Stopp der Datensammelwut in der Armee!

ShortId
19.4237
Id
20194237
Updated
28.07.2023 02:11
Language
de
Title
Stopp der Datensammelwut in der Armee!
AdditionalIndexing
09;34;04;1236;2831
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Das Bundesarchiv sieht in einer Vielzahl von Daten der Armeeformationen eine wichtige Quellengrundlage für die Militär-, Sozial- und Kulturgeschichte der Schweiz. Deshalb ist die Armee gemäss dem Bundesgesetz über die Archivierung, Artikel 1 Absatz 1 Litera b, gegenüber dem Bundesarchiv angebotspflichtig. Dies bedeutet, dass Einheiten und Truppenkörper heikle Personendaten, welche nicht anonymisiert werden (z. B. Disziplinarstrafdossiers), via das Bundesarchiv nach Ablauf einer Schutzfrist der Öffentlichkeit zugänglich machen müssen. Im Falle der Überweisung der Disziplinarstrafdossiers bedeutet dies einen Verstoss gegen Artikel 205 des Militärstrafgesetzes, welches die Vernichtung der Unterlagen nach fünf Jahren vorschreibt. Angehörige der Armee können mit der Datenübermittlung an das Bundesarchiv, ohne ihr Wissen und ohne ihr ausdrückliches Einverständnis, zu Personen des öffentlichen Interesses werden. Kein Angehöriger der Armee kann deshalb kontrollieren, welche Daten an das Bundesarchiv gesendet werden, und sich gegen allfällige Nachteile aus der Veröffentlichung dieser Daten wehren. Zudem wird das Milizwesen durch die Datensammlerei unattraktiver, weil Angehörige der Armee sich zu Recht diskriminiert gegenüber Personen fühlen, welche keinen Dienst leisten und deshalb keine Daten in diesem Bezug preisgeben müssen. Viele der gesammelten Dokumente werden zudem mit grösster Sicherheit keinen Mehrwert für die Historiker bringen (z. B. Laufbahnblätter). Zudem steht der Aufwand und Ertrag dieser Datensammlerei im Widerspruch zum Verhältnismässigkeitsprinzip. Milizkader müssen in den Einheiten und Truppenkörpern während dem Dienst Zeit für die Archivierung aufwenden, welche ihnen nicht für ihre Führungstätigkeiten zur Verfügung steht. Zudem müssen Milizkader vermehrt und unentgeltlich Zeit ausser Dienst aufwenden, um Aufgaben der Archivierung zu erledigen.</p>
  • <p>Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Archivierung von Unterlagen der Bundesverwaltung und der Armee ein wesentlicher Pfeiler des Rechtsstaates ist: Entscheidungen und Handlungen können so überprüft werden, das Handeln der Behörden wird für die Bürgerinnen und Bürger transparent. Die Verwaltung selber greift zudem in ihrer täglichen Arbeit pro Jahr auf über 5000 bereits archivierte Dossiers zu. Das Bundesarchiv sorgt zentral dafür, dass diese Dossiers analog wie digital in gutem Zustand erhalten und auffindbar bleiben. Aus diesen Gründen ist die Anbietepflicht im Bundesgesetz über die Archivierung (BGA, SR 152.1; Art. 6 i. V. m. Art. 1 Abs. 1) sowie für Personendaten explizit auch im Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG, SR 235.1; Art. 21) vorgesehen.</p><p>Der Datenschutz ist im Archivrecht bedeutsam: Dossiers, die nach Personennamen erschlossen sind und besonders schützenswerte Personendaten oder Persönlichkeitsprofile enthalten, unterstehen einer verlängerten Schutzfrist von 50 Jahren gemäss Artikel 11 BGA. Die Einsichtnahme in solche Unterlagen ist nur unter strengen Voraussetzungen möglich (Art. 13 und 14 BGA sowie Art. 16 der Verordnung zum Bundesgesetz über die Archivierung, VBGA, SR 152.11).</p><p>Für die historische Forschung ist das einzelne Personendossier ohnehin nur in Ausnahmefällen von Relevanz. Es geht um den zeitlichen Quer- und Längsschnitt, der das Denken und Handeln der Truppe, den Korpsgeist und die Kultur der Miliz abbildet. Ohne Anbietepflicht und somit ohne Quellenkorpus wäre eine wissenschaftlichen Standards genügende Schweizer Militärgeschichte künftig nicht mehr möglich.</p><p>Die Unterlagen der Armee werden im Bundesarchiv denn auch rege nachgefragt: von Forschenden und von Behörden, aber auch von interessierten Bürgerinnen und Bürgern. So können beispielsweise ehemalige Armeeangehörige auf ihre Dienst-Etats zurückgreifen, wenn sie diese Informationen aus beruflichen Gründen benötigen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, das Bundesgesetz über die Archivierung (BGA) so abzuändern, dass die Armee nicht mehr gegenüber dem Bundesarchiv angebotspflichtig ist.</p>
  • Stopp der Datensammelwut in der Armee!
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das Bundesarchiv sieht in einer Vielzahl von Daten der Armeeformationen eine wichtige Quellengrundlage für die Militär-, Sozial- und Kulturgeschichte der Schweiz. Deshalb ist die Armee gemäss dem Bundesgesetz über die Archivierung, Artikel 1 Absatz 1 Litera b, gegenüber dem Bundesarchiv angebotspflichtig. Dies bedeutet, dass Einheiten und Truppenkörper heikle Personendaten, welche nicht anonymisiert werden (z. B. Disziplinarstrafdossiers), via das Bundesarchiv nach Ablauf einer Schutzfrist der Öffentlichkeit zugänglich machen müssen. Im Falle der Überweisung der Disziplinarstrafdossiers bedeutet dies einen Verstoss gegen Artikel 205 des Militärstrafgesetzes, welches die Vernichtung der Unterlagen nach fünf Jahren vorschreibt. Angehörige der Armee können mit der Datenübermittlung an das Bundesarchiv, ohne ihr Wissen und ohne ihr ausdrückliches Einverständnis, zu Personen des öffentlichen Interesses werden. Kein Angehöriger der Armee kann deshalb kontrollieren, welche Daten an das Bundesarchiv gesendet werden, und sich gegen allfällige Nachteile aus der Veröffentlichung dieser Daten wehren. Zudem wird das Milizwesen durch die Datensammlerei unattraktiver, weil Angehörige der Armee sich zu Recht diskriminiert gegenüber Personen fühlen, welche keinen Dienst leisten und deshalb keine Daten in diesem Bezug preisgeben müssen. Viele der gesammelten Dokumente werden zudem mit grösster Sicherheit keinen Mehrwert für die Historiker bringen (z. B. Laufbahnblätter). Zudem steht der Aufwand und Ertrag dieser Datensammlerei im Widerspruch zum Verhältnismässigkeitsprinzip. Milizkader müssen in den Einheiten und Truppenkörpern während dem Dienst Zeit für die Archivierung aufwenden, welche ihnen nicht für ihre Führungstätigkeiten zur Verfügung steht. Zudem müssen Milizkader vermehrt und unentgeltlich Zeit ausser Dienst aufwenden, um Aufgaben der Archivierung zu erledigen.</p>
    • <p>Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Archivierung von Unterlagen der Bundesverwaltung und der Armee ein wesentlicher Pfeiler des Rechtsstaates ist: Entscheidungen und Handlungen können so überprüft werden, das Handeln der Behörden wird für die Bürgerinnen und Bürger transparent. Die Verwaltung selber greift zudem in ihrer täglichen Arbeit pro Jahr auf über 5000 bereits archivierte Dossiers zu. Das Bundesarchiv sorgt zentral dafür, dass diese Dossiers analog wie digital in gutem Zustand erhalten und auffindbar bleiben. Aus diesen Gründen ist die Anbietepflicht im Bundesgesetz über die Archivierung (BGA, SR 152.1; Art. 6 i. V. m. Art. 1 Abs. 1) sowie für Personendaten explizit auch im Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG, SR 235.1; Art. 21) vorgesehen.</p><p>Der Datenschutz ist im Archivrecht bedeutsam: Dossiers, die nach Personennamen erschlossen sind und besonders schützenswerte Personendaten oder Persönlichkeitsprofile enthalten, unterstehen einer verlängerten Schutzfrist von 50 Jahren gemäss Artikel 11 BGA. Die Einsichtnahme in solche Unterlagen ist nur unter strengen Voraussetzungen möglich (Art. 13 und 14 BGA sowie Art. 16 der Verordnung zum Bundesgesetz über die Archivierung, VBGA, SR 152.11).</p><p>Für die historische Forschung ist das einzelne Personendossier ohnehin nur in Ausnahmefällen von Relevanz. Es geht um den zeitlichen Quer- und Längsschnitt, der das Denken und Handeln der Truppe, den Korpsgeist und die Kultur der Miliz abbildet. Ohne Anbietepflicht und somit ohne Quellenkorpus wäre eine wissenschaftlichen Standards genügende Schweizer Militärgeschichte künftig nicht mehr möglich.</p><p>Die Unterlagen der Armee werden im Bundesarchiv denn auch rege nachgefragt: von Forschenden und von Behörden, aber auch von interessierten Bürgerinnen und Bürgern. So können beispielsweise ehemalige Armeeangehörige auf ihre Dienst-Etats zurückgreifen, wenn sie diese Informationen aus beruflichen Gründen benötigen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, das Bundesgesetz über die Archivierung (BGA) so abzuändern, dass die Armee nicht mehr gegenüber dem Bundesarchiv angebotspflichtig ist.</p>
    • Stopp der Datensammelwut in der Armee!

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