Ombudsstelle für Kinderrechte

ShortId
19.3633
Id
20193633
Updated
11.06.2024 12:54
Language
de
Title
Ombudsstelle für Kinderrechte
AdditionalIndexing
1211;28;04
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Die primären Rechtsvertretungen für Kinder sind in der Regel die Eltern. Manchmal können die Eltern ihre Verantwortung aber nicht wahrnehmen - sei es wegen Interessenkonflikten im Zusammenhang mit umstrittenen Scheidungen, des Tods der Eltern oder des Entzugs des Sorgerechts. In solchen Situationen ist das Recht der Kinder auf Information und Beratung, auf Gehör und auf Schutz bedroht.</p><p>Kinder und Jugendliche sind von zahlreichen Rechtsgebieten betroffen, vom Strafrecht und Jugendstrafrecht über das Kindesschutz- und Familienrecht bis zum Schulrecht oder zum Ausländerrecht. In den entsprechenden Verfahren können sie ihr Recht auf Mitbestimmung nicht ohne weitere Unterstützung wahrnehmen. Für Erwachsene stehen diverse rechtliche Anlaufstellen zur Verfügung, und sie können einen Anwalt mandatieren, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen, teilweise sogar unentgeltlich. Insbesondere nicht urteilsfähige Kinder können das nicht. Sie juristisch zu beraten erfordert neben rechtlichen Kenntnissen auch besondere Kompetenzen im Umgang mit Kindern. Eine Ombudsstelle für Kinderrechte verschafft oder vereinfacht ihnen den Zugang zu Informationen, Beratungen, zu rechtlichem Gehör und dem Recht auf eine Rechtsvertretung, z. B. bei anstehenden Fremdplatzierungen.</p><p>Eine Ombudsstelle für Kinderrechte ist deshalb unabdingbar, um die Rechtsansprüche von Kindern einzulösen. Sie würde nicht nur die einzelnen Kinder und Jugendlichen, die sie anrufen, stärken, sondern auch die Kindgerechtigkeit des Justizsystems insgesamt und das Qualitätsmanagement des Rechtssystems fördern. Die Ombudsstelle hätte keine Weisungsbefugnis und würde damit keine Einmischung in die Hoheit der Kantone bedeuten.</p><p>Die nationale Ombudsstelle würde eine Lücke füllen und zu keinen Doppelspurigkeiten führen.</p><p>Entgegen den Antworten des Bundesrates auf die Interpellation 19.3405 und die Motion 14.3758 wird diese Aufgabe heute noch nicht abgedeckt: Die vorhandenen Stellen im Kinder- und Jugendbereich nehmen Aufgaben der Sensibilisierung und Information wahr, verfügen aber nicht über die nötigen Kompetenzen im rechtlichen Kontext. Der Verein Kinderanwaltschaft Schweiz, auf den der Bund in diesem Zusammenhang regelmässig verweist, wird Kinder und Jugendliche nur noch bis 2020 rechtlich beraten können. Als von Kinderanwältinnen und Kinderanwälten gesteuerte Organisation eignet er sich nicht für diese Aufgabe und würde sich aufgrund der fehlenden Unabhängigkeit auch nicht um ein Mandat an eine privatrechtliche Organisation im Sinne dieser Motion bewerben. Zudem verfügt auch Kinderanwaltschaft Schweiz heute nicht über die eigentlich notwendigen Berechtigungen bezüglich Informationsaustausch mit Behörden mit einem Auskunftsrecht und hat keine offizielle Legitimation, um Empfehlungen auszusprechen und zu vermitteln.</p><p>Eine Ombudsstelle Kinderrechte gehört auf die nationale Ebene. Es ist unrealistisch, dass alle Gemeinden oder nur schon alle Kantone eine solche Stelle einrichten und das nötige Know-how in der Beratung von Kindern aufbauen. Die zuständigen Personen von Behörden und Gerichten werden in der Regel auf Gemeinde- oder kantonaler Ebene tätig und mit den lokalen Begebenheiten vertraut sein. Die Ombudsstelle benötigt in den weitaus meisten Fällen kein Gespräch mit dem Kind vor Ort, sondern berät telefonisch, wie das Anlaufstellen von Pro Juventute und Kinderanwaltschaft Schweiz schon heute tun.</p>
  • <p>Die bundesgesetzlichen Vorgaben zum Strafrecht, Jugendstrafrecht, Kinderschutz- und Familienrecht usw. enthalten Bestimmungen zu den Verfahrensrechten von Kindern und Jugendlichen. Damit Kinder und Jugendliche ihr Recht auf Mitbestimmung in Rechtsverfahren wie Scheidung, Entzug des Sorgerechts usw. konkret wahrnehmen können, können sie eine unabhängige und unentgeltliche Rechtsvertretung durch im Kanton tätige Kinderanwältinnen und Kinderanwälte in Anspruch nehmen. Kinder und Jugendliche haben bei angeordneten Schutzmassnahmen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde oder des Gerichtes im Konfliktfall auch die Möglichkeit, sich an die 2017 neugeschaffene, unabhängige Informations- und Beratungsstelle Kescha zu wenden. Zudem steht das vom Motionär erwähnte lokale und niederschwellige Informations- und Beratungsangebot von Pro Juventute - Telefon 147 - den Kindern und Jugendlichen rund um die Uhr zur Verfügung. </p><p>Nicht zuletzt ist die Schweiz 2017 dem 3. Fakultativprotokoll zum Uno-Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren beigetreten. Dadurch haben Einzelpersonen, d. h. auch Kinder und Jugendliche, neu die Möglichkeit, nach Ausschöpfung des nationalen Instanzenzuges Verletzungen der Konventionsgarantien vor dem Uno-Ausschuss für die Rechte des Kindes geltend zu machen. </p><p>Der Bundesrat erachtet die Koordination der verschiedenen existierenden Stellen nach wie vor für zielführender als die Schaffung einer weiteren Stelle auf Bundesebene (s. auch Antwort auf die Motion Bulliard 14.3758, "Unabhängige Ombudsstelle für die Rechte des Kindes", und Interpellation Noser 19.3405, "Wer schliesst die Lücken im Bereich der Kinderrechte?").</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament die Rechtsgrundlagen für eine Ombudsstelle für Kinderrechte zur Beratung vorzulegen. Diese müssen die notwendigen Kompetenzen bezüglich Informationsaustausch mit Behörden und Gerichten mit einem Auskunftsrecht schaffen und die Finanzierung sicherstellen. Die Ombudsstelle muss von der Verwaltung unabhängig und allen Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre aus der ganzen Schweiz sowie ihnen nahestehenden Personen niederschwellig zugänglich sein. Sie muss Kinder bezüglich ihrer Rechte informieren und beraten und so für das Kind den Zugang zur Justiz sicherstellen. Wenn nötig, soll die Ombudsstelle zwischen dem Kind und staatlichen Stellen vermitteln und Empfehlungen aussprechen können. Kinder und Jugendliche mit Fragen, die nicht rechtlicher Natur oder bereits abgedeckt sind, soll die Ombudsstelle an die bereits vorhandenen Angebote verweisen.</p>
  • Ombudsstelle für Kinderrechte
State
Überwiesen an den Bundesrat
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die primären Rechtsvertretungen für Kinder sind in der Regel die Eltern. Manchmal können die Eltern ihre Verantwortung aber nicht wahrnehmen - sei es wegen Interessenkonflikten im Zusammenhang mit umstrittenen Scheidungen, des Tods der Eltern oder des Entzugs des Sorgerechts. In solchen Situationen ist das Recht der Kinder auf Information und Beratung, auf Gehör und auf Schutz bedroht.</p><p>Kinder und Jugendliche sind von zahlreichen Rechtsgebieten betroffen, vom Strafrecht und Jugendstrafrecht über das Kindesschutz- und Familienrecht bis zum Schulrecht oder zum Ausländerrecht. In den entsprechenden Verfahren können sie ihr Recht auf Mitbestimmung nicht ohne weitere Unterstützung wahrnehmen. Für Erwachsene stehen diverse rechtliche Anlaufstellen zur Verfügung, und sie können einen Anwalt mandatieren, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen, teilweise sogar unentgeltlich. Insbesondere nicht urteilsfähige Kinder können das nicht. Sie juristisch zu beraten erfordert neben rechtlichen Kenntnissen auch besondere Kompetenzen im Umgang mit Kindern. Eine Ombudsstelle für Kinderrechte verschafft oder vereinfacht ihnen den Zugang zu Informationen, Beratungen, zu rechtlichem Gehör und dem Recht auf eine Rechtsvertretung, z. B. bei anstehenden Fremdplatzierungen.</p><p>Eine Ombudsstelle für Kinderrechte ist deshalb unabdingbar, um die Rechtsansprüche von Kindern einzulösen. Sie würde nicht nur die einzelnen Kinder und Jugendlichen, die sie anrufen, stärken, sondern auch die Kindgerechtigkeit des Justizsystems insgesamt und das Qualitätsmanagement des Rechtssystems fördern. Die Ombudsstelle hätte keine Weisungsbefugnis und würde damit keine Einmischung in die Hoheit der Kantone bedeuten.</p><p>Die nationale Ombudsstelle würde eine Lücke füllen und zu keinen Doppelspurigkeiten führen.</p><p>Entgegen den Antworten des Bundesrates auf die Interpellation 19.3405 und die Motion 14.3758 wird diese Aufgabe heute noch nicht abgedeckt: Die vorhandenen Stellen im Kinder- und Jugendbereich nehmen Aufgaben der Sensibilisierung und Information wahr, verfügen aber nicht über die nötigen Kompetenzen im rechtlichen Kontext. Der Verein Kinderanwaltschaft Schweiz, auf den der Bund in diesem Zusammenhang regelmässig verweist, wird Kinder und Jugendliche nur noch bis 2020 rechtlich beraten können. Als von Kinderanwältinnen und Kinderanwälten gesteuerte Organisation eignet er sich nicht für diese Aufgabe und würde sich aufgrund der fehlenden Unabhängigkeit auch nicht um ein Mandat an eine privatrechtliche Organisation im Sinne dieser Motion bewerben. Zudem verfügt auch Kinderanwaltschaft Schweiz heute nicht über die eigentlich notwendigen Berechtigungen bezüglich Informationsaustausch mit Behörden mit einem Auskunftsrecht und hat keine offizielle Legitimation, um Empfehlungen auszusprechen und zu vermitteln.</p><p>Eine Ombudsstelle Kinderrechte gehört auf die nationale Ebene. Es ist unrealistisch, dass alle Gemeinden oder nur schon alle Kantone eine solche Stelle einrichten und das nötige Know-how in der Beratung von Kindern aufbauen. Die zuständigen Personen von Behörden und Gerichten werden in der Regel auf Gemeinde- oder kantonaler Ebene tätig und mit den lokalen Begebenheiten vertraut sein. Die Ombudsstelle benötigt in den weitaus meisten Fällen kein Gespräch mit dem Kind vor Ort, sondern berät telefonisch, wie das Anlaufstellen von Pro Juventute und Kinderanwaltschaft Schweiz schon heute tun.</p>
    • <p>Die bundesgesetzlichen Vorgaben zum Strafrecht, Jugendstrafrecht, Kinderschutz- und Familienrecht usw. enthalten Bestimmungen zu den Verfahrensrechten von Kindern und Jugendlichen. Damit Kinder und Jugendliche ihr Recht auf Mitbestimmung in Rechtsverfahren wie Scheidung, Entzug des Sorgerechts usw. konkret wahrnehmen können, können sie eine unabhängige und unentgeltliche Rechtsvertretung durch im Kanton tätige Kinderanwältinnen und Kinderanwälte in Anspruch nehmen. Kinder und Jugendliche haben bei angeordneten Schutzmassnahmen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde oder des Gerichtes im Konfliktfall auch die Möglichkeit, sich an die 2017 neugeschaffene, unabhängige Informations- und Beratungsstelle Kescha zu wenden. Zudem steht das vom Motionär erwähnte lokale und niederschwellige Informations- und Beratungsangebot von Pro Juventute - Telefon 147 - den Kindern und Jugendlichen rund um die Uhr zur Verfügung. </p><p>Nicht zuletzt ist die Schweiz 2017 dem 3. Fakultativprotokoll zum Uno-Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren beigetreten. Dadurch haben Einzelpersonen, d. h. auch Kinder und Jugendliche, neu die Möglichkeit, nach Ausschöpfung des nationalen Instanzenzuges Verletzungen der Konventionsgarantien vor dem Uno-Ausschuss für die Rechte des Kindes geltend zu machen. </p><p>Der Bundesrat erachtet die Koordination der verschiedenen existierenden Stellen nach wie vor für zielführender als die Schaffung einer weiteren Stelle auf Bundesebene (s. auch Antwort auf die Motion Bulliard 14.3758, "Unabhängige Ombudsstelle für die Rechte des Kindes", und Interpellation Noser 19.3405, "Wer schliesst die Lücken im Bereich der Kinderrechte?").</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament die Rechtsgrundlagen für eine Ombudsstelle für Kinderrechte zur Beratung vorzulegen. Diese müssen die notwendigen Kompetenzen bezüglich Informationsaustausch mit Behörden und Gerichten mit einem Auskunftsrecht schaffen und die Finanzierung sicherstellen. Die Ombudsstelle muss von der Verwaltung unabhängig und allen Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre aus der ganzen Schweiz sowie ihnen nahestehenden Personen niederschwellig zugänglich sein. Sie muss Kinder bezüglich ihrer Rechte informieren und beraten und so für das Kind den Zugang zur Justiz sicherstellen. Wenn nötig, soll die Ombudsstelle zwischen dem Kind und staatlichen Stellen vermitteln und Empfehlungen aussprechen können. Kinder und Jugendliche mit Fragen, die nicht rechtlicher Natur oder bereits abgedeckt sind, soll die Ombudsstelle an die bereits vorhandenen Angebote verweisen.</p>
    • Ombudsstelle für Kinderrechte

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