen Heilpflanzen, zudem liefert die Natur essenzielle Bestandteile für 70 Prozent aller Krebsmedikamente. Der Bericht zeigt auf, dass eine Umlenkung öffentlicher wie auch privater Investitionen dringend notwendig ist, wenn man die hohen Folgekosten für Gesundheit, Ernährungssicherheit und die Landwirtschaft eindämmen will. Man sollte die Reduktion der Artenvielfalt aber auch ernst nehmen, weil dies auch finanziell materielle Folgen haben kann. Das Artensterben hat schlussendlich Folgen auf den Börsenkurs von Aktien, auf die finanzielle Performance von Unternehmen oder die Kreditfähigkeit eines Unternehmens. Ich bitte den Bundesrat demnach, folgende Fragen zu beantworten: </p><p>1. Wie bemessen Schweizer Investoren die finanziellen Risiken, welche aus dem Biodiversitätsverlust resultieren?</p><p>2. Welche Hilfeleistungen erarbeitet der Bundesrat, um es den Finanzinstituten zu vereinfachen, die Biodiversitätsrisiken besser einzupreisen?</p><p>3. In Anbetracht des Beitritts der SNB ins Network for Greening Financial Systems: Wie bemisst die Schweizerische Nationalbank die Biodiversitätsrisikoauswirkungen auf die Finanzmarktstabilität?</p><p>4. Inwiefern gedenkt der Bund, analog zu den Klimaverträglichkeitsbemessungen des Finanzsektors, die Biodiversitätsverträglichkeit von Schweizer Finanzierungen und Investitionen zu bemessen?</p>
    • Der Weltbiodiversitätsrat schlägt Alarm. Finanzflüsse dürfen das Artensterben nicht weiter beschleunigen

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