Engagiert sich die Schweiz für eine verbindliche internationale Regulierung von hochgefährlichen Pestiziden?

ShortId
19.3669
Id
20193669
Updated
28.07.2023 02:24
Language
de
Title
Engagiert sich die Schweiz für eine verbindliche internationale Regulierung von hochgefährlichen Pestiziden?
AdditionalIndexing
55;52;2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Pestizide führen jährlich zu Hunderttausenden, teils tödlichen Vergiftungen und sind ein Risikofaktor für chronische Krankheiten. Um Risiken zu reduzieren, empfehlen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Uno (FAO), Pestizide, die anerkanntermassen besonders hohe akute oder chronische Gefahren für Gesundheit oder Umwelt aufweisen - sogenannt "hochgefährliche Pestizide" ("highly hazardous pesticides", HHP) -, weltweit schrittweise vom Markt zu nehmen. Für die WHO sind HHP ein "grosses Problem der Volksgesundheit".</p><p>Während die meisten HHPs in der Schweiz nicht mehr zugelassen sind, werden insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern grosse Mengen davon eingesetzt. Unternehmen mit Sitz in der Schweiz verkaufen im Ausland Pestizide, die hierzulande wegen Umwelt- und Gesundheitsrisiken verboten wurden - einige werden direkt aus der Schweiz exportiert. Um diesen Doppelstandard zu beseitigen, braucht es einen Ausfuhrstopp dieser Pestizide, wie es die Motion 17.4094 fordert, sowie einen internationalen Mechanismus zur Regulierung der gefährlichsten Pestizide. Konkrete Vorschläge zur Schaffung einer globalen Allianz zur schrittweisen Eliminierung von HHP wurden im Rahmen der internationalen Chemikalienmanagement-Konferenz ICCM gemacht und von diversen Staaten unterstützt. Auch die UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung und für toxische Substanzen riefen 2017 in einem Bericht dazu auf, "ein umfassendes, verbindliches Abkommen zur Regulierung gefährlicher Pestizide ... zu erarbeiten".</p>
  • <p>1. Hochgefährliche Pestizide ("highly hazardous pesticides", HHP) wurden an der vierten Internationalen Chemikalienkonferenz (ICCM4), die im Herbst 2015 in Genf stattfand, als wichtiges Thema erkannt. Mit der Resolution IV/3 wurde eine von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), dem Uno-Umweltprogramm (Unep) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgelegte Strategie mit diversen Massnahmen zu hochgefährlichen Pestiziden gutgeheissen. Diese Massnahmen umfassen die Identifizierung von verwendeten hochgefährlichen Pestiziden, die Beurteilung der Notwendigkeit solcher Pestizide und der mit ihrer Verwendung verbundenen Risiken, die Festlegung von geeigneten Risikoreduktionsmassnahmen, einschliesslich Ausbildung von Anwendern für den sicheren Umgang, Substitution durch weniger gefährliche Pestizide und durch Förderung agroökologischer Alternativen bis zu Verboten des Inverkehrbringens und der Verwendung. Zu den Lösungsansätzen gehören auch die Stärkung der Kapazitäten von Entwicklungsländern, nationale Regulierungen zu erlassen, und die Vereinbarung von globalen Regelungen, damit international für alle Wirtschaftsakteure gleiche Regeln und Standards gelten und Handelshemmnisse vermieden werden. Die Schweiz unterstützt die FAO/Unep/WHO-Strategie.</p><p>2. Die Schweiz setzt sich zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt für ein kohärentes, effektives und effizientes globales Gouvernanzsystem im Bereich der internationalen Chemikalien- und Abfallpolitik ein. Dazu gehören auch wirksame Massnahmen zur Verminderung der Risiken beim Umgang mit hochgefährlichen Pestiziden einschliesslich möglicher rechtsverbindlicher völkerrechtlicher Regelungen.</p><p>3. Die Schweiz engagiert sich im Rahmen der internationalen Chemikalienkonferenz, der FAO und der Vollversammlung des Uno-Umweltprogramms (Unea) für wirksame Massnahmen. Dabei werden auch Vorschläge zur schrittweisen Einschränkung oder Einstellung der Nutzung hochgefährlicher Pestizide geprüft, mit deren Verwendung inakzeptable Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt verbunden sind.</p><p>4. Die Verantwortung, mögliche Umwelt- und Gesundheitsrisiken, die sich bei der Herstellung und Verwendung von Pestiziden ergeben können, zu beurteilen und geeignete Massnahmen zur Minimierung solcher Risiken zu treffen, obliegt nach geltendem Recht den Herstellerfirmen. Für gefährliche Pestizide, die exportiert werden, gelten die Vorschriften der PIC-Verordnung (ChemPICV; SR 814.82). Diese verlangen u. a., dass die exportierende Firma die Gefahrenkennzeichnung nach den Regeln des global harmonisierten Systems zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) sowie die Sicherheitshinweise auf der Produktetikette anbringt. Jedem Empfänger muss ein Sicherheitsdatenblatt, das die neusten verfügbaren Informationen enthält, zur Verfügung gestellt werden. Zudem sind alle Vertragsstaaten des Rotterdamer Übereinkommens verpflichtet, geeignete Rechts- bzw. Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um eine Entscheidung über die Einfuhr von in Anlage III gelisteten Chemikalien zu gewährleisten, und diese dem Sekretariat des Übereinkommens mitzuteilen. Die Schweiz muss dafür sorgen, dass die Einfuhrentscheide anderer Staaten bei der Ausfuhr von solchen Chemikalien respektiert werden. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) prüft dies vor der Vergabe einer Kennnummer für die Ausfuhr von Stoffen nach der PIC-Verordnung. Eine Kennnummer, welche für die Zollanmeldung erforderlich ist, wird nur vergeben, wenn diese Voraussetzung tatsächlich erfüllt ist.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>1. Teilt der Bundesrat die Einschätzung der internationalen Gemeinschaft, dass HHP eine grosse Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sind und dass ihre Nutzung weltweit schrittweise eingestellt werden sollte?</p><p>2. Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass eine globale Regulierung von HHP nötig ist? Inwiefern beteiligt er sich an entsprechenden Bestrebungen?</p><p>3. Ist die Schweiz bereit, international und namentlich etwa an der nächsten Chemikalien-Konferenz ICCM und an der Unep-Mitgliederversammlung (Unea) die schrittweise Einstellung der HHP-Nutzung zu unterstützen?</p><p>4. Hat die Schweiz als Sitzstaat einer weltführenden Pestizidverkäuferin und als Produktionsstandort eine besondere Verantwortung, sich international für die Reduzierung der Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch Pestizide einzusetzen?</p>
  • Engagiert sich die Schweiz für eine verbindliche internationale Regulierung von hochgefährlichen Pestiziden?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Pestizide führen jährlich zu Hunderttausenden, teils tödlichen Vergiftungen und sind ein Risikofaktor für chronische Krankheiten. Um Risiken zu reduzieren, empfehlen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Uno (FAO), Pestizide, die anerkanntermassen besonders hohe akute oder chronische Gefahren für Gesundheit oder Umwelt aufweisen - sogenannt "hochgefährliche Pestizide" ("highly hazardous pesticides", HHP) -, weltweit schrittweise vom Markt zu nehmen. Für die WHO sind HHP ein "grosses Problem der Volksgesundheit".</p><p>Während die meisten HHPs in der Schweiz nicht mehr zugelassen sind, werden insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern grosse Mengen davon eingesetzt. Unternehmen mit Sitz in der Schweiz verkaufen im Ausland Pestizide, die hierzulande wegen Umwelt- und Gesundheitsrisiken verboten wurden - einige werden direkt aus der Schweiz exportiert. Um diesen Doppelstandard zu beseitigen, braucht es einen Ausfuhrstopp dieser Pestizide, wie es die Motion 17.4094 fordert, sowie einen internationalen Mechanismus zur Regulierung der gefährlichsten Pestizide. Konkrete Vorschläge zur Schaffung einer globalen Allianz zur schrittweisen Eliminierung von HHP wurden im Rahmen der internationalen Chemikalienmanagement-Konferenz ICCM gemacht und von diversen Staaten unterstützt. Auch die UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung und für toxische Substanzen riefen 2017 in einem Bericht dazu auf, "ein umfassendes, verbindliches Abkommen zur Regulierung gefährlicher Pestizide ... zu erarbeiten".</p>
    • <p>1. Hochgefährliche Pestizide ("highly hazardous pesticides", HHP) wurden an der vierten Internationalen Chemikalienkonferenz (ICCM4), die im Herbst 2015 in Genf stattfand, als wichtiges Thema erkannt. Mit der Resolution IV/3 wurde eine von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), dem Uno-Umweltprogramm (Unep) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgelegte Strategie mit diversen Massnahmen zu hochgefährlichen Pestiziden gutgeheissen. Diese Massnahmen umfassen die Identifizierung von verwendeten hochgefährlichen Pestiziden, die Beurteilung der Notwendigkeit solcher Pestizide und der mit ihrer Verwendung verbundenen Risiken, die Festlegung von geeigneten Risikoreduktionsmassnahmen, einschliesslich Ausbildung von Anwendern für den sicheren Umgang, Substitution durch weniger gefährliche Pestizide und durch Förderung agroökologischer Alternativen bis zu Verboten des Inverkehrbringens und der Verwendung. Zu den Lösungsansätzen gehören auch die Stärkung der Kapazitäten von Entwicklungsländern, nationale Regulierungen zu erlassen, und die Vereinbarung von globalen Regelungen, damit international für alle Wirtschaftsakteure gleiche Regeln und Standards gelten und Handelshemmnisse vermieden werden. Die Schweiz unterstützt die FAO/Unep/WHO-Strategie.</p><p>2. Die Schweiz setzt sich zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt für ein kohärentes, effektives und effizientes globales Gouvernanzsystem im Bereich der internationalen Chemikalien- und Abfallpolitik ein. Dazu gehören auch wirksame Massnahmen zur Verminderung der Risiken beim Umgang mit hochgefährlichen Pestiziden einschliesslich möglicher rechtsverbindlicher völkerrechtlicher Regelungen.</p><p>3. Die Schweiz engagiert sich im Rahmen der internationalen Chemikalienkonferenz, der FAO und der Vollversammlung des Uno-Umweltprogramms (Unea) für wirksame Massnahmen. Dabei werden auch Vorschläge zur schrittweisen Einschränkung oder Einstellung der Nutzung hochgefährlicher Pestizide geprüft, mit deren Verwendung inakzeptable Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt verbunden sind.</p><p>4. Die Verantwortung, mögliche Umwelt- und Gesundheitsrisiken, die sich bei der Herstellung und Verwendung von Pestiziden ergeben können, zu beurteilen und geeignete Massnahmen zur Minimierung solcher Risiken zu treffen, obliegt nach geltendem Recht den Herstellerfirmen. Für gefährliche Pestizide, die exportiert werden, gelten die Vorschriften der PIC-Verordnung (ChemPICV; SR 814.82). Diese verlangen u. a., dass die exportierende Firma die Gefahrenkennzeichnung nach den Regeln des global harmonisierten Systems zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) sowie die Sicherheitshinweise auf der Produktetikette anbringt. Jedem Empfänger muss ein Sicherheitsdatenblatt, das die neusten verfügbaren Informationen enthält, zur Verfügung gestellt werden. Zudem sind alle Vertragsstaaten des Rotterdamer Übereinkommens verpflichtet, geeignete Rechts- bzw. Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um eine Entscheidung über die Einfuhr von in Anlage III gelisteten Chemikalien zu gewährleisten, und diese dem Sekretariat des Übereinkommens mitzuteilen. Die Schweiz muss dafür sorgen, dass die Einfuhrentscheide anderer Staaten bei der Ausfuhr von solchen Chemikalien respektiert werden. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) prüft dies vor der Vergabe einer Kennnummer für die Ausfuhr von Stoffen nach der PIC-Verordnung. Eine Kennnummer, welche für die Zollanmeldung erforderlich ist, wird nur vergeben, wenn diese Voraussetzung tatsächlich erfüllt ist.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>1. Teilt der Bundesrat die Einschätzung der internationalen Gemeinschaft, dass HHP eine grosse Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sind und dass ihre Nutzung weltweit schrittweise eingestellt werden sollte?</p><p>2. Teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass eine globale Regulierung von HHP nötig ist? Inwiefern beteiligt er sich an entsprechenden Bestrebungen?</p><p>3. Ist die Schweiz bereit, international und namentlich etwa an der nächsten Chemikalien-Konferenz ICCM und an der Unep-Mitgliederversammlung (Unea) die schrittweise Einstellung der HHP-Nutzung zu unterstützen?</p><p>4. Hat die Schweiz als Sitzstaat einer weltführenden Pestizidverkäuferin und als Produktionsstandort eine besondere Verantwortung, sich international für die Reduzierung der Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch Pestizide einzusetzen?</p>
    • Engagiert sich die Schweiz für eine verbindliche internationale Regulierung von hochgefährlichen Pestiziden?

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