Gesetzliche Hürden behindern Ausbauschritte bei der Solarenergie

ShortId
19.3923
Id
20193923
Updated
28.07.2023 02:34
Language
de
Title
Gesetzliche Hürden behindern Ausbauschritte bei der Solarenergie
AdditionalIndexing
66;2846
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Der Bundesrat misst sowohl der Förderung der Fotovoltaik als auch der Gewährleistung der Sicherheit entsprechender elektrischer Installationen hohe Bedeutung zu. Das Gefährdungspotenzial von Fotovoltaikanlagen ist einerseits durch die hohe Anzahl der festgestellten Mängel anlässlich der Abnahmekontrollen wie auch durch ihre technischen Besonderheiten erwiesen und ist auch von Vertretern der Solarbranche erkannt. Die bestehenden schweizerischen Vorschriften tragen diesen Umständen Rechnung. Sie setzen zudem Artikel 3 des Elektrizitätsgesetzes vom 24. Juni 1902 (EleG; SR 734.0) um, wonach der Bundesrat dafür zu sorgen hat, dass elektrische Anlagen keine Personen und Sachen gefährden.</p><p>1. Für Deutschland hat das Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme (ISE) Daten zum Auftreten von Schäden (Bränden) im Zusammenhang mit Fotovoltaikanlagen erhoben und im Bericht "Aktuelle Fakten zur Fotovoltaik in Deutschland" publiziert (aktuelle Fassung vom 29. Mai 2019 abrufbar unter <a href="http://www.pv-fakten.de">www.pv-fakten.de</a>). Es hält fest, dass in Deutschland in den letzten 20 Jahren in 120 Fällen eine Fotovoltaikanlage Ursache für einen Brand mit grösserem Schaden bzw. Totalschaden gewesen sei. Brände entstünden vor allem dann, wenn Anlagen unter Zeitdruck und durch unqualifiziertes Personal erstellt würden. Deshalb seien auch Vorschriften zur Kontrolle wichtig. Es empfiehlt deshalb, eine Abnahmekontrolle durch unabhängige Dritte vorzuschreiben und die Einführung von periodischen Kontrollen zu prüfen. </p><p>Für die Schweiz sind dem Bundesrat keine solchen Erhebungen bekannt. Das Eidgenössische Starkstrominspektorat (Esti) stellt indes bei Abnahmekontrollen von Fotovoltaikanlagen eine hohe Anzahl von Mängeln (über 50 Prozent aller kontrollierten Anlagen) fest. </p><p>2. Aus Sicht des Bundesrates sind die bestehenden Vorschriften notwendig und geeignet, um die Sicherheit von elektrischen Installationen zu gewährleisten und das Schadenrisiko zu minimieren. Der Bundesrat beurteilt die bestehenden Vorschriften deshalb als verhältnismässig. </p><p>3. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die geltenden Vorschriften bezüglich der Gewährleistung der Sicherheit und der Kontrollen von elektrischen Anlagen keine Hindernisse für Erstellung und Betrieb solcher Anlagen darstellen. Das Gleiche gilt für die Voraussetzungen für die Erlangung einer eingeschränkten Installationsbewilligung für besondere Anlagen nach Artikel 14 der Verordnung über elektrische Niederspannungsinstallationen vom 7. November 2001 (NIV; SR 734.27). Eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen Fachbereiche bei der Erstellung von Fotovoltaikanlagen erscheint effizienter und zielführender als die Konzentration aller relevanten Tätigkeiten in einer Person oder einem Betrieb. </p><p>4. Mit der Bewilligung für besondere Anlagen nach Artikel 14 NIV besteht bereits eine Sonderbewilligung, wie sie vom Interpellanten angeregt wird. Angesichts der Gefahren, die von elektrischen Anlagen ausgehen, ist es notwendig, dass für die Erteilung einer solchen Bewilligung ein Grundwissen in Elektrotechnik und Sicherheitsvorschriften vorausgesetzt wird. Dabei sind die Anforderungen im Vergleich zu den Anforderungen für eine allgemeine Installationsbewilligung bereits wesentlich herabgesetzt.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Die politische Botschaft ist klar: Die Gebäude sollen smart und effizient werden, energetisch als Gesamtsystem funktionieren und sich zum autonomen Kraftwerk weiterentwickeln. Die Gebäudetechnikbranchen stellen sich dieser Herausforderung und sind bestrebt, dem Bauherrn die Planer- oder Ausführungsarbeiten übergreifend und als Gesamtpaket anzubieten. Speziell im Bereich der Wärmeerzeugung sind Fragen der Systemwahl und der Stromproduktion kaum mehr zu trennen und im Sinne einer optimierten Eigenverbrauchsregelung gesamtheitlich zu lösen. Das Tagesgeschäft sieht jedoch anders aus: Kein "normaler" Heizungs- oder Gebäudehüllenbetrieb kann eigenständig Fotovoltaikanlagen anbieten. Das Problem liegt nicht am unternehmerischen Willen, sondern an der Bewilligungspraxis des Eidgenössischen Starkstrominspektorates (Esti). Diese verlangt vom konzessionierten Elektroinstallateur, dass er nur noch Elektrowechselrichter anschliessen soll, welche Anlageteile bis zum Panel umfassen, die er selber geplant, geliefert und verbaut hat.</p><p>In der Niederspannungsverordnung (NIV) existiert die Möglichkeit einer Installationsbewilligung für besondere Anlagen. Die Auflagen an diese Zusatzausbildung sind jedoch so hoch, dass diese für die erwähnten Gebäudetechnikbranchen kaum zu erfüllen sind. Weitere Hindernisse für die Realisierung einer Fotovoltaikanlage sind der Zusatzaufwand durch akkreditierte Kontrollorgane und die verordnete Kontrolle im Fünfjahresrhythmus.</p><p>Diese Umstände führen dazu, dass die Umsetzung von Fotovoltaikanlagen sowohl beim Gebäudetechnik-Unternehmer wie auch beim Bauherrn an den gesetzlichen Hürden scheitert. Das ist besonders für die Zielerreichung der Energiestrategie 2050 hinderlich.</p><p>Aufgrund dieser Ausgangslage bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:</p><p>1. Existiert eine Schadensstudie, welche den hohen Schutzgrad für die Realisierung von Fotovoltaikanlagen rechtfertigt?</p><p>2. Beurteilt der Bundesrat die aktuellen Sicherheitsvorschriften gemäss NIV als verhältnismässig?</p><p>3. Wie soll die Problemstellung der sicherheits- und kontrollbedingten Hürden bei der Realisierung von Fotovoltaikanlagen sowie diejenige der hohen Einstiegshürden für eine Prüfungszulassung nach Artikel 14 NIV gelöst werden?</p><p>4. Wäre eine spezielle Sonderbewilligung vorstellbar, welche mittels entsprechenden Bildungsausweises die Erstellung von Fotovoltaikanlagen (bis zum Wechselstromrichter) auch für Gebäudetechnikbranchen ermöglicht?</p>
  • Gesetzliche Hürden behindern Ausbauschritte bei der Solarenergie
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der Bundesrat misst sowohl der Förderung der Fotovoltaik als auch der Gewährleistung der Sicherheit entsprechender elektrischer Installationen hohe Bedeutung zu. Das Gefährdungspotenzial von Fotovoltaikanlagen ist einerseits durch die hohe Anzahl der festgestellten Mängel anlässlich der Abnahmekontrollen wie auch durch ihre technischen Besonderheiten erwiesen und ist auch von Vertretern der Solarbranche erkannt. Die bestehenden schweizerischen Vorschriften tragen diesen Umständen Rechnung. Sie setzen zudem Artikel 3 des Elektrizitätsgesetzes vom 24. Juni 1902 (EleG; SR 734.0) um, wonach der Bundesrat dafür zu sorgen hat, dass elektrische Anlagen keine Personen und Sachen gefährden.</p><p>1. Für Deutschland hat das Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme (ISE) Daten zum Auftreten von Schäden (Bränden) im Zusammenhang mit Fotovoltaikanlagen erhoben und im Bericht "Aktuelle Fakten zur Fotovoltaik in Deutschland" publiziert (aktuelle Fassung vom 29. Mai 2019 abrufbar unter <a href="http://www.pv-fakten.de">www.pv-fakten.de</a>). Es hält fest, dass in Deutschland in den letzten 20 Jahren in 120 Fällen eine Fotovoltaikanlage Ursache für einen Brand mit grösserem Schaden bzw. Totalschaden gewesen sei. Brände entstünden vor allem dann, wenn Anlagen unter Zeitdruck und durch unqualifiziertes Personal erstellt würden. Deshalb seien auch Vorschriften zur Kontrolle wichtig. Es empfiehlt deshalb, eine Abnahmekontrolle durch unabhängige Dritte vorzuschreiben und die Einführung von periodischen Kontrollen zu prüfen. </p><p>Für die Schweiz sind dem Bundesrat keine solchen Erhebungen bekannt. Das Eidgenössische Starkstrominspektorat (Esti) stellt indes bei Abnahmekontrollen von Fotovoltaikanlagen eine hohe Anzahl von Mängeln (über 50 Prozent aller kontrollierten Anlagen) fest. </p><p>2. Aus Sicht des Bundesrates sind die bestehenden Vorschriften notwendig und geeignet, um die Sicherheit von elektrischen Installationen zu gewährleisten und das Schadenrisiko zu minimieren. Der Bundesrat beurteilt die bestehenden Vorschriften deshalb als verhältnismässig. </p><p>3. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die geltenden Vorschriften bezüglich der Gewährleistung der Sicherheit und der Kontrollen von elektrischen Anlagen keine Hindernisse für Erstellung und Betrieb solcher Anlagen darstellen. Das Gleiche gilt für die Voraussetzungen für die Erlangung einer eingeschränkten Installationsbewilligung für besondere Anlagen nach Artikel 14 der Verordnung über elektrische Niederspannungsinstallationen vom 7. November 2001 (NIV; SR 734.27). Eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen Fachbereiche bei der Erstellung von Fotovoltaikanlagen erscheint effizienter und zielführender als die Konzentration aller relevanten Tätigkeiten in einer Person oder einem Betrieb. </p><p>4. Mit der Bewilligung für besondere Anlagen nach Artikel 14 NIV besteht bereits eine Sonderbewilligung, wie sie vom Interpellanten angeregt wird. Angesichts der Gefahren, die von elektrischen Anlagen ausgehen, ist es notwendig, dass für die Erteilung einer solchen Bewilligung ein Grundwissen in Elektrotechnik und Sicherheitsvorschriften vorausgesetzt wird. Dabei sind die Anforderungen im Vergleich zu den Anforderungen für eine allgemeine Installationsbewilligung bereits wesentlich herabgesetzt.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Die politische Botschaft ist klar: Die Gebäude sollen smart und effizient werden, energetisch als Gesamtsystem funktionieren und sich zum autonomen Kraftwerk weiterentwickeln. Die Gebäudetechnikbranchen stellen sich dieser Herausforderung und sind bestrebt, dem Bauherrn die Planer- oder Ausführungsarbeiten übergreifend und als Gesamtpaket anzubieten. Speziell im Bereich der Wärmeerzeugung sind Fragen der Systemwahl und der Stromproduktion kaum mehr zu trennen und im Sinne einer optimierten Eigenverbrauchsregelung gesamtheitlich zu lösen. Das Tagesgeschäft sieht jedoch anders aus: Kein "normaler" Heizungs- oder Gebäudehüllenbetrieb kann eigenständig Fotovoltaikanlagen anbieten. Das Problem liegt nicht am unternehmerischen Willen, sondern an der Bewilligungspraxis des Eidgenössischen Starkstrominspektorates (Esti). Diese verlangt vom konzessionierten Elektroinstallateur, dass er nur noch Elektrowechselrichter anschliessen soll, welche Anlageteile bis zum Panel umfassen, die er selber geplant, geliefert und verbaut hat.</p><p>In der Niederspannungsverordnung (NIV) existiert die Möglichkeit einer Installationsbewilligung für besondere Anlagen. Die Auflagen an diese Zusatzausbildung sind jedoch so hoch, dass diese für die erwähnten Gebäudetechnikbranchen kaum zu erfüllen sind. Weitere Hindernisse für die Realisierung einer Fotovoltaikanlage sind der Zusatzaufwand durch akkreditierte Kontrollorgane und die verordnete Kontrolle im Fünfjahresrhythmus.</p><p>Diese Umstände führen dazu, dass die Umsetzung von Fotovoltaikanlagen sowohl beim Gebäudetechnik-Unternehmer wie auch beim Bauherrn an den gesetzlichen Hürden scheitert. Das ist besonders für die Zielerreichung der Energiestrategie 2050 hinderlich.</p><p>Aufgrund dieser Ausgangslage bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:</p><p>1. Existiert eine Schadensstudie, welche den hohen Schutzgrad für die Realisierung von Fotovoltaikanlagen rechtfertigt?</p><p>2. Beurteilt der Bundesrat die aktuellen Sicherheitsvorschriften gemäss NIV als verhältnismässig?</p><p>3. Wie soll die Problemstellung der sicherheits- und kontrollbedingten Hürden bei der Realisierung von Fotovoltaikanlagen sowie diejenige der hohen Einstiegshürden für eine Prüfungszulassung nach Artikel 14 NIV gelöst werden?</p><p>4. Wäre eine spezielle Sonderbewilligung vorstellbar, welche mittels entsprechenden Bildungsausweises die Erstellung von Fotovoltaikanlagen (bis zum Wechselstromrichter) auch für Gebäudetechnikbranchen ermöglicht?</p>
    • Gesetzliche Hürden behindern Ausbauschritte bei der Solarenergie

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