Mehr Zeit für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen

ShortId
19.4120
Id
20194120
Updated
28.07.2023 14:30
Language
de
Title
Mehr Zeit für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen
AdditionalIndexing
28;2836;2841
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Kinder können nicht einfach im Wartezimmer Platz nehmen und aufgerufen werden. Je nach Alter braucht es Zeit, bis sich ein Kind an die fremde Umgebung eines Warte- oder Sprechzimmers gewöhnt hat und Vertrauen fassen kann. Kleinere Kinder können sich nicht selbstständig an- und ausziehen, bei den ganz Kleinen kann ein Windelwechsel nötig sein. Auch können Ängste dazukommen, z. B. bei einer Blutentnahme oder einer Spritze. Minderjährige sind besonders schutzbedürftig und haben zudem das Recht, altersgerecht in die Behandlung einbezogen zu werden. Bei Kindern zentral sind Gespräche zu gesundheitsförderndem und präventivem Verhalten.</p><p>Kinder und Jugendliche sind nie allein, sondern immer Teil eines sozialen Systems. Dazu gehören Eltern, Bezugspersonen, Familie, Schule, Freunde usw. Die Vernetzung mit dem Lebensumfeld des Kindes ist bei gesundheitlichen Problemen zentral. Bei Kindern und ihren Bezugspersonen sind Gespräche zu präventivem und gesundheitsförderndem Verhalten zentral. Diese Gespräche beziehen sich auf die konkreten Probleme eines Kindes und können je nach Umfeld mehr oder weniger Zeit in Anspruch nehmen. Diese Gespräche verlaufen oft niederschwellig und sind Teil der Gesamtkonsultation. Zeitliche Limitationen dürfen nicht dazu führen, dass die Zeit nur noch für kurative Leistungen reicht. Die Gesundheitsfachpersonen arbeiten mit zwei Adressaten: den Eltern, ihren Bezugspersonen, und dem kranken Kind. Mit beiden muss ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden.</p><p>All dies macht den Zeitaufwand für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen deutlich grösser als bei Erwachsenen. Dies muss auch in den Sozialversicherungstarifen entsprechend abgebildet werden.</p>
  • <p>Wie der Bundesrat bereits in seinen Antworten auf die Interpellationen Eymann 18.3915, "Nichtkostendeckende Vergütung der Leistungen der Kinderspitäler Zürich, St. Gallen, Basel, der Kinderklinik Bern und weiterer Kinderkliniken im ambulanten Bereich", sowie Hess Lorenz 18.4368, "Sind die Tarife für eine effiziente Kindermedizin wirklich zu tief?", festgehalten hat, ist es auch ihm ein grosses Anliegen, für alle Patientengruppen eine qualitativ hochstehende und zweckmässige gesundheitliche Versorgung zu möglichst günstigen Kosten sicherzustellen.</p><p>Die Vereinbarung, Anpassung und Pflege von adäquaten und gesetzeskonformen Tarifen liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Tarifpartner. Dabei ist zu beachten, dass die Tarife, welche durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet werden, höchstens die für eine effiziente Leistungserbringung erforderlichen und transparent ausgewiesenen Kosten decken dürfen. Dem Bundesrat steht nur eine subsidiäre Kompetenz zu, wenn sich die Tarifpartner nicht einigen können. Eine isolierte Neuregelung alleine für die Kinder- und Jugendmedizin ist nicht zielführend.</p><p>Im ambulanten Bereich werden die ärztlichen Leistungen mit dem Tarif Tarmed zulasten der OKP abgerechnet, im stationären Bereich mit dem Tarif Swiss DRG. Beide Tarifwerke berücksichtigen bereits heute Besonderheiten der Kinder- und Jugendmedizin. Im Tarmed gibt es spezifische Tarifpositionen und Zuschläge für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Wie bereits in der Stellungnahme zur Motion 19.3957 der SGK-S, "Kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler bei effizient erbrachten Leistungen", erwähnt, hat der Bundesrat mit den Anpassungen des Tarmed in den Jahren 2014 und 2018 die Leistungen der Grundversorgung inkl. der Pädiatrie tariflich bessergestellt und mit dem Eingriff im Jahr 2018 unter anderem für Kinder Ausnahmen bei den Mengenbeschränkungen für gewisse Leistungen eingeführt. Im stationären Bereich hat die Swiss DRG AG die Anliegen der Kinderspitäler bereits aufgenommen und in den letzten Jahren wesentliche Verbesserungen in der Tarifstruktur Swiss DRG erreicht, mit welcher sich eine systematische Unterdeckung der effizient erbrachten Leistungen der Kindermedizin vermeiden lässt.</p><p>Eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen ist daher nicht erforderlich. Der Bundesrat wird aber auch künftig im Rahmen seiner Kompetenzen auf die Tarifstrukturentwicklung der Kindermedizin ein besonderes Augenmerk legen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament einen Erlassentwurf zu unterbreiten, der die Grundlage schafft, dass die Besonderheiten der Kinder- und Jugendmedizin zukünftig in den Sozialversicherungstarifen adäquat abgebildet werden.</p>
  • Mehr Zeit für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen
State
Überwiesen an den Bundesrat
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Kinder können nicht einfach im Wartezimmer Platz nehmen und aufgerufen werden. Je nach Alter braucht es Zeit, bis sich ein Kind an die fremde Umgebung eines Warte- oder Sprechzimmers gewöhnt hat und Vertrauen fassen kann. Kleinere Kinder können sich nicht selbstständig an- und ausziehen, bei den ganz Kleinen kann ein Windelwechsel nötig sein. Auch können Ängste dazukommen, z. B. bei einer Blutentnahme oder einer Spritze. Minderjährige sind besonders schutzbedürftig und haben zudem das Recht, altersgerecht in die Behandlung einbezogen zu werden. Bei Kindern zentral sind Gespräche zu gesundheitsförderndem und präventivem Verhalten.</p><p>Kinder und Jugendliche sind nie allein, sondern immer Teil eines sozialen Systems. Dazu gehören Eltern, Bezugspersonen, Familie, Schule, Freunde usw. Die Vernetzung mit dem Lebensumfeld des Kindes ist bei gesundheitlichen Problemen zentral. Bei Kindern und ihren Bezugspersonen sind Gespräche zu präventivem und gesundheitsförderndem Verhalten zentral. Diese Gespräche beziehen sich auf die konkreten Probleme eines Kindes und können je nach Umfeld mehr oder weniger Zeit in Anspruch nehmen. Diese Gespräche verlaufen oft niederschwellig und sind Teil der Gesamtkonsultation. Zeitliche Limitationen dürfen nicht dazu führen, dass die Zeit nur noch für kurative Leistungen reicht. Die Gesundheitsfachpersonen arbeiten mit zwei Adressaten: den Eltern, ihren Bezugspersonen, und dem kranken Kind. Mit beiden muss ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden.</p><p>All dies macht den Zeitaufwand für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen deutlich grösser als bei Erwachsenen. Dies muss auch in den Sozialversicherungstarifen entsprechend abgebildet werden.</p>
    • <p>Wie der Bundesrat bereits in seinen Antworten auf die Interpellationen Eymann 18.3915, "Nichtkostendeckende Vergütung der Leistungen der Kinderspitäler Zürich, St. Gallen, Basel, der Kinderklinik Bern und weiterer Kinderkliniken im ambulanten Bereich", sowie Hess Lorenz 18.4368, "Sind die Tarife für eine effiziente Kindermedizin wirklich zu tief?", festgehalten hat, ist es auch ihm ein grosses Anliegen, für alle Patientengruppen eine qualitativ hochstehende und zweckmässige gesundheitliche Versorgung zu möglichst günstigen Kosten sicherzustellen.</p><p>Die Vereinbarung, Anpassung und Pflege von adäquaten und gesetzeskonformen Tarifen liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Tarifpartner. Dabei ist zu beachten, dass die Tarife, welche durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet werden, höchstens die für eine effiziente Leistungserbringung erforderlichen und transparent ausgewiesenen Kosten decken dürfen. Dem Bundesrat steht nur eine subsidiäre Kompetenz zu, wenn sich die Tarifpartner nicht einigen können. Eine isolierte Neuregelung alleine für die Kinder- und Jugendmedizin ist nicht zielführend.</p><p>Im ambulanten Bereich werden die ärztlichen Leistungen mit dem Tarif Tarmed zulasten der OKP abgerechnet, im stationären Bereich mit dem Tarif Swiss DRG. Beide Tarifwerke berücksichtigen bereits heute Besonderheiten der Kinder- und Jugendmedizin. Im Tarmed gibt es spezifische Tarifpositionen und Zuschläge für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Wie bereits in der Stellungnahme zur Motion 19.3957 der SGK-S, "Kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler bei effizient erbrachten Leistungen", erwähnt, hat der Bundesrat mit den Anpassungen des Tarmed in den Jahren 2014 und 2018 die Leistungen der Grundversorgung inkl. der Pädiatrie tariflich bessergestellt und mit dem Eingriff im Jahr 2018 unter anderem für Kinder Ausnahmen bei den Mengenbeschränkungen für gewisse Leistungen eingeführt. Im stationären Bereich hat die Swiss DRG AG die Anliegen der Kinderspitäler bereits aufgenommen und in den letzten Jahren wesentliche Verbesserungen in der Tarifstruktur Swiss DRG erreicht, mit welcher sich eine systematische Unterdeckung der effizient erbrachten Leistungen der Kindermedizin vermeiden lässt.</p><p>Eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen ist daher nicht erforderlich. Der Bundesrat wird aber auch künftig im Rahmen seiner Kompetenzen auf die Tarifstrukturentwicklung der Kindermedizin ein besonderes Augenmerk legen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament einen Erlassentwurf zu unterbreiten, der die Grundlage schafft, dass die Besonderheiten der Kinder- und Jugendmedizin zukünftig in den Sozialversicherungstarifen adäquat abgebildet werden.</p>
    • Mehr Zeit für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen

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