Wiedereingliederungsfonds für Menschen, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind

ShortId
19.4187
Id
20194187
Updated
28.07.2023 02:07
Language
de
Title
Wiedereingliederungsfonds für Menschen, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind
AdditionalIndexing
2836;44;24;28
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Immer mehr erwerbslose Menschen erhalten keine Chance mehr, wieder im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Davon sind insbesondere Menschen betroffen, welche jahrelang erwerbslos waren, psychische oder physische Beeinträchtigungen haben (z. B. Teil-IV-Rente), einen unsicheren Aufenthaltsstatus haben (Flüchtlinge) oder noch keine Berufserfahrung in der Schweiz vorweisen können. </p><p>Firmen, die solchen Menschen einen beruflichen Wiedereinstieg bieten, übernehmen eine wichtige soziale Verantwortung. Sie sollen dabei unterstützt werden, denn die Wiedereingliederung bedeutet für sie häufig einen finanziellen und zeitlichen Aufwand. </p><p>Dafür sollen diejenigen Unternehmen, die keine oder für ihre Grösse zu wenig Wiedereingliederungsmöglichkeiten schaffen, die Kosten mittragen. Sie werden verpflichtet, einen bestimmten Anteil ihrer AHV-pflichtigen Lohnsumme in einen Fonds zu zahlen. Mit diesem Geld sollen diejenigen Firmen administrativ und auch finanziell unterstützt werden, welche ihre soziale, gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. Das kann eine enge Begleitung durch die Sozialdienste in der Anfangsphase sein, eine Teilübernahme der Lohnkosten in den ersten Monaten, ein Job-Coaching, Qualifizierungsprogramme usw. </p>
  • <p>Mehrere Fakten lassen darauf schliessen, dass der Schweizer Arbeitsmarkt in einer guten Verfassung ist und dass es nicht immer schwieriger wird, sich darin einzugliedern. Die Erwerbslosenquote gemäss ILO-Definition ist stabil und lag in den letzten zehn Jahren im Jahresmittel nie über 5 Prozent, selbst in konjunkturell schlechten Zeiten. Im internationalen Vergleich ist das ein tiefer Wert. Gleichzeitig wurden zwischen 2010 und 2018 rund 475 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, und die standardisierte Erwerbsquote liegt bei 68,7 Prozent (Durchschnitt der EU-28: 58,1 Prozent). Trotz dieser erfreulichen Fakten ist es jedoch unbestritten, dass gewisse persönliche Situationen sehr hart sein können, insbesondere, wenn verschiedene Faktoren wie fehlende Berufserfahrung oder Ausbildung, allfällige gesundheitliche Beeinträchtigungen, ein unsicherer Aufenthaltsstatus oder auch spezifische Bedingungen in einem bestimmten Tätigkeitsbereich zusammenkommen und so die Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt erschweren.</p><p>Die Arbeitslosenversicherung (ALV), die Invalidenversicherung und die Sozialhilfe sehen bereits jetzt spezifische Massnahmen zur Wiedereingliederung von Personen vor, die sich in einer solchen Situation befinden. So stehen den Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Stellensuchenden oder Sozialhilfebeziehenden entsprechend geeignete Massnahmen zur Verfügung. Zudem wird die Gewährung einer solchen Massnahme und die Teilnahme daran von den zuständigen regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV), den IV-Ämtern und den kantonalen Sozialhilfediensten begleitet. Diese Institutionen verfügen allesamt über grosse Erfahrung in diesem Bereich. Zudem hat der Bundesrat mit der Medienmitteilung "Bundesrat verstärkt die Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials" am 15. Mai 2019 eine Reihe von Massnahmen angekündigt und damit seinen Willen bekräftigt, die Unterstützung für die Wiedereingliederung von Schweizer Arbeitskräften auszubauen. Die in der Motion vorgeschlagene Massnahme würde dem mit den unter den verschiedenen Akteuren aufgeteilten Kompetenzen und finanziellen Verantwortlichkeiten schon gut ausgestalteten System der Wiedereingliederung eine weitere Ebene hinzufügen und könnte zu Doppelspurigkeiten führen. Mit den Einarbeitungszuschüssen (vgl. Art. 65 ff. AVIG; SR 837.0) ermöglicht die ALV bereits jetzt die gezielte Unterstützung von Unternehmen, die schwer vermittelbare Stellensuchende beschäftigen. Zudem können versicherten Personen über 30, die über keine berufliche Ausbildung verfügen oder in ihrem erlernten Beruf erhebliche Schwierigkeiten haben, eine Stelle zu finden, auch Ausbildungszuschüsse entrichtet werden (vgl. Art. 66a ff. AVIG).</p><p>Für die in der Motion vorgeschlagene Massnahme müssten unverhältnismässige Umsetzungs- und Kontrollstrukturen geschaffen werden. In der Praxis wäre es zudem sehr kompliziert abzugrenzen, welche Betriebe zur Wiedereingliederung beitragen. Deshalb wäre das Kosten-Nutzen-Verhältnis der vorgeschlagenen Massnahme angesichts des administrativen Aufwands und der Zusatzbelastung der Unternehmen im Vergleich zu den erhofften positiven Auswirkungen schlecht. Gleichzeitig setzt sich der Bundesrat für tiefe Lohnnebenkosten ein. Er ist überzeugt, dass der beste Weg zur Förderung der Wiedereingliederung in Ergänzung der bereits existierenden Massnahmen darin besteht, die Schaffung von Arbeitsplätzen generell zu fördern.</p><p>Schliesslich würde die vorgeschlagene Massnahme die Flexibilität des Arbeitsmarktes, einen zentralen Erfolgsfaktor des Schweizer Modells, tendenziell beeinträchtigen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die gesetzliche Grundlage für einen "Wiedereingliederungsfonds" zu schaffen. Der Fonds wird alimentiert von Betrieben ab einer bestimmten Grösse, die keine oder für ihre Grösse zu wenig Wiedereinstiegsmöglichkeiten anbieten für Menschen, die für längere Zeit und aus verschiedenen Gründen aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen waren. Die Beiträge sollen im Umfang von höchstens einem Promille der AHV-pflichtigen Lohnsumme ausfallen. Mit dem Fondsgeld sollen Betriebe, welche Langzeitarbeitslosen einen Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen, finanziell und administrativ entlastet werden. </p><p>Die öffentliche Hand soll zudem verpflichtet werden, einen Anteil ihrer Stellen an langzeitarbeitslose Menschen zu vergeben.</p>
  • Wiedereingliederungsfonds für Menschen, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Immer mehr erwerbslose Menschen erhalten keine Chance mehr, wieder im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Davon sind insbesondere Menschen betroffen, welche jahrelang erwerbslos waren, psychische oder physische Beeinträchtigungen haben (z. B. Teil-IV-Rente), einen unsicheren Aufenthaltsstatus haben (Flüchtlinge) oder noch keine Berufserfahrung in der Schweiz vorweisen können. </p><p>Firmen, die solchen Menschen einen beruflichen Wiedereinstieg bieten, übernehmen eine wichtige soziale Verantwortung. Sie sollen dabei unterstützt werden, denn die Wiedereingliederung bedeutet für sie häufig einen finanziellen und zeitlichen Aufwand. </p><p>Dafür sollen diejenigen Unternehmen, die keine oder für ihre Grösse zu wenig Wiedereingliederungsmöglichkeiten schaffen, die Kosten mittragen. Sie werden verpflichtet, einen bestimmten Anteil ihrer AHV-pflichtigen Lohnsumme in einen Fonds zu zahlen. Mit diesem Geld sollen diejenigen Firmen administrativ und auch finanziell unterstützt werden, welche ihre soziale, gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. Das kann eine enge Begleitung durch die Sozialdienste in der Anfangsphase sein, eine Teilübernahme der Lohnkosten in den ersten Monaten, ein Job-Coaching, Qualifizierungsprogramme usw. </p>
    • <p>Mehrere Fakten lassen darauf schliessen, dass der Schweizer Arbeitsmarkt in einer guten Verfassung ist und dass es nicht immer schwieriger wird, sich darin einzugliedern. Die Erwerbslosenquote gemäss ILO-Definition ist stabil und lag in den letzten zehn Jahren im Jahresmittel nie über 5 Prozent, selbst in konjunkturell schlechten Zeiten. Im internationalen Vergleich ist das ein tiefer Wert. Gleichzeitig wurden zwischen 2010 und 2018 rund 475 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, und die standardisierte Erwerbsquote liegt bei 68,7 Prozent (Durchschnitt der EU-28: 58,1 Prozent). Trotz dieser erfreulichen Fakten ist es jedoch unbestritten, dass gewisse persönliche Situationen sehr hart sein können, insbesondere, wenn verschiedene Faktoren wie fehlende Berufserfahrung oder Ausbildung, allfällige gesundheitliche Beeinträchtigungen, ein unsicherer Aufenthaltsstatus oder auch spezifische Bedingungen in einem bestimmten Tätigkeitsbereich zusammenkommen und so die Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt erschweren.</p><p>Die Arbeitslosenversicherung (ALV), die Invalidenversicherung und die Sozialhilfe sehen bereits jetzt spezifische Massnahmen zur Wiedereingliederung von Personen vor, die sich in einer solchen Situation befinden. So stehen den Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Stellensuchenden oder Sozialhilfebeziehenden entsprechend geeignete Massnahmen zur Verfügung. Zudem wird die Gewährung einer solchen Massnahme und die Teilnahme daran von den zuständigen regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV), den IV-Ämtern und den kantonalen Sozialhilfediensten begleitet. Diese Institutionen verfügen allesamt über grosse Erfahrung in diesem Bereich. Zudem hat der Bundesrat mit der Medienmitteilung "Bundesrat verstärkt die Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials" am 15. Mai 2019 eine Reihe von Massnahmen angekündigt und damit seinen Willen bekräftigt, die Unterstützung für die Wiedereingliederung von Schweizer Arbeitskräften auszubauen. Die in der Motion vorgeschlagene Massnahme würde dem mit den unter den verschiedenen Akteuren aufgeteilten Kompetenzen und finanziellen Verantwortlichkeiten schon gut ausgestalteten System der Wiedereingliederung eine weitere Ebene hinzufügen und könnte zu Doppelspurigkeiten führen. Mit den Einarbeitungszuschüssen (vgl. Art. 65 ff. AVIG; SR 837.0) ermöglicht die ALV bereits jetzt die gezielte Unterstützung von Unternehmen, die schwer vermittelbare Stellensuchende beschäftigen. Zudem können versicherten Personen über 30, die über keine berufliche Ausbildung verfügen oder in ihrem erlernten Beruf erhebliche Schwierigkeiten haben, eine Stelle zu finden, auch Ausbildungszuschüsse entrichtet werden (vgl. Art. 66a ff. AVIG).</p><p>Für die in der Motion vorgeschlagene Massnahme müssten unverhältnismässige Umsetzungs- und Kontrollstrukturen geschaffen werden. In der Praxis wäre es zudem sehr kompliziert abzugrenzen, welche Betriebe zur Wiedereingliederung beitragen. Deshalb wäre das Kosten-Nutzen-Verhältnis der vorgeschlagenen Massnahme angesichts des administrativen Aufwands und der Zusatzbelastung der Unternehmen im Vergleich zu den erhofften positiven Auswirkungen schlecht. Gleichzeitig setzt sich der Bundesrat für tiefe Lohnnebenkosten ein. Er ist überzeugt, dass der beste Weg zur Förderung der Wiedereingliederung in Ergänzung der bereits existierenden Massnahmen darin besteht, die Schaffung von Arbeitsplätzen generell zu fördern.</p><p>Schliesslich würde die vorgeschlagene Massnahme die Flexibilität des Arbeitsmarktes, einen zentralen Erfolgsfaktor des Schweizer Modells, tendenziell beeinträchtigen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die gesetzliche Grundlage für einen "Wiedereingliederungsfonds" zu schaffen. Der Fonds wird alimentiert von Betrieben ab einer bestimmten Grösse, die keine oder für ihre Grösse zu wenig Wiedereinstiegsmöglichkeiten anbieten für Menschen, die für längere Zeit und aus verschiedenen Gründen aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen waren. Die Beiträge sollen im Umfang von höchstens einem Promille der AHV-pflichtigen Lohnsumme ausfallen. Mit dem Fondsgeld sollen Betriebe, welche Langzeitarbeitslosen einen Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen, finanziell und administrativ entlastet werden. </p><p>Die öffentliche Hand soll zudem verpflichtet werden, einen Anteil ihrer Stellen an langzeitarbeitslose Menschen zu vergeben.</p>
    • Wiedereingliederungsfonds für Menschen, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind

Back to List