System der Franchisen in der obligatorischen Krankenversicherung. Die richtigen Anreize schaffen für eine bessere öffentliche Gesundheit und für mehr Effizienz

ShortId
19.3833
Id
20193833
Updated
28.07.2023 02:27
Language
de
Title
System der Franchisen in der obligatorischen Krankenversicherung. Die richtigen Anreize schaffen für eine bessere öffentliche Gesundheit und für mehr Effizienz
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Das System der Franchisen in der Krankenversicherung schafft im Hinblick auf die öffentliche Gesundheit wie auch auf die Kosten des Gesundheitssystems negative Anreize. Einerseits müssen die Versicherten bis zum Erreichen der Franchise die gesamten Behandlungskosten bezahlen. Die Höhe dieser Kosten kann sie davon abhalten, nötige Leistungen in Anspruch zu nehmen. Schätzungen gehen davon aus, dass in 10 bis 20 Prozent der Fälle aus finanziellen Gründen auf eine Behandlung verzichtet wird. Andererseits werden die Kosten für die Leistungen nach Erreichen der Franchise und des maximalen Selbstbehalts grundsätzlich vollumfänglich von der Krankenkasse übernommen. Dies kann bestimmte Leistungserbringer dazu verleiten, unnötige Behandlungen vorzunehmen, was zu einer Mengenausweitung führt.</p><p>Zudem kann das System mit wählbaren Franchisen zu einer Schwächung der Solidarität zwischen Kranken und Gesunden führen, ohne dass sich an der Inanspruchnahme der Leistungen etwas ändert.</p><p>Wenn die Versicherten nur einen Teil der Kosten bezahlen müssten, dies aber über einen viel längeren Zeitraum, gäbe es die heutige Barriere nicht mehr, die die Versicherten davon abhält, nötige Leistungen in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig würde aber der Schwelleneffekt vermieden, der eintreten kann, sobald die Franchise erreicht ist.</p><p>Der Beibehalt eines Franchisensystems wäre möglich. Die versicherte Person würde sich ab dem ersten Franken an den Kosten beteiligen, beispielsweise zu 20 Prozent, und dies bis zum Erreichen der Franchise und des maximalen Selbstbehalts. Mit einem solchen System würde der Zugang für Chronischkranke zu den Leistungen verbessert, und die Kostenbeteiligung würde besser über das Jahr verteilt. Heute verpufft die Wirkung der Franchise viel früher als mit der vorgeschlagenen Lösung. Die öffentliche Gesundheit würde verbessert, weil weniger Versicherte auf Behandlungen verzichten würden. Die Gesundheitskosten würden begrenzt aufgrund eines niedrigeren Risikos für Komplikationen, wie es bei zu späten Behandlungen besteht. Und da sich die Versicherten über einen längeren Zeitraum an den Kosten beteiligen müssten, würde das Kostenbewusstsein verstärkt.</p>
  • <p>Die wählbaren Franchisen werden von den Versicherten sehr geschätzt. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen haben eine solche Franchise gewählt (Quelle: Statistik der obligatorischen Krankenversicherung: www.bag.admin.ch &gt; Zahlen &amp; Statistiken &gt; Krankenversicherung: Statistiken). Diese Feststellung ging auch aus der Vernehmlassung zur Vorlage des Eidgenössischen Departementes des Innern (EDI) über die Reform des Wahlfranchisensystems im Jahr 2015 hervor. Mit der Annahme der Motion Weibel 15.4222, "Richtige Anreize mit Wahlfranchisen", hat das Parlament zudem beschlossen, das heutige System mit allen Franchisestufen beizubehalten.</p><p>Die Ersetzung der wählbaren Franchisen durch einen höheren Selbstbehalt ist eine Idee, die eine vertiefte Prüfung verdienen würde. Es darf jedoch nicht sein, dass Versicherte mit hohen Kosten, das heisst Personen mit schweren oder chronischen Krankheiten, mit einer solchen Lösung mehr bezahlen müssen als im heutigen System. Die Aufhebung der Pflicht zur Bezahlung der gesamten Behandlungskosten bis zum Erreichen der Franchise und deren Ersetzung durch einen Selbstbehalt von 20 Prozent würden ausserdem wahrscheinlich zu sinkenden Einnahmen der Versicherer führen. Dieses Problem müsste man umgehen, um einen Prämienanstieg zu vermeiden.</p><p>Seit mehreren Jahren beschäftigen die Franchisen der obligatorischen Krankenversicherung das Parlament. Um dessen Fragen zu beantworten, hat der Bundesrat das Wahlfranchisensystem und insbesondere seine Auswirkungen auf das Verhalten der Versicherten bei der Inanspruchnahme von Leistungen bereits untersucht. Nach der Veröffentlichung des Berichtes vom 28. Juni 2017 "Kostenbeteiligung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung" (zu finden unter www.bag.admin.ch &gt; Das BAG &gt; Publikationen &gt; Bundesratsberichte) wurden im Parlament jedoch mehrere Vorstösse zu diesem Thema eingereicht, was darauf hindeutet, dass die Prüfung des Wahlfranchisensystems weitergeführt werden könnte.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Lösungen zu prüfen, mit denen die Anreize bei den Franchisen der obligatorischen Krankenversicherung verbessert werden können, sodass die negativen Auswirkungen - wie der Verzicht auf notwendige Behandlungen - vermieden und allfällige Schwelleneffekte, zu denen das heutige System möglicherweise führt, verhindert werden können. Insbesondere ist der Ersatz des Systems mit wählbaren Franchisen durch einen höheren Selbstbehalt zu prüfen.</p>
  • System der Franchisen in der obligatorischen Krankenversicherung. Die richtigen Anreize schaffen für eine bessere öffentliche Gesundheit und für mehr Effizienz
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das System der Franchisen in der Krankenversicherung schafft im Hinblick auf die öffentliche Gesundheit wie auch auf die Kosten des Gesundheitssystems negative Anreize. Einerseits müssen die Versicherten bis zum Erreichen der Franchise die gesamten Behandlungskosten bezahlen. Die Höhe dieser Kosten kann sie davon abhalten, nötige Leistungen in Anspruch zu nehmen. Schätzungen gehen davon aus, dass in 10 bis 20 Prozent der Fälle aus finanziellen Gründen auf eine Behandlung verzichtet wird. Andererseits werden die Kosten für die Leistungen nach Erreichen der Franchise und des maximalen Selbstbehalts grundsätzlich vollumfänglich von der Krankenkasse übernommen. Dies kann bestimmte Leistungserbringer dazu verleiten, unnötige Behandlungen vorzunehmen, was zu einer Mengenausweitung führt.</p><p>Zudem kann das System mit wählbaren Franchisen zu einer Schwächung der Solidarität zwischen Kranken und Gesunden führen, ohne dass sich an der Inanspruchnahme der Leistungen etwas ändert.</p><p>Wenn die Versicherten nur einen Teil der Kosten bezahlen müssten, dies aber über einen viel längeren Zeitraum, gäbe es die heutige Barriere nicht mehr, die die Versicherten davon abhält, nötige Leistungen in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig würde aber der Schwelleneffekt vermieden, der eintreten kann, sobald die Franchise erreicht ist.</p><p>Der Beibehalt eines Franchisensystems wäre möglich. Die versicherte Person würde sich ab dem ersten Franken an den Kosten beteiligen, beispielsweise zu 20 Prozent, und dies bis zum Erreichen der Franchise und des maximalen Selbstbehalts. Mit einem solchen System würde der Zugang für Chronischkranke zu den Leistungen verbessert, und die Kostenbeteiligung würde besser über das Jahr verteilt. Heute verpufft die Wirkung der Franchise viel früher als mit der vorgeschlagenen Lösung. Die öffentliche Gesundheit würde verbessert, weil weniger Versicherte auf Behandlungen verzichten würden. Die Gesundheitskosten würden begrenzt aufgrund eines niedrigeren Risikos für Komplikationen, wie es bei zu späten Behandlungen besteht. Und da sich die Versicherten über einen längeren Zeitraum an den Kosten beteiligen müssten, würde das Kostenbewusstsein verstärkt.</p>
    • <p>Die wählbaren Franchisen werden von den Versicherten sehr geschätzt. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen haben eine solche Franchise gewählt (Quelle: Statistik der obligatorischen Krankenversicherung: www.bag.admin.ch &gt; Zahlen &amp; Statistiken &gt; Krankenversicherung: Statistiken). Diese Feststellung ging auch aus der Vernehmlassung zur Vorlage des Eidgenössischen Departementes des Innern (EDI) über die Reform des Wahlfranchisensystems im Jahr 2015 hervor. Mit der Annahme der Motion Weibel 15.4222, "Richtige Anreize mit Wahlfranchisen", hat das Parlament zudem beschlossen, das heutige System mit allen Franchisestufen beizubehalten.</p><p>Die Ersetzung der wählbaren Franchisen durch einen höheren Selbstbehalt ist eine Idee, die eine vertiefte Prüfung verdienen würde. Es darf jedoch nicht sein, dass Versicherte mit hohen Kosten, das heisst Personen mit schweren oder chronischen Krankheiten, mit einer solchen Lösung mehr bezahlen müssen als im heutigen System. Die Aufhebung der Pflicht zur Bezahlung der gesamten Behandlungskosten bis zum Erreichen der Franchise und deren Ersetzung durch einen Selbstbehalt von 20 Prozent würden ausserdem wahrscheinlich zu sinkenden Einnahmen der Versicherer führen. Dieses Problem müsste man umgehen, um einen Prämienanstieg zu vermeiden.</p><p>Seit mehreren Jahren beschäftigen die Franchisen der obligatorischen Krankenversicherung das Parlament. Um dessen Fragen zu beantworten, hat der Bundesrat das Wahlfranchisensystem und insbesondere seine Auswirkungen auf das Verhalten der Versicherten bei der Inanspruchnahme von Leistungen bereits untersucht. Nach der Veröffentlichung des Berichtes vom 28. Juni 2017 "Kostenbeteiligung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung" (zu finden unter www.bag.admin.ch &gt; Das BAG &gt; Publikationen &gt; Bundesratsberichte) wurden im Parlament jedoch mehrere Vorstösse zu diesem Thema eingereicht, was darauf hindeutet, dass die Prüfung des Wahlfranchisensystems weitergeführt werden könnte.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Lösungen zu prüfen, mit denen die Anreize bei den Franchisen der obligatorischen Krankenversicherung verbessert werden können, sodass die negativen Auswirkungen - wie der Verzicht auf notwendige Behandlungen - vermieden und allfällige Schwelleneffekte, zu denen das heutige System möglicherweise führt, verhindert werden können. Insbesondere ist der Ersatz des Systems mit wählbaren Franchisen durch einen höheren Selbstbehalt zu prüfen.</p>
    • System der Franchisen in der obligatorischen Krankenversicherung. Die richtigen Anreize schaffen für eine bessere öffentliche Gesundheit und für mehr Effizienz

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