Mukoviszidose. Wann werden endlich alle Betroffenen behandelt, noch bevor es zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion kommt?

ShortId
19.3802
Id
20193802
Updated
28.07.2023 02:37
Language
de
Title
Mukoviszidose. Wann werden endlich alle Betroffenen behandelt, noch bevor es zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion kommt?
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>In der Schweiz leiden etwa 1000 Personen an Mukoviszidose, einer genetisch bedingten, unheilbaren Stoffwechselkrankheit. Dank innovativen Behandlungsmethoden kann die Lebensqualität dieser Personen verbessert und ihre Lebenserwartung verlängert werden. Da es verschiedene Arten von Genmutationen gibt, kommt aber nicht für alle Patientinnen und Patienten dieselbe Behandlung infrage. Kalydeco zum Beispiel ist sehr effizient, kann aber nur bei sehr wenigen Betroffenen eingesetzt werden. Orkambi wiederum eignet sich für etwa die Hälfte aller Patientinnen und Patienten. Es sollte idealerweise verabreicht werden, bevor es zu einer Beeinträchtigung der Lungenfunktion kommt; ansonsten ist diese Entwicklung irreversibel. Swissmedic hat die Markteinführung dieses Medikaments zugelassen, da es kein therapeutisches Äquivalent gibt, aber das BAG hat unrealistische Nachweise der Wirksamkeit verlangt und einschränkende Kriterien aufgestellt, falls die Lungenfunktion zu gut (über 80 Prozent) oder zu schlecht (unter 40 Prozent) ist. Eine Studie in Zürich hat indessen bei den Patientinnen und Patienten mit sehr starker Beeinträchtigung eine positive Entwicklung nachgewiesen, wodurch diese Personen von der Warteliste für Transplantation gestrichen werden konnten. Die Therapie wirkt sich auch auf Begleiterkrankungen (Diabetes, Pankreasinsuffizienz) positiv aus; es entschärft diese und verringert somit auch die Spitalaufenthalte um rund 50 Prozent. Wenn die Anträge über Fachleute für Mukoviszidose gestellt werden, sind die Versicherungen oft zu einer Rückerstattung bereit. Die IV hingegen lehnt jegliche Kostenübernahme von Behandlungen für Kinder unter 20 Jahren ab, obwohl Studien gezeigt haben, dass diese Behandlungen schon ab dem Alter von 6 Jahren wirksam sind. In Deutschland sind diese Behandlungen ab dem Alter von 2 Jahren zugelassen, und die Resultate sind hervorragend.</p><p>Es werden zurzeit neue Medikamente entwickelt, aber es besteht die Gefahr, dass das BAG den Zugang zu diesen ebenfalls viel zu stark einschränkt.</p><p>Knapp 1000 Personen könnten von diesen Behandlungen profitieren, welche auch einen gesellschaftlichen Nutzen bringen, da die Patientinnen und Patienten arbeiten könnten und von der IV weniger abhängig wären. Deshalb darf man mit der Behandlung nicht warten, bis eine funktionelle Verschlechterung eintritt.</p>
  • <p>Arzneimittel, die in der Schweiz von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vergütet werden, werden auf Gesuch hin vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft. Sind diese Kriterien erfüllt, kann ein Arzneimittel in die Spezialitätenliste (SL) aufgenommen werden. Die Aufnahme von Orkambi in die SL ist noch hängig. </p><p>Das BAG stuft die Wirksamkeit dieses Arzneimittels als beschränkt ein. Deshalb muss nachvollziehbarerweise die Vergütung auf diejenigen Patientinnen und Patienten eingeschränkt werden, bei denen aufgrund der Resultate der klinischen Studien eine Wirksamkeit erwartet werden kann. Wie die Limitierung für Orkambi definitiv festgelegt wird, ist jedoch noch nicht abschliessend definiert. Es liegt jedoch primär an der Wirtschaftlichkeit, dass Orkambi noch nicht vergütet wird. Die aktuellen Preisforderungen für Orkambi und dessen Nachfolgepräparate würden die Sozialversicherungssysteme der Schweiz sehr stark belasten und werden vom BAG - unter Berücksichtigung der beschränkten Wirksamkeit - als nicht wirtschaftlich erachtet. Das BAG hat dem Pharmaunternehmen kommuniziert, unter welchen Bedingungen das Arzneimittel als wirtschaftlich erachtet wird und in der Folge in die SL aufgenommen werden kann. </p><p>Zur Vergütung durch die Invalidenversicherung (IV): Die IV richtet sich grundsätzlich nach der Spezialitätenliste des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (SR 832.10). Ein Entscheid des BAG betreffend Vergütung hat deshalb auch Auswirkungen für die IV. Bis ein Entscheid des BAG vorliegt, wendet die IV gemäss Rechtsprechung und Praxis Artikel 71b der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV; 832.102) analog an und prüft eine Vergütung im Einzelfall. In Anwendung von Artikel 71b KVV bestimmt die IV die Höhe der Vergütung in Absprache mit den Pharmaunternehmen. Im vorliegenden Fall konnte mit der Zulassungsinhaberin keine Einigung betreffend den Preis gefunden werden. Die IV ist weiterhin bereit, den Preis zu vergüten, den auch das BAG als wirtschaftlich ansieht. Mit Blick auf die lange Verfahrensdauer hat die IV der Zulassungsinhaberin ausnahmsweise angeboten, dass eine allfällige Differenz zum zukünftigen Preis auf der Spezialitätenliste (aufgrund einer Einigung mit dem BAG oder einer Durchsetzung eines höheren Preises in einem Gerichtsverfahren) im Nachhinein noch vergütet wird. Die Zulassungsinhaberin hat diesen Vorschlag abgelehnt.</p><p>Der Bundesrat hofft weiterhin, dass ein wirtschaftlicher Preis festgesetzt werden kann und dass alle in der Schweiz betroffenen versicherten Personen, für welche eine Wirksamkeit erwartet werden kann, möglichst bald Zugang zur Therapie mit Orkambi erhalten. Die entsprechenden Gespräche mit dem Pharmaunternehmen sind nach wie vor im Gang.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Kann der Bundesrat dafür sorgen,</p><p>1. dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Verschreibungen von Therapien der Mukoviszidose erstens an alle hierfür infrage kommenden Patientinnen und Patienten - noch vor der funktionellen Verschlechterung - und zweitens auch an Personen mit einer bereits sehr starken Beeinträchtigung zulässt?</p><p>2. dass die IV die Kosten der Behandlungen von Kindern übernimmt, um zu verhindern, dass die Eltern nach Deutschland ziehen müssen, wo die Behandlungskosten rückerstattet werden, oder dass sie sich gezwungen sehen, das Generikum von Orkambi in Argentinien zu bestellen?</p>
  • Mukoviszidose. Wann werden endlich alle Betroffenen behandelt, noch bevor es zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion kommt?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>In der Schweiz leiden etwa 1000 Personen an Mukoviszidose, einer genetisch bedingten, unheilbaren Stoffwechselkrankheit. Dank innovativen Behandlungsmethoden kann die Lebensqualität dieser Personen verbessert und ihre Lebenserwartung verlängert werden. Da es verschiedene Arten von Genmutationen gibt, kommt aber nicht für alle Patientinnen und Patienten dieselbe Behandlung infrage. Kalydeco zum Beispiel ist sehr effizient, kann aber nur bei sehr wenigen Betroffenen eingesetzt werden. Orkambi wiederum eignet sich für etwa die Hälfte aller Patientinnen und Patienten. Es sollte idealerweise verabreicht werden, bevor es zu einer Beeinträchtigung der Lungenfunktion kommt; ansonsten ist diese Entwicklung irreversibel. Swissmedic hat die Markteinführung dieses Medikaments zugelassen, da es kein therapeutisches Äquivalent gibt, aber das BAG hat unrealistische Nachweise der Wirksamkeit verlangt und einschränkende Kriterien aufgestellt, falls die Lungenfunktion zu gut (über 80 Prozent) oder zu schlecht (unter 40 Prozent) ist. Eine Studie in Zürich hat indessen bei den Patientinnen und Patienten mit sehr starker Beeinträchtigung eine positive Entwicklung nachgewiesen, wodurch diese Personen von der Warteliste für Transplantation gestrichen werden konnten. Die Therapie wirkt sich auch auf Begleiterkrankungen (Diabetes, Pankreasinsuffizienz) positiv aus; es entschärft diese und verringert somit auch die Spitalaufenthalte um rund 50 Prozent. Wenn die Anträge über Fachleute für Mukoviszidose gestellt werden, sind die Versicherungen oft zu einer Rückerstattung bereit. Die IV hingegen lehnt jegliche Kostenübernahme von Behandlungen für Kinder unter 20 Jahren ab, obwohl Studien gezeigt haben, dass diese Behandlungen schon ab dem Alter von 6 Jahren wirksam sind. In Deutschland sind diese Behandlungen ab dem Alter von 2 Jahren zugelassen, und die Resultate sind hervorragend.</p><p>Es werden zurzeit neue Medikamente entwickelt, aber es besteht die Gefahr, dass das BAG den Zugang zu diesen ebenfalls viel zu stark einschränkt.</p><p>Knapp 1000 Personen könnten von diesen Behandlungen profitieren, welche auch einen gesellschaftlichen Nutzen bringen, da die Patientinnen und Patienten arbeiten könnten und von der IV weniger abhängig wären. Deshalb darf man mit der Behandlung nicht warten, bis eine funktionelle Verschlechterung eintritt.</p>
    • <p>Arzneimittel, die in der Schweiz von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vergütet werden, werden auf Gesuch hin vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft. Sind diese Kriterien erfüllt, kann ein Arzneimittel in die Spezialitätenliste (SL) aufgenommen werden. Die Aufnahme von Orkambi in die SL ist noch hängig. </p><p>Das BAG stuft die Wirksamkeit dieses Arzneimittels als beschränkt ein. Deshalb muss nachvollziehbarerweise die Vergütung auf diejenigen Patientinnen und Patienten eingeschränkt werden, bei denen aufgrund der Resultate der klinischen Studien eine Wirksamkeit erwartet werden kann. Wie die Limitierung für Orkambi definitiv festgelegt wird, ist jedoch noch nicht abschliessend definiert. Es liegt jedoch primär an der Wirtschaftlichkeit, dass Orkambi noch nicht vergütet wird. Die aktuellen Preisforderungen für Orkambi und dessen Nachfolgepräparate würden die Sozialversicherungssysteme der Schweiz sehr stark belasten und werden vom BAG - unter Berücksichtigung der beschränkten Wirksamkeit - als nicht wirtschaftlich erachtet. Das BAG hat dem Pharmaunternehmen kommuniziert, unter welchen Bedingungen das Arzneimittel als wirtschaftlich erachtet wird und in der Folge in die SL aufgenommen werden kann. </p><p>Zur Vergütung durch die Invalidenversicherung (IV): Die IV richtet sich grundsätzlich nach der Spezialitätenliste des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (SR 832.10). Ein Entscheid des BAG betreffend Vergütung hat deshalb auch Auswirkungen für die IV. Bis ein Entscheid des BAG vorliegt, wendet die IV gemäss Rechtsprechung und Praxis Artikel 71b der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV; 832.102) analog an und prüft eine Vergütung im Einzelfall. In Anwendung von Artikel 71b KVV bestimmt die IV die Höhe der Vergütung in Absprache mit den Pharmaunternehmen. Im vorliegenden Fall konnte mit der Zulassungsinhaberin keine Einigung betreffend den Preis gefunden werden. Die IV ist weiterhin bereit, den Preis zu vergüten, den auch das BAG als wirtschaftlich ansieht. Mit Blick auf die lange Verfahrensdauer hat die IV der Zulassungsinhaberin ausnahmsweise angeboten, dass eine allfällige Differenz zum zukünftigen Preis auf der Spezialitätenliste (aufgrund einer Einigung mit dem BAG oder einer Durchsetzung eines höheren Preises in einem Gerichtsverfahren) im Nachhinein noch vergütet wird. Die Zulassungsinhaberin hat diesen Vorschlag abgelehnt.</p><p>Der Bundesrat hofft weiterhin, dass ein wirtschaftlicher Preis festgesetzt werden kann und dass alle in der Schweiz betroffenen versicherten Personen, für welche eine Wirksamkeit erwartet werden kann, möglichst bald Zugang zur Therapie mit Orkambi erhalten. Die entsprechenden Gespräche mit dem Pharmaunternehmen sind nach wie vor im Gang.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Kann der Bundesrat dafür sorgen,</p><p>1. dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Verschreibungen von Therapien der Mukoviszidose erstens an alle hierfür infrage kommenden Patientinnen und Patienten - noch vor der funktionellen Verschlechterung - und zweitens auch an Personen mit einer bereits sehr starken Beeinträchtigung zulässt?</p><p>2. dass die IV die Kosten der Behandlungen von Kindern übernimmt, um zu verhindern, dass die Eltern nach Deutschland ziehen müssen, wo die Behandlungskosten rückerstattet werden, oder dass sie sich gezwungen sehen, das Generikum von Orkambi in Argentinien zu bestellen?</p>
    • Mukoviszidose. Wann werden endlich alle Betroffenen behandelt, noch bevor es zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion kommt?

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