Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Endlich eine echte Elternzeit

ShortId
19.3847
Id
20193847
Updated
28.07.2023 02:36
Language
de
Title
Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Endlich eine echte Elternzeit
AdditionalIndexing
28;44
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Schweiz ist europäisches Schlusslicht beim Mutterschaftsurlaub, und ein Mann erhält in unserem Land bei der Geburt seiner Kinder gerade mal gleich viel freie Zeit wie bei einem Umzug. Die Schweiz steht im Vergleich zu den anderen 30 OECD-Ländern auch bezüglich Umfang und Ausgestaltung von Elternzeit an drittletzter Stelle. Nur einzelne Staaten der USA und Mexiko haben ein noch geringeres Angebot. Und gemäss der eben publizierten Unicef-Studie belegt die Schweiz im Vergleich mit anderen europäischen Ländern den letzten Platz bezüglich Familienfreundlichkeit (vgl. <a href="https://www.unicef-irc.org/publications/pdf/Family-Friendly-Policies-Research_UNICEF_ 2019.pdf">https://www.unicef-irc.org/publications/pdf/Family-Friendly-Policies-Research_UNICEF_%202019.pdf</a>). So kann es nicht weitergehen. </p><p>Junge Paare in der Schweiz wünschen sich verstärkt eine gleichberechtigte Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit. Und um eine angemessene Teilhabe zwischen Frau und Mann bei der Kinderbetreuung von Anfang an zu ermöglichen, brauchen wir endlich eine Elternzeit, die diesen Namen auch verdient. Zudem zeigen alle internationalen Studien klar, dass die ersten Lebensmonate für die Beziehung beider Elternteile zum Kind entscheidend sind. Dieser partnerschaftliche Einstieg ins Familienleben soll allen Familien in der Schweiz möglich sein. Denn Väter mit guten Löhnen können sich heute schon eine privat finanzierte Elternzeit leisten. Familien mit mittleren oder tiefen Löhnen fehlen aber leider die Mittel dazu.</p><p>Das will diese Motion ändern. Die Mutter und der Vater sollen nach der Niederkunft oder einer Adoption den Anspruch haben auf 14 Wochen Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub sowie für beide Elternteile mindestens 10 Wochen Elternzeit.</p><p>Auch die Eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) fordert eine Elternzeit. Sie kam 2018 zu folgendem Schluss: "Ein optimal konzipiertes Elternzeitmodell ist nicht nur förderlich für Kind und Eltern, es sorgt auch für mehr Arbeitskräfte, erhöht die Steuereinnahmen und stärkt das gesellschaftliche Wohl" (vgl. <a href="https://www.ekff.admin.ch/dokumentation/elternzeit-elterngeld/">https://www.ekff.admin.ch/dokumentation/elternzeit-elterngeld/</a>). Eine Literaturanalyse der EKFF von rund 140 wissenschaftlichen Studien zeigt zudem, wie wirkungsvoll die Einführung einer Elternzeit ist:</p><p>1. Sie stärke die psychische Gesundheit der Mütter, die physische Gesundheit der Kinder und die Väter-Kinder-Beziehung, und sie führe kurzfristig zu einer grösseren Beteiligung der Väter an der Haus- und Familienarbeit und somit auch zu einer egalitäreren Aufgabenteilung innerhalb der Familie.</p><p>2. Zudem habe sie positive Auswirkungen auf die Wiederaufnahme einer Arbeit durch die Mutter, einen sehr positiven Impact auf Produktivität, Umsatz und Arbeitsmoral in Unternehmen und führe zu geringeren Fluktuationen, gerade in KMU.</p><p>3. Und Elternzeit führe zudem zu einer erhöhten volkswirtschaftlichen Arbeitsproduktivität. Weiter liessen sich die Ausgaben der öffentlichen Hand bereits bei einer geringen Erhöhung der Erwerbstätigkeit der Mütter dank höheren Steuererträgen kompensieren.</p>
  • <p>Der Bundesrat hat am 30. Oktober 2013 den Bericht in Erfüllung des Postulates Fetz 11.3492 vom 6. Juni 2011, "Freiwillige Elternzeit und Familienvorsorge", verabschiedet. Er hat acht unterschiedliche Modelle eines gesetzlich verankerten Vaterschafts- respektive Elternurlaubs analysiert, indessen keines der präsentierten Modelle favorisiert.</p><p>Der Bundesrat anerkennt zwar das Anliegen des Vaterschafts- respektive Elternurlaubs, der Ausbau eines bedarfsgerechten familienergänzenden Kinderbetreuungsangebots hat für ihn jedoch Priorität. Im Vergleich zu einem gesetzlich verankerten Vaterschafts- oder Elternurlaub trägt ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot nicht nur unmittelbar nach der Geburt des Kindes, sondern auch in den nachfolgenden Familienphasen dazu bei, dass Mütter und Väter Familie und Erwerbstätigkeit besser vereinbaren können. Zudem würde ein Vaterschafts- oder Elternurlaub die Wirtschaft mit zusätzlichen Abgaben belasten und die Unternehmen vor organisatorische Herausforderungen stellen. Der Bundesrat ist deshalb der Meinung, dass die Regelung eines Vaterschafts- respektive Elternurlaubs weiterhin in der Verantwortung der Arbeitgeber respektive Sozialpartner bleiben soll.</p><p>Der Bundesrat hat diese Position anlässlich der Verabschiedung seiner Botschaft zur Volksinitiative 18.052, "Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub - zum Nutzen der ganzen Familie", sowie im Rahmen seiner Stellungnahme zum indirekten Gegenentwurf zur Volksinitiative der parlamentarischen Initiative 18.441, "Indirekter Gegenentwurf zur Vaterschaftsurlaubs-Initiative", bestätigt. Die Volksinitiative und der indirekte Gegenentwurf befinden sich derzeit in der parlamentarischen Beratung. Es gilt nun, die Entscheide des Parlamentes und die Abstimmungsergebnisse von Volk und Ständen abzuwarten.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Elternzeit mit folgenden Eckpunkten einzuführen:</p><p>Nach der Niederkunft oder der Aufnahme zur Adoption hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub und der Arbeitnehmer Anspruch auf einen Vaterschaftsurlaub von je mindestens 14 Wochen. Zusätzlich dazu haben beide Elternteile danach Anspruch auf mindestens 10 Wochen Elternzeit.</p><p>Zusätzlich zur Mutterschafts- hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Vaterschaftsentschädigung und beide Elternteile Anspruch auf eine Entschädigung für Elternzeit unter den gleichen Voraussetzungen gemäss Artikel 329f OR.</p>
  • Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Endlich eine echte Elternzeit
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Schweiz ist europäisches Schlusslicht beim Mutterschaftsurlaub, und ein Mann erhält in unserem Land bei der Geburt seiner Kinder gerade mal gleich viel freie Zeit wie bei einem Umzug. Die Schweiz steht im Vergleich zu den anderen 30 OECD-Ländern auch bezüglich Umfang und Ausgestaltung von Elternzeit an drittletzter Stelle. Nur einzelne Staaten der USA und Mexiko haben ein noch geringeres Angebot. Und gemäss der eben publizierten Unicef-Studie belegt die Schweiz im Vergleich mit anderen europäischen Ländern den letzten Platz bezüglich Familienfreundlichkeit (vgl. <a href="https://www.unicef-irc.org/publications/pdf/Family-Friendly-Policies-Research_UNICEF_ 2019.pdf">https://www.unicef-irc.org/publications/pdf/Family-Friendly-Policies-Research_UNICEF_%202019.pdf</a>). So kann es nicht weitergehen. </p><p>Junge Paare in der Schweiz wünschen sich verstärkt eine gleichberechtigte Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit. Und um eine angemessene Teilhabe zwischen Frau und Mann bei der Kinderbetreuung von Anfang an zu ermöglichen, brauchen wir endlich eine Elternzeit, die diesen Namen auch verdient. Zudem zeigen alle internationalen Studien klar, dass die ersten Lebensmonate für die Beziehung beider Elternteile zum Kind entscheidend sind. Dieser partnerschaftliche Einstieg ins Familienleben soll allen Familien in der Schweiz möglich sein. Denn Väter mit guten Löhnen können sich heute schon eine privat finanzierte Elternzeit leisten. Familien mit mittleren oder tiefen Löhnen fehlen aber leider die Mittel dazu.</p><p>Das will diese Motion ändern. Die Mutter und der Vater sollen nach der Niederkunft oder einer Adoption den Anspruch haben auf 14 Wochen Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub sowie für beide Elternteile mindestens 10 Wochen Elternzeit.</p><p>Auch die Eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) fordert eine Elternzeit. Sie kam 2018 zu folgendem Schluss: "Ein optimal konzipiertes Elternzeitmodell ist nicht nur förderlich für Kind und Eltern, es sorgt auch für mehr Arbeitskräfte, erhöht die Steuereinnahmen und stärkt das gesellschaftliche Wohl" (vgl. <a href="https://www.ekff.admin.ch/dokumentation/elternzeit-elterngeld/">https://www.ekff.admin.ch/dokumentation/elternzeit-elterngeld/</a>). Eine Literaturanalyse der EKFF von rund 140 wissenschaftlichen Studien zeigt zudem, wie wirkungsvoll die Einführung einer Elternzeit ist:</p><p>1. Sie stärke die psychische Gesundheit der Mütter, die physische Gesundheit der Kinder und die Väter-Kinder-Beziehung, und sie führe kurzfristig zu einer grösseren Beteiligung der Väter an der Haus- und Familienarbeit und somit auch zu einer egalitäreren Aufgabenteilung innerhalb der Familie.</p><p>2. Zudem habe sie positive Auswirkungen auf die Wiederaufnahme einer Arbeit durch die Mutter, einen sehr positiven Impact auf Produktivität, Umsatz und Arbeitsmoral in Unternehmen und führe zu geringeren Fluktuationen, gerade in KMU.</p><p>3. Und Elternzeit führe zudem zu einer erhöhten volkswirtschaftlichen Arbeitsproduktivität. Weiter liessen sich die Ausgaben der öffentlichen Hand bereits bei einer geringen Erhöhung der Erwerbstätigkeit der Mütter dank höheren Steuererträgen kompensieren.</p>
    • <p>Der Bundesrat hat am 30. Oktober 2013 den Bericht in Erfüllung des Postulates Fetz 11.3492 vom 6. Juni 2011, "Freiwillige Elternzeit und Familienvorsorge", verabschiedet. Er hat acht unterschiedliche Modelle eines gesetzlich verankerten Vaterschafts- respektive Elternurlaubs analysiert, indessen keines der präsentierten Modelle favorisiert.</p><p>Der Bundesrat anerkennt zwar das Anliegen des Vaterschafts- respektive Elternurlaubs, der Ausbau eines bedarfsgerechten familienergänzenden Kinderbetreuungsangebots hat für ihn jedoch Priorität. Im Vergleich zu einem gesetzlich verankerten Vaterschafts- oder Elternurlaub trägt ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot nicht nur unmittelbar nach der Geburt des Kindes, sondern auch in den nachfolgenden Familienphasen dazu bei, dass Mütter und Väter Familie und Erwerbstätigkeit besser vereinbaren können. Zudem würde ein Vaterschafts- oder Elternurlaub die Wirtschaft mit zusätzlichen Abgaben belasten und die Unternehmen vor organisatorische Herausforderungen stellen. Der Bundesrat ist deshalb der Meinung, dass die Regelung eines Vaterschafts- respektive Elternurlaubs weiterhin in der Verantwortung der Arbeitgeber respektive Sozialpartner bleiben soll.</p><p>Der Bundesrat hat diese Position anlässlich der Verabschiedung seiner Botschaft zur Volksinitiative 18.052, "Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub - zum Nutzen der ganzen Familie", sowie im Rahmen seiner Stellungnahme zum indirekten Gegenentwurf zur Volksinitiative der parlamentarischen Initiative 18.441, "Indirekter Gegenentwurf zur Vaterschaftsurlaubs-Initiative", bestätigt. Die Volksinitiative und der indirekte Gegenentwurf befinden sich derzeit in der parlamentarischen Beratung. Es gilt nun, die Entscheide des Parlamentes und die Abstimmungsergebnisse von Volk und Ständen abzuwarten.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Elternzeit mit folgenden Eckpunkten einzuführen:</p><p>Nach der Niederkunft oder der Aufnahme zur Adoption hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub und der Arbeitnehmer Anspruch auf einen Vaterschaftsurlaub von je mindestens 14 Wochen. Zusätzlich dazu haben beide Elternteile danach Anspruch auf mindestens 10 Wochen Elternzeit.</p><p>Zusätzlich zur Mutterschafts- hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Vaterschaftsentschädigung und beide Elternteile Anspruch auf eine Entschädigung für Elternzeit unter den gleichen Voraussetzungen gemäss Artikel 329f OR.</p>
    • Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Endlich eine echte Elternzeit

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