Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin. Nationale Strategie

ShortId
19.4174
Id
20194174
Updated
28.07.2023 02:11
Language
de
Title
Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin. Nationale Strategie
AdditionalIndexing
28;2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die absolute Zahl der praktizierenden Kinderärzte, Kinderpsychiater und Kinderchirurgen ist gemäss der FMH-Ärztestatistik in den letzten Jahren gestiegen. Dennoch gibt es Versorgungsengpässe bezüglich der Kindermedizin. </p><p>- Eltern haben Mühe, bei Erkrankungen ihrer Kinder innert nützlicher Frist einen Behandlungstermin zu erhalten. In dringenden Fällen, an Randstunden und am Wochenende ist es schwierig, Kinder ambulant behandeln lassen zu können. Die Notfallstationen der Kinderspitäler sind überlastet, was zu langen Wartezeiten und auch zu überhöhten Kosten für einfache Fälle führt. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Eltern gar keinen Kinderarzt mehr kontaktieren, sondern direkt in die Notfallaufnahme gehen.</p><p>- Viele Kinderärzte sind am Ende ihres Arbeitslebens angekommen. Die meisten Nachwuchskräfte wollen lieber Teilzeit arbeiten und angestellt sein, als eine eigene Praxis zu führen. Praxisübernahmen erfolgen nur noch in Teams. Die wenigsten jungen Kinderärzte wollen in ländlichen Gebieten arbeiten.</p><p>- Die ambulanten und stationären Tarifsysteme scheinen die Kosten der Kindermedizin ungenügend abzubilden. Die Betreuung von Kindern und ihren Eltern/Erziehungsberechtigten, dem sozialen Umfeld und unterschiedlichen Kostenträgern (IV, OKP, Suva, Kantone, Kommunen) benötigt einen vermehrten Zeitaufwand.</p><p>- Die Versorgungsengpässe bei Arzneimitteln, Mitteln und Gegenständen nehmen zu. Vergütungen im Off-Label und im Unlicensed Use sind unklar geregelt und verursachen unnötige Administrationsaufwände.</p><p>- Bei klarer Diagnose gibt es Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Kostenträgern IV und KVG, welche durch eine Definition der Vorleistungspflicht zu klären sind.</p><p>Am 9. September 2019 wurde von der Expertengruppe Kinder- und Jugendmedizin ein Positionspapier vorgestellt, das den Handlungsbedarf in der Kindermedizin umfassend aufzeigt und Verbesserungsvorschläge macht. </p><p>Ziel einer Strategie ist es, für eine qualitativ hochstehende und effiziente Kinder- und Jugendmedizin in der Schweiz zu sorgen. Investitionen in die Prävention und Behandlung von Kindern und Jugendlichen sind die Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung und verhindern Sekundärkosten für die Volkswirtschaft.</p>
  • <p>Dem Bundesrat ist es ein grosses Anliegen, dass für alle Patientengruppen eine qualitativ hochstehende, zweckmässige und effiziente gesundheitliche Versorgung besteht. Er ist sich der besonderen Bedeutung der Kinder- und Jugendmedizin für die Prävention chronischer Krankheiten in späteren Lebensphasen bewusst. Den von der Postulantin angesprochenen Herausforderungen in Bezug auf die Versorgungssituation wird durch verschiedene Massnahmen begegnet.</p><p>Hinsichtlich des Bestands und Bedarfs an Ärztinnen und Ärzten in der Kinder- und Jugendmedizin hat das Gesundheitsobservatorium (Obsan) 2016 im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) verschiedene Modelle erarbeitet. Unter anderem wird die Situation der Kinder- und Jugendmedizin ermittelt. Mit diesen lassen sich zukünftige Prognosen ermitteln und konkrete Massnahmen für die ärztliche Weiterbildung auf nationaler Ebene ableiten.</p><p>Der Bundesrat sichert in seiner Stellungnahme zur Kommissionsmotion 19.3957 der SGK-S, "Kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler bei effizient erbrachten Leistungen", zu, bei der Ausübung seiner gesetzlichen Aufgaben im Tarifbereich auf die spezifischen Anliegen der Kinder- und Jugendmedizin ein besonderes Augenmerk zu legen. Dies hat der Bundesrat in der Vergangenheit mit den Anpassungen des Tarifs für ambulante ärztliche Leistungen (Tarmed) in den Jahren 2014 und 2018 bereits getan, indem er die Leistungen der Grundversorgung inkl. der Pädiatrie tariflich bessergestellt hat. Aber auch mit dem Eingriff im Jahr 2018, mit dem er unter anderem für Kinder Ausnahmen bei den Mengenbeschränkungen für gewisse Leistungen vorgesehen hat.</p><p>Wie in der Beantwortung des Postulates Moser 19.4207, "Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin. Versorgungslücken schliessen", dargelegt, wurden auch im Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln bereits Massnahmen getroffen und umgesetzt. Im Rahmen der ordentlichen Revision des Heilmittelgesetzes (BBl 2016 1953; HMG, SR 812.21) wurden Massnahmen sowohl zur Entwicklung neuer kindergerechter Arzneimittel als auch zur Optimierung beim Off-Label-Einsatz bereits zugelassener, etablierter Arzneimittel getroffen. Eine Evaluation der Massnahmen soll 2024 vorliegen. Die Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall wird derzeit vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Auftrag des Bundesrates bis Mitte 2020 evaluiert. Bei Bedarf wird der Bundesrat Anpassungen vorschlagen.</p><p>Nächstes Jahr erscheint der Nationale Gesundheitsbericht 2020 des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums. Es wird schwerpunktmässig auf die Kinder- und Jugendgesundheit eingehen und ein umfassendes Bild der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz vermitteln. Unter anderem werden auch Versorgungsaspekte beleuchtet.</p><p>Der Bundesrat ist folglich der Ansicht, dass die Verbesserung der Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen bereits angegangen wird. Die oben genannten Berichte (Nationaler Gesundheitsbericht 2020, Evaluation Off-Label Use) sowie die Modelle zum Bestand und Bedarf an Ärztinnen und Ärzten in der Pädiatrie werden jedoch erlauben, die Situation erneut zu beurteilen und über allfällige weitere Schritte zu entscheiden.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den betroffenen Organisationen und Fachpersonen eine nationale Strategie zur Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin zu erarbeiten.</p>
  • Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin. Nationale Strategie
State
Überwiesen an den Bundesrat
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die absolute Zahl der praktizierenden Kinderärzte, Kinderpsychiater und Kinderchirurgen ist gemäss der FMH-Ärztestatistik in den letzten Jahren gestiegen. Dennoch gibt es Versorgungsengpässe bezüglich der Kindermedizin. </p><p>- Eltern haben Mühe, bei Erkrankungen ihrer Kinder innert nützlicher Frist einen Behandlungstermin zu erhalten. In dringenden Fällen, an Randstunden und am Wochenende ist es schwierig, Kinder ambulant behandeln lassen zu können. Die Notfallstationen der Kinderspitäler sind überlastet, was zu langen Wartezeiten und auch zu überhöhten Kosten für einfache Fälle führt. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Eltern gar keinen Kinderarzt mehr kontaktieren, sondern direkt in die Notfallaufnahme gehen.</p><p>- Viele Kinderärzte sind am Ende ihres Arbeitslebens angekommen. Die meisten Nachwuchskräfte wollen lieber Teilzeit arbeiten und angestellt sein, als eine eigene Praxis zu führen. Praxisübernahmen erfolgen nur noch in Teams. Die wenigsten jungen Kinderärzte wollen in ländlichen Gebieten arbeiten.</p><p>- Die ambulanten und stationären Tarifsysteme scheinen die Kosten der Kindermedizin ungenügend abzubilden. Die Betreuung von Kindern und ihren Eltern/Erziehungsberechtigten, dem sozialen Umfeld und unterschiedlichen Kostenträgern (IV, OKP, Suva, Kantone, Kommunen) benötigt einen vermehrten Zeitaufwand.</p><p>- Die Versorgungsengpässe bei Arzneimitteln, Mitteln und Gegenständen nehmen zu. Vergütungen im Off-Label und im Unlicensed Use sind unklar geregelt und verursachen unnötige Administrationsaufwände.</p><p>- Bei klarer Diagnose gibt es Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Kostenträgern IV und KVG, welche durch eine Definition der Vorleistungspflicht zu klären sind.</p><p>Am 9. September 2019 wurde von der Expertengruppe Kinder- und Jugendmedizin ein Positionspapier vorgestellt, das den Handlungsbedarf in der Kindermedizin umfassend aufzeigt und Verbesserungsvorschläge macht. </p><p>Ziel einer Strategie ist es, für eine qualitativ hochstehende und effiziente Kinder- und Jugendmedizin in der Schweiz zu sorgen. Investitionen in die Prävention und Behandlung von Kindern und Jugendlichen sind die Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung und verhindern Sekundärkosten für die Volkswirtschaft.</p>
    • <p>Dem Bundesrat ist es ein grosses Anliegen, dass für alle Patientengruppen eine qualitativ hochstehende, zweckmässige und effiziente gesundheitliche Versorgung besteht. Er ist sich der besonderen Bedeutung der Kinder- und Jugendmedizin für die Prävention chronischer Krankheiten in späteren Lebensphasen bewusst. Den von der Postulantin angesprochenen Herausforderungen in Bezug auf die Versorgungssituation wird durch verschiedene Massnahmen begegnet.</p><p>Hinsichtlich des Bestands und Bedarfs an Ärztinnen und Ärzten in der Kinder- und Jugendmedizin hat das Gesundheitsobservatorium (Obsan) 2016 im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) verschiedene Modelle erarbeitet. Unter anderem wird die Situation der Kinder- und Jugendmedizin ermittelt. Mit diesen lassen sich zukünftige Prognosen ermitteln und konkrete Massnahmen für die ärztliche Weiterbildung auf nationaler Ebene ableiten.</p><p>Der Bundesrat sichert in seiner Stellungnahme zur Kommissionsmotion 19.3957 der SGK-S, "Kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler bei effizient erbrachten Leistungen", zu, bei der Ausübung seiner gesetzlichen Aufgaben im Tarifbereich auf die spezifischen Anliegen der Kinder- und Jugendmedizin ein besonderes Augenmerk zu legen. Dies hat der Bundesrat in der Vergangenheit mit den Anpassungen des Tarifs für ambulante ärztliche Leistungen (Tarmed) in den Jahren 2014 und 2018 bereits getan, indem er die Leistungen der Grundversorgung inkl. der Pädiatrie tariflich bessergestellt hat. Aber auch mit dem Eingriff im Jahr 2018, mit dem er unter anderem für Kinder Ausnahmen bei den Mengenbeschränkungen für gewisse Leistungen vorgesehen hat.</p><p>Wie in der Beantwortung des Postulates Moser 19.4207, "Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin. Versorgungslücken schliessen", dargelegt, wurden auch im Bereich der Versorgung mit Arzneimitteln bereits Massnahmen getroffen und umgesetzt. Im Rahmen der ordentlichen Revision des Heilmittelgesetzes (BBl 2016 1953; HMG, SR 812.21) wurden Massnahmen sowohl zur Entwicklung neuer kindergerechter Arzneimittel als auch zur Optimierung beim Off-Label-Einsatz bereits zugelassener, etablierter Arzneimittel getroffen. Eine Evaluation der Massnahmen soll 2024 vorliegen. Die Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall wird derzeit vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Auftrag des Bundesrates bis Mitte 2020 evaluiert. Bei Bedarf wird der Bundesrat Anpassungen vorschlagen.</p><p>Nächstes Jahr erscheint der Nationale Gesundheitsbericht 2020 des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums. Es wird schwerpunktmässig auf die Kinder- und Jugendgesundheit eingehen und ein umfassendes Bild der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz vermitteln. Unter anderem werden auch Versorgungsaspekte beleuchtet.</p><p>Der Bundesrat ist folglich der Ansicht, dass die Verbesserung der Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen bereits angegangen wird. Die oben genannten Berichte (Nationaler Gesundheitsbericht 2020, Evaluation Off-Label Use) sowie die Modelle zum Bestand und Bedarf an Ärztinnen und Ärzten in der Pädiatrie werden jedoch erlauben, die Situation erneut zu beurteilen und über allfällige weitere Schritte zu entscheiden.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den betroffenen Organisationen und Fachpersonen eine nationale Strategie zur Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin zu erarbeiten.</p>
    • Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin. Nationale Strategie

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