Nicht warten bis zu einer schweren Epidemie. Schaffung eines Fonds zur Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel

ShortId
19.3860
Id
20193860
Updated
28.07.2023 02:20
Language
de
Title
Nicht warten bis zu einer schweren Epidemie. Schaffung eines Fonds zur Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel
AdditionalIndexing
2841;36
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Das Geschäftsmodell, das heute für Antibiotika verwendet wird, funktioniert nicht mehr. Um die Resistenz der hartnäckigsten Bakterien nicht weiter zu fördern, fordert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dringend, weniger Antibiotika zu verschreiben und Antibiotika mit engem Wirkspektrum zu bevorzugen. Dies ist aus wissenschaftlicher Sicht vollauf gerechtfertigt.</p><p>Auf wirtschaftlicher Ebene hat dies aber zumindest zwei Auswirkungen:</p><p>1. Der Verkauf von Antibiotika muss zurückgehen.</p><p>2. Die neuesten Antibiotika sind nur als letzte Möglichkeit einzusetzen.</p><p>Zudem sind Antibiotika weitverbreitet und entsprechend günstig.</p><p>Dies führt dazu, dass Forschungsinvestitionen zur Entwicklung neuer Antibiotika immer schwieriger rentabilisiert werden können und dass sich Pharmafirmen wie Novartis und Astra-Zeneca aus diesem Segment zurückziehen. </p><p>Antibiotika sind heute nicht mehr als Medikament, sondern als Versicherung zu betrachten. Mit einer kollektiven Finanzierung soll erreicht werden, dass in Zukunft jede und jeder Einzelne punktuell und gezielt Zugang erhält zu diesem kostbaren Schutz vor Infektionen.</p><p>Die beste Lösung wäre die Gründung eines internationalen Forschungsfonds, zumal alle Länder betroffen sind und weil mehrere Dutzend Milliarden nötig sind, um eine hinreichende Anzahl Antibiotika zu entwickeln.</p>
  • <p>Der Bundesrat anerkennt den Forschungs- und Entwicklungsbedarf neuer Antibiotika als eine wichtige Komponente im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen. Die Entwicklung neuer Antibiotika bis hin zur Marktreife benötigt Investitionen in Milliardenhöhe. Es gilt, in überstaatlichen Programmen koordiniert und gebündelt vorzugehen. Die Schweiz beteiligt sich deshalb auf internationaler Ebene bereits an verschiedenen Programmen, die die Entwicklung neuer Antibiotika zum Ziel haben, wie die Global Antibiotic Research and Development Partnership (GARDP) und der Global Antimicrobial Resistance Research and Development Hub in Berlin. Zudem bestehen mit Horizon 2020 und der Joint Programming Initiative for Antimicrobial Resistance (JPAMR) weitere Gefässe, an denen sich die Schweiz zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich Antibiotikaresistenzen international aktiv beteiligt.</p><p>Das Problem der Antibiotikaresistenzen kann jedoch nicht nur durch neue Antibiotika gelöst werden, wie die WHO und die globalen Forschungsprogramme deutlich aufzeigen. Zentral für die Eindämmung der Resistenzbildung sind Stewardship-Programme und der sachgemässe Antibiotikaeinsatz in der Human- und Tiermedizin sowie die Verfügbarkeit insbesondere auch bestehender Antibiotika. Entsprechende Massnahmen sind im Rahmen der nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (Star) in Erarbeitung. </p><p>Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Bereitstellung von Forschungsgeldern in der geforderten Grössenordnung nicht primär auf nationaler, sondern vielmehr auf internationaler Ebene realisiert werden muss. Er ist bereit, neben der Weiterführung der Beteiligung der Schweiz an den bestehenden Programmen auch die Teilnahme an neuen Initiativen auf internationaler Ebene, die die Entwicklung neuer Antibiotika nachhaltig fördern, zu prüfen. Im Weiteren erachtet der Bundesrat die im Rahmen der gesundheitspolitischen Prioritäten (Gesundheit 2020) beschlossenen Massnahmen der Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (Star) als ausreichend, um das vom Postulanten aufgeführte Risiko einer Epidemie mit resistenten Erregern in der Schweiz in geeigneter Form anzugehen und so weit als möglich zu reduzieren. </p><p>Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme zur Annahme der Motion Graf Maya 19.3861, "One-Health-Strategie mit systemischer Erforschung der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen", ausführt, anerkennt er den Handlungsbedarf im Bereich der Antibiotikaresistenzen. Im Rahmen der Zwischenevaluation von Star, welche Mitte 2021 vorliegen wird, soll der Zusatzbedarf fundiert beurteilt und notwendige Massnahmen umgesetzt werden. </p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird damit beauftragt, die Schaffung eines Spezialfonds zur Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel in der Schweiz zu prüfen und dabei die internationale Zusammenarbeit zu suchen.</p><p>Darlegung der Gründe:</p><p>Auf der einen Seite werden Antibiotika oft sehr grosszügig verschrieben, was die Resistenz der hartnäckigsten Bakterien fördert. Dies könnte zu einer schweren Epidemie führen. Auf der anderen Seite versiegt die Forschungstätigkeit: In der Nachkriegszeit wurden um die fünfzig neue Antibiotikaklassen entwickelt, in den letzten 25 Jahren hingegen nur gerade drei. Dieser Geschäftszweig ist für die Pharmaindustrie nicht mehr rentabel.</p><p>Um die Bevölkerung zu schützen, muss der Staat einspringen. Es ist ein einschlägiger Forschungsfonds zu schaffen von nationaler oder besser von internationaler Bedeutung, zumal die ganze Welt von dieser Problematik betroffen ist. Mit rund zwanzig Milliarden Franken könnten fünf bis zehn neue Antibiotikaklassen entwickelt werden.</p>
  • Nicht warten bis zu einer schweren Epidemie. Schaffung eines Fonds zur Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das Geschäftsmodell, das heute für Antibiotika verwendet wird, funktioniert nicht mehr. Um die Resistenz der hartnäckigsten Bakterien nicht weiter zu fördern, fordert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dringend, weniger Antibiotika zu verschreiben und Antibiotika mit engem Wirkspektrum zu bevorzugen. Dies ist aus wissenschaftlicher Sicht vollauf gerechtfertigt.</p><p>Auf wirtschaftlicher Ebene hat dies aber zumindest zwei Auswirkungen:</p><p>1. Der Verkauf von Antibiotika muss zurückgehen.</p><p>2. Die neuesten Antibiotika sind nur als letzte Möglichkeit einzusetzen.</p><p>Zudem sind Antibiotika weitverbreitet und entsprechend günstig.</p><p>Dies führt dazu, dass Forschungsinvestitionen zur Entwicklung neuer Antibiotika immer schwieriger rentabilisiert werden können und dass sich Pharmafirmen wie Novartis und Astra-Zeneca aus diesem Segment zurückziehen. </p><p>Antibiotika sind heute nicht mehr als Medikament, sondern als Versicherung zu betrachten. Mit einer kollektiven Finanzierung soll erreicht werden, dass in Zukunft jede und jeder Einzelne punktuell und gezielt Zugang erhält zu diesem kostbaren Schutz vor Infektionen.</p><p>Die beste Lösung wäre die Gründung eines internationalen Forschungsfonds, zumal alle Länder betroffen sind und weil mehrere Dutzend Milliarden nötig sind, um eine hinreichende Anzahl Antibiotika zu entwickeln.</p>
    • <p>Der Bundesrat anerkennt den Forschungs- und Entwicklungsbedarf neuer Antibiotika als eine wichtige Komponente im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen. Die Entwicklung neuer Antibiotika bis hin zur Marktreife benötigt Investitionen in Milliardenhöhe. Es gilt, in überstaatlichen Programmen koordiniert und gebündelt vorzugehen. Die Schweiz beteiligt sich deshalb auf internationaler Ebene bereits an verschiedenen Programmen, die die Entwicklung neuer Antibiotika zum Ziel haben, wie die Global Antibiotic Research and Development Partnership (GARDP) und der Global Antimicrobial Resistance Research and Development Hub in Berlin. Zudem bestehen mit Horizon 2020 und der Joint Programming Initiative for Antimicrobial Resistance (JPAMR) weitere Gefässe, an denen sich die Schweiz zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich Antibiotikaresistenzen international aktiv beteiligt.</p><p>Das Problem der Antibiotikaresistenzen kann jedoch nicht nur durch neue Antibiotika gelöst werden, wie die WHO und die globalen Forschungsprogramme deutlich aufzeigen. Zentral für die Eindämmung der Resistenzbildung sind Stewardship-Programme und der sachgemässe Antibiotikaeinsatz in der Human- und Tiermedizin sowie die Verfügbarkeit insbesondere auch bestehender Antibiotika. Entsprechende Massnahmen sind im Rahmen der nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (Star) in Erarbeitung. </p><p>Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Bereitstellung von Forschungsgeldern in der geforderten Grössenordnung nicht primär auf nationaler, sondern vielmehr auf internationaler Ebene realisiert werden muss. Er ist bereit, neben der Weiterführung der Beteiligung der Schweiz an den bestehenden Programmen auch die Teilnahme an neuen Initiativen auf internationaler Ebene, die die Entwicklung neuer Antibiotika nachhaltig fördern, zu prüfen. Im Weiteren erachtet der Bundesrat die im Rahmen der gesundheitspolitischen Prioritäten (Gesundheit 2020) beschlossenen Massnahmen der Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (Star) als ausreichend, um das vom Postulanten aufgeführte Risiko einer Epidemie mit resistenten Erregern in der Schweiz in geeigneter Form anzugehen und so weit als möglich zu reduzieren. </p><p>Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme zur Annahme der Motion Graf Maya 19.3861, "One-Health-Strategie mit systemischer Erforschung der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen", ausführt, anerkennt er den Handlungsbedarf im Bereich der Antibiotikaresistenzen. Im Rahmen der Zwischenevaluation von Star, welche Mitte 2021 vorliegen wird, soll der Zusatzbedarf fundiert beurteilt und notwendige Massnahmen umgesetzt werden. </p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird damit beauftragt, die Schaffung eines Spezialfonds zur Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel in der Schweiz zu prüfen und dabei die internationale Zusammenarbeit zu suchen.</p><p>Darlegung der Gründe:</p><p>Auf der einen Seite werden Antibiotika oft sehr grosszügig verschrieben, was die Resistenz der hartnäckigsten Bakterien fördert. Dies könnte zu einer schweren Epidemie führen. Auf der anderen Seite versiegt die Forschungstätigkeit: In der Nachkriegszeit wurden um die fünfzig neue Antibiotikaklassen entwickelt, in den letzten 25 Jahren hingegen nur gerade drei. Dieser Geschäftszweig ist für die Pharmaindustrie nicht mehr rentabel.</p><p>Um die Bevölkerung zu schützen, muss der Staat einspringen. Es ist ein einschlägiger Forschungsfonds zu schaffen von nationaler oder besser von internationaler Bedeutung, zumal die ganze Welt von dieser Problematik betroffen ist. Mit rund zwanzig Milliarden Franken könnten fünf bis zehn neue Antibiotikaklassen entwickelt werden.</p>
    • Nicht warten bis zu einer schweren Epidemie. Schaffung eines Fonds zur Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel

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