Revitalisierungen von Fliessgewässern. Echte Interessenabwägung gewährleisten

ShortId
19.3913
Id
20193913
Updated
28.07.2023 02:38
Language
de
Title
Revitalisierungen von Fliessgewässern. Echte Interessenabwägung gewährleisten
AdditionalIndexing
52
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Gewässerschutzverordnung (GSchV) regelt mit Artikel 54b Absatz 4, dass der Bund die Massnahmen der Kantone zur Revitalisierung finanziell unterstützen kann. Der Spielraum des Beitrags an die anrechenbaren Kosten ist mit 35 bis 80 Prozent relativ hoch. Das hat beispielsweise beim Projekt Hochwasserschutz Suhre im Kanton Aargau dazu geführt, dass das Projekt als "gekauftes Projekt" gilt. Der Bund beteiligt sich nämlich anstatt mit 10 Millionen nun mit 21,1 Millionen Franken an den Massnahmen der Revitalisierung der Suhre. Dies, obwohl das Projekt 31 Millionen statt 28,5 Millionen Franken kostet. So übersteigen die Subventionen des Bundes die Minderkosten und Mehraufwendungen. Dabei werden die Anreize für die Revitalisierung von Gewässern vom Bund so hoch angesetzt, dass die Kantone alles daransetzen, dass sie möglichst von dem vielen Geld profitieren. Bei der Revitalisierung der Reuss im Kanton Luzern wird der finanzpolitische Anreiz noch um einiges höher sein. Mag sein, dass der Bund ein Interesse an den Revitalisierungen hat. Mit einer Revitalisierung geht aber auch meistens ein Kulturlandverlust einher. Eine Interessenabwägung wird aber bei solch hohen Beiträgen kaum effektiv gemacht, sondern die Kantone entscheiden sich für das Geld und damit für den Verlust von Kulturland. Zudem sollten bei einer Interessenabwägung auch die sozioökonomischen Aspekte berücksichtigt werden, nicht nur die Umweltaspekte. Im vorliegenden Fall der Suhre handelt es sich um rund 4 Hektaren Fruchtfolgefläche. Es ist zudem problematisch, dass die Bundesverwaltung derartig hohe finanzielle Verhandlungsspielräume hat. Das führt automatisch zu höheren Ausgaben, die in einer umfassenden Interessenabwägung wohl nicht getätigt worden wären.</p>
  • <p>Die Revitalisierungspflicht der Kantone ist seit 2011 im Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (Art. 38a des Gewässerschutzgesetzes, GSchG; SR 814.20) verankert. Sie ist ein bedeutender Bestandteil des Kompromisses, der zum Rückzug der Volksinitiative "Lebendiges Wasser" (07.060) geführt hat. Gemäss dem Kompromiss sollen anstelle von 16 000 Kilometer Gewässerläufe lediglich 4000 Kilometer wieder in den natürlichen Zustand zurückgeführt werden. Im erläuternden Bericht der UREK-S ist dazu festgehalten, dass Revitalisierungen - wie vergleichbare Bundesaufgaben - zu durchschnittlich 65 Prozent subventioniert werden und sich die effektive Höhe der Abgeltungen nach der Bedeutung der Massnahmen für die Gewässer und nach deren Wirksamkeit zu richten hat. Diese Anliegen sind in Artikel 62b Absatz 3 GSchG und Artikel 54b der Gewässerschutzverordnung (GSchV; SR 814.201) aufgenommen (Abgeltungshöhe zwischen 35 und 80 Prozent).</p><p>Massgebend für die Höhe der Bundesbeiträge an ein Revitalisierungsprojekt sind die Ergebnisse der kantonalen Revitalisierungsplanung nach Artikel 41d GSchV sowie die konkrete Breite des Gewässerraums, innerhalb dessen die Massnahmen umgesetzt werden. Letzterer ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Revitalisierung, gewährleistet einen nachhaltigen Hochwasserschutz und wird gemäss den gesetzlichen Anforderungen durch den Projektträger bestimmt. Die Abgeltungshöhe folgt damit klar definierten, gesetzlich begründeten Kriterien.</p><p>Revitalisierungsprojekte sind raumwirksam und bedingen eine umfassende Interessenabwägung (Art. 3 der Raumplanungsverordnung, RPV; SR 700.1). Die unterschiedlichen Interessen (insbesondere Schutz des Kulturlandes, Kosten, Hochwasserschutz, Nutzen zugunsten des Gewässers und der Erholung der Bevölkerung, räumliche Entwicklung) werden von den Kantonen abgewogen und in einem partizipativen Prozess in einen zielführenden Kompromiss überführt.</p><p>Der mittlere Subventionssatz der rund 380 zwischen 2011 und 2018 schweizweit umgesetzten Revitalisierungsprojekte lag bei 55 Prozent. Davon wurden gut 10 Prozent mit einem Gewässerraum umgesetzt, der das Minimum gemäss Artikel 41a Absatz 2 überstieg und mit einem höheren Subventionsanteil (plus 25 Prozent) gefördert wurde. Dies verdeutlicht, dass die angestrebten durchschnittlichen Subventionssätze nicht überschritten werden und die Interessenabwägung nicht zu überhöhten Subventionssätzen oder "gekauften Projekten" verleitet.</p><p>Revitalisierungsprojekte sind zentral für die Widerstandsfähigkeit der Gewässer gegenüber Klimawandel sowie für einen nachhaltigen Hochwasserschutz und für die Naherholung der Bevölkerung unverzichtbar.</p><p>Würden die Abgeltungssätze für Revitalisierungsprojekte gesenkt, so wäre die Umsetzung von Artikel 38a GSchG gefährdet und somit der damals gefundene Kompromiss hinfällig.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, das Gewässerschutzrecht so anzupassen, dass der finanzielle Anreiz für Revitalisierungen von Fliessgewässern so stark verringert wird, dass die Entscheide der Kantone nicht nur einseitig finanzpolitisch motiviert sind, sondern dass eine echte Interessenabwägung, beispielsweise mit dem Kulturlandverlust, stattfinden kann.</p>
  • Revitalisierungen von Fliessgewässern. Echte Interessenabwägung gewährleisten
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Gewässerschutzverordnung (GSchV) regelt mit Artikel 54b Absatz 4, dass der Bund die Massnahmen der Kantone zur Revitalisierung finanziell unterstützen kann. Der Spielraum des Beitrags an die anrechenbaren Kosten ist mit 35 bis 80 Prozent relativ hoch. Das hat beispielsweise beim Projekt Hochwasserschutz Suhre im Kanton Aargau dazu geführt, dass das Projekt als "gekauftes Projekt" gilt. Der Bund beteiligt sich nämlich anstatt mit 10 Millionen nun mit 21,1 Millionen Franken an den Massnahmen der Revitalisierung der Suhre. Dies, obwohl das Projekt 31 Millionen statt 28,5 Millionen Franken kostet. So übersteigen die Subventionen des Bundes die Minderkosten und Mehraufwendungen. Dabei werden die Anreize für die Revitalisierung von Gewässern vom Bund so hoch angesetzt, dass die Kantone alles daransetzen, dass sie möglichst von dem vielen Geld profitieren. Bei der Revitalisierung der Reuss im Kanton Luzern wird der finanzpolitische Anreiz noch um einiges höher sein. Mag sein, dass der Bund ein Interesse an den Revitalisierungen hat. Mit einer Revitalisierung geht aber auch meistens ein Kulturlandverlust einher. Eine Interessenabwägung wird aber bei solch hohen Beiträgen kaum effektiv gemacht, sondern die Kantone entscheiden sich für das Geld und damit für den Verlust von Kulturland. Zudem sollten bei einer Interessenabwägung auch die sozioökonomischen Aspekte berücksichtigt werden, nicht nur die Umweltaspekte. Im vorliegenden Fall der Suhre handelt es sich um rund 4 Hektaren Fruchtfolgefläche. Es ist zudem problematisch, dass die Bundesverwaltung derartig hohe finanzielle Verhandlungsspielräume hat. Das führt automatisch zu höheren Ausgaben, die in einer umfassenden Interessenabwägung wohl nicht getätigt worden wären.</p>
    • <p>Die Revitalisierungspflicht der Kantone ist seit 2011 im Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (Art. 38a des Gewässerschutzgesetzes, GSchG; SR 814.20) verankert. Sie ist ein bedeutender Bestandteil des Kompromisses, der zum Rückzug der Volksinitiative "Lebendiges Wasser" (07.060) geführt hat. Gemäss dem Kompromiss sollen anstelle von 16 000 Kilometer Gewässerläufe lediglich 4000 Kilometer wieder in den natürlichen Zustand zurückgeführt werden. Im erläuternden Bericht der UREK-S ist dazu festgehalten, dass Revitalisierungen - wie vergleichbare Bundesaufgaben - zu durchschnittlich 65 Prozent subventioniert werden und sich die effektive Höhe der Abgeltungen nach der Bedeutung der Massnahmen für die Gewässer und nach deren Wirksamkeit zu richten hat. Diese Anliegen sind in Artikel 62b Absatz 3 GSchG und Artikel 54b der Gewässerschutzverordnung (GSchV; SR 814.201) aufgenommen (Abgeltungshöhe zwischen 35 und 80 Prozent).</p><p>Massgebend für die Höhe der Bundesbeiträge an ein Revitalisierungsprojekt sind die Ergebnisse der kantonalen Revitalisierungsplanung nach Artikel 41d GSchV sowie die konkrete Breite des Gewässerraums, innerhalb dessen die Massnahmen umgesetzt werden. Letzterer ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Revitalisierung, gewährleistet einen nachhaltigen Hochwasserschutz und wird gemäss den gesetzlichen Anforderungen durch den Projektträger bestimmt. Die Abgeltungshöhe folgt damit klar definierten, gesetzlich begründeten Kriterien.</p><p>Revitalisierungsprojekte sind raumwirksam und bedingen eine umfassende Interessenabwägung (Art. 3 der Raumplanungsverordnung, RPV; SR 700.1). Die unterschiedlichen Interessen (insbesondere Schutz des Kulturlandes, Kosten, Hochwasserschutz, Nutzen zugunsten des Gewässers und der Erholung der Bevölkerung, räumliche Entwicklung) werden von den Kantonen abgewogen und in einem partizipativen Prozess in einen zielführenden Kompromiss überführt.</p><p>Der mittlere Subventionssatz der rund 380 zwischen 2011 und 2018 schweizweit umgesetzten Revitalisierungsprojekte lag bei 55 Prozent. Davon wurden gut 10 Prozent mit einem Gewässerraum umgesetzt, der das Minimum gemäss Artikel 41a Absatz 2 überstieg und mit einem höheren Subventionsanteil (plus 25 Prozent) gefördert wurde. Dies verdeutlicht, dass die angestrebten durchschnittlichen Subventionssätze nicht überschritten werden und die Interessenabwägung nicht zu überhöhten Subventionssätzen oder "gekauften Projekten" verleitet.</p><p>Revitalisierungsprojekte sind zentral für die Widerstandsfähigkeit der Gewässer gegenüber Klimawandel sowie für einen nachhaltigen Hochwasserschutz und für die Naherholung der Bevölkerung unverzichtbar.</p><p>Würden die Abgeltungssätze für Revitalisierungsprojekte gesenkt, so wäre die Umsetzung von Artikel 38a GSchG gefährdet und somit der damals gefundene Kompromiss hinfällig.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, das Gewässerschutzrecht so anzupassen, dass der finanzielle Anreiz für Revitalisierungen von Fliessgewässern so stark verringert wird, dass die Entscheide der Kantone nicht nur einseitig finanzpolitisch motiviert sind, sondern dass eine echte Interessenabwägung, beispielsweise mit dem Kulturlandverlust, stattfinden kann.</p>
    • Revitalisierungen von Fliessgewässern. Echte Interessenabwägung gewährleisten

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