Asian Infrastructure Investment Bank. Hat die Schweiz die Kontrolle über ihre Entwicklungshilfe verloren?

ShortId
19.3737
Id
20193737
Updated
28.07.2023 02:36
Language
de
Title
Asian Infrastructure Investment Bank. Hat die Schweiz die Kontrolle über ihre Entwicklungshilfe verloren?
AdditionalIndexing
08;24;15
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Die Schweiz ist seit 2015 mit einem Beitrag von 735,51 Millionen Schweizerfranken in Form von Garantiekapital an der Asiatischen Infrastruktur- und Investitionsbank (AIIB) beteiligt.</p><p>Diese Bank dient zur Armutsbekämpfung in Asien und im Speziellen zur Investition in die Infrastruktur in Asien. Sie soll mit staatlichen Stellen, öffentlichen Körperschaften und dem Privatsektor zusammenarbeiten.</p><p>Die Gründung der AIIB wurde von China initiiert, und die Bank ist auch über die Beteiligungsverhältnisse durch den chinesischen Staat kontrolliert.</p><p>Im März 2019 schloss China mit dem italienischen Staat rund 50 Verträge über Zollabkommen, Kooperationen und Zusammenarbeit im Forschungs- und Technologiebereich sowie ein Investitionsprogramm von staatlichen und anderen Unternehmen in die italienischen Häfen von Triest, Palermo und Genua ab. Im Rahmen der neuen Seidenstrasse "Belt and Road Initiative" sieht China Investitionen von 900 Milliarden Dollar in Infrastruktur entlang der neuen Seidenstrasse vor. Geplant sind auch Grossinvestitionen in die Häfen von Triest und Genua, welche als Umschlagsplätze für chinesische Exporte dienen sollen.</p><p>Hiezu tragen offensichtlich auch Mittel der AIIB bei.</p><p>Wo soll das strategische Interesse der Schweiz liegen, eine Beteiligung an einer Bank zu halten, die europäische Infrastruktur im Interesse von China kauft, was kaum Aufgabe dieser Bank sein kann? Oder ist Italien ein asiatisches Entwicklungsland?</p><p>Wäre es nicht besser, Europa und damit die Schweiz würde sich selbst helfen und ein grösseres Engagement in europäische Institute vorsehen, die den gleichen Zweck verfolgen?</p>
  • <p>1. Die Schweiz hat einen Kapitalanteil an der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (Asian Infrastructure Investment Bank, AIIB) von 706,4 Millionen US-Dollar, wovon 20 Prozent (141,3 Millionen) Dollar einzahlbares Kapital darstellen und 80 Prozent nichteinzahlbares Garantiekapital. Vier von fünf Raten, total 113,04 Millionen Dollar, wurden von 2016 bis 2019 einbezahlt. In der Asiatischen Entwicklungsbank (Asian Development Bank, ADB) mit Sitz in Manila hält die Schweiz einen Kapitalanteil von 861,6 Millionen US-Dollar.</p><p>Die Schweiz verfolgt das strategische Interesse, die AIIB als neue multilaterale Institution mitzugestalten. Komplementär zu den anderen Entwicklungsbanken hilft die AIIB, die grosse Lücke der Infrastrukturfinanzierung in Asien zu schliessen.</p><p>2. Die Schweiz gehört in der AIIB der Stimmrechtsgruppe "Wider Europe" an, zusammen mit Dänemark, Island, Norwegen, Polen, Rumänien, Schweden, Ungarn und dem Vereinigten Königreich. Im Rahmen der in dieser Gruppe vereinbarten Rotation stellt das Vereinigte Königreich gegenwärtig einen Exekutivdirektor im Verwaltungsrat, die Schweiz - vertreten durch die Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit des Seco - stellt derzeit einen Berater.</p><p>3. Die Investitionspolitik und die Kreditvergabepolitik der AIIB werden durch den Verwaltungsrat mit zwölf Sitzen (einer davon "Wider Europe") geprüft und bewilligt. Projektentscheide werden im Konsensprinzip bzw. durch einfaches Stimmenmehr entschieden - kein Aktionär kann im Alleingang bestimmen. Übergeordnete Strategieentscheide werden vom jährlich tagenden Gouverneursrat getroffen. Die Schweiz nimmt ihre Aufsichtspflicht in diesen Gremien wahr und setzt sich bei Vertretern der AIIB konsequent für hohe Finanz-, Umwelt- und Sozialstandards sowie den Fokus Asien ein.</p><p>4. Nein. Die AIIB hat sich weder an italienischen noch an anderen europäischen Infrastrukturvorhaben beteiligt. Solche Investitionstätigkeiten sind seitens AIIB momentan auch nicht vorgesehen. Zwar darf die AIIB bis maximal 15 Prozent ihres Portfolios ausserhalb Asiens investieren, aber die Projekte müssen einen Bezug zu Asien aufweisen oder globale Interessen wie beispielsweise den Klimaschutz berücksichtigen. Die bisher bewilligten AIIB-Projekte ausserhalb Asiens betreffen einzig Ägypten, u. a. einen Solarpark.</p><p>5. Die Schweiz ist Gründungsmitglied der Europäischen Entwicklungsbank (EBRD), die in Transitionsländern u. a. Energie- und Transportinfrastruktur finanziert. Weiter gehört die Schweiz der Entwicklungsbank des Europarates (CEB) an, die auch in Europa tätig ist. Die Schweiz fördert zudem bilateral mit dem Erweiterungsbeitrag die Kohäsion in den seit 2004 der EU beigetretenen 13 EU-Mitgliedstaaten. </p><p>Schliesslich unterstützt die Schweiz, im Rahmen der Osthilfe, die Infrastrukturmodernisierung in ärmeren Ländern Osteuropas und des Balkans. </p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, die nachstehenden Auskünfte zu erteilen:</p><p>1. Wie hoch ist die aktuelle Beteiligung der Schweiz an der Asiatischen Entwicklungsbank, und welche finanziellen Mittel wurden durch die Schweiz bereits freigegeben?</p><p>2. Ist die Schweiz im Verwaltungsrat der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) vertreten? Wenn ja, durch wen?</p><p>3. Wer kontrolliert für die Schweiz die Investitionspolitik und die Kreditvergabepolitik dieser Bank?</p><p>4. Hat die AIIB direkt oder indirekt Kredite, Garantien oder andere Mittel gewährt, um chinesische Investitionen in europäische, insb. italienische Infrastruktur zu finanzieren?</p><p>5. Ist es Zeit für ein stärkeres Engagement der Schweiz im Wiederaufbau und in der Entwicklung der Infrastruktur in Europa?</p>
  • Asian Infrastructure Investment Bank. Hat die Schweiz die Kontrolle über ihre Entwicklungshilfe verloren?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Schweiz ist seit 2015 mit einem Beitrag von 735,51 Millionen Schweizerfranken in Form von Garantiekapital an der Asiatischen Infrastruktur- und Investitionsbank (AIIB) beteiligt.</p><p>Diese Bank dient zur Armutsbekämpfung in Asien und im Speziellen zur Investition in die Infrastruktur in Asien. Sie soll mit staatlichen Stellen, öffentlichen Körperschaften und dem Privatsektor zusammenarbeiten.</p><p>Die Gründung der AIIB wurde von China initiiert, und die Bank ist auch über die Beteiligungsverhältnisse durch den chinesischen Staat kontrolliert.</p><p>Im März 2019 schloss China mit dem italienischen Staat rund 50 Verträge über Zollabkommen, Kooperationen und Zusammenarbeit im Forschungs- und Technologiebereich sowie ein Investitionsprogramm von staatlichen und anderen Unternehmen in die italienischen Häfen von Triest, Palermo und Genua ab. Im Rahmen der neuen Seidenstrasse "Belt and Road Initiative" sieht China Investitionen von 900 Milliarden Dollar in Infrastruktur entlang der neuen Seidenstrasse vor. Geplant sind auch Grossinvestitionen in die Häfen von Triest und Genua, welche als Umschlagsplätze für chinesische Exporte dienen sollen.</p><p>Hiezu tragen offensichtlich auch Mittel der AIIB bei.</p><p>Wo soll das strategische Interesse der Schweiz liegen, eine Beteiligung an einer Bank zu halten, die europäische Infrastruktur im Interesse von China kauft, was kaum Aufgabe dieser Bank sein kann? Oder ist Italien ein asiatisches Entwicklungsland?</p><p>Wäre es nicht besser, Europa und damit die Schweiz würde sich selbst helfen und ein grösseres Engagement in europäische Institute vorsehen, die den gleichen Zweck verfolgen?</p>
    • <p>1. Die Schweiz hat einen Kapitalanteil an der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (Asian Infrastructure Investment Bank, AIIB) von 706,4 Millionen US-Dollar, wovon 20 Prozent (141,3 Millionen) Dollar einzahlbares Kapital darstellen und 80 Prozent nichteinzahlbares Garantiekapital. Vier von fünf Raten, total 113,04 Millionen Dollar, wurden von 2016 bis 2019 einbezahlt. In der Asiatischen Entwicklungsbank (Asian Development Bank, ADB) mit Sitz in Manila hält die Schweiz einen Kapitalanteil von 861,6 Millionen US-Dollar.</p><p>Die Schweiz verfolgt das strategische Interesse, die AIIB als neue multilaterale Institution mitzugestalten. Komplementär zu den anderen Entwicklungsbanken hilft die AIIB, die grosse Lücke der Infrastrukturfinanzierung in Asien zu schliessen.</p><p>2. Die Schweiz gehört in der AIIB der Stimmrechtsgruppe "Wider Europe" an, zusammen mit Dänemark, Island, Norwegen, Polen, Rumänien, Schweden, Ungarn und dem Vereinigten Königreich. Im Rahmen der in dieser Gruppe vereinbarten Rotation stellt das Vereinigte Königreich gegenwärtig einen Exekutivdirektor im Verwaltungsrat, die Schweiz - vertreten durch die Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit des Seco - stellt derzeit einen Berater.</p><p>3. Die Investitionspolitik und die Kreditvergabepolitik der AIIB werden durch den Verwaltungsrat mit zwölf Sitzen (einer davon "Wider Europe") geprüft und bewilligt. Projektentscheide werden im Konsensprinzip bzw. durch einfaches Stimmenmehr entschieden - kein Aktionär kann im Alleingang bestimmen. Übergeordnete Strategieentscheide werden vom jährlich tagenden Gouverneursrat getroffen. Die Schweiz nimmt ihre Aufsichtspflicht in diesen Gremien wahr und setzt sich bei Vertretern der AIIB konsequent für hohe Finanz-, Umwelt- und Sozialstandards sowie den Fokus Asien ein.</p><p>4. Nein. Die AIIB hat sich weder an italienischen noch an anderen europäischen Infrastrukturvorhaben beteiligt. Solche Investitionstätigkeiten sind seitens AIIB momentan auch nicht vorgesehen. Zwar darf die AIIB bis maximal 15 Prozent ihres Portfolios ausserhalb Asiens investieren, aber die Projekte müssen einen Bezug zu Asien aufweisen oder globale Interessen wie beispielsweise den Klimaschutz berücksichtigen. Die bisher bewilligten AIIB-Projekte ausserhalb Asiens betreffen einzig Ägypten, u. a. einen Solarpark.</p><p>5. Die Schweiz ist Gründungsmitglied der Europäischen Entwicklungsbank (EBRD), die in Transitionsländern u. a. Energie- und Transportinfrastruktur finanziert. Weiter gehört die Schweiz der Entwicklungsbank des Europarates (CEB) an, die auch in Europa tätig ist. Die Schweiz fördert zudem bilateral mit dem Erweiterungsbeitrag die Kohäsion in den seit 2004 der EU beigetretenen 13 EU-Mitgliedstaaten. </p><p>Schliesslich unterstützt die Schweiz, im Rahmen der Osthilfe, die Infrastrukturmodernisierung in ärmeren Ländern Osteuropas und des Balkans. </p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, die nachstehenden Auskünfte zu erteilen:</p><p>1. Wie hoch ist die aktuelle Beteiligung der Schweiz an der Asiatischen Entwicklungsbank, und welche finanziellen Mittel wurden durch die Schweiz bereits freigegeben?</p><p>2. Ist die Schweiz im Verwaltungsrat der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) vertreten? Wenn ja, durch wen?</p><p>3. Wer kontrolliert für die Schweiz die Investitionspolitik und die Kreditvergabepolitik dieser Bank?</p><p>4. Hat die AIIB direkt oder indirekt Kredite, Garantien oder andere Mittel gewährt, um chinesische Investitionen in europäische, insb. italienische Infrastruktur zu finanzieren?</p><p>5. Ist es Zeit für ein stärkeres Engagement der Schweiz im Wiederaufbau und in der Entwicklung der Infrastruktur in Europa?</p>
    • Asian Infrastructure Investment Bank. Hat die Schweiz die Kontrolle über ihre Entwicklungshilfe verloren?

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