Das ohrenbetäubende Stillschweigen der Swiss International Air Lines. Will sie sich aus der Verantwortung stehlen?

ShortId
19.4185
Id
20194185
Updated
28.07.2023 02:07
Language
de
Title
Das ohrenbetäubende Stillschweigen der Swiss International Air Lines. Will sie sich aus der Verantwortung stehlen?
AdditionalIndexing
15;48
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Swiss International Air Lines (Swiss) verfügt seit dem 20. März 2014 über eine Streckenkonzession für die Luftverkehrslinie Zürich-Lugano-Zürich. Diese ist bis Ende März 2022 gültig. Für die Durchführung der Flüge mietete die Swiss Luftfahrzeuge bei verschiedenen Fluggesellschaften im sog. Wetlease-Verfahren ein; seit Ende Oktober 2018 wurde die Adria Airways auf dieser Strecke eingesetzt. Gemäss Sommerflugplan 2019 waren vier Flüge pro Tag publiziert. Die Adria Airways hat am 30. September 2019 Insolvenz angemeldet und fliegt seither nicht mehr. Am 1. Oktober 2019 hat die Swiss beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) um Befreiung von der Konzessionspflicht ersucht.</p><p>1. Gemäss Artikel 111 Absatz 1 der Luftfahrtverordnung (LFV; SR 748.01) ist ein konzessioniertes Unternehmen verpflichtet, Flugpläne und Tarife festzulegen und dem BAZL zu unterbreiten. Es hat seine Flugpläne und Tarife der Öffentlichkeit in geeigneter Weise zugänglich zu machen. Das konzessionierte Unternehmen muss sicherstellen, dass die bekannt gemachten Flugpläne und Tarife eingehalten werden. Das BAZL kann das konzessionierte Unternehmen, namentlich im Fall einer Notlage oder bei veränderten Verhältnissen, auf begründetes Gesuch hin von einzelnen oder allen auferlegten Pflichten befreien oder ihm andere Erleichterungen gewähren (Art. 111 Abs. 2 LFV).</p><p>Flugpläne werden halbjährlich festgelegt. Der Flugplan der Swiss mit der Flugstrecke Lugano-Zürich dauerte bis zum 27. Oktober 2019. Für alle bis zur Einstellung der Fluglinie gebuchten Flüge bot die Swiss zusammen mit den SBB ab dem 16. Oktober 2019 einen sogenannten "Flugzug" zwischen Lugano und Zürich an. Diese Reise ist im Flugticket inbegriffen. Damit wurde ein Ersatzangebot geschaffen, wie es auch die Passagierrechtsverordnung der EU vorsieht. Die Durchführung der Flüge durch die Swiss selbst war hingegen keine Option. Die Swiss verfügt nicht über geeignete Flugzeuge, welche auf dem Flughafen Lugano starten und landen können. Innert kurzer Zeit eine neue Partnerairline zu finden, welche über die einsatzbereiten Flugzeugtypen verfügt, wäre ausserdem kaum möglich gewesen.</p><p>Für den Umstand, dass die Flüge auch inskünftig nicht mehr ausgeführt werden können, macht die Swiss veränderte Verhältnisse geltend: Sie habe in den vergangenen Jahren viel in die Aufrechterhaltung einer Flugverbindung ins Tessin investiert. Die Auslastung der Flüge sei aber durchschnittlich nur bei 50 bis 60 Prozent gelegen. Die Strecke könne mit einem solch tiefen Passagieraufkommen nicht rentabel betrieben werden. Der kontinuierliche Ausbau von Schienen- und Strassenverbindungen habe in den letzten Jahren zudem zu einer besseren Erschliessung aller Landesteile geführt.</p><p>2. Bei der Überführung der Fluggesellschaft Crossair in die Swiss sah sich der Bundesrat nicht veranlasst, die Swiss zu verpflichten, die Bedienung der Regionalflughäfen Bern und Lugano zu garantieren. Wie im luftfahrtpolitischen Bericht des Bundesrates (Lupo) von 2016 festgehalten, erfüllen innerschweizerische Flugverbindungen zwar eine willkommene Zubringerfunktion für die Landesflughäfen und dienen der Anbindung der Regionen. Eine aktive Förderung und finanzielle Unterstützung von innerschweizerischen Luftverkehrslinien sieht der Bundesrat aufgrund der geringen zurückzulegenden Distanzen und des ausgebauten Bahn- und Strassennetzes aber nicht vor.</p><p>3. Das BAZL ist zuständig für die Prüfung und Überwachung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der schweizerischen Flugbetriebe, die über eine Betriebsbewilligung für die gewerbsmässige Beförderung verfügen. Die Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der slowenischen Adria Airways fällt somit nicht in die Zuständigkeit des BAZL.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Die Swiss International Air Lines ist Inhaberin der Streckenkonzession für die Flugverbindung zwischen Lugano-Agno und Zürich. Die Swiss hat die Durchführung der vier Flugverbindungen pro Tag zwischen den beiden Flughäfen der slowenischen Fluggesellschaft Adria Airways übertragen.</p><p>Am 24. September entschied die Adria Airways, den Flugbetrieb auf dieser Strecke aufgrund ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten einzustellen. Sämtliche Swiss-Flüge zwischen Lugano-Agno und Zürich wurden in der Folge bis auf Weiteres gestrichen, was für Hunderte Fluggäste mit Ziel- oder Abflugort Agno grosse Unannehmlichkeiten zur Folge hatte. Seit diesem Entscheid ist nicht nur jegliche Flugverbindung mit der Limmatstadt gekappt, es kommt zudem zu verpassten Anschlussflügen ab Zürich. </p><p>Aufgrund der obigen Ausführungen bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:</p><p>1. Welche Pflichten ist die Swiss mit der Streckenkonzession eingegangen? Inwieweit muss die Swiss die Verbindung sicherstellen, unabhängig von den gegenwärtigen Problemen, mit denen ihre Partnergesellschaft Adria Airways sich konfrontiert sieht?</p><p>2. Hat die Swiss sich mit der Übernahme der Flugrechte der früheren Swissair und Crossair nicht dazu verpflichtet, die Durchführung eines Flugbetriebs von nationalem Interesse sicherzustellen und in diesem Zusammenhang die beiden am weitesten voneinander entfernt liegenden Flughäfen miteinander zu verbinden und so den Anschluss an die internationalen Flugverkehrsnetze zu ermöglichen?</p><p>3. Inwieweit hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) die Zuverlässigkeit der Partnergesellschaft Adria Airways geprüft? War das Amt über deren prekäre finanzielle Situation informiert? Welche Verantwortung trägt das BAZL in diesem Zusammenhang?</p>
  • Das ohrenbetäubende Stillschweigen der Swiss International Air Lines. Will sie sich aus der Verantwortung stehlen?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Swiss International Air Lines (Swiss) verfügt seit dem 20. März 2014 über eine Streckenkonzession für die Luftverkehrslinie Zürich-Lugano-Zürich. Diese ist bis Ende März 2022 gültig. Für die Durchführung der Flüge mietete die Swiss Luftfahrzeuge bei verschiedenen Fluggesellschaften im sog. Wetlease-Verfahren ein; seit Ende Oktober 2018 wurde die Adria Airways auf dieser Strecke eingesetzt. Gemäss Sommerflugplan 2019 waren vier Flüge pro Tag publiziert. Die Adria Airways hat am 30. September 2019 Insolvenz angemeldet und fliegt seither nicht mehr. Am 1. Oktober 2019 hat die Swiss beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) um Befreiung von der Konzessionspflicht ersucht.</p><p>1. Gemäss Artikel 111 Absatz 1 der Luftfahrtverordnung (LFV; SR 748.01) ist ein konzessioniertes Unternehmen verpflichtet, Flugpläne und Tarife festzulegen und dem BAZL zu unterbreiten. Es hat seine Flugpläne und Tarife der Öffentlichkeit in geeigneter Weise zugänglich zu machen. Das konzessionierte Unternehmen muss sicherstellen, dass die bekannt gemachten Flugpläne und Tarife eingehalten werden. Das BAZL kann das konzessionierte Unternehmen, namentlich im Fall einer Notlage oder bei veränderten Verhältnissen, auf begründetes Gesuch hin von einzelnen oder allen auferlegten Pflichten befreien oder ihm andere Erleichterungen gewähren (Art. 111 Abs. 2 LFV).</p><p>Flugpläne werden halbjährlich festgelegt. Der Flugplan der Swiss mit der Flugstrecke Lugano-Zürich dauerte bis zum 27. Oktober 2019. Für alle bis zur Einstellung der Fluglinie gebuchten Flüge bot die Swiss zusammen mit den SBB ab dem 16. Oktober 2019 einen sogenannten "Flugzug" zwischen Lugano und Zürich an. Diese Reise ist im Flugticket inbegriffen. Damit wurde ein Ersatzangebot geschaffen, wie es auch die Passagierrechtsverordnung der EU vorsieht. Die Durchführung der Flüge durch die Swiss selbst war hingegen keine Option. Die Swiss verfügt nicht über geeignete Flugzeuge, welche auf dem Flughafen Lugano starten und landen können. Innert kurzer Zeit eine neue Partnerairline zu finden, welche über die einsatzbereiten Flugzeugtypen verfügt, wäre ausserdem kaum möglich gewesen.</p><p>Für den Umstand, dass die Flüge auch inskünftig nicht mehr ausgeführt werden können, macht die Swiss veränderte Verhältnisse geltend: Sie habe in den vergangenen Jahren viel in die Aufrechterhaltung einer Flugverbindung ins Tessin investiert. Die Auslastung der Flüge sei aber durchschnittlich nur bei 50 bis 60 Prozent gelegen. Die Strecke könne mit einem solch tiefen Passagieraufkommen nicht rentabel betrieben werden. Der kontinuierliche Ausbau von Schienen- und Strassenverbindungen habe in den letzten Jahren zudem zu einer besseren Erschliessung aller Landesteile geführt.</p><p>2. Bei der Überführung der Fluggesellschaft Crossair in die Swiss sah sich der Bundesrat nicht veranlasst, die Swiss zu verpflichten, die Bedienung der Regionalflughäfen Bern und Lugano zu garantieren. Wie im luftfahrtpolitischen Bericht des Bundesrates (Lupo) von 2016 festgehalten, erfüllen innerschweizerische Flugverbindungen zwar eine willkommene Zubringerfunktion für die Landesflughäfen und dienen der Anbindung der Regionen. Eine aktive Förderung und finanzielle Unterstützung von innerschweizerischen Luftverkehrslinien sieht der Bundesrat aufgrund der geringen zurückzulegenden Distanzen und des ausgebauten Bahn- und Strassennetzes aber nicht vor.</p><p>3. Das BAZL ist zuständig für die Prüfung und Überwachung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der schweizerischen Flugbetriebe, die über eine Betriebsbewilligung für die gewerbsmässige Beförderung verfügen. Die Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der slowenischen Adria Airways fällt somit nicht in die Zuständigkeit des BAZL.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Die Swiss International Air Lines ist Inhaberin der Streckenkonzession für die Flugverbindung zwischen Lugano-Agno und Zürich. Die Swiss hat die Durchführung der vier Flugverbindungen pro Tag zwischen den beiden Flughäfen der slowenischen Fluggesellschaft Adria Airways übertragen.</p><p>Am 24. September entschied die Adria Airways, den Flugbetrieb auf dieser Strecke aufgrund ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten einzustellen. Sämtliche Swiss-Flüge zwischen Lugano-Agno und Zürich wurden in der Folge bis auf Weiteres gestrichen, was für Hunderte Fluggäste mit Ziel- oder Abflugort Agno grosse Unannehmlichkeiten zur Folge hatte. Seit diesem Entscheid ist nicht nur jegliche Flugverbindung mit der Limmatstadt gekappt, es kommt zudem zu verpassten Anschlussflügen ab Zürich. </p><p>Aufgrund der obigen Ausführungen bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:</p><p>1. Welche Pflichten ist die Swiss mit der Streckenkonzession eingegangen? Inwieweit muss die Swiss die Verbindung sicherstellen, unabhängig von den gegenwärtigen Problemen, mit denen ihre Partnergesellschaft Adria Airways sich konfrontiert sieht?</p><p>2. Hat die Swiss sich mit der Übernahme der Flugrechte der früheren Swissair und Crossair nicht dazu verpflichtet, die Durchführung eines Flugbetriebs von nationalem Interesse sicherzustellen und in diesem Zusammenhang die beiden am weitesten voneinander entfernt liegenden Flughäfen miteinander zu verbinden und so den Anschluss an die internationalen Flugverkehrsnetze zu ermöglichen?</p><p>3. Inwieweit hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) die Zuverlässigkeit der Partnergesellschaft Adria Airways geprüft? War das Amt über deren prekäre finanzielle Situation informiert? Welche Verantwortung trägt das BAZL in diesem Zusammenhang?</p>
    • Das ohrenbetäubende Stillschweigen der Swiss International Air Lines. Will sie sich aus der Verantwortung stehlen?

Back to List