Anreize statt Widerspruchslösung

ShortId
19.3906
Id
20193906
Updated
28.07.2023 02:22
Language
de
Title
Anreize statt Widerspruchslösung
AdditionalIndexing
2841;1211
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Organspenden müssen und sollen gefördert werden. Die Widerspruchslösung ist jedoch umstritten. Sie stellt eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte dar. Der Schutz der Persönlichkeit ist damit nicht garantiert. Die persönliche Freiheit und der Entscheidungsspielraum wird eingeschränkt. Die Organspende muss auch aus ethischen Gründen unbedingt auf freiwilliger Basis bleiben. Der Mensch darf nicht zum Ersatzteillager werden. Zudem kommen wissenschaftliche Untersuchungen zum Schluss, dass mit der Widerspruchslösung nicht unbedingt eine Erhöhung der Anzahl Organspenden einhergeht. Unter diesen Vorzeichen dürfen wir nicht einer solch umstrittenen Lösung nachgeben. Wenn nicht einmal die erhoffte Wirkung sicher ist, dann muss im Sinne der Verhältnismässigkeit auf eine solch einschneidende Lösung verzichtet werden. Darüber hinaus zeitigen auch die Abklärungen der Verfassungsmässigkeit solcher Widerspruchslösungen, dass sehr viel Informations- und Bürokratieaufwand damit verbunden wäre.</p><p>Erfahrungen aus dem Ausland belegen, dass es einerseits keinen Zusammenhang zwischen Widerspruchslösung und Organspenderate gibt und andererseits positive Anreize zur Organspende möglich und erfolgversprechend sind. Neben verschiedenen Kampagnenlösungen zur Förderung von Organspenden gibt es auch die Möglichkeit der Eintragung als Organspender auf dem Führerschein. Es gibt auch Entschädigungsmodelle für Lohnausfall, Kranken- und Lebensversicherung sowie die Idee, Organspender auf der Warteliste für Organe zu bevorzugen. Ein anreizbezogenes Belohnungssystem wäre denkbar. Die Liste an Möglichkeiten, positive Anreize zu schaffen, ist daher lang. Diese Möglichkeiten sollten ausgeschöpft werden bevor eine solch drastische und umstrittene Lösung wie die Widerspruchslösung zum Zug kommt.</p>
  • <p>Die mit dem Aktionsplan "Mehr Organe für Transplantationen" eingeführten Massnahmen haben einen positiven Effekt auf die Anzahl Organspenden gehabt. Mögliche Spenderinnen und Spender werden heute besser erkannt, und in den Spitälern konnten dank Schulungen die Abläufe verbessert werden. Die Spendezahlen konnten damit zwar seit 2013 erhöht werden; sie sind aber im europäischen Vergleich weiterhin auf einem tiefen Niveau: Ende 2018 standen noch 1412 Personen auf der Warteliste. Bis ein passendes Organ gefunden wird, müssen sie durchschnittlich über ein Jahr warten. </p><p>Aufgrund dieser für alle Beteiligten schwierigen Situation hat der Bundesrat am 14. Juni 2019 entschieden, dem Parlament einen indirekten Gegenvorschlag für die Einführung einer erweiterten Widerspruchslösung zu unterbreiten. Dieser Entscheid beruht auf einer vertieften Prüfung verschiedener Optionen. Entgegen früheren Resultaten haben sich in den letzten Jahren die Hinweise verstärkt, dass die Widerspruchslösung einen positiven Effekt hat: Neben organisatorischen und strukturellen Verbesserungen im Spital scheint deren Einführung einen weiteren Faktor darzustellen, welcher zu einer Erhöhung der Spenderate beitragen kann.</p><p>Der Bundesrat begrüsst eine breite Diskussion zu diesem komplexen und sensiblen Thema, die im Rahmen der Vernehmlassung, der parlamentarischen Beratung und im Vorfeld einer allfälligen Abstimmung geführt werden wird. Die Botschaft soll im Herbst 2020 dem Parlament überwiesen werden. </p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, im Bereich Organspende auf jegliche Formen der Widerspruchslösung zu verzichten und stattdessen griffige Anreizstrukturen zur Förderung von Organspenden zu schaffen.</p>
  • Anreize statt Widerspruchslösung
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Organspenden müssen und sollen gefördert werden. Die Widerspruchslösung ist jedoch umstritten. Sie stellt eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte dar. Der Schutz der Persönlichkeit ist damit nicht garantiert. Die persönliche Freiheit und der Entscheidungsspielraum wird eingeschränkt. Die Organspende muss auch aus ethischen Gründen unbedingt auf freiwilliger Basis bleiben. Der Mensch darf nicht zum Ersatzteillager werden. Zudem kommen wissenschaftliche Untersuchungen zum Schluss, dass mit der Widerspruchslösung nicht unbedingt eine Erhöhung der Anzahl Organspenden einhergeht. Unter diesen Vorzeichen dürfen wir nicht einer solch umstrittenen Lösung nachgeben. Wenn nicht einmal die erhoffte Wirkung sicher ist, dann muss im Sinne der Verhältnismässigkeit auf eine solch einschneidende Lösung verzichtet werden. Darüber hinaus zeitigen auch die Abklärungen der Verfassungsmässigkeit solcher Widerspruchslösungen, dass sehr viel Informations- und Bürokratieaufwand damit verbunden wäre.</p><p>Erfahrungen aus dem Ausland belegen, dass es einerseits keinen Zusammenhang zwischen Widerspruchslösung und Organspenderate gibt und andererseits positive Anreize zur Organspende möglich und erfolgversprechend sind. Neben verschiedenen Kampagnenlösungen zur Förderung von Organspenden gibt es auch die Möglichkeit der Eintragung als Organspender auf dem Führerschein. Es gibt auch Entschädigungsmodelle für Lohnausfall, Kranken- und Lebensversicherung sowie die Idee, Organspender auf der Warteliste für Organe zu bevorzugen. Ein anreizbezogenes Belohnungssystem wäre denkbar. Die Liste an Möglichkeiten, positive Anreize zu schaffen, ist daher lang. Diese Möglichkeiten sollten ausgeschöpft werden bevor eine solch drastische und umstrittene Lösung wie die Widerspruchslösung zum Zug kommt.</p>
    • <p>Die mit dem Aktionsplan "Mehr Organe für Transplantationen" eingeführten Massnahmen haben einen positiven Effekt auf die Anzahl Organspenden gehabt. Mögliche Spenderinnen und Spender werden heute besser erkannt, und in den Spitälern konnten dank Schulungen die Abläufe verbessert werden. Die Spendezahlen konnten damit zwar seit 2013 erhöht werden; sie sind aber im europäischen Vergleich weiterhin auf einem tiefen Niveau: Ende 2018 standen noch 1412 Personen auf der Warteliste. Bis ein passendes Organ gefunden wird, müssen sie durchschnittlich über ein Jahr warten. </p><p>Aufgrund dieser für alle Beteiligten schwierigen Situation hat der Bundesrat am 14. Juni 2019 entschieden, dem Parlament einen indirekten Gegenvorschlag für die Einführung einer erweiterten Widerspruchslösung zu unterbreiten. Dieser Entscheid beruht auf einer vertieften Prüfung verschiedener Optionen. Entgegen früheren Resultaten haben sich in den letzten Jahren die Hinweise verstärkt, dass die Widerspruchslösung einen positiven Effekt hat: Neben organisatorischen und strukturellen Verbesserungen im Spital scheint deren Einführung einen weiteren Faktor darzustellen, welcher zu einer Erhöhung der Spenderate beitragen kann.</p><p>Der Bundesrat begrüsst eine breite Diskussion zu diesem komplexen und sensiblen Thema, die im Rahmen der Vernehmlassung, der parlamentarischen Beratung und im Vorfeld einer allfälligen Abstimmung geführt werden wird. Die Botschaft soll im Herbst 2020 dem Parlament überwiesen werden. </p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, im Bereich Organspende auf jegliche Formen der Widerspruchslösung zu verzichten und stattdessen griffige Anreizstrukturen zur Förderung von Organspenden zu schaffen.</p>
    • Anreize statt Widerspruchslösung

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