Werden Gelder aus der obligatorischen Sozialversicherung für das Lobbying privater Versicherungen zweckentfremdet?

ShortId
19.4226
Id
20194226
Updated
28.07.2023 02:13
Language
de
Title
Werden Gelder aus der obligatorischen Sozialversicherung für das Lobbying privater Versicherungen zweckentfremdet?
AdditionalIndexing
2836;24;2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind wesentlich für die Höhe der Gewinne für die privaten Versicherungen, insbesondere weil bei der Mehrheit der Sparten Krankenversicherung, berufliche Vorsorge und Unfallversicherung die Beiträge obligatorisch und gesetzlich sind. Der Schweizerische Versicherungsverband kontrolliert alle relevanten Sozialversicherungen, welche für private Anbieter zugänglich sind. Die Anbieter besitzen über diese spartenübergreifende Vereinigung eine dominierende Stellung im Gesetzgebungsprozess. Damit können sie massgeblich über eigene Regeln und Margen mitbestimmen. Die Interessen der Versicherten sind in dieser Konstellation untervertreten - insbesondere, weil über die Finanzierung dieser Interessenvertretung keine Transparenz besteht.</p>
  • <p>1.-4. Das Beleuchten von politischen Vorschlägen durch Verbände ist Teil des schweizerischen institutionellen Systems. Unser Gesetzgebungssystem mit Expertenkommissionen und Vernehmlassungsverfahren baut darauf auf, dass Verbände ihre Interessen darin vertreten. Die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge können unabhängig von ihrer Organisationsstruktur (autonom, teilautonom oder Vollversicherung) grundsätzlich Mitglied eines Verbandes sein, der ihre Interessen wahrnimmt und sie auch politisch vertritt. Für die Mitgliedschaft bezahlen sie Beiträge, die zu den Verwaltungskosten gehören. Dies gilt grundsätzlich auch für die Versicherer, welche die soziale Krankenversicherung nach dem Krankenversicherungsgesetz (KVG; SR 832.10) oder die Unfallversicherung gemäss dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) durchführen. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen sind Einrichtungen, die die obligatorische Sozialversicherung durchführen, nicht verpflichtet, innerhalb der Verwaltungskosten offenzulegen, welcher Betrag für eine Verbandszugehörigkeit bezahlt wird. Es ist somit nicht transparent, ob und in welchem Umfang sie den Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) oder andere Verbände finanzieren.</p><p>Der SVV ist rechtlich ein Verein im Sinne des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB; SR 210), welcher als Dachorganisation in der privaten Versicherungswirtschaft tätig ist. Es gibt für Verbände keine gesetzliche Grundlage, die verlangt, die Offenlegung der Mitgliederbeiträge so zu regeln, dass Rückschlüsse auf deren Herkunft oder deren Verwendung möglich wären.</p><p>Der Bundesrat ist der Meinung, dass im Rahmen der obligatorischen Sozialversicherung die Bezahlung von Mitgliederbeiträgen an Verbände für die Versicherten transparent sein sollte. Er findet es jedoch nicht sinnvoll, die Offenlegung bei den Verbänden zu regeln, sondern es sollte bei den einzelnen Sozialversicherungsträgern erfolgen. Denn die Frage der Transparenz stellt sich nicht nur in Bezug auf den SVV, sondern generell bei Verbänden wie beispielsweise dem Asip oder Santésuisse bzw. Curafutura. Mittels Offenlegung durch die Sozialversicherungsträger wird transparent, welcher Träger wie viel für die Verbandszugehörigkeit ausgibt, und die Zahlen können in Relation zu anderen Kennzahlen des jeweiligen Trägers gesetzt werden. Im Bereich der beruflichen Vorsorge muss eine Offenlegung des Anteils an Verbandsbeiträgen von Versicherungsunternehmen, der auf die berufliche Vorsorge entfällt, im Rahmen der getrennten jährlichen Betriebsrechnung erfolgen. Der Bundesrat ist bereit zu prüfen, wie und auf welcher rechtlichen Ebene Änderungen angezeigt sind, um diese Transparenz herzustellen.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Bundesrat wird um Antwort zu folgenden Fragen gebeten:</p><p>1. Die Mitglieder des Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV) operieren im Bereich der beruflichen Vorsorge massgeblich mit Beiträgen aus der obligatorischen Sozialversicherung nach BVG. Laut Finma entspricht der obligatorische Anteil des Vorsorgekapitals 51 Prozent. Erachtet es der Bundesrat als legitim, dass, trotz mehrheitlich gesetzlich obligatorischen Sozialversicherungsbeiträgen, keine Transparenz über die Finanzierung des Schweizerischen Versicherungsverbandes besteht?</p><p>2. Die Mitglieder des SVV operieren im Bereich der Krankenversicherung mit 84,6 Prozent gesetzlich obligatorischen Beiträgen. Erachtet es der Bundesrat als legitim, dass, trotz mehrheitlich gesetzlich obligatorischen Krankenkassenbeiträgen, keine Transparenz über die Finanzierung der Interessenvertretung der Krankenversicherer besteht?</p><p>3. Die Mitglieder des SVV operieren im Bereich der Unfallversicherung mit einem Anteil von rund zwei Dritteln aus obligatorischen Beiträgen. Erachtet es der Bundesrat als legitim, dass, trotz mehrheitlich gesetzlich obligatorischen Beiträgen aus der Unfallversicherung, keine Transparenz über die Finanzierung der Interessenvertretung des SVV besteht?</p><p>4. Gibt es eine gesetzliche Grundlage, auf der der SVV dazu verpflichtet werden kann, die Finanzierung offenzulegen? Wenn nein, ist der Bundesrat bereit, eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu schaffen oder zumindest zu prüfen?</p>
  • Werden Gelder aus der obligatorischen Sozialversicherung für das Lobbying privater Versicherungen zweckentfremdet?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind wesentlich für die Höhe der Gewinne für die privaten Versicherungen, insbesondere weil bei der Mehrheit der Sparten Krankenversicherung, berufliche Vorsorge und Unfallversicherung die Beiträge obligatorisch und gesetzlich sind. Der Schweizerische Versicherungsverband kontrolliert alle relevanten Sozialversicherungen, welche für private Anbieter zugänglich sind. Die Anbieter besitzen über diese spartenübergreifende Vereinigung eine dominierende Stellung im Gesetzgebungsprozess. Damit können sie massgeblich über eigene Regeln und Margen mitbestimmen. Die Interessen der Versicherten sind in dieser Konstellation untervertreten - insbesondere, weil über die Finanzierung dieser Interessenvertretung keine Transparenz besteht.</p>
    • <p>1.-4. Das Beleuchten von politischen Vorschlägen durch Verbände ist Teil des schweizerischen institutionellen Systems. Unser Gesetzgebungssystem mit Expertenkommissionen und Vernehmlassungsverfahren baut darauf auf, dass Verbände ihre Interessen darin vertreten. Die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge können unabhängig von ihrer Organisationsstruktur (autonom, teilautonom oder Vollversicherung) grundsätzlich Mitglied eines Verbandes sein, der ihre Interessen wahrnimmt und sie auch politisch vertritt. Für die Mitgliedschaft bezahlen sie Beiträge, die zu den Verwaltungskosten gehören. Dies gilt grundsätzlich auch für die Versicherer, welche die soziale Krankenversicherung nach dem Krankenversicherungsgesetz (KVG; SR 832.10) oder die Unfallversicherung gemäss dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) durchführen. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen sind Einrichtungen, die die obligatorische Sozialversicherung durchführen, nicht verpflichtet, innerhalb der Verwaltungskosten offenzulegen, welcher Betrag für eine Verbandszugehörigkeit bezahlt wird. Es ist somit nicht transparent, ob und in welchem Umfang sie den Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) oder andere Verbände finanzieren.</p><p>Der SVV ist rechtlich ein Verein im Sinne des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB; SR 210), welcher als Dachorganisation in der privaten Versicherungswirtschaft tätig ist. Es gibt für Verbände keine gesetzliche Grundlage, die verlangt, die Offenlegung der Mitgliederbeiträge so zu regeln, dass Rückschlüsse auf deren Herkunft oder deren Verwendung möglich wären.</p><p>Der Bundesrat ist der Meinung, dass im Rahmen der obligatorischen Sozialversicherung die Bezahlung von Mitgliederbeiträgen an Verbände für die Versicherten transparent sein sollte. Er findet es jedoch nicht sinnvoll, die Offenlegung bei den Verbänden zu regeln, sondern es sollte bei den einzelnen Sozialversicherungsträgern erfolgen. Denn die Frage der Transparenz stellt sich nicht nur in Bezug auf den SVV, sondern generell bei Verbänden wie beispielsweise dem Asip oder Santésuisse bzw. Curafutura. Mittels Offenlegung durch die Sozialversicherungsträger wird transparent, welcher Träger wie viel für die Verbandszugehörigkeit ausgibt, und die Zahlen können in Relation zu anderen Kennzahlen des jeweiligen Trägers gesetzt werden. Im Bereich der beruflichen Vorsorge muss eine Offenlegung des Anteils an Verbandsbeiträgen von Versicherungsunternehmen, der auf die berufliche Vorsorge entfällt, im Rahmen der getrennten jährlichen Betriebsrechnung erfolgen. Der Bundesrat ist bereit zu prüfen, wie und auf welcher rechtlichen Ebene Änderungen angezeigt sind, um diese Transparenz herzustellen.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Bundesrat wird um Antwort zu folgenden Fragen gebeten:</p><p>1. Die Mitglieder des Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV) operieren im Bereich der beruflichen Vorsorge massgeblich mit Beiträgen aus der obligatorischen Sozialversicherung nach BVG. Laut Finma entspricht der obligatorische Anteil des Vorsorgekapitals 51 Prozent. Erachtet es der Bundesrat als legitim, dass, trotz mehrheitlich gesetzlich obligatorischen Sozialversicherungsbeiträgen, keine Transparenz über die Finanzierung des Schweizerischen Versicherungsverbandes besteht?</p><p>2. Die Mitglieder des SVV operieren im Bereich der Krankenversicherung mit 84,6 Prozent gesetzlich obligatorischen Beiträgen. Erachtet es der Bundesrat als legitim, dass, trotz mehrheitlich gesetzlich obligatorischen Krankenkassenbeiträgen, keine Transparenz über die Finanzierung der Interessenvertretung der Krankenversicherer besteht?</p><p>3. Die Mitglieder des SVV operieren im Bereich der Unfallversicherung mit einem Anteil von rund zwei Dritteln aus obligatorischen Beiträgen. Erachtet es der Bundesrat als legitim, dass, trotz mehrheitlich gesetzlich obligatorischen Beiträgen aus der Unfallversicherung, keine Transparenz über die Finanzierung der Interessenvertretung des SVV besteht?</p><p>4. Gibt es eine gesetzliche Grundlage, auf der der SVV dazu verpflichtet werden kann, die Finanzierung offenzulegen? Wenn nein, ist der Bundesrat bereit, eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu schaffen oder zumindest zu prüfen?</p>
    • Werden Gelder aus der obligatorischen Sozialversicherung für das Lobbying privater Versicherungen zweckentfremdet?

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