Warum ändert der Bundesrat seine Meinung zur Ausnahme der gemeinnützigen Stiftungen vom AIA-Gesetz?

ShortId
19.3599
Id
20193599
Updated
28.07.2023 02:30
Language
de
Title
Warum ändert der Bundesrat seine Meinung zur Ausnahme der gemeinnützigen Stiftungen vom AIA-Gesetz?
AdditionalIndexing
2446;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1.-3. Der Standard für den internationalen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA-Standard) enthält spezifische Kategorien von Finanzinstituten und Konten, die von dessen Anwendungsbereich ausgenommen sind, sowie eine Auffangklausel. Letztere erlaubt es den Staaten, auf nationaler Ebene weitere Rechtsträger respektive Konten vom Anwendungsbereich des AIA auszunehmen, sofern ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden, und sie im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die im AIA-Standard beschriebenen Kategorien. Der Bundesrat hat gestützt auf diese Auffangklausel in der Schweiz errichtete und organisierte Stiftungen, die (i) öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen und ihre Gewinne ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken widmen oder (ii) ideelle Zwecke verfolgen, Gewinne von höchstens 20 000 Franken erzielen und diese ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken widmen, von den Pflichten unter dem AIA ausgenommen. Diese Ausnahme wurde im Jahr 2016 beschlossen, weil das Umgehungsrisiko für diese Stiftungen als gering eingestuft wird. Stiftungen, welche die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, sind ordentlich dem Anwendungsbereich des AIA unterstellt.</p><p>Die Evaluation dieser innerstaatlichen Ausnahmebestimmungen stellt einen der Schwerpunkte im Prüfverfahren des Global Forum on Transparency and Exchange of Information (Global Forum) dar. Diese Prüfverfahren werden seit 2017 durchgeführt. Das Global Forum kommt in seiner Prüfung zum entgegengesetzten Schluss, nämlich, dass die Ausnahme für gemeinnützige Stiftungen von keiner im AIA-Standard festgelegten Kategorie für eine Ausnahme abgedeckt ist und dieser in jedem Fall eine Unterstellung dieser Rechtsträger vorsieht. Es empfiehlt der Schweiz deshalb, diese Ausnahme aufzuheben. Staaten, die ähnliche oder gleiche Ausnahmen kennen, werden vom Global Forum gleich behandelt. Damit werden grundsätzlich gleich lange Spiesse zwischen den Staaten sichergestellt.</p><p>4./5. Derzeit bestehen in der Schweiz rund 15 800 Stiftungen. Für eine Qualifikation als Finanzinstitut unter dem AIA-Standard müssen die Bruttoeinkünfte der betroffenen Stiftung vorwiegend der Anlage oder Wiederanlage von Finanzvermögen oder dem Handel damit zuzurechnen sein. Zudem muss das Stiftungsvermögen professionell verwaltet werden. Diese beiden Kriterien treffen insbesondere auf die rund 7500 Förderstiftungen zu. Für betroffene Stiftungen entstehen einmalige Einführungskosten (z. B. für IT-Systeme, Schulungen und Initialdokumentation des Kundenbestands) von schätzungsweise 5000 bis 10 000 Franken. Hinzu kommen jährlich wiederkehrende Zusatzkosten für die Erfüllung ihrer Pflichten, deren Höhe u. a. vom Kreis der Begünstigten abhängt. Der jährliche Aufwand für die Überprüfung der Konten und deren Meldung unter dem AIA dürfte bei wenigen und gleichbleibenden Begünstigten rund 2000 Franken betragen; bei vielen und oft wechselnden Begünstigten nähert sich der Aufwand jenem kleiner Banken an und kann auf über 10 000 Franken steigen. Diese Zusatzkosten fallen aber auch bei Stiftungen an anderen Standorten an. Das Sekretariat des Global Forum stellt im Rahmen seiner Prüfung die Gleichbehandlung dieser Stiftungen auf internationaler Ebene sicher.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Gemäss internationalem Standard sollen jene Organisationen dem AIA unterstellt werden, die sich besonders als Instrumente für die Steuerhinterziehung eignen. Gemäss der ursprünglichen Einschätzung des Bundesrates besteht bei Schweizer gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen kein (erhöhtes) Risiko, für die Zwecke der Steuerhinterziehung eingesetzt zu werden. Diese Einschätzung wird von den Standards, die bei der US-amerikanischen Fatca und gemäss dem OECD-Ausschuss Gafi zur Anwendung kommen, geteilt. </p><p>Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Warum ändert er nun seine Einschätzung und will nun die gemeinnützigen Stiftungen dem AIA unterstellen?</p><p>2. Wie erklärt er diesen offensichtlichen Swiss Finish?</p><p>3. Warum will er nicht unterscheiden zwischen den gemeinnützigen und den anderen Stiftungen?</p><p>4. Wie hoch sind die Regulierungskosten (pro Betroffenen und insgesamt), welche diese Unterstellung verursacht?</p><p>5. Ist er sich der Folgen dieser Unterstellung für die gemeinnützige Arbeit in der Schweiz bewusst? Wie schätzt er die Auswirkungen ein?</p>
  • Warum ändert der Bundesrat seine Meinung zur Ausnahme der gemeinnützigen Stiftungen vom AIA-Gesetz?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1.-3. Der Standard für den internationalen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA-Standard) enthält spezifische Kategorien von Finanzinstituten und Konten, die von dessen Anwendungsbereich ausgenommen sind, sowie eine Auffangklausel. Letztere erlaubt es den Staaten, auf nationaler Ebene weitere Rechtsträger respektive Konten vom Anwendungsbereich des AIA auszunehmen, sofern ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden, und sie im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die im AIA-Standard beschriebenen Kategorien. Der Bundesrat hat gestützt auf diese Auffangklausel in der Schweiz errichtete und organisierte Stiftungen, die (i) öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen und ihre Gewinne ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken widmen oder (ii) ideelle Zwecke verfolgen, Gewinne von höchstens 20 000 Franken erzielen und diese ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken widmen, von den Pflichten unter dem AIA ausgenommen. Diese Ausnahme wurde im Jahr 2016 beschlossen, weil das Umgehungsrisiko für diese Stiftungen als gering eingestuft wird. Stiftungen, welche die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, sind ordentlich dem Anwendungsbereich des AIA unterstellt.</p><p>Die Evaluation dieser innerstaatlichen Ausnahmebestimmungen stellt einen der Schwerpunkte im Prüfverfahren des Global Forum on Transparency and Exchange of Information (Global Forum) dar. Diese Prüfverfahren werden seit 2017 durchgeführt. Das Global Forum kommt in seiner Prüfung zum entgegengesetzten Schluss, nämlich, dass die Ausnahme für gemeinnützige Stiftungen von keiner im AIA-Standard festgelegten Kategorie für eine Ausnahme abgedeckt ist und dieser in jedem Fall eine Unterstellung dieser Rechtsträger vorsieht. Es empfiehlt der Schweiz deshalb, diese Ausnahme aufzuheben. Staaten, die ähnliche oder gleiche Ausnahmen kennen, werden vom Global Forum gleich behandelt. Damit werden grundsätzlich gleich lange Spiesse zwischen den Staaten sichergestellt.</p><p>4./5. Derzeit bestehen in der Schweiz rund 15 800 Stiftungen. Für eine Qualifikation als Finanzinstitut unter dem AIA-Standard müssen die Bruttoeinkünfte der betroffenen Stiftung vorwiegend der Anlage oder Wiederanlage von Finanzvermögen oder dem Handel damit zuzurechnen sein. Zudem muss das Stiftungsvermögen professionell verwaltet werden. Diese beiden Kriterien treffen insbesondere auf die rund 7500 Förderstiftungen zu. Für betroffene Stiftungen entstehen einmalige Einführungskosten (z. B. für IT-Systeme, Schulungen und Initialdokumentation des Kundenbestands) von schätzungsweise 5000 bis 10 000 Franken. Hinzu kommen jährlich wiederkehrende Zusatzkosten für die Erfüllung ihrer Pflichten, deren Höhe u. a. vom Kreis der Begünstigten abhängt. Der jährliche Aufwand für die Überprüfung der Konten und deren Meldung unter dem AIA dürfte bei wenigen und gleichbleibenden Begünstigten rund 2000 Franken betragen; bei vielen und oft wechselnden Begünstigten nähert sich der Aufwand jenem kleiner Banken an und kann auf über 10 000 Franken steigen. Diese Zusatzkosten fallen aber auch bei Stiftungen an anderen Standorten an. Das Sekretariat des Global Forum stellt im Rahmen seiner Prüfung die Gleichbehandlung dieser Stiftungen auf internationaler Ebene sicher.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Gemäss internationalem Standard sollen jene Organisationen dem AIA unterstellt werden, die sich besonders als Instrumente für die Steuerhinterziehung eignen. Gemäss der ursprünglichen Einschätzung des Bundesrates besteht bei Schweizer gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen kein (erhöhtes) Risiko, für die Zwecke der Steuerhinterziehung eingesetzt zu werden. Diese Einschätzung wird von den Standards, die bei der US-amerikanischen Fatca und gemäss dem OECD-Ausschuss Gafi zur Anwendung kommen, geteilt. </p><p>Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Warum ändert er nun seine Einschätzung und will nun die gemeinnützigen Stiftungen dem AIA unterstellen?</p><p>2. Wie erklärt er diesen offensichtlichen Swiss Finish?</p><p>3. Warum will er nicht unterscheiden zwischen den gemeinnützigen und den anderen Stiftungen?</p><p>4. Wie hoch sind die Regulierungskosten (pro Betroffenen und insgesamt), welche diese Unterstellung verursacht?</p><p>5. Ist er sich der Folgen dieser Unterstellung für die gemeinnützige Arbeit in der Schweiz bewusst? Wie schätzt er die Auswirkungen ein?</p>
    • Warum ändert der Bundesrat seine Meinung zur Ausnahme der gemeinnützigen Stiftungen vom AIA-Gesetz?

Back to List