Kreative Interpretation des Willens der Initianten der Initiative "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide"?

ShortId
19.3826
Id
20193826
Updated
28.07.2023 02:30
Language
de
Title
Kreative Interpretation des Willens der Initianten der Initiative "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide"?
AdditionalIndexing
52;55;2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. In seiner Antwort auf die Interpellation Bourgeois 18.3827 hatte der Bundesrat darauf hingewiesen, dass er seine Auslegung des Initiativtextes im Rahmen der entsprechenden Botschaft bekanntgeben werde. Der Text einer Initiative ist nach den anerkannten Interpretationsgrundsätzen auszulegen. "Grundsätzlich ist vom Wortlaut der Initiative auszugehen und nicht auf den subjektiven Willen der Initianten abzustellen. Eine allfällige Begründung des Volksbegehrens darf mitberücksichtigt werden, wenn sie für das Verständnis der Initiative unerlässlich ist. Massgeblich ist bei der Auslegung des Initiativtextes, wie er von den Stimmberechtigten und späteren Adressaten vernünftigerweise verstanden werden muss" (BGE 144 I 193, E. 7.3.1). Der Bundesrat hat in der Botschaft zur Volksinitiative sowie in seiner Antwort auf die Interpellation Bourgeois 18.3827 darauf hingewiesen, dass "Pestizid" basierend auf den aktuellen rechtlichen Grundlagen der Oberbegriff für Pflanzenschutzmittel und Biozide ist.</p><p>2./3. Bei einer Interpellation erteilt der Bundesrat Auskünfte auf Fragen von Ratsmitgliedern. Dabei soll möglichst exakt auf die gestellten Fragen eingegangen werden, auch wenn in den eingereichten Vorstössen zum Teil nicht die rechtlich korrekten Begriffe verwendet werden. Bei den erwähnten Interpellationen war offensichtlich, dass sie sich aufgrund der Fragestellungen auf die Pflanzenschutzmittel bezogen. Im Unterschied zu den Texten von parlamentarischen Vorstössen handelt es sich bei einer Volksinitiative um einen juristischen Text, der gegebenenfalls in die Verfassung aufzunehmen ist und auf den die herkömmlichen Methoden der Rechtsauslegung angewandt werden.</p><p>4. In seiner Antwort auf die Interpellation Bourgeois 18.3827 hat der Bundesrat klargestellt, dass Pestizid der Oberbegriff für Pflanzenschutzmittel und Biozide ist, und er hat auf die entsprechenden Rechtsgrundlagen hingewiesen. Diese Definitionen mit detaillierten Hinweisen auf die Rechtsgrundlagen hat er auch in den Botschaften zu den Volksinitiativen "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" und "für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung - Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz" verwendet.</p><p>5. Wird die Initiative angenommen, setzt der Bundesrat im Rahmen seiner Kompetenzen den Willen des Volkes und der Kantone um. </p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Bundesrat hält in seiner Botschaft zur Volksinitiative "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" fest, dass der Begriff Pestizide in der Schweiz weder auf Verfassungs- noch auf Gesetzesstufe definiert ist. Umgangssprachlich sind damit in der Deutschschweiz, der Romandie und im Tessin Pflanzenschutzmittel (PSM) gemeint.</p><p>Die Bürgerbewegungen, welche die beiden Pestizid-Initiativen lanciert haben, bedienten sich beim Verfassen der Initiativtexte wohl der Umgangssprache. Im September 2018 schrieb der Bundesrat zu ihrer Verwendung des Begriffes Pestizide jedenfalls: "Im Zusammenhang mit dem Begriff 'Pestizide' sprechen die Initianten vornehmlich von Herbiziden, Fungiziden, Insektiziden und Rodentiziden zur Zerstörung von Organismen, welche Pflanzen befallen" (siehe 18.3827).</p><p>Diesen klaren Befund sucht man in der Botschaft zur Volksinitiative "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" vergeblich. Statt den Willen der Initianten erneut darzulegen, zieht der Bundesrat Definitionen der WHO und der FAO heran, welche Pestizid als Oberbegriff für PSM und Biozide einordnet.</p><p>Ich bitte den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Wenn er in seiner Antwort auf 18.3827 den Willen der Initianten klar einordnen kann: Warum tut er dies in seiner Botschaft, drei Monate später, nicht?</p><p>2. Warum wählt er nicht einen Weg wie jenen, den er bei der Interpellation Gilli 15.3761 eingeschlagen hatte: "Aufgrund des Wortlautes der Interpellation wird ... davon ausgegangen, dass sich die Fragen nur auf Pflanzenschutzmittel beziehen, weshalb nur darauf eingegangen wird"?</p><p>3. In vielen Vorstössen wird der Begriff Pestizide im umgangssprachlichen Sinne verwendet. Der Bundesrat konnte dies stets einordnen (z. B. 18.3633, 18.3614, 16.3300, 15.3425). Oft benutzte er den Begriff selber als Synonym für PSM (z. B. 18.3634, 17.3349, 17.3338, 16.3548). Wenn er den Begriff jahrelang als Synonym für PSM interpretiert und verwendet, warum gelingt ihm das in der Botschaft zu dieser Initiative nicht?</p><p>4. Wenn der Begriff Pestizide in der Schweiz rechtlich nicht definiert ist, er selber den Begriff aber immer wieder synonym für PSM benutzt: Warum bemängelt der Bundesrat eine fehlende Definition durch die Initianten, wenn diese ihren Willen doch klar erkennbar kommunizieren?</p><p>5. Für den Fall einer Annahme der Volksinitiative: Wird der Bundesrat den Willen der Initianten umsetzen oder seiner eigenen Definition folgen?</p>
  • Kreative Interpretation des Willens der Initianten der Initiative "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide"?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. In seiner Antwort auf die Interpellation Bourgeois 18.3827 hatte der Bundesrat darauf hingewiesen, dass er seine Auslegung des Initiativtextes im Rahmen der entsprechenden Botschaft bekanntgeben werde. Der Text einer Initiative ist nach den anerkannten Interpretationsgrundsätzen auszulegen. "Grundsätzlich ist vom Wortlaut der Initiative auszugehen und nicht auf den subjektiven Willen der Initianten abzustellen. Eine allfällige Begründung des Volksbegehrens darf mitberücksichtigt werden, wenn sie für das Verständnis der Initiative unerlässlich ist. Massgeblich ist bei der Auslegung des Initiativtextes, wie er von den Stimmberechtigten und späteren Adressaten vernünftigerweise verstanden werden muss" (BGE 144 I 193, E. 7.3.1). Der Bundesrat hat in der Botschaft zur Volksinitiative sowie in seiner Antwort auf die Interpellation Bourgeois 18.3827 darauf hingewiesen, dass "Pestizid" basierend auf den aktuellen rechtlichen Grundlagen der Oberbegriff für Pflanzenschutzmittel und Biozide ist.</p><p>2./3. Bei einer Interpellation erteilt der Bundesrat Auskünfte auf Fragen von Ratsmitgliedern. Dabei soll möglichst exakt auf die gestellten Fragen eingegangen werden, auch wenn in den eingereichten Vorstössen zum Teil nicht die rechtlich korrekten Begriffe verwendet werden. Bei den erwähnten Interpellationen war offensichtlich, dass sie sich aufgrund der Fragestellungen auf die Pflanzenschutzmittel bezogen. Im Unterschied zu den Texten von parlamentarischen Vorstössen handelt es sich bei einer Volksinitiative um einen juristischen Text, der gegebenenfalls in die Verfassung aufzunehmen ist und auf den die herkömmlichen Methoden der Rechtsauslegung angewandt werden.</p><p>4. In seiner Antwort auf die Interpellation Bourgeois 18.3827 hat der Bundesrat klargestellt, dass Pestizid der Oberbegriff für Pflanzenschutzmittel und Biozide ist, und er hat auf die entsprechenden Rechtsgrundlagen hingewiesen. Diese Definitionen mit detaillierten Hinweisen auf die Rechtsgrundlagen hat er auch in den Botschaften zu den Volksinitiativen "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" und "für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung - Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz" verwendet.</p><p>5. Wird die Initiative angenommen, setzt der Bundesrat im Rahmen seiner Kompetenzen den Willen des Volkes und der Kantone um. </p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Bundesrat hält in seiner Botschaft zur Volksinitiative "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" fest, dass der Begriff Pestizide in der Schweiz weder auf Verfassungs- noch auf Gesetzesstufe definiert ist. Umgangssprachlich sind damit in der Deutschschweiz, der Romandie und im Tessin Pflanzenschutzmittel (PSM) gemeint.</p><p>Die Bürgerbewegungen, welche die beiden Pestizid-Initiativen lanciert haben, bedienten sich beim Verfassen der Initiativtexte wohl der Umgangssprache. Im September 2018 schrieb der Bundesrat zu ihrer Verwendung des Begriffes Pestizide jedenfalls: "Im Zusammenhang mit dem Begriff 'Pestizide' sprechen die Initianten vornehmlich von Herbiziden, Fungiziden, Insektiziden und Rodentiziden zur Zerstörung von Organismen, welche Pflanzen befallen" (siehe 18.3827).</p><p>Diesen klaren Befund sucht man in der Botschaft zur Volksinitiative "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" vergeblich. Statt den Willen der Initianten erneut darzulegen, zieht der Bundesrat Definitionen der WHO und der FAO heran, welche Pestizid als Oberbegriff für PSM und Biozide einordnet.</p><p>Ich bitte den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Wenn er in seiner Antwort auf 18.3827 den Willen der Initianten klar einordnen kann: Warum tut er dies in seiner Botschaft, drei Monate später, nicht?</p><p>2. Warum wählt er nicht einen Weg wie jenen, den er bei der Interpellation Gilli 15.3761 eingeschlagen hatte: "Aufgrund des Wortlautes der Interpellation wird ... davon ausgegangen, dass sich die Fragen nur auf Pflanzenschutzmittel beziehen, weshalb nur darauf eingegangen wird"?</p><p>3. In vielen Vorstössen wird der Begriff Pestizide im umgangssprachlichen Sinne verwendet. Der Bundesrat konnte dies stets einordnen (z. B. 18.3633, 18.3614, 16.3300, 15.3425). Oft benutzte er den Begriff selber als Synonym für PSM (z. B. 18.3634, 17.3349, 17.3338, 16.3548). Wenn er den Begriff jahrelang als Synonym für PSM interpretiert und verwendet, warum gelingt ihm das in der Botschaft zu dieser Initiative nicht?</p><p>4. Wenn der Begriff Pestizide in der Schweiz rechtlich nicht definiert ist, er selber den Begriff aber immer wieder synonym für PSM benutzt: Warum bemängelt der Bundesrat eine fehlende Definition durch die Initianten, wenn diese ihren Willen doch klar erkennbar kommunizieren?</p><p>5. Für den Fall einer Annahme der Volksinitiative: Wird der Bundesrat den Willen der Initianten umsetzen oder seiner eigenen Definition folgen?</p>
    • Kreative Interpretation des Willens der Initianten der Initiative "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide"?

Back to List