Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Gesundheitswesen

ShortId
19.3887
Id
20193887
Updated
28.07.2023 02:26
Language
de
Title
Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Gesundheitswesen
AdditionalIndexing
2841;15;04
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Um im Gesundheitswesen einen unverzerrten Preiswettbewerb und einen Wettbewerb um höhere Qualität bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen, stellt eine Ausschreibungspflicht und Unterstellung unter das Submissionsrecht eine effektive Massnahme dar. Im Bereich des Rettungsdienstes gibt es bereits Lösungsansätze, über eine Ausschreibung den Anbieter auszuwählen und gleichzeitig den Preis der Dienstleistung zu verhandeln. Selbst auf kommunaler Stufe konnten verschiedene Gemeinden im Kanton Aargau beweisen, dass eine Ausschreibung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Spitex-Bereich zu bemerkenswerten Preisreduktionen bei gleichbleibender oder sogar höherer Qualität führen kann. Mit einer Ausschreibungspflicht kann innovationshemmender und kostentreibender Strukturerhalt durchbrochen werden. Ineffiziente Interessenkonflikte können vermieden werden. Neue Modelle und Akteure können in den Markt eintreten. Diese Marktöffnung stärkt auch die dringend nötige Transparenz im Gesundheitswesen. Mehr Systemoffenheit und bessere Marktzugangschancen stärken die Innovation und den Wettbewerb um Qualität und Leistung.</p><p>Der Druck auf Behörden wird damit natürlich erhöht, sich immer wieder mit sich wandelnden gesellschaftlichen und unternehmerischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen sowie neue Anbieter und alternative Modelle regelmässig zu berücksichtigen. Dies ist auch der Kerngedanke des öffentlichen Beschaffungswesens. Durch Ausschreibungen werden der Wettbewerb und die Transparenz gestärkt. Dies reduziert die öffentlichen Ausgaben, weil das Angebot mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis die Ausschreibung gewinnt. Dieses Prinzip sollte im Gesundheitswesen viel umfassender berücksichtigt werden. Eine gesundheitsökonomische Studie der Universität Basel schlägt beispielsweise für den Kanton Aargau eine Ausschreibung der Versorgungspflicht mit vorgängiger Prüfung der Notwendigkeit vor. Ausschreibungen der Versorgungspflicht würden auf kommunaler Ebene grosse Einsparungen auslösen und eine transparente Abgeltung gewährleisten.</p>
  • <p>Der Bundesrat teilt das Anliegen einer transparenten und effizienten Leistungserbringung im gesamten Gesundheitswesen. Auch begrüsst er grundsätzlich den Wettbewerb, soweit dieser die Effizienz und Qualität der Versorgung fördert. In den Stellungnahmen zu den Motionen 16.3623, "Transparenz bei der Spitalfinanzierung durch die Kantone", sowie Herzog 16.3842, "Transparenz in der Spitalfinanzierung. Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen", hatte der Bundesrat bereits Gelegenheit, sich zur Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen in Bezug auf die Spitalfinanzierung zu äussern.</p><p>Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) übernimmt die Kosten für Leistungen nur nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10). Für Leistungen, welche nicht zu den Pflichtleistungen gehören, kommt die OKP nicht auf. Der Begriff "gemeinwirtschaftliche Leistungen" kommt im KVG nur im stationären Bereich im Zusammenhang mit der Vergütung der stationären Behandlung einschliesslich Aufenthalt und Pflegeleistungen in einem Spital oder Geburtshaus vor (Art. 49 KVG). Die Vergütungen für die stationären Behandlungen dürfen allerdings keine Kostenanteile für gemeinwirtschaftliche Leistungen enthalten. Das KVG nennt als gemeinwirtschaftliche Leistungen insbesondere die Aufrechterhaltung von Spitalkapazitäten aus regionalpolitischen Gründen und die Forschung und universitäre Lehre. Die Kantone und die privaten Trägerschaften sind frei, ihren Spitälern weitere Aufgaben zu übertragen.</p><p>Der Begriff "gemeinwirtschaftliche Leistungen" ist folglich auf Bundesebene nicht abschliessend definiert. Es kann eine Vielzahl von Finanzierungsbeiträgen der öffentlichen Hand darunter subsumiert werden. Somit obliegt es weitgehend den Kantonen, was und in welchem Umfang sie als gemeinwirtschaftliche Leistung definieren und finanzieren. Diese Vielfalt zeigt sich auch im unterschiedlichen Ausmass dieser Leistungen. Dies geht aus dem Bericht des Bundesrates vom 3. Juli 2019 in Erfüllung der Motion 16.3623 hervor.</p><p>Die Kompetenz des Bundes nach Artikel 117 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101) erstreckt sich auf den Erlass von Vorschriften über die Kranken- und Unfallversicherung. Eine Regelung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die über deren Abgrenzung von den OKP-Pflichtleistungen hinausgeht, kommt dem Bund nicht zu. Aufgrund des föderalistischen Systems der Schweiz sind die Kantone für die Gesundheitsversorgung und für die Sicherstellung des Zugangs verantwortlich. Die Kompetenz für die Regelung der Rahmenbedingungen für die Vergabe von gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Gesundheitswesen liegt folglich bei ihnen (vgl. Stellungnahme des Bundesrates vom 2. Dezember 2016 zur Motion 16.3842).</p><p>Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Einkäufe von gemeinwirtschaftlichen Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstehen können, weshalb beim Überschreiten der kantonalen Schwellenwerte eine öffentliche Ausschreibung notwendig sein kann (so unterstehen z. B. Ausschreibungen für Spitex-Leistungen dem öffentlichen Vergaberecht, vgl. Urteil BGer 2C_861/2017 vom 12. Oktober 2018). Das Bundesgesetz über den Binnenmarkt (BGBM; SR 943.02) enthält als Mindeststandards für kantonale Beschaffungen eine Publikationspflicht und ein Diskriminierungsverbot.</p><p>Der Bundesrat erachtet deshalb die Festlegung einer Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Gesundheitswesen auf Bundesebene als nicht sachgerecht und als verfassungswidrig. Gemeinwirtschaftliche Leistungen dürfen nämlich nicht über die OKP abgerechnet werden. Nichtsdestotrotz erachtet er es aber als sinnvoll, dass die Kantone im Rahmen ihrer Möglichkeiten gemeinwirtschaftliche Leistungen im Gesundheitswesen transparent und effizient vergeben. </p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob und wie eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen über alle Stufen und im gesamten Gesundheitswesen (ambulant und stationär) eingeführt werden könnte. Dabei soll insbesondere eine generelle Unterstellung unter das Submissionsrecht geprüft werden.</p>
  • Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Gesundheitswesen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Um im Gesundheitswesen einen unverzerrten Preiswettbewerb und einen Wettbewerb um höhere Qualität bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen, stellt eine Ausschreibungspflicht und Unterstellung unter das Submissionsrecht eine effektive Massnahme dar. Im Bereich des Rettungsdienstes gibt es bereits Lösungsansätze, über eine Ausschreibung den Anbieter auszuwählen und gleichzeitig den Preis der Dienstleistung zu verhandeln. Selbst auf kommunaler Stufe konnten verschiedene Gemeinden im Kanton Aargau beweisen, dass eine Ausschreibung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Spitex-Bereich zu bemerkenswerten Preisreduktionen bei gleichbleibender oder sogar höherer Qualität führen kann. Mit einer Ausschreibungspflicht kann innovationshemmender und kostentreibender Strukturerhalt durchbrochen werden. Ineffiziente Interessenkonflikte können vermieden werden. Neue Modelle und Akteure können in den Markt eintreten. Diese Marktöffnung stärkt auch die dringend nötige Transparenz im Gesundheitswesen. Mehr Systemoffenheit und bessere Marktzugangschancen stärken die Innovation und den Wettbewerb um Qualität und Leistung.</p><p>Der Druck auf Behörden wird damit natürlich erhöht, sich immer wieder mit sich wandelnden gesellschaftlichen und unternehmerischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen sowie neue Anbieter und alternative Modelle regelmässig zu berücksichtigen. Dies ist auch der Kerngedanke des öffentlichen Beschaffungswesens. Durch Ausschreibungen werden der Wettbewerb und die Transparenz gestärkt. Dies reduziert die öffentlichen Ausgaben, weil das Angebot mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis die Ausschreibung gewinnt. Dieses Prinzip sollte im Gesundheitswesen viel umfassender berücksichtigt werden. Eine gesundheitsökonomische Studie der Universität Basel schlägt beispielsweise für den Kanton Aargau eine Ausschreibung der Versorgungspflicht mit vorgängiger Prüfung der Notwendigkeit vor. Ausschreibungen der Versorgungspflicht würden auf kommunaler Ebene grosse Einsparungen auslösen und eine transparente Abgeltung gewährleisten.</p>
    • <p>Der Bundesrat teilt das Anliegen einer transparenten und effizienten Leistungserbringung im gesamten Gesundheitswesen. Auch begrüsst er grundsätzlich den Wettbewerb, soweit dieser die Effizienz und Qualität der Versorgung fördert. In den Stellungnahmen zu den Motionen 16.3623, "Transparenz bei der Spitalfinanzierung durch die Kantone", sowie Herzog 16.3842, "Transparenz in der Spitalfinanzierung. Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen", hatte der Bundesrat bereits Gelegenheit, sich zur Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen in Bezug auf die Spitalfinanzierung zu äussern.</p><p>Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) übernimmt die Kosten für Leistungen nur nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10). Für Leistungen, welche nicht zu den Pflichtleistungen gehören, kommt die OKP nicht auf. Der Begriff "gemeinwirtschaftliche Leistungen" kommt im KVG nur im stationären Bereich im Zusammenhang mit der Vergütung der stationären Behandlung einschliesslich Aufenthalt und Pflegeleistungen in einem Spital oder Geburtshaus vor (Art. 49 KVG). Die Vergütungen für die stationären Behandlungen dürfen allerdings keine Kostenanteile für gemeinwirtschaftliche Leistungen enthalten. Das KVG nennt als gemeinwirtschaftliche Leistungen insbesondere die Aufrechterhaltung von Spitalkapazitäten aus regionalpolitischen Gründen und die Forschung und universitäre Lehre. Die Kantone und die privaten Trägerschaften sind frei, ihren Spitälern weitere Aufgaben zu übertragen.</p><p>Der Begriff "gemeinwirtschaftliche Leistungen" ist folglich auf Bundesebene nicht abschliessend definiert. Es kann eine Vielzahl von Finanzierungsbeiträgen der öffentlichen Hand darunter subsumiert werden. Somit obliegt es weitgehend den Kantonen, was und in welchem Umfang sie als gemeinwirtschaftliche Leistung definieren und finanzieren. Diese Vielfalt zeigt sich auch im unterschiedlichen Ausmass dieser Leistungen. Dies geht aus dem Bericht des Bundesrates vom 3. Juli 2019 in Erfüllung der Motion 16.3623 hervor.</p><p>Die Kompetenz des Bundes nach Artikel 117 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101) erstreckt sich auf den Erlass von Vorschriften über die Kranken- und Unfallversicherung. Eine Regelung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die über deren Abgrenzung von den OKP-Pflichtleistungen hinausgeht, kommt dem Bund nicht zu. Aufgrund des föderalistischen Systems der Schweiz sind die Kantone für die Gesundheitsversorgung und für die Sicherstellung des Zugangs verantwortlich. Die Kompetenz für die Regelung der Rahmenbedingungen für die Vergabe von gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Gesundheitswesen liegt folglich bei ihnen (vgl. Stellungnahme des Bundesrates vom 2. Dezember 2016 zur Motion 16.3842).</p><p>Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Einkäufe von gemeinwirtschaftlichen Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstehen können, weshalb beim Überschreiten der kantonalen Schwellenwerte eine öffentliche Ausschreibung notwendig sein kann (so unterstehen z. B. Ausschreibungen für Spitex-Leistungen dem öffentlichen Vergaberecht, vgl. Urteil BGer 2C_861/2017 vom 12. Oktober 2018). Das Bundesgesetz über den Binnenmarkt (BGBM; SR 943.02) enthält als Mindeststandards für kantonale Beschaffungen eine Publikationspflicht und ein Diskriminierungsverbot.</p><p>Der Bundesrat erachtet deshalb die Festlegung einer Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Gesundheitswesen auf Bundesebene als nicht sachgerecht und als verfassungswidrig. Gemeinwirtschaftliche Leistungen dürfen nämlich nicht über die OKP abgerechnet werden. Nichtsdestotrotz erachtet er es aber als sinnvoll, dass die Kantone im Rahmen ihrer Möglichkeiten gemeinwirtschaftliche Leistungen im Gesundheitswesen transparent und effizient vergeben. </p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob und wie eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen über alle Stufen und im gesamten Gesundheitswesen (ambulant und stationär) eingeführt werden könnte. Dabei soll insbesondere eine generelle Unterstellung unter das Submissionsrecht geprüft werden.</p>
    • Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Gesundheitswesen

Back to List